Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Lässt sich eine Aufteilung der Wortwahl wie heute die Unterscheidung zwischen einem Strom - fließt ins Meer - und einem Fluss- fließt in einen Strom - feststellen?
 
Lässt sich eine Aufteilung der Wortwahl wie heute die Unterscheidung zwischen einem Strom - fließt ins Meer - und einem Fluss- fließt in einen Strom - feststellen?


Aber heute haben wir doch auch keine klare Wortwahl! Der Rhein z.B. wird sowohl als Strom, als auch als Fluss bezeichnet.

Zudem, auch Flüsse und Bäche fließen direkt ins Meer!
 
Lässt sich eine Aufteilung der Wortwahl wie heute die Unterscheidung zwischen einem Strom - fließt ins Meer - und einem Fluss- fließt in einen Strom - feststellen?

Nein:
An derselben Stelle nennt er dann sogar den Nar (heute Nera, einen Nebenfluss des Tiber) amnis - und der ist nun wirklich alles andere als ein Strom.

Wir hatten dieselbe "Diskussion" schon vor Monaten:

Wieso ausgerechnet "Strom"?

"Amnis" kann bedeuten:
Strom, Strömung, kleiner Fluss, Bach, Gießbach, Wildbach
amnis : Deutsch » Latein : PONS.com

"Flumen" kann bedeuten:
fließendes Wasser, Strömung, Flut, Fluss, Strom, Gewässer
flumen : Deutsch » Latein : PONS.com
 
Lässt sich eine Aufteilung der Wortwahl wie heute die Unterscheidung zwischen einem Strom - fließt ins Meer - und einem Fluss- fließt in einen Strom - feststellen?
Karl Nützel hat in 2004 den Gebrauch u.a. verschiedener Begriffe für Fließgewässer in der lateinischen Literatur systematisch analysiert in seiner Dissertation "Geografische Wort- und Sachuntersuchungen zu den Schriften Caesars und zum Corpus Caesarianum im Vergleich zu römischen Autoren vor und nach Caesar" (hier online).

Zunächst zum Rhein, dessen Erwähnung als amnis Rhenus bei Tacitus Ausgangspunkt der These von Hermundure war:
In der römischen Literatur findet sich Rhenus 285mal. Kein Fluss und kein anderes fließendes Oberflächengewässer, abgesehen vom Tiber (313mal), wird in der römischen Literatur häufiger angeführt. [...] C [Anm.: Caesar] hat den Namen und Fluss Rhenus in das lateinische Schrifttum eingeführt. [...] Die Poeten und Sachschriftsteller nach Cicero setzen überwiegend Rhenus ohne einen Zusatz. [...] In dem bedeutendsten literartheoretischen Text der lateinischen Sprache, der Ars poetica, einem Lehrgedicht über die Kunst der Poesie, nimmt Horatius u. a. den flumen Rhenus als Beispiel einer Ausschmückung am falscher Stelle: ...et properantis aquae per amoenos ambitus agros aut flumen Rhenum aut pluvius describitur arcus... Florus verwendet die inverse Form Rheni flumine. [...] Nur noch Suetonius, Tacitus und der Kommentator des Horatius, Pomponius Porphyrio, gebrauchen die Wendung flumen Rhenus. [...] Mela kombiniert zum ersten Mal amnis mit Rhenus, er stellt das Appellativum vor den Eigennamen. Ihm folgen Seneca und Plinius: Raetorum Vennonenses Sarunetesque ortus Rheni amnis accolunt... Tacitus verwendet je zweimal die Wendung amnis Rhenus sowie deren inverse Wendung.
Tacitus verwendet also sowohl flumen wie amnis in Zusammenhang mit dem Rhein, worauf Sepiola ohnehin bereits hinwies. Daß Seneca keineswegs amnis im Sinne einer Gewässerklassifizierung verwendet, schrieb zwar schon Ravenik, hier aber nochmal zur Bekräftigung Nützel:
Seneca unterscheidet zwischen stehenden und abfließenden Gewässern. Eine systematische Einteilung der fließenden Gewässer, etwa geordnet nach Größe oder Wasserreichtum, nimmt er nicht vor.
Sind die Begriffe also generell synonym zu verstehen oder gibt es im antiken Sprachgebrauch einen Unterschied? Nützel dazu:
Aus verschiedenen Stellen kann man ersehen, dass Seneca wie andere Autoren, insbesondere die der Poesie, unter amnis reißende und schnelle Flüsse versteht und unter rivus Bäche, die in Flüsse einmünden.
Das gilt aber beileibe nicht für alle Autoren, so Nützel:
Im fünften Buch über die lateinische Sprache leitet Varro die Eigenschaften der Gewässer von ihren Namen ab: fluvius und flumen von fluit; beide sind Gewässer, die ununterbrochen strömen; amnis ist ein Fluss, der in Windungen (ambitu) fließt. Der Tiber umfließt das Marsfeld und die Stadt Rom und werde deshalb amnis (abgeleitet von ambit) genannt.
 
Vergiss nicht, Germanicus war 15 n. Chr. auf dem Schlachtfeld der Varusniederlage.

Ja!

Aber es gibt dort keine Münzen die auf die Germanicus Feldzüge hinweisen.
Und selbst wenn irgendwann einmal solche Münzen dort gefunden werden, kann mann auf die Bestattungsaktion des Germanicus hinweisen.

Das alles zieht aber den Fundort Kalkriese und der Varusschlacht These nicht in Zweifel - oder?
 
Ja!

Aber es gibt dort keine Münzen die auf die Germanicus Feldzüge hinweisen.
Und selbst wenn irgendwann einmal solche Münzen dort gefunden werden, kann mann auf die Bestattungsaktion des Germanicus hinweisen.

Das alles zieht aber den Fundort Kalkriese und der Varusschlacht These nicht in Zweifel - oder?

Bisher deutet nichts auf Germanicus in Kalkriese hin. Der Gegenstempel CA 58 (1 St.) fehlt zwar im Halterner-Horizont, kann aber als Gegenargument nicht herangezogen werden. Die Germanicus-Gegenstempel vom Typ 61, welche zu Hunderten am Niederrhein (speziell Nimwegen, Neuss, Köln) gefunden wurden, gibt es nur zwischen Weser - Rhein/Main/Nidda - Saale - Elbe.
 
Moin

Vorausgesetzt Germanicus war bei Kalkriese auf dem Varus-Schlachtfeld, wie groß ist da überhaupt die Wahrscheinlichkeit Münzen der Germanicus-Legionäre zu finden!?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei einem Marsch oder bei Bestattungsarbeiten so viele Münzen verloren gingen! Und die wenigen Münzen, die tatsächlich abhanden kamen muss man nach 2000 Jahren erst einmal finden!!!
Bei einem Schlachtfeld mit anschließender Plünderung sieht es da schon anders aus. Um heute dort vermehrt Münzen des Germanicus zu finden, hätten die Legionäre schon recht lockere Geldbörsen haben müssen!
Dann wäre ich als Legionär gerne am Ende des Marschzuge marschiert, um all die verlorenen Schätze aufzusammeln! :rolleyes:
 
Das ist das schizophrene an der Diskussion.
Hätte man in Kalkriese Münzen des Germanicus-Horizonts, würde das als Beweis dafür herangezogen, dass es nicht die Varusschlacht sein kann. Nun hat man dort keine Münzen des Germanicus-Horizonts und das wird auch als Beweis dafür herangezogen, dass es nicht die Varusschlacht sein könne, schließlich war Germanicus ja auf dem Schlachtfeld. Mir ist zwar nicht bekannt, dass die Römer Münzen in die Gegend verstreuten, wie die spanischen Missionare Senfkörner am Camino Real, aber bei einigen Leuten scheint eine solche Vorstellung ja tatsächlich vorzuherrschen.
 
Das Prägedatum ist natürlich immer nur ein terminus post quem. Ich komme nicht umhin auf die polnischen Münzschätze aus dem 8. und 9. Jhdt. zu verweisen, in denen auch Einzelstücke aus dem 2. und 3. Jhdt. zu finden sind.
Ein kontextloser Einzelfund sagt i.d.R. nichts darüber aus, wann bzw. durch wen er verloren wurde...
 
Das Prägedatum ist natürlich immer nur ein terminus post quem. Ich komme nicht umhin auf die polnischen Münzschätze aus dem 8. und 9. Jhdt. zu verweisen, in denen auch Einzelstücke aus dem 2. und 3. Jhdt. zu finden sind.
Ein kontextloser Einzelfund sagt i.d.R. nichts darüber aus, wann bzw. durch wen er verloren wurde...

Hallo El Quijote,

Hortfunde, zumal sie geschlossen sind, kann man als Gegenargument nicht anführen. Immer wieder tauchen in frühmittelalterlichen Hortfunden auch mal römische Münzen auf - das ist keine Seltenheit.

Eine römische Münze aus dem Friedhof von Weismain

In Thüringen gibt es in einem frühmittelalterlichen Grab auch einen keltischen Silberquinar. Silber war als Rohstoff immer begehrt - zu jeder Zeit.

Sorry -schlechtes Gegenargument von dir.

Meine Auflistung beziehen sich nur auf Einzel - bzw. Verlustfunde. Und bis auf den Fund von Biere (Denar) sind es ausschließlich Asses und Semisses. Bei einem Münzfundort (Tangermünde) gibt es vom gleichen Fundplatz eine frühtiberische Augenfibel.
 
Was heißt denn hier schlechtes Gegenargument? Im Grunde genommen bestätigst du doch mit der Weismain-Münze selbst, dass Münzen mitunter sehr lange Laufzeiten hatten.

Wenn du eine einzelne Münze findest, weißt du eben nicht, ob sie 2, 20 oder 50 Jahre im Umlauf war und du weißt auch nicht, wer sie verloren hat. Du weißt nicht, ob sie sich nicht 10 Jahre im Sparstrumpf eines frühen Besitzers befand, bevor sie von dessen Erben verprasst und damit wieder in Umlauf gebracht wurde etc.
Einzelfundmünzen ohne Kontext sind für eine wissenschaftliche Diskussion allenfalls bedingt aussagekräftig. Vielleicht kann man anhand ihrer Abgegriffenheit Schlussfolgerungen darüber treffen, ob sie häufig den Besitzer gewechselt hat oder eben nicht.
 
Das ist das schizophrene an der Diskussion.
Hätte man in Kalkriese Münzen des Germanicus-Horizonts, würde das als Beweis dafür herangezogen, dass es nicht die Varusschlacht sein kann.

Natürlich müssten sich Münzen des Germanicus-Horizont auf dem Varus-Schlachtfeld finden lassen, da ja Germanicus da war. Der kam ja nicht mit 3 Hanseln dort hin. Dein Argument stammt von Wolters und Kehne. Keine gutes Argument, wie sich im Nachhinein herausstellt. Das einzige was mich bisher stutzig macht (und immer noch macht) ist der Gegenstempel CA 58, da er im "Halterner-Horizont" bisher nicht vorkommt.
 
Warum müssen sich denn Münzen von Germanicus auf dem Varusschlachtfeld finden? Nur weil er dort war? Ich frage mich bei solchen Argumenten immer, wie die Leute, die sie bringen mit ihrem Geld umgehen.
 
Was heißt denn hier schlechtes Gegenargument? Im Grunde genommen bestätigst du doch mit der Weismain-Münze selbst, dass Münzen mitunter sehr lange Laufzeiten hatten.

Wenn du eine einzelne Münze findest, weißt du eben nicht, ob sie 2, 20 oder 50 Jahre im Umlauf war und du weißt auch nicht, wer sie verloren hat. Du weißt nicht, ob sie sich nicht 10 Jahre im Sparstrumpf eines frühen Besitzers befand, bevor sie von dessen Erben verprasst und damit wieder in Umlauf gebracht wurde etc.
Einzelfundmünzen ohne Kontext sind für eine wissenschaftliche Diskussion allenfalls bedingt aussagekräftig. Vielleicht kann man anhand ihrer Abgegriffenheit Schlussfolgerungen darüber treffen, ob sie häufig den Besitzer gewechselt hat oder eben nicht.

Sorry - Einzelfunde sind das beste Argument was es überhaupt gibt! Wären die Münzen länger im Umlauf gewesen, hätte man auch Fundorte in der westfälischen Bucht (Tausch, Handel etc.). Die gibt es aber bisher nicht.
 
Natürlich müssten sich Münzen des Germanicus-Horizont auf dem Varus-Schlachtfeld finden lassen, da ja Germanicus da war. Der kam ja nicht mit 3 Hanseln dort hin. ...

Wenn das Verlieren von Münzen so umfangreich war, dass man bei Kalkriese zwingend welche finde muss, dann haben die Legionäre wohl schon auf dem Marsch und in den Lagern soviele Münzen verloren, dass sie bei der Ankunft bei Kalkriese pleite gewesen sein müssten!
 
Sorry - Einzelfunde sind das beste Argument was es überhaupt gibt! Wären die Münzen länger im Umlauf gewesen, hätte man auch Fundorte in der westfälischen Bucht (Tausch, Handel etc.). Die gibt es aber bisher nicht.
Und wie kamen sie an die Elbe? Haben die Römer etwa die rheinnäheren Gebiete überflogen? Einzelfunde sind nur für diejenigen Leute ein gutes Argument, die sich nicht mit ihre Hypothesen störenden Kontexten herumschlagen wollen.

Ich bringe mein Münzgeld in den Umlauf.
Aha! Und wirfst du es in die Gegend, wie die spanischen Missionare die Senfkörner entlang des Camino Real?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn das Verlieren von Münzen so umfangreich war, dass man bei Kalkriese zwingend welche finde muss, dann haben die Legionäre wohl schon auf dem Marsch und in den Lagern soviele Münzen verloren, dass sie bei der Ankunft bei Kalkriese pleite gewesen sein müssten!

Gegenfrage - warum hat Asprenas, der Neffe des Varus, sich der "Barschaften" der Gefallenen bemächtigt, wenn doch alles Geld bei Kalkriese verloren ging ?
 
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