Rom - Ein Rechtsstaat?

War Rom ein Rechtsstaat


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    18

romanus00I

Aktives Mitglied
Heutzutage wird das Römische Recht ja oft als Grundsatz des heutigen Rechts aufgeführt.

Aber war Rom ein Rechtsstaat?

Dafür sprechen:
- der Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz"
- jedes Gesetz musste von der Volksversammlung bestätigt werden (bis in die Kaiserzeit hinein)
- Die Schutzmöglichkeiten (Appell an das Volk, die Volkstribune...) jedes Bürgers

Aber in dem Fall müsste sich diese Eigenschaft Roms doch irgendwann verloren haben, besonders nach dem Ende des Prinzipats.

Mich würde einmal interessieren, was ihr (besonders mit Zugang zu Fachlitteratur) hierüber denkt.
 
Aber in dem Fall müsste sich diese Eigenschaft Roms doch irgendwann verloren haben, besonders nach dem Ende des Prinzipats.

Ist die Frage nicht eher vor dem Anfang des Prinzipats, in der Republik. interessant? Wen der Princeps weg haben wollte, der war weg, Gerichtsurteil uninteressant.

Die römische Republik hat für ihre Bürger eine Reihe von Forderungen erfüllt, die heute an Rechtsstaaten gestellt werden. Ich bezweifle allerdings, dass das römische Justizwesen dem gerecht wurde (fairer prozess etc), aber da bin ich kein Fachmann.
 
Ich weiß nicht, welches Recht du jetzt genau meinst, aber ich kenne mich durchs Studium immerhin ein bisschen mit dem römischen Staatsrecht aus, also schreib ich dazu mal was. ;)

Also der Rechtsstaat hat sich definitiv nicht erst mit dem "Ende" des Prinzipats verloren, sondern das war meiner Meinung nach schon die Voraussetzung für die Entstehung dieses "Dings".

Pro forma mag es sein, dass das Volk oder der Senat Gesetze genehmigen/beratschlagen musste, aber spätestens wenn einer mit seinem Heer über den Rubicon oder später über die Stadtgrenze oder ins Senatsgebäude rennt und die "Gesetzgeber" mit Waffen bedroht, dann interessiert das keinen mehr, was Recht ist. (modern ausgedrückt: die Exekutive übernimmt alles und die Legislative und Judikative guckt dumm aus der Wäsche...)

Den Grundsatz "keine Strafe ohne Gesetz" findet man z.B. in den Proskriptionen verletzt. Da wurde man umgebracht, wenn man auf einer Liste stand. Man konnte z.B. von seinem "netten" Nachbarn quasi über Nacht drauf geschrieben werden und hatte eben Pech. Das hat keiner kontrolliert, jedenfalls nicht im zweiten Triumvirat. Da wurde auch nicht direkt gesetzlich festgelegt, dass aus irgendwelchen Gründen übermorgen XY beseitigt werden soll, sondern das wurde teilweise "spontan" entschieden, von heute auf morgen. Im Grunde handelt es sich dabei ja um Hinrichtungen, aber ohne Gerichtsverhandlung, ohne vorhergehende Anklage usw... einfach mal eben schnell. Also: kein Rechtsstaat weit und breit in Sicht.

Den groben rechtlichen Rahmen dafür bildete eine Art "Ausnahmezustand", also man berief sich schon auf eine Art Recht, dem Staat zu helfen, wieder Frieden einkehren zu lassen usw. aber diese rechtliche Absicherung liegt außerhalb des eigentlichen Rechtsstaates, weil der römische Staat nicht festgelegt hat, dass er jetzt mit allen Mitteln gerettet werden soll. Das wurde nicht als Gesetz formuliert, zumindest nicht mit dem rechtsstaatlichen Repertoire. In juristischer Literatur zum römischen Staatsrecht habe ich dafür den Begriff "überpositives Recht" (bzw. Naturrecht) gefunden. Das ist ein Recht, was nicht mehr von Menschen gemacht ist, sondern was unabhängig von jedem Staat etc. als Recht empfunden wird und diesem überlegen ist. Das ist ein Recht, auf dass man sich berufen kann, wenn man z.B. den kompletten Staat verändern will, also auch seine rechtlich geschützten Instanzen abschaffen will oder sowas.

In der Republik gab es z.B. das Amt des Diktators, zeitlich begrenzt und ganz klar geregelt. Dem hätte man dann auftragen können, die Gegner des Senats z.B. mit Waffengewalt aus der Stadt zu jagen. Dafür wurde offiziell ein Diktator ernannt usw... das war staatsrechtlich alles vorgesehen und legal so.

Aber wenn sich ein Diktator selber ernennt, ohne den Senat/das Volk zu fragen oder diese dazu zwingt, ihn zum Diktator zu ernennen und sich dann von sich aus auf einen Ausnahmezustand/ein überpositives Recht beruft, um alle seiner Gegner zu meucheln, dann ist das erstmal am (positiven = menschengemachten) Recht vorbei regiert. Die (positiv)rechtliche Legitimation für die Triumviratszeit fand meiner Meinung nach erst im Nachhinein statt, eben dadurch, DASS der "Ausnahmezustand" tatsächlich beendet wurde und der Zweck somit die Mittel heiligte und immerhin ungefährlichere Zustände herrschten, als im Bürgerkrieg.

Jetzt kann man natürlich sagen, nach den Bürgerkriegen gab es wieder Recht und Gesetz in Rom (so die Überlieferung ;)), aber man kann sich genauso gut fragen, was für ein Rechtsstaat das denn sein soll, der definitiv nicht mit den staatsrechtlichen Mitteln der Republik geschaffen wurde, sondern auf einer Rechtsgrundlage, die das Staatsrecht komplett aufhebt. Darf sowas überhaupt existieren und sich Rechtsstaat nennen oder ist es von vornherein abzulehnen? :confused:
 
Ist die Frage nicht eher vor dem Anfang des Prinzipats, in der Republik. interessant? Wen der Princeps weg haben wollte, der war weg, Gerichtsurteil uninteressant.
Unter guten Kaisern wie Augustus, Nerva oder Trajan gilt das nicht unbedingt.
Und selbst Domitian hat Prozesse durchgeführt. (Gut, Schauprozesse nach sowjetischer Manier)

Na ja, ich meinte eher, dass während des Prinzipats ja offiziell noch alles nach Gesetzen ablief.
Der Kaiser hatte ja seine Macht auch nur von Gesetzen, die offiziell von der Volksversammlung bestätigt wurden.

Ich kann mir nicht vorstellen, das Diokletian seine Reformen noch von Volk und Senat absegnen ließ. :grübel:

Also der Rechtsstaat hat sich definitiv nicht erst mit dem "Ende" des Prinzipats verloren, sondern das war meiner Meinung nach schon die Voraussetzung für die Entstehung dieses "Dings".
Aber bis zum Ende des Prinzipats blieb Rom formell eine Republik.
Diokletian hat ja das dann mit dem Dominat auch abgeschafft.
 
Erstmal sollten wir uns auf eine Definition einigen, sonst reden wir aneinander vorbei.

Auf Wikipedia habsch eine Definition gefunden, die mir ganz gut gefällt:

Ein Rechtsstaat ist ein Staat, dessen konstituierte Staatsgewalten rechtlich gebunden sind und der damit in seinem Handeln durch Recht begrenzt wird, um die Freiheit des Einzelnen zu sichern.

Wenn ich diese eher politische Definition nehme, dann bezweifle ich, daß die römische Republik, das Prinzipat oder das "Dominat" ein Rechtsstaat war. Und zwar auch ausserhalb von Bürgerkriegen und anderen Zeiten, in denen man einen Notstand einräumen könnte. Von diesen Zeiten sollten wir ohnehin in der Diskussion absehen, da dies zu Nichts führt.

Ich will nicht bestreiten, daß der römische Senat, der Princeps, oder der Deus et Dominus der Spätantike nicht irgendwie gebunden gewesen wären. Ich bezweifle nur, daß sie durch das Recht gebunden waren. Auch der Senat Roms hat in seinen besten Zeiten oft geltendes Recht ignoriert, gebeugt oder nach Gutdünken angepasst. Gebunden fühlte er sich allenfalls durch die Mos Maiorum und den Gruppenzwang der römischen Elite.

Wir sollten auch nicht davon ausgehen, daß die römische Republik, eine Demokratie war. Oder besser als das Prinzipat. Wenn wir hier über Rechtssicherheit des kleinen Mannes in seinem Alltag anstatt Rechtsstaatlichkeit von Institutionen reden würden, dann wäre das Prinzipat klar im Vorteil. Aber eigentlich ist die Staatsform bedeutungslos, denn auch eine Demokratie, muss nicht zwangsläufig ein Rechtstaat sein (e.g. Ochlokratie) und umgekehrt kann auch eine Monarchie rechtsstaatlich sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gut. In Rom war es ja besonders beliebt, jeden Strafprozess (z. B. gegen Verres) gleich zu einem politischen Prozess hochzuspielen.
Besonders waren Judikative, Legislative und Exekutive nicht getrennt (sowohl Volksversammlung als auch Senat als auch die Konsuln besaßen ja einen Zipfel der Staatsgewalt).
Und die Gewaltenteilung ist ja Voraussetzung dafür, dass jede Gewat in ihrem Bereich nach geltendem Recht handelt, und nicht einfach das Recht ummünzt, um dann einen Prozess anders ausgehen zu lassen.

Man muss es meiner Meinung nach aber immer im Vergleich sehen. Man sollte zum Beispiel nicht Rom als unmenschlich definieren, nur weil es Sklaven gab. Das ist zwar schlimm, aber im Vergleich zu Kelten und Griechen gingen die Römer menschlich mist ihren Sklaven um.

Genauso wie mit der Rechtssicherheit. Im Vergleich zu den anderen Städten war Rom in diesem Bereich fortschrittlich. Mit fällt da als Vergleich zum Beispiel Athen am Ende des Peleponesischen Krieges ein, als die Demokratie, die letztendlich vollends zu einer Ochlokratie gemündet war, unverhältnismäßig gegen 'Feinde des Volkes' vorging.
 
Ich finde das Thema interessant, auch wenn der Begriff des Rechtsstaates vermutlich zu modern ist, um damit in der Antike wirklich weit zu kommen. Der Unterschied zwischen einer Willkürherrschaft und einer "Herrschaft des Gesetzes" spielte aber auch und gerade in der Antike eine große Rolle. Wer bestimmt die Gesetze, wer legt diese aus, wer darf sie wie gegen Bürger vollstrecken, all die Fragen gab es grundsätzlich schon vor 2.5oo Jahren, und länger.

Ich will nicht bestreiten, daß der römische Senat, der Princeps, oder der Deus et Dominus der Spätantike nicht irgendwie gebunden gewesen wären. Ich bezweifle nur, daß sie durch das Recht gebunden waren. Auch der Senat Roms hat in seinen besten Zeiten oft geltendes Recht ignoriert, gebeugt oder nach Gutdünken angepasst. Gebunden fühlte er sich allenfalls durch die Mos Maiorum und den Gruppenzwang der römischen Elite.

Der Machtkampf zwischen den Schichten und den jeweiligen spezifischen Institutionen war in Rom endemisch; Senat, Magistrate, Volkstribunat, die Volksversammlung mit unterschiedlichen Abstimmungsverfahren.

Aber davon ab: Welche rechtliche Möglichkeiten hatte denn der Senat oder ein Magistrat, direkt gegen einzelne römische Bürger tätig zu werden? MWn durfte ein römischer Bürger nur nach einem Prozess und einem Urteil bestraft werden. Wie war das mit anderen Amtshandlungen?

Genauso wie mit der Rechtssicherheit. Im Vergleich zu den anderen Städten war Rom in diesem Bereich fortschrittlich. Mit fällt da als Vergleich zum Beispiel Athen am Ende des Peleponesischen Krieges ein, als die Demokratie, die letztendlich vollends zu einer Ochlokratie gemündet war, unverhältnismäßig gegen 'Feinde des Volkes' vorging.

Rechtssicherheit im Sinne einer berechenbare Gesetzgebung bzw -auslegung ist doch noch mal was anderes. Solange die Urteile von den attischen Gerichtshöfen unter Auslegung der überkommenden oder von der Volksversammlung beschlossenen Gesetzen standen, sind die Formalia erfüllt. Ob das dann "gute" Gesetze sind, die da exekutiert werden, oder ob die Richterschaft besonders bedacht- oder rücksichtsvoll vorging, hat mit Recht und gesetz doch erst mal nichts zu tun. Und btw, am Ende des peloponnesischen Krieges wurde die Demokratie zweimal durch Tyranneien brutal gestürzt; vielleicht war das Vorgehen der demokratischen Gremien ja auch unverhältnismäßig nachsichtig... ;)

Gerade aus der Zeit des späten peloponneischen Krieges stammt die Klage graphe paranomon, die man grob mit einer Verfassungklage vergleichen kann, und mit der getroffene Beschlüsse von Volksversammlung überprüft werden konnten. Unabhängig davon war mWn schon vorher möglich, Klage gegen Beamte der Stadt zu erheben, wenn ein Bürger der Ansicht war, es sei Unrecht geschehen. Auf einer solchen Klage basierte wohl der Prozess nach der Schlacht bei den Arginusen.

Graphe paranomon ? Wikipedia

Schlacht bei den Arginusen ? Wikipedia

Menschenrecht im modernen Sinne kannte die Antike sowieso nicht, jede Form von "Rechtsstaatlichkeit" konnte also ohnehin nur die vorhandenen Rechte, besonders die der Bürger, sichern. Ein weiterer, sehr wichtiger Unterschied ist, dass es sowohl in Athen wie in Rom va auf das Engagment des einzelnen Bürgers ankam. Es gab keine Staatsanwaltschaft, keine öffentliche Rechtspflege in unserem Sinn. Wer etwas wollte oder meinte, ihm sei Unrecht geschehen, musste selber klagen (was meist nur Bürger konnten), sich selbst vertreten, wenn er sich keinen Anwalt oä leisten konnte, und wie das mit unparteiischen Berufungsinstanzen aussah... dabei heisst es ja noch heute, auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand...
 
Es gibt zwei wesentliche Unterschiede, die man nicht miteinander verwischen sollte und die aber hier bei der Umfrage - unzulässigerweise - miteinander verquickt werden, nämlich Recht und Gerechtigkeit.
Rom war sicherlich ein Rechtsstaat, wobei man hier berücksichtigen muss, dass die Entstehung und Existenz von Recht weder an Kodifizierungen, noch an legislative Prozesse gebunden sein müssen, auch ohne diese existiert bzw. ensteht Recht an das alle Gruppenmitglieder gebunden sind. In dieser Hinsicht war Rom ein Rechtsstaat.

Die Frage nach Gerechtigkeit ist eine andere und eigentlich auch nie richtig zu beantworten, weil hier sehr viele Faktoren hineinspielen und hier vieles sehr subjektiv ist.
 
hatte sich nicht einer der Aposteln in einer kritischen Situation darauf berufen, römischer Bürger zu sein? cives romanus sum? Das spricht doch dafür, dass zumindest dieser davon ausging, in einem Rechtsstaat Bürger zu sein.
 
Und ich dachte schon, ich sei der Einzige, der sich gegen die Beantwortung dieser Frage sträubt. Für mich ist das ein Ausdruck davon, wie schnell sich eine polemische Debatte wie "Unrechtsstaat" contra "Rechtsstaat" in den Gehirnen der Menschen niederschlägt. Eigentlich lässt sich das doch für keinen Staat wirklich beantworten, solange der Begriff "Rechtsstaat" nicht ganz klar definiert ist. Und: Wirklich weiter führt die Beantwortung der Frage auch nicht. Sorry.
 
hatte sich nicht einer der Aposteln in einer kritischen Situation darauf berufen, römischer Bürger zu sein? cives romanus sum? Das spricht doch dafür, dass zumindest dieser davon ausging, in einem Rechtsstaat Bürger zu sein.

Das meint nur, daß die lokale städtische Gerichtsbarkeit ihm nicht den Prozess machen durfte, sondern dem römischen Statthalter der Provinz überstellen musste.
 
Ich finde das Thema interessant, auch wenn der Begriff des Rechtsstaates vermutlich zu modern ist, um damit in der Antike wirklich weit zu kommen. Der Unterschied zwischen einer Willkürherrschaft und einer "Herrschaft des Gesetzes" spielte aber auch und gerade in der Antike eine große Rolle. Wer bestimmt die Gesetze, wer legt diese aus, wer darf sie wie gegen Bürger vollstrecken, all die Fragen gab es grundsätzlich schon vor 2.5oo Jahren, und länger.



Der Machtkampf zwischen den Schichten und den jeweiligen spezifischen Institutionen war in Rom endemisch; Senat, Magistrate, Volkstribunat, die Volksversammlung mit unterschiedlichen Abstimmungsverfahren.

Aber davon ab: Welche rechtliche Möglichkeiten hatte denn der Senat oder ein Magistrat, direkt gegen einzelne römische Bürger tätig zu werden? MWn durfte ein römischer Bürger nur nach einem Prozess und einem Urteil bestraft werden. Wie war das mit anderen Amtshandlungen?



Rechtssicherheit im Sinne einer berechenbare Gesetzgebung bzw -auslegung ist doch noch mal was anderes. Solange die Urteile von den attischen Gerichtshöfen unter Auslegung der überkommenden oder von der Volksversammlung beschlossenen Gesetzen standen, sind die Formalia erfüllt. Ob das dann "gute" Gesetze sind, die da exekutiert werden, oder ob die Richterschaft besonders bedacht- oder rücksichtsvoll vorging, hat mit Recht und gesetz doch erst mal nichts zu tun. Und btw, am Ende des peloponnesischen Krieges wurde die Demokratie zweimal durch Tyranneien brutal gestürzt; vielleicht war das Vorgehen der demokratischen Gremien ja auch unverhältnismäßig nachsichtig... ;)

Gerade aus der Zeit des späten peloponneischen Krieges stammt die Klage graphe paranomon, die man grob mit einer Verfassungklage vergleichen kann, und mit der getroffene Beschlüsse von Volksversammlung überprüft werden konnten. Unabhängig davon war mWn schon vorher möglich, Klage gegen Beamte der Stadt zu erheben, wenn ein Bürger der Ansicht war, es sei Unrecht geschehen. Auf einer solchen Klage basierte wohl der Prozess nach der Schlacht bei den Arginusen.

Graphe paranomon ? Wikipedia

Schlacht bei den Arginusen ? Wikipedia

Menschenrecht im modernen Sinne kannte die Antike sowieso nicht, jede Form von "Rechtsstaatlichkeit" konnte also ohnehin nur die vorhandenen Rechte, besonders die der Bürger, sichern. Ein weiterer, sehr wichtiger Unterschied ist, dass es sowohl in Athen wie in Rom va auf das Engagment des einzelnen Bürgers ankam. Es gab keine Staatsanwaltschaft, keine öffentliche Rechtspflege in unserem Sinn. Wer etwas wollte oder meinte, ihm sei Unrecht geschehen, musste selber klagen (was meist nur Bürger konnten), sich selbst vertreten, wenn er sich keinen Anwalt oä leisten konnte, und wie das mit unparteiischen Berufungsinstanzen aussah... dabei heisst es ja noch heute, auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand...

Du sagst, ein Staat ist ein Rechtsstaat, wenn die Gerichte nach dem Recht, nach den Gesetzen urteilen.
Aber meines Wissens nach wurden Gesetze in Rom von der Volksversammlung erlassen.

Können also Beschlüsse, die sogar formell nicht von der Versammlung beschlossen wurden, Gesetze verändern?

Ich denke da besonders an den Corpus Iuris Civilis von Justinian. Das war ja auch ein Gesetz, das aber nie von der Volksversammlung bestätigt wurde. Natürlich wäre das vollkommen unsinnig weil die Volksversammlung ja seit 300 - 400 Jahren nicht mehr getagt hatte.

Andererseits ist im CIC in den Institutionen explizit vermerkt, dass Gesetze vom Römischen Volk erlassen werden, während die andere n Beschlüsse eben Senatus Consulta/Konstitutionen waren.
 
hatte sich nicht einer der Aposteln in einer kritischen Situation darauf berufen, römischer Bürger zu sein? cives romanus sum? Das spricht doch dafür, dass zumindest dieser davon ausging, in einem Rechtsstaat Bürger zu sein.

Der Apostel Paulus war römischer Bürger, und wurde daher durch das Schwert hingerichtet. Petrus oder Jesus selber waren keine römische Bürger, daher konnten sie gekreuzigt werden.

@ romanus: Wie gesagt, um den Rechtsstaats-Begriff geht es mir nicht wirklich. Das römische Reich ab dem Prinzipat war faktisch eine Monarchie, in der der Princeps über Politik und Justiz entschied. Es steht damit auf einem ganz anderen Blatt.

Ein römischer Bürger der Republik hatte theoretisch einen Rechtsschutz gegen Senat und Magistrate, so löcherig der auch gewesen sein mag, gerade in unruhigen Zeiten. Gegen die Handlungen des Priceps gab es so was nicht mehr.
 
Aber war Rom ein Rechtsstaat?

Es ist absurd, mit modernen Inhalten aufgeladene Begriffe auf antike Staaten anwenden zu wollen.

Rechtsstaat im heutigen Sinn bedeutet eine Rechtsordnung, die für alle gleich ist, die Unabhängigkeit und gegenseitige Kontrolle der Staatsgewalten garantiert und eine Verfassung, die Freiheit, Menschenwürde und Rechtssicherheit gewährleistet.

An diesen Grundlagen, die einen modernen Rechtstaat ausmachen, ist bereits erkennbar, dass sich Staaten der Antike (und späterer Epochen) daran nicht messen lassen. Sicher war das Römische Reich ein "Rechtsstaat" in dem Sinne, dass es eine Rechtsordnung gab und keine Willkür herrschte; das trifft aber bereits auf die altorientalischen Staaten und solche in anderen Weltgegenden zu.

Aber im modernen Sinn war Rom gewiss kein Rechtsstaat, auch wenn partielle Bestimmungen seiner Rechtsordnung modernen Standards standhalten mögen.
 
An diesen Grundlagen, die einen modernen Rechtstaat ausmachen, ist bereits erkennbar, dass sich Staaten der Antike (und späterer Epochen) daran nicht messen lassen. Sicher war das Römische Reich ein "Rechtsstaat" in dem Sinne, dass es eine Rechtsordnung gab und keine Willkür herrschte; das trifft aber bereits auf die altorientalischen Staaten und solche in anderen Weltgegenden zu.

Aber im modernen Sinn war Rom gewiss kein Rechtsstaat, auch wenn partielle Bestimmungen seiner Rechtsordnung modernen Standards standhalten mögen.
man könnte, davon ausgehend, fragen, welche antiken Staaten sich am weitesten in Richtung Rechtsstaat entwickelt hatten - und ich nehme an, dass in diesem Rennen das röm. Imperium einen der ersten Plätze erreicht.
 
Ich würde dazu sagen: natürlich war Rom ein Rechtsstaat, selbst unsere heutige Justiz hat ja die Wurzeln im Römischen Rechtsstaat..... nicht umsonst kommt Justiz von der römischen Göttin für Recht "justicia" es gab ja auch die bekannte "Pax Romana" und noch weitere Gesetzte im Römischen Reich.....

Allerdings muss man eben dazu sagen, das es KEIN Rechtsstaat war, mit dem heutigem Verständnis von einer Demokratie.....
denn Menschenrechte wie heute, waren nicht nur den Römern, sondern auch den anderen Kulturen noch weitgehend fremd, der Mensch musste sich zuerst noch in seiner Ethik weiterentwickeln.....

Meine Meinung dazu....

Gruß

Räticus
 
man könnte, davon ausgehend, fragen, welche antiken Staaten sich am weitesten in Richtung Rechtsstaat entwickelt hatten - und ich nehme an, dass in diesem Rennen das röm. Imperium einen der ersten Plätze erreicht.

Man müsste das mal im einzelnen untersuchen und anhand einer Checkliste prüfen, welche Voraussetzungen des modernen Rechtsstaates bestimmte Staaten erfüllen.

Aber selbst wenn man dabei feststellt, dass diese oder jene Rechtsbestimmung modernen Standards genügt, so wird man doch nicht über die Festsstellung hinauskommen, dass die Systeme antiker Staaten auf einer rechtlichen Ungleichheit verschiedener Bevölkerungsgruppen aufgebaut waren.

Am ehesten würde noch das antike Athen in einzelnen Bereichen modernen Standards zumindest nahekommen - aber nur unter Voraussetzung, dass man allein die 40 000 Athener mit Bürgerrecht betrachtet, die Frauen von vornherein ausschließt und auch die 250 000 Sklaven und Metöken Attikas nicht berücksichtigt.
 
Am ehesten würde noch das antike Athen in einzelnen Bereichen modernen Standards zumindest nahekommen - aber nur unter Voraussetzung, dass man allein die 40 000 Athener mit Bürgerrecht betrachtet, die Frauen von vornherein ausschließt und auch die 250 000 Sklaven und Metöken Attikas nicht berücksichtigt.

Aber wohl kaum Volkssouveränität - in Athen war das Volk Gesetzgeber, bei uns... nun ja...

Wir wissen ja, was es mit den "Volksvertretern" im Bundestag auf sich hat.
Außerdem war da antike Athen ein Staat mit einer Volksgerichtsbarkeit mit risiegen Befugnissen.

Dem steht ja unsere unabhängige Justiz entgegen.
 
Aber wohl kaum Volkssouveränität - in Athen war das Volk Gesetzgeber, bei uns... nun ja...

Wir wissen ja, was es mit den "Volksvertretern" im Bundestag auf sich hat.
Außerdem war da antike Athen ein Staat mit einer Volksgerichtsbarkeit mit risiegen Befugnissen.

Dem steht ja unsere unabhängige Justiz entgegen.


Allerdings darfst du nicht vergessen: das im antiken Athen nur Bürger, bei Abstimmungen beteiligt waren, und das Athener Bürgerrecht bekamen nur sehr wenige, Fremde,Frauen und Sklaven wurden zudem von diesem Prozess sowieso ausgeschlossen.....

Das kann man also nicht wirklich mit heute vergleichen.......
 
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