Carolus
Aktives Mitglied
Kannst ja mit dieser Quelle beginnen:
Flavius Josephus, Antiquitates Judaicae. Darin findest du Testimonium Flavianum.
Gibt es in deutscher Übersetzung.
Bei den angeblich Zeugnissen von Flavius ist das Problem, dass diese nicht zu Zitaten von Origenes passen.
Warum sollte aber gerade Origenes absichtlich falsch zitieren, wo die "moderen" Fassung doch viel besser ins christliche Konzept passt?
Es gibt eine Fassung des Testimonium Flavium, die von einem arabischen Bischof im 10. Jhdt. zitiert wird:
Seit 1971 wird die These vertreten, dass der christlich-arabische Bischof und Historiker Agapios von Hierapolis eine frühere oder sogar die Originalfassung des Josephus überliefert habe. Denn er zitiert ihn in seinem Kitab al-Unwan aus dem 10. Jahrhundert (zitiert nach Schneemelcher in der Übersetzung von Johannes Maier):
„...dass zu der Zeit ein Mann war, der Jeschua genannt wurde, einen guten Lebenswandel aufwies und als tugendhaft [gelehrt] bekannt war und viele Leute von den Juden und von anderen Völkern als Jünger hatte. Pilatus hatte ihn zur Kreuzigung und zum Tode verurteilt, aber diejenigen, die seine Jünger geworden waren, gaben seine Jüngerschaft [Lehre] nicht auf und erzählten, dass er ihnen drei Tage nach der Kreuzigung erschienen sei und lebe und daher vielleicht der Messias sei, in Bezug auf den die Propheten Wunderbares gesagt haben.“Für diese Version spricht auch die Stilgleichheit mit dem anderen, eher als echt betrachteten Abschnitt, in dem Josephus eine neutrale und distanzierte, aber keine ablehnende Position zum Christentum einnimmt. Dass der Jude Josephus Jesus hingegen als „Messias“ bezeichnete, gilt als nahezu ausgeschlossen.
Es ist schade, daß Du gerade 98,3 % der alten Geschichtswissenschaft abgeschafft hast,denn oft sind nur Texte aus späteren Zeiten vorhanden.
Verdammtes Glück, daß wir von Sokrates noch zu Lebzeiten eine Erwähnung in einer Komödie des Aristophanes haben, sonst wäre diese interessante Persönlichkeit auch futsch. Aber vielleicht hat der den auch nur erfunden.
@Bonito
Beim Lesen Deiner Beiträge habe ich den Eindruck, daß Du vermutest, Jesus sei eine "invented person" und alles, was sich auf ihn bezieht, ist eine Erfindung bzw. Fälschung seiner Anhänger. Dabei fühle ich mich ein wenig an George Orwells 1984 erinnert (dort ist ein totalitärer Staat der alles und jeden kontrolliert und die Geschichte je nach politischen Bedarf neu schreibt).
Aber drehen wir die Diskussion um mit der Fragestellung, was denn dafür spricht, daß Jesus Christus eine erfundene Person ist.
Vieles im Leben von Jesus (insbesondere seinem Leben nach dem Tod) ist allerdings schwer zu glauben. Für einiges mag man plausible Lösungsansätze finden: z. B. habe ich mal die These gelesen, daß bei der Hochzeit von Kanaa die Verwandlung von Wasser zu Wein dadurch geschah, daß dem Wasser ein Weinpulver zugesetzt wurde (sozusagen Instantwein). Bei der Kreuzigung und seiner Auferstehung gibt es auch die Theorie, daß Jesus nur scheintot war, oder daß er tot war, sein Leichnam geraubt wurde und ein Jesus-Double war dann bei den Jüngern (ein Zwillingsbruder?).
Im Koran steht auch eine Lösungsansatz:
Der Koran lehnt die Vorstellung einer Kreuzigung Jesu ab und geht davon aus, dass an seiner Statt eine andere, ihm optisch ähnliche Person gekreuzigt worden ist:
„Und (weil sie) sagten: ‚Wir haben Christus Jesus, den Sohn der Maria und Gesandten Gottes getötet.‘ – Aber sie haben ihn (in Wirklichkeit) nicht getötet und (auch) nicht gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen (ein anderer) ähnlich, (so dass sie ihn mit Jesus verwechselten und töteten). Und diejenigen, die über ihn (oder darüber) uneins sind, sind im Zweifel über ihn (oder: darüber). Sie haben kein Wissen über ihn (oder: darüber), gehen vielmehr Vermutungen nach. Und sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet (d.h. sie können nicht mit Gewissheit sagen, daß sie ihn getötet haben). // Nein, Gott hat ihn zu sich (in den Himmel) erhoben.“
– Sure 4, Vers 157-158: Übersetzung: Rudi Paret
Man kann sicherlich darüber streiten, wie sehr der historische Jesus mit den Jesus der Evangelien identisch ist. Ist er wirklich übers Wasser gelaufen? Oder war da eine Sandbank?
Oder wie sind seine Worte gemeint? Da würde Herr Ratzinger (alias Benedikt XVI) sicherlich einiges anders sehen als ein Atheist. War Jesus der Sohn Gottes oder vielleicht einfach ein Aussteiger, der mit seinen Leuten übers Land zog, vieles in Frage stellte, ein starkes Charisma hatte und dann dafür gekreuzigt wurde??? Über das, was Jesus sagte (oder was aufgeschrieben), interpretieren wir doch schon seit fast 2000 Jahren zuweilen sehr gewaltsam (Religionskriege, Ketzerverfolgungen usw.) herum (was würde Jesus wohl dazu sagen?).
Auch Karl Marx, Che Guevara und Gandhi haben auf ihre Art und Weise und mit ihrer Lehre viele Menschen beeinflußt. Auch hier gehen Lehren auf reale Personen zurück. Und zumindest die beiden letzteren sind auch eine Art Märtyertod gestorben.
- Aber was spricht dafür, daß die Person Jesus Christus erfunden worden ist?
- Wann hätte dies geschehen müssen?
- Wer hätte das gemacht?
- Wem hätte es genutzt?
- Und warum?