@ Dieter,
zunächst mal freue ich mich, dass sich hier mal ein etwas versierter Kenner der mediterranen/minoischen Kulturepoche zu Wort meldet. Besten Dank für Deinen Beitrag, der - jedenfalls auf den ersten Blick - ziemlich logisch und auch nachvollziehbar erscheint!
Ja, Deine Version mit den Phöniziern hat durchaus etwas für sich, das muss ich ganz ehrlich zugeben.
Es könnte sich also auch um ein phönizisches Schiff gehandelt haben, das im nordfriesischen Watt gekentert ist, denn eine Zeitangabe dafür gibt es bisher nicht. Nur Laboruntersuchungen und Zeitdatierungen für die gefundenen Artefakte.
Trotzdem: Eine kleine Unstimmigkeit ist mir darin aufgefallen:
Du schriebst:
Sie handelten dabei mit den im Norden begehrten Waren aus mittelländischer Produktion, die zur Bronzezeit vor allem aus Ägypten, dem minoischen Kreta, Syrien-Kanaan-Phönizien, dem mykenischen Griechenland und Kleinasien stammten.
und dann:
Zu der Zeit war die minoische Kultur auf Kreta längst erloschen
Deshalb meine Frage: Erscheint es logisch nachvollziehbar, dass die Phönizier mit minderwertigen Haushaltswaren einer längst erloschenen Kultur gehandelt haben? Immerhin wurden die gefundenen Tonscherben um ca. 200 Jahre älter datiert als der Handel mit den Phöniziern und dass sie diese Waren für sich selbst verwendet haben, das halte ich für ziemlich ausgeschlossen.
Dieter: schrieb:
Dass sich darunter auch ein minoisches Siegel fand, bedeutet längst nicht, dass die Minoer Seefahrt bis in die Nordsee betrieben hätten.
Das ist völlig richtig! Das gefundene Amulett mit den minoischen Linear-A Schriftzeichen aus dem 15. Jh. v.Ch. stelle ich ja gar nicht in Frage, denn das könnte auch über Zwischenhändler oder sogar noch später nach Nordeuropa gelangt sein. Das habe ich auch in meinen vorangegangenen Beiträgen bereits mehrfach erwähnt, falls Du sie gelesen hast.
Aber die Tonscherben aus dem 13. Jahrhundert? Und noch dazu mit einem phönizischen Schiff?
Prof. Duerr geht davon aus, dass der Zeitpunkt des Unglücks (falls es eines war) so in etwa mit den Herstellungsdaten des Tongeschirrs identisch sein müsste, aber damals gab es noch keine phönizischen Handelsschiffe.
Du siehst, es bleiben also noch einige Fragezeichen.
Aber wie bereits mehrfach gesagt: Mehr Klarheit in dieser Angelegenheit würde wahrscheinlich nur eine eingehende Laboruntersuchung minoischer Bronzewaren aus dem 15. bis 12. Jh v. Ch. bringen. Wenn darin bereits Zinn aus Cornwall enthalten ist, dann scheiden die Phönizier als Zwischenhändler aus und man müsste neue Erklärungen dafür suchen.
Deshalb meine Frage: Sind Dir vielleicht solche Materialuntersuchungen bekannt?
Ups, ... Carolus war schneller als ich.