Pawnees, die Kundschafter der US-Kavallerie

SRuehlow

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Die Pawnees, die Kundschafter der US-Kavallerie

Vor Ankunft der Weißen wohnten die Pawnees im Südosten Nordamerikas, zogen im Laufe der Zeit nach Westen und erreichten im 17. Jahrhundert Zentral-Nebraska, entlang des Platte-River, wo sie sich in befestigten Dorfgemeinschaften niederließen. Dort kamen sie in Berührung mit französischen Kolonisten, die ihre Wehrdörfer "Pawnee-Republiken" nannten. Es gab aber auch Pawnee-Gruppen, die weiter nach Norden bis zum Missouri vorstießen, wo sie den Namen Arikaras oder Rees bekamen. Sie betätigten sich als Büffeljäger, als Pferdehändler und sogar als Pflanzer, die sich auf den Ackerbau von Mais, Bohnen und Kürbis verstanden.
Die festen Kuppeldächer der Pawnees, in denen jeweils mehrere Familien Platz fand, waren mit Pfosten und Tragbalken abgestürzt und mit Schichten aus Weidenzweigen, abgestochenen Grasstücken und Schlamm bedeckten. Sogar die unentbehrlichen Pferde konnten sich in diesen geräumigen Hütten aufhalten, die über einen Durchmesser von mehr als zwölf Metern verfügten.
Die Pawnees waren auch die einzigen Prärieindianer, die einen Kalender und eine komplizierte Mythologie besaßen, an deren Spitze ein höchster Gott, Tirawa, stand. Dass sie sich zudem Himmelskenntnisse angeeignet hatten, ist aus ihren Visionen ersichtlich, in denen ihnen immer wieder Sterne und andere Himmelskörper erschienen. Auch wenn sie ein religiöses Glaubensystem ihr eigen nannten, das sich mit den mythologischen Vorstellungen der alten Griechen und Ägypter vergleichen lässt, huldigten sie zu gleicher Zeit einem primitiven Menschenopferkult, der ein Extremfall in den Sitten und Gebräuchen der Plains-Indianer war.

Petalasharo, Pawnee-Oberhäuptling (1797-1874), ging in die Geschichte des Stamms ein, weil er kurzerhand im von Religion beherrschten Leben seines Volkes mit den Menschenopferritualen und dem damit verbundenen Kannibalismus aufräumte. Er erwies sich auch als Wegbegleiter für das freundschaftliche Verhältnis zwischen Pawnees und den Amerikanern. In der Tat fochten die Krieger dieser großen Nation von sesshaften Ackerbauern und Büffeljägern nie gegen die US-Truppen. Sie stellten sogar für die Kavallerie der Vereinigten Staaten ein Pawnee-Bataillon, dessen Kämpfer sich dem Kommando von Major Frank North unterordneten und für den regulären Soldatensold der Armee wichtige Kundschafterdienste imKrieg gegen aufsässige Prärieindianer leisteten. Einerseits konnten sie als uniformierte Scouts mit ihren Erbfeinden, den Sioux, Chayennes und Arapahos risikolos abrechnen. Andererseits hofften sie, sich mit ihrer Weißenfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft die US-Regierung zu Dank zu verpflichten. Seine Unterstützung der Armee im Kampf gegen die Sioux kam den Pawnee-Häuptling Sky Chief 1873 jedoch teuer zu stehen, als eine gewaltige Übermacht rachsüchtiger Sioux hundertfünfzig Pawnees mit ihrem Anführer in die ewigen Jagdgründe beförderte. Sky Chief war in seiner Weißenhörigkeit so weit gegangen, dass er beständig modische Gehröcke trug und indianische Wachen für den Eisenbahnbau abkommandierte, bis die erbosten Sioux dem Spuk ein Ende bereiteten.
Als das Pawnee-Bataillon 1885 nach zwanzigjährigem Bestehen aufgelöst wurde, weil es keine Indianerschlachten mehr zu schlagen gab, erfuhren die Pawnees am eigenen Leib, dass Undank der Welten Lohn ist. Genau wie andere besiegte Stämme wurden sie tortz ihrer Handlangerdienste in ein Reservat in Oklahoma eingesperrt, wo die meisten von ihnen elend zugrunde gingen. Wie die Crows, Shoshonen und die Utes hatten sie den Weißen geholfen, ihre indianischen Brüder auszurotten. Waren die Pawnees nicht von den Bleichgesichtern dezimiert worden, so erlagen sie den unmenschlischen Entbehrungen in der Einöde Oklahomas, wo niemand mehr ihre einstige Willfähigkeit vergütete. Ungeachtet den Entbehrungen wurden die Pawnees, wie die meisten Ureinwohner Amerikas, durch zahllose Epidemien von Schnupfen, Masern, Cholera und Pocken dahingerafft, so dass die Pawnee-Nation oftmals vor dem Aussterben stand. Heute schätzt man die Bevölkerungspopulation auf ungefähr 2500 Mitglieder.


Quellen:

Orth, Rene: Auf den Spuren der Indianer, Geschichte und Kultur der Ureinwohner Amerikas; Reutlingen 1988.

http://www.pawneenation.org/
 
Ich habe da noch eine kleine Quelle zu der Sternenkarte Der Pawnee:
http://hoa.aavso.org/spacetalk.htm
Diese Quelle geht auf eine Sternenkarte der Pawnee ein, die 100 bis 300 Jahre alt sein soll. Ich möchte daraus kurz zitieren:
"The Pawnee Indian sky map gives no indication of the importance of the Sun's apparent yearly path through the sky, called the ecliptic , or the day of the year when the Sun reaches its highest point in the sky, the summer solstice . They did not develop an accurate lunar calendar, either. Most ancient cultures, as well as other North American Indian tribes, had calendars calculated with either the Moon or the summer solstice, but the Pawnee were the star people of the Plains. The Pawnee marked their year, not with the Sun's motions or the phases of the Moon, but with the appearance in the southeast sky of two small stars known as the "swimming ducks," and the Pleiades. The stars served not only as a calendar for the Pawnee, they developed more elaborate star ceremonies and rituals than any other tribe. The stars and constellations were a great influence on almost every aspect of their lives, and even their houses were laid out in patterns which duplicated the patterns of the constellations, indicating the positions of their most important star gods. "
Daneben noch eine gute Website zu den Pawnee, allerdings auch auf Englisch:
http://college.hmco.com/history/readerscomp/naind/html/na_028300_pawnee.htm
Zum selber rumstöbern über die Pawnee
http://www.mongabay.com/indigenous_ethnicities/north_american/Pawnee.html
Und dann mecker ich mal gegen den Ausdruck ..."sogar als Pflanzer betätigten...", auch wenn das jetzt kleinlich wirkt.
Meines Wissens gehörten die Pawnee zu den sesshaften Völkern, dh. sie verstanden sehr wohl den Ackerbau, zogen also nicht nur den Beuteherden hinterher. Die Pawnee lebten in regelrechten Dörfern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Penseo schrieb:
dann noch ein paar Zahlen, die verdeutlichen, welchen Bevölkerungsschwund die Ankunft des "weissen Mannes" auslöste:
1838 etwa 10 bis 12.000 Pawnee, um 1840 wird ein Siedlertrail über Pawnee-Land eröffnet. Unter anderem durch dadurch eingeschleppte Krankheiten sinkt die Zahl auf 4.500.
1906 gab es nur noch 649 Überlebende.

Bei der für 1838 angegebenen Zahl ist davon auszugehen, daß auch diese bereits einen reduzierten Bevölkerungsstand darstellt.

Ich halte den Titel dieses Threads für unglücklich gewählt - es gibt über die Pawnee sicherlich auch anderes zu sagen, als daß sie "die Kundschafter der US-Kavallerie" gewesen sein sollen. Es entsprach britischer, französischer, holländischer, spanischer und auch US-amerikanischer Politik, Kriege und Überfälle möglichst von indianischen Verbündeten ausfechten zu lassen, mit möglichst geringem Einsatz an eigenen Leuten. Die Charakterisierung als Kundschafter im Dienste der Weißen ließe sich daher auf etliche Völker anwenden. Den Pawnee hier eine so überragende Rolle zuzuschreiben, entspricht jedoch *unserer* Wahrnehmung der indianischen Völker, die ihren Augenmerk vorwiegend auf die Plainsvölker richtet.

Ansonsten habe ich einige Kritik am zitierten Autor:

Ich kenne das angegebene Buch zwar nicht (man kann nicht alles gelesen haben); kann aber nach meiner bisherigen Lektüre an Indianerlexika und ähnlich breit angelegten Darstellungen sagen, daß die Bandbreite hinsichtlich der Qualität enorm ist. Mit anderen Worten: da tummelt sich sehr viel Schlechtes, mit dem eine lockere Mark gemacht werden soll/te.

Auf das zitierte Buch trifft dieses zu. Es fehlen offenbar eine Einordnung der Pawnee in eine Sprachfamilie und auch in einen Kulturzusammenhang.

Die Darstellung ist nicht nur verkürzt, sondern hat rassistische Tendenzen. Ich weiß, daß das ein harter Vorwurf an den Autor Orth ist, daher folgende Beispiele:
"Wehrdörfer" - unterstellt den Pawnee einen blutrünstigen, kriegerischen Charakter. Daß Dörfer befestigt und geschützt werden, macht sie nämlich noch nicht per se zu Wehrdörfern. Die Pawnee waren aber nicht 'kriegerischer' als andere Völker. Da sie in ihrem Gebiet zugewandert waren, bestand wohl eher eine entsprechende Animosität zu den Nachbarn, die ihr Gebiet wiederum auch schützen wollten.

"Sie betätigten sich ... sogar als Pflanzer"
Das ist heftig! Die Pawnee hatten eine seßhafte Lebensweise und betrieben Ackerbau als hauptsächliche Nahrungsmittelquelle! Bereits der Begriff "Pflanzer" stellt eine Abwertung dar, in Kombination mit "sogar" wird dies noch gesteigert. Die Pawnee waren im Präriegebiet nicht das einzige Ackerbau treibende Volk; das taten ihre Nachbarn genauso.
Vor Erwerb von Pferden in ausreichender Menge gab es keine auf die Büffeljagd allein gestützte Ökonomie, da die Völker den Herden nicht hinterziehen konnten. Gejagt wurden die Büffel, die sich gerade in der Nähe befanden. Für Pawnee, Arikara, Mandan, Cheyenne etc waren sie daher zunächst nur 'Beikost'. Die Pawnee an erster Stelle als Büffeljäger zu bezeichnen, ist daher unkorrekt.

"Mais, Bohnen und Kürbis" in vielfältigen Sorten waren die gängigen Ackerbauprodukte in Nordamerika, bereits vor Ankunft der Weißen.

"Die festen Kuppeldächer"
Also, entweder ist da beim Zitieren etwas herausgefallen... Wenn dies so und in dieser Form bei Orth steht, ist es nur eine Teilbeschreibung der Häuser der Pawnee. Es handelte sich um Erdhäuser mit Kuppeldach. Diese sind im Kulturareal Prärie auch bei anderen Völkern zu beobachten. Bei schönem Wetter saßen die Familien oben auf der Kuppel. Es lebten nach europäischen Begriffen insofern "mehrere Familien", als dies Großfamilien waren.

"Die unentbehrlichen Pferde" ... waren auch nicht so unentbehrlich, sondern zunächst mal Einwanderer, die eine kulturelle Revolution ermöglichten. In den Präriekulturen besaßen die Individuen bzw Völker auch meist nicht so ausgedehnte Bestände wie die Plainskulturen später. Die Formulierung legt außerdem eine nichtseßhafte Lebensweise der Pawnee nahe, was bestenfalls unkorrekt ist.

Indianische Religionen kennen alle einen Creator, einen Schöpfer; damit stellen die Pawnee keine Ausnahme dar.

"Dass sie sich zudem Himmelskenntnisse angeeignet hatten, ist aus ihren Visionen ersichtlich..."
Aha, manche erwerben Wissen, andere "eignen" sich Kenntnisse an..., und auch noch "zudem". Alle Kulturen, die Ackerbau betreiben, sind auf Informationen über Jahreszeiten und Wetter angewiesen und achten daher auf Abläufe - nicht "zudem", sondern weil es das Überleben sichern hilft.
Daß dies bei den Pawnee lediglich aus den Visionen, in denen Sterne und Himmelskörper erschienen sein sollen, ist Unfug! Abgesehen davon: diese Visionen sind häufig etwas Privates, das nicht allgemein mitgeteilt wird - woher will Orth dies dann wissen?!?!? Wissen über jahreszeitliche Abläufe nur auf den Visionsbereich einzugrenzen bedeutet auch: für andere Anwendungen hat es intelligenzmäßig wohl doch nicht so gereich bei den Pawnee. Auch wenn dies nicht in dieser Deutlichkeit formuliert wird, ist es die logische Folge aus der Darstellung.

"primitiver Menschenopferkult, der ein Extremfall in den Sitten und Gebräuchen der Plains-Indianer war"
Zunächst mal: die Pawnee werden dem Kulturareal Prärie zugerechnet, und das ist nicht einfach ein anderes Wort für Plains; es handelt sich um unterschiedliche Kulturareale. Die Plains wurden im übrigen erst nach Erwerb von Pferden ganzjährig besiedelt.
Nun läßt sich sicher sehr viel gegen Menschenopfer sagen, aber in Verbindung mit dem Wort "primitiv" sollte man Kulturen nicht stellen! Der Begriff "primitiv" suggeriert zudem ein grausames Abschlachten. Weiterhin wird nicht beschrieben, wie dieser Kult aussah, zb wieviele Menschen geopfert wurden... Auch Auslassungen können Botschaften transportieren.
Zur Häufigkeit läßt sich sagen, daß dies bestenfalls eine Person pro Jahr war.
Kannibalismus: Da müßte ich erst noch einmal nachlesen; aus dem Gedächtnis heraus kann ich nicht sagen, ob es nach den Opferungen zu rituellem Verspeisen von Opfern kam.

"aufsässige Prärieindianer"
"Aufsässig" ist eine Wertung, die seinerzeit von den weißen US-Amerikanern ausging und nicht den Tatsachen entspricht. Zum zweiten sind Plainsindianer gemeint.

"... konnten sie ... mit ihren Erbfeinden ... risikolos abrechnen"
Diese Darstellung spiegelt eine eurozentristische Wahrnehmung wieder! Lakota/Dakota, Tsistsistas und andere waren keine "Erbfeinde", sondern zumal bei weiterem Vordringen der weißen Besiedelung, Konkurrenten um Gebiete. Bei indianischer Kriegführung kann von "risikolosem Abrechnen" nicht gesprochen werden. Diese Darstellung suggeriert erneut einen grausamen, blutgierigen Charakter.

"rachsüchtige Sioux"
Na klar, andere Motivationen hatten die ja nicht! Sarkasmus off: ich glaube, dazu braucht man nicht mehr sagen.
Die Betrachungsweise, daß indianischer Widerstand gegen Vertreibung, Landnahme, Genozid natürlich nur "aufsässig" und "rachsüchtig" sein kann, bestreitet indianische Rechte auf Land und Leben und ist daher rassistisch.

"in die ewigen Jagdgründe beförderte"
Das ist ein gern gebrauchtes Bild, das bei den Indianern selbst aber gar nicht gebräuchlich ist - eine europäische Verzerrung indianischer Vorstellungen von einem Jenseits. Dieser Sprachgebrauch ist daher auch rassistisch.

Die gesamte Darstellung von Orth atmet den Rassismus auch dadurch, daß den Pawnee wegen ihrer Rolle als Hilfstruppen der USA nur Verachtung entgegenschlägt, nachdem man sie nicht mehr zur Unterwerfung von "Aufsässigen" braucht. Die Ausnutzung der Pawnee wird als Willfährigkeit, als Handlangerdienst beschrieben. Überlegungen, warum die Pawnee sich in den Dienst der USA stellten, werden nicht angestellt.

Und im übrigen: die Begriffe "Rothäute" und "Bleichgesichter" ist nur von Weißen gebräuchlich und gilt heute als rassistische Begrifflichkeit, deren sich daher ein Autor, der als von Seriosität gestreift gelten möchte, besser enthalten sollte. Wenn Orth diese Begriffe - er müßte sich ja vielleicht mit den Themen indianische Kulturen, indianische Geschichte, indianischer Widerstand befaßt haben; aber vielleicht kann man ein solches Buch auch so schreiben - heute noch verwendet, muß er sich diesen Vorwurf auch gefallen lassen.

Die Lakota/Dakota kennen als abfällige Bezeichnung für Weiße das Wort "wasicu" (gesprochen: washitchu), die Tsististas (Cheyenne) das Wort "weho" (gespr.: wäho). Das erste bedeutet: die sich das Fett nehmen (modern: die Absahner), das zweite "Spinne".

Diese Bezeichnungen werden jedoch NICHT allgemein auf jede weiße Person angewendet, sondern auf diejenigen unter uns, die sich auch entsprechend benehmen.
 
Penseo schrieb:
Ich habe da noch eine kleine Quelle zu der Sternenkarte Der Pawnee:
http://hoa.aavso.org/spacetalk.htm

"The Pawnee Indian sky map gives no indication of the importance of the Sun's apparent yearly path through the sky, called the ecliptic , or the day of the year when the Sun reaches its highest point in the sky, the summer solstice . They did not develop an accurate lunar calendar, either. Most ancient cultures, as well as other North American Indian tribes, had calendars calculated with either the Moon or the summer solstice, but the Pawnee were the star people of the Plains. The Pawnee marked their year, not with the Sun's motions or the phases of the Moon, but with the appearance in the southeast sky of two small stars known as the "swimming ducks," and the Pleiades. The stars served not only as a calendar for the Pawnee, they developed more elaborate star ceremonies and rituals than any other tribe. The stars and constellations were a great influence on almost every aspect of their lives, and even their houses were laid out in patterns which duplicated the patterns of the constellations, indicating the positions of their most important star gods. "

Da der Text sehr sachlich und trotz Kürze sehr informativ ist, mal eine Übersetzung:

Die Himmelskarte der Pawnee-Indianer gibt keinen Hinweis auf die Wichtigkeit des jährlichen Pfades der Sonne über den Himmel, was die Ekliptik genannt wird, oder den Tag des Jahres, an dem die Sonne den höchsten Stand am Himmel erreicht, die Sommersonnenwende. Sie entwickelten auch keinen akkuraten Mondkalender. Die meisten alten Kulturen sowie auch andere nordamerikanische Indianervölker hatten Kalender, die entweder auf dem Mond oder der Sommersonnenwende basierten, aber die Pawnee waren das Sternenvolk der Plains [I.: der Prärie!]. Die Pawnee richteten ihr Jahr nicht nach den Sonnenbewegungen oder den Mondphasen aus, sondern an dem Erscheinen zweier kleiner Sterne am südöstlichen Himmel, die als "schwimmende Enten" oder Plejaden bekannt sind. Die Sterne dienten den Pawnee nicht nur als Kalender, sie entwickelten auch mehr detaillierte Sternenzeremonien und Rituale als jeder andere Stamm. Die Sterne und die Konstellationen hatten großen Einfluß auf fast jeden Aspekt ihres Lebens und sogar ihre Häuser waren in Mustern angelegt, die die Muster der Konstellationen wiederholten und die Positionen ihrer wichtigsten Sternengötter angaben.
 
:hoch: Dankeschön für die ausführliche Verbesserung. Du scheinst eine Fachfrau auf dem Gebiet der Pawnees zu sein. :yes:
 
SRuehlow schrieb:
Dankeschön für die ausführliche Verbesserung. Du scheinst eine Fachfrau auf dem Gebiet der Pawnees zu sein.
Mit den Pawnee habe ich mich recht wenig beschäftigt; mit dem Thema Indianer in Nordamerika allgemein aber schon ziemlich lange.
 
Wenn ich mich jetzt richtig erinnere (ist allerdings lang her, dass ich da was dazu gelesen habe), dann gab es vier Unterstämme der Pawnee. Und soweit ich weiß, gab es die Menschenopfer nur bei den Wolf Pawnee (den Skidi).

Und auch die Berichte über diese Menschenopfer sind dergestalt, dass man nicht viel über Häufigkeit und Ausmaß sagen kann. Immerhin endeten diese Opfer 1816 durch oben schon genannten Häuptling.
Wenn ich mich recht entsinne, war es die Anthropologin (?) Regina Weltfish, die da in einem ihrer Bücher einen recht detaillierten Bericht über das Opfer eines Lakota veröffentlichte ... hat auch glaube ich einige Zeit bei den Pawnee gelebt, aber das war schon im 20. Jhd und somit ist sie keine Augenzeugin.
Vorher gab es auch schon Veröffentlichungen dazu ... aber da kann ich mich jetzt nicht dran erinnern ... muss ich nachschauen.
 
Ingeborg schrieb:
Die Ausnutzung der Pawnee wird als Willfährigkeit, als Handlangerdienst beschrieben. Überlegungen, warum die Pawnee sich in den Dienst der USA stellten, werden nicht angestellt.


Reicht das als Grund nicht?
Einerseits konnten sie als uniformierte Scouts mit ihren Erbfeinden, den Sioux, Chayennes und Arapahos risikolos abrechnen. Andererseits hofften sie, sich mit ihrer Weißenfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft die US-Regierung zu Dank zu verpflichten.
 
Sascha Maletic schrieb:
Sich in den Dienst der USA zu stellen. Oder habe ich dich falsch verstanden?

So wie der Autor Orth es schildert, kann der Leser nur schließen, daß die Pawnee sich entweder aus Dummheit als Scouts zur Verfügung stellten oder sie wollten eben ihren Blutdurst bequem ausleben können. Die zweite Variante ist übrigens bei den weißen Bewohnern der USA im Umlauf gewesen, die den Pawnee gleichzeitig Grausamkeit und Blutgier sowie andererseits Feigheit unterstellten. Man hat sich ihrer zwar gerne bedient, weil es bequemer war, Indianer gegen Indianer kämpfen zu lassen; das schonte die eigenen Leute.

Eine so verkürzte und in der Sichtweise arg begrenzte Darstellung und Sichtweise muß aber auf einen sehr flachen Ball hinauslaufen.
 
Ingeborg schrieb:
So wie der Autor Orth es schildert, kann der Leser nur schließen, daß die Pawnee sich entweder aus Dummheit als Scouts zur Verfügung stellten oder sie wollten eben ihren Blutdurst bequem ausleben können. Die zweite Variante ist übrigens bei den weißen Bewohnern der USA im Umlauf gewesen, die den Pawnee gleichzeitig Grausamkeit und Blutgier sowie andererseits Feigheit unterstellten. Man hat sich ihrer zwar gerne bedient, weil es bequemer war, Indianer gegen Indianer kämpfen zu lassen; das schonte die eigenen Leute.

Eine so verkürzte und in der Sichtweise arg begrenzte Darstellung und Sichtweise muß aber auf einen sehr flachen Ball hinauslaufen.

Also, ich habe lange darüber nachgedacht, was ich dir schreiben soll. Ich denke, man sollte nicht den Fehler machen außereuropäische Kulturen zu verklären, wie das oft der Fall ist. Ich glaube nicht, dass man das kritiklos hingenommen hätte, wenn ein europäisches Volk sich den USA "angebiedert" hätte, Indianer zu jagen. :D
 
Ich habe noch einmal den Pawnee Artikel gelesen. Dummheit oder Blutrünstigkeit werden aber als Motivation für den Eintritt in die USArmee als Scouts nicht genannt. Lediglich heisst es , dass die Pawnees sich ein risikoloses Vorgehen gegen ihre Feinde erhofften. Zudem hofften sie, dass eine Zusammenarbeit mit den Weissen sie vor der weissen Indianerpolitik bewahren würde. Das sind rationale Gründe, auch wenn sich die Überlegungen später als falsch herausgestellt haben. Haben nicht auch Angehörige der Crow Indianer als Scouts gedient? Geronimo wurde doch zunächst mit Hilfe von Apachen Scouts gejagt.
Andererseits ist es im Falle der Indianer auch immer gefährlich, einzelne Entscheidungen auf das ganze Volk zu beziehen. Die Freiheit des Individuums stand über allem, auch wenn einzelne Krieger als Scouts gedient haben, können andere eine ganz andere Auffassung dazu gehabt haben.
 
Sascha Maletic schrieb:
Also, ich habe lange darüber nachgedacht, was ich dir schreiben soll. Ich denke, man sollte nicht den Fehler machen außereuropäische Kulturen zu verklären, wie das oft der Fall ist. Ich glaube nicht, dass man das kritiklos hingenommen hätte, wenn ein europäisches Volk sich den USA "angebiedert" hätte, Indianer zu jagen. :D

Es geht mir auch nicht um Verklärung! Jedoch ist die Sichtweise, die "wir" über Indianer haben, durchaus verzerrt (wobei Karl May und Hollywood nicht die einzigen Schuldigen sind). Viele Menschen wissen heute nicht, daß es tatsächlich noch Indianer gibt, oder Reservationen. Noch dürftiger sind die Informationen, die allgemein bezügl Kulturen, Sprachen, Traditionen etc vorhanden sind. Das Indianerbild wird geprägt von den Plainskulturen, deren Lebensweise häufig verallgemeinert wird.

Das von Hollywood oder auch von historischen sowie auch von heute noch auf den Markt gebrachten Publikationen prägt außerdem weitere unzutreffende Vorstellungen und erhält diese aufrecht. Viele Menschen machen sich nicht klar, daß es nicht typisch indianisch war, harmlose Weiße im Schlaf zu überfallen, Verträge grundsätzlich zu mißachten und Postkutschen zu verfolgen, um es mal platt zu formulieren.

Indianer, die sich gegen Landraub und Ethnozid wehren, werden leider auch heute noch oft genug als "abtrünning", verräterisch, heimtückisch, blutgierig etc dargestellt. Der Wunsch, die eigene Lebensweise, die bewohnten Gebiete, die eigenen Familien zu schützen und ihr Fortbestehen gegen die weiße Besiedelung zu verteidigen, wurde früher nicht als legitim betrachtet. Wenn heute Bücher, Filme etc im Umlauf sind, die diese Sichtweise übernehmen, ist das nicht nur traurig, sondern es geht ins Rassistische.

Um auf die Historie zurückzukommen: die Entscheidung, für die US-Armee als Scouts zu arbeiten, war eine politische, da die Pawnee sich eine bessere Behandlung seitens der Amerikaner davon erhofften. Daß dies eine Fehleinschätzung war, wurde offensichtlich. Zum anderen stand dahinter die Hoffnung, die eigene Position gegenüber benachbarten Völkern zu verbessern, was - so wie die Dinge liefen - bestenfalls kurzzeitig der Fall gewesen sein könnte. Aber auch dies ist eine Entscheidung im politischen Bereich. Nachvollziehbar sind beide Motive.

Nun ist diese Entscheidung den Pawnee weder von den indianischen Nachbarn honoriert worden (aus einleuchtenden Motiven), aber auch nicht von den Weißen. Beide Seiten waren sich einig in der Ablehnung, aber während die der indianischen Nachbarn leicht nachzuvollziehen ist, hat die Ablehnung der Pawnee durch "die Weißen" etwas Heuchlerisches und Zynisches. Man hat sie benutzt, um sie dann als feige und grausame Wilde zu deklassieren, die daher keine bessere Behandlung verdient hatten als die anderen auch (Penseo: ich weiß, daß das in dieser Form nicht im Artikel oben steht; ich gebe damit eine Sichtweise wieder, die seinerzeit vorherrschte und habe aufgezeigt, inwieweit und warum der Autor Orth diese im Grunde wiederholt).

Ich werte nicht die Pawnee in unzulässiger Weise auf oder verkläre sie - ich verurteile nur eine Haltung, die Personen zuerst Schmutzarbeit machen läßt, um sie hinterher mitleidlos in den Hinern zu treten. Womit in sehr verkürzter Darstellung das Schicksal der Pawnee im 19. Jahrhundert zusammengefaßt wird.

Wie ich schon vorher mal erwähnt habe, habe ich mich auch gar nicht speziell mit den Pawnee befaßt - und zwar aus folgenden Gründen: vieles an der weit verbreiteten Literatur über sie ist nicht wertfrei; 'neutral' gehaltene Publikationen bewegen sich im wissenschaftlichen Bereich, den ich leider mangels Finanzen sehr viel weniger häufig abgrasen kann als ich vielleicht möchte.
 
Ingeborg schrieb:
Es geht mir auch nicht um Verklärung! Jedoch ist die Sichtweise, die "wir" über Indianer haben, durchaus verzerrt (wobei Karl May und Hollywood nicht die einzigen Schuldigen sind). Viele Menschen wissen heute nicht, daß es tatsächlich noch Indianer gibt, oder Reservationen. Noch dürftiger sind die Informationen, die allgemein bezügl Kulturen, Sprachen, Traditionen etc vorhanden sind. Das Indianerbild wird geprägt von den Plainskulturen, deren Lebensweise häufig verallgemeinert wird.

Das von Hollywood oder auch von historischen sowie auch von heute noch auf den Markt gebrachten Publikationen prägt außerdem weitere unzutreffende Vorstellungen und erhält diese aufrecht. Viele Menschen machen sich nicht klar, daß es nicht typisch indianisch war, harmlose Weiße im Schlaf zu überfallen, Verträge grundsätzlich zu mißachten und Postkutschen zu verfolgen, um es mal platt zu formulieren.
Also, ich denke nicht, dass heute die Indianer als primitive Wilde wahrgenommen werden, so wie das in der US-Geschichte leider lange Zeit der Fall war (Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer). Da sei unbesorgt. Aber mit verzerrt hast du recht (hab tatsächlich geglaubt, dass "Bleichgesichter" von den Indianern stammt). :rofl:

Ingeborg schrieb:
Um auf die Historie zurückzukommen: die Entscheidung, für die US-Armee als Scouts zu arbeiten, war eine politische, da die Pawnee sich eine bessere Behandlung seitens der Amerikaner davon erhofften. Daß dies eine Fehleinschätzung war, wurde offensichtlich. Zum anderen stand dahinter die Hoffnung, die eigene Position gegenüber benachbarten Völkern zu verbessern, was - so wie die Dinge liefen - bestenfalls kurzzeitig der Fall gewesen sein könnte. Aber auch dies ist eine Entscheidung im politischen Bereich. Nachvollziehbar sind beide Motive.
Genau so und nicht anders habe ich das verstanden.

Ingeborg schrieb:
Ich werte nicht die Pawnee in unzulässiger Weise auf oder verkläre sie - ich verurteile nur eine Haltung, die Personen zuerst Schmutzarbeit machen läßt, um sie hinterher mitleidlos in den Hinern zu treten. Womit in sehr verkürzter Darstellung das Schicksal der Pawnee im 19. Jahrhundert zusammengefaßt wird.
Indirekt wirft er ja den Weißen Undankbarkeit vor (erfuhren die Pawnees am eigenen Leib, dass Undank der Welten Lohn ist). Andererseits bekommen auch die Pawnees ihr Fett weg (Handlangerdienste). Wertfrei ist das in der Tat nicht. Muß eine wissenschaftliche Publikation das zwingend sein? :grübel:

Ingeborg schrieb:
'neutral' gehaltene Publikationen bewegen sich im wissenschaftlichen Bereich, den ich leider mangels Finanzen sehr viel weniger häufig abgrasen kann als ich vielleicht möchte.
Oh, dann wünsche ich dir viel Glück, dass du einen Geldgeber für deine Arbeiten findest.
 
Sascha Maletic schrieb:
Also, ich denke nicht, dass heute die Indianer als primitive Wilde wahrgenommen werden, so wie das in der US-Geschichte leider lange Zeit der Fall war (Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer). Da sei unbesorgt. Aber mit verzerrt hast du recht (hab tatsächlich geglaubt, dass "Bleichgesichter" von den Indianern stammt). :rofl:

Nein, es ist eine weiße Erfindung wie schon vorher das Wort "Rothhaut", das aber auch nicht die Hautfarbe wiedergibt, sondern die Praxis, sich mit einem rötlichem Pulver einzudecken wg Sonnen- und Insektenschutz.


Indirekt wirft er ja den Weißen Undankbarkeit vor (erfuhren die Pawnees am eigenen Leib, dass Undank der Welten Lohn ist). Andererseits bekommen auch die Pawnees ihr Fett weg (Handlangerdienste). Wertfrei ist das in der Tat nicht. Muß eine wissenschaftliche Publikation das zwingend sein? :grübel:

Insgesamt bekomme ich bei der von Orth gewählten Darstellung den Eindruck, daß die kritisierten "Handlangerdienste" nicht mehr als den Undank verdienten. Vielleicht interpretiere ich das über vor dem Hintergrund, daß eben dies im 19. Jahrhundert die gängige Sichtweise war.

Werten darf eine Publikation sicher schon, es kommt aber doch auf das Wie an. Ich meinte auch 'wertfrei' im Sinne von 'frei von rassistischen Untertönen' (von wg einer dezenten Ausdrucksweise).

Oh, dann wünsche ich dir viel Glück, dass du einen Geldgeber für deine Arbeiten findest.
Oh nein, ganz so weit geht es nicht - ich wollte damit sagen: mir fehlt das Geld für die Bücher, die ich gerne *auch* lesen möchte, da gerade wissenschaftliche Bücher wg kleiner Auflage im ganz oberen Preisbereich liegen. Die einzige kriminelle Tätigkeit, bei der ich arg in Versuchung komme, sind Überfälle auf Buchläden:grübel: :rolleyes: :abtauch: .
 
Penseo schrieb:
Haben nicht auch Angehörige der Crow Indianer als Scouts gedient? Geronimo wurde doch zunächst mit Hilfe von Apachen Scouts gejagt.
Andererseits ist es im Falle der Indianer auch immer gefährlich, einzelne Entscheidungen auf das ganze Volk zu beziehen. Die Freiheit des Individuums stand über allem, auch wenn einzelne Krieger als Scouts gedient haben, können andere eine ganz andere Auffassung dazu gehabt haben.

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. In indianischen Gesellschaften gab es keine Hierarchie und keine Anordnungen von oben. Gemeinschaftliche Entscheidungen wurden im Konsens getroffen; wer mit einer solchen Entscheidung nicht einverstanden war, konnte sich einem anderen Dorf anschließen, ohne daß ihm das übel genommen wurde. Das kam jedoch weniger häufig vor, als dies zunächst den Anschein haben könnte, da im Grunde so lange an einer Entscheidung gefeilt wurde, bis alle damit zufrieden waren.
 
Ingeborg schrieb:
In indianischen Gesellschaften gab es keine Hierarchie und keine Anordnungen von oben.

Verzeihung, daß ich da mal einhake: Für alle indianischen Gesellschaften kann das wohl kaum gelten. Für welche Gesellschaften ist denn das Fehlen jeglicher Hierarchie konkret belegt?
 
Da komme ich mal auf mein Lieblingsthema , die Nez Perce.
Die Häuptlinge konnten nur durch Überzeugung wirken. Wenn sie nicht überzeugten, konnten einzelne Familien gehen. So geschehen im Zuge der Ereignisse, die schliesslich zum Nez Perce Krieg führten. Einige Stammesmitglieder hatten sich schon auf den Weg zu ihren Verwandten gemacht. Im Ernstfall hätte der Häuptling also ohne Volk dagestanden. (heute nennt man das Abstimmung mit den Füssen). Schon von daher lag es im Interesse aller, auch der Anführer, einen tragbaren Kompromiss zu finden. Dieser Mangel an Hierarchie machte es für die Weissen ja auch so schwierig, Verträge zu schliessen. Denn eigentlich hätten diese mit allen Anführern geschlossen werden müssen, ein Headchief konnte, wenn er nicht überzeugte nämlich auch ganz schnell ersetzt werden.
Auch für die Missionierung erwies sich diese Einstellung als nachteilig, weshalb mit der Missionierung auch gleichzeitig ein Auflösen der alten Strukturen einherging.
Nun heisst das ja nicht, dass in den Dörfern dieser Indianer Chaos geherrscht hat, es heisst nur, dass ein Anführer nicht einfach befehlen konnte. Der Sinn, resp. Nutzen einer Entscheidung musste einfach einleuchten.
Um die Vorgehensweise der Weissen gegen die Indianer dann zu vereinfachen, wurden sie für nicht geschäftsfähig erklärt, zu Mündeln, in deren Namen der Staat einseitig entscheiden konnte. Von daher kommt auch sicher das Bild des Indianers, der sich von irgendwelchen Visionen oder sonstigen irrationalen Überlegungen leiten lässt.
Dem war aber nicht so, im Gegenteil, die Entscheidungen wurden sehr wohl rational gefällt, damit die Führungsebene nicht plötzlich ohne Geführte dastand.
Für Nordamerika müsste meines Wissens die Frage eher heissen, welche Völker hatten eine hierarchische Struktur? Denn auch die Sioux, die Crow, die Apachen und und und waren so einzelverantwortlich organisiert.
 
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