Allgemeines zum Jahresbeginn (1)
Sorry wenn ich Allgemeinwissen wiederhole.... Aber warum gibt es immer Probleme mit dem Kalender? Ich hatte da mal vor vielen Jahren was skizziert...
Für verschiedene menschliche Tätigkeiten, seien sie nun landwirtschaftsbedingt oder auch als Jäger und Sammler, gibt es die Notwendigkeit, die momentane Lage im Jahreslauf einschätzen zu können. Die hierfür weltweit genutzten Verfahren sind:
- Abschätzung der Höhe des Sonnenstands am Mittag
- Blüte von Wildpflanzen, Belaubung der Bäume
Wenn man Tage zählt, dann findet man sehr schnell, dass sich diese Vorgänge des tropischen Jahres ungefähr alle 360 Tage wiederholen, genauer gesagt nach 365,2522 Tagen hat die Sonne wieder die gleiche Kraft (aber es gibt auch noch Wolken, Wind und Regen!) Ohne Rücksicht auf diese Wetterphänomene - die sich allerdings katastrophal für den Landwirt auswirken können! - ist also eine Orientierung im Jahr durch Zählen von Tagen möglich, zur Vereinfachung gebündelt zu Wochen (von 10, 8, 7 oder 5 Tagen) oder auch zu Monaten - hierzu gleich mehr.
Das offene Problem: Wann beginnt man denn zu zählen? Selbst wenn es eine ganze Anzahl von Tagen im Jahr gäbe, dann würde man sich doch unvermeidlich irgendwann verzählen! Hilfe bringt hier die Astronomie, denn durch eine kritische Beobachtung des Sonnenstands kann man die vier astronomischen Hauptereignisse des Jahres festmachen: Der (längste) Tag des höchsten Sonnenstands, der (kürzeste) Tag des niedrigsten Sonnenstands, die beiden Tage der Tag- und Nachtgleiche im Frühling und und im Herbst. Das ist nicht wirklich schwierig zu bestimmen - man muss nur wissen, was man eigentlich will. Herbst-, Winter- und Frühlingsanfang findet man quer durch die alten Kulturen als Jahresanfangsindikator (Sommer ist mir allerdings nicht bekannt...)
Dieser Tag ist jedoch in keiner Kultur der "Tag 1"!
Das liegt vor allem am Mond..
Als äußerst präziser Kurzzeitmesser sind schon immer die Phasen des Mondes verwendet worden; man kann hiermit einen Termin auf 3 Tage genau abschätzen. "Monat" und "messen" ist in vielen Sprachen das gleiche Wort. Besonders beliebte Termine sind die Vollmonde. In allen Monatsberechnungen beginnt der Monatszyklus mit dem ersten Neulicht zu rechnen ("Kalenden" = 1. Tag des neuen Mondes; Vollmond (="Iden") ist 13 bis 15 Tage später. Ereignisse in den Vollmondnächten haben häufig einen magisch-religiösen Charakter.
Da also die Tagesangabe in Bezug auf den Monat einen religiösen Hintergrund wie auch einen praktischen Nutzen hat, wird der Jahresanfang in den meisten frühen Kulturen mit den Mondphasen zur Synchronisation gebracht, man spricht dann von einem gebundenen Luni-Solar Kalender. Kalender, die die Mondphasen ignorieren ("Ägypten", die Herkunft des Julianischen und Gregorianischen Kalenders) oder die das Sonnenjahr ignorieren ("Islamisch") sind die Ausnahmen...
Wie geht das vor sich mit den Luni-Solar Kalender? Nun, im 12. Monat (= nach etwa 330 Tagen) fangen die Priester-Astronomen an, den Sonnenstand ganz genau nach dem Jahresanfangsereignis zu beobachten, z.B. Frühlings Tag-und-Nacht-Gleiche. Wird dieses Ereignis beobachtet, dann ist der nächste Neulichttag der 1. Tag im neuen Jahr. Am 14. wird dann bei Vollmond eine Riesenfete gefeiert!
Wurde aber bis zum 13. Neulicht die Tag-und-Nachtgleiche noch nicht beobachtet, dann wird ein 13. Monat "eingeschaltet". Da Jahr beginnt dann etwa 29 Tage später. Dies ist alle 3 bis 4 Jahre notwendig.
Die großen Vorteile: Man ist mit der Natur im Einklang, man braucht nicht viel zu rechnen.
Der großen Nachteile:
- Es gibt keine einfache Prognose über die Jahreslänge
- die Anzahl der Tage im Jahr ist überhaupt sehr unterschiedlich, was für buchhalterische Vorgänge (Steuertermine!) unangenehm ist (ein Jahr hat entweder 254, 283 oder 284 Tage)
- Man liegt gelegentlich sehr spät im Sonnenjahr, was für landwirtschaftliche Tätigkeiten in nördlichen Gebieten mit kurzer Vegetationsperiode oder sehr präzisen "Katastrophen" (wie der Nilflut) problematisch ist. Dies sind übrigens auch die Gebiete, wo sich eher reine Sonnenkalender finden.
Das Problem #1, die Vorhersage der Schaltjahre, lässt sich aber mathematisch lösen! Hierzu sind allerdings genaue Langzeitbeobachtungen (Sonnenjahr, Mondmonat) nötig. Es ist sicherlich nicht falsch, in diesen Anstrengungen eine der Wurzeln der modernen Wissenschaft zu sehen...
Was die Länge der Monate angeht, so gibt es in einem Luni-Solar Kalender keine andere Lösung als abwechselnd 29 und 30 Tage zu haben. Der 13. Schaltmonat hat entweder 29 oder 30 Tage. Dies ergibt sich aus der faktischen Beobachtung am "Jahresanfang" oder nach den entsprechenden Formeln der Kalendermathematik.
Ein reiner Solarkalender hat keine Last mit der Länge der Monate, da keinerlei Synchronisation mehr mit den Mondphasen existiert. In Ägypten hatten 12 Monate 30 Tage zu je 3 Zehntagewochen, und ein dreizehnter Feiertagsmonat 5 Tage.
Bei der Übernahme durch die Römer wurden die Tage des "Kurzmonats", die Epagomene, auf die Monate verteilt, so dass wir jetzt abwechselnd 30 und 31 Tage haben. Im alten römischen Jahr, das ähnlich wie oben beschrieben am (beobachteten) Neumond nach (beobachtetem) Frühlingsanfang begann. Das war März. Der Februar war also dafür prädestiniert eine variable Länge zu haben, nämlich die Wartezeit auf den Frühlingsanfang. Über die Wirren des römischen Vorjulianischen Kalenders ist aber nicht allzu viel bekannt. Er hatte ursprünglich nur 10 Monate, der Jahresanfang wurde erst 100 Jahre vor Cäsar auf den 1. Januar geschoben (153 BC)).
Cäsar setzte den (neuen!) 1.Januar so, dass der die Frühlings Tag-und-Nachtgleiche auf den 24. März fiel; dies wurde durch den Schalttag (doppelter "Bisextil" = 24.) im Februar so austariert. Dies ist sehr merkwürdig. Warum wohl?
Unter Augustus wurde der "August" um einen Tag verlöngert, der dem Februar entnommen wurde, so dass der Frühlingsanfang seither - "nominell" auf den 25. März fällt, die Wintersonnenwende - das Fest der "unbesiegten Sonne" - auf den 25. Dezember.
Durch die Ungenauigkeit des Julianischen Kalenders hatte sich der wirkliche Frühlingsanfang im Jahre 325 aber bereits auf den 21. März geschoben. Seither - dem Konzil von Nicäa - ist dieses Kalenderdatum - nominell! - Frühlingsanfang und Basis für die Osterberechnung.
Auch hier fragt man sich: Quid? Dem Konzil war ja wohl bewusst, warum es vom 25. auf den 21. nachgebesert hatte. Wie konnte man erwarten dass dieser Termin auch nur 100 Jahr überstehen konnte? Sehr seltsam...
1582 wurde dann der Kalender - zum letzten Mal - so nachgebessert, dass der 21. März seitdem wirklich auf den astronomischen Frühlingsanfang fällt.
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Hier noch ein Link:
http://www.ilf-mainz.de/projekte/ZeitHP/KALEND/kal-fol.pdf