Die These im Artikel ist, dass nach den linguistischen Regeln, die für die lokalen iberoromanischen Dialekte gelten, aus Serra Mariana > Sierra Mairiana wurde und dieser Name zum Zeitpunkt der Ankunft der Araber bereits etabliert war.
Ich habe "mozarabisch" mit Gänsefüßchen versehen, weil es auf uns so wirkt, als ob das eine halb arabische Sprache gewesen wäre. Tatsächlich war es eine romanisch-iberische Sprache bzw. Dialektgruppe, die bereits in den Jahrhunderten zwischen Abzug der Römer und Ankunft der Araber voll entwickelt war, und nach der Invasion in arabischer Schrift geschrieben wurde. Freilich werden noch arabische Lehnwörter hinzu gekommen sein, aber als mozarabisch wird sie vor allem wegen der Schrift bezeichnet.
El Quijote kann das vermutlich besser erklären.
Es ist auch im Artikel in Spanischer Sprache beschrieben.
Das ist die große Schwäche des Artikels.
1.) der Begriff Mozarabisch ist extrem unglücklich. Denn Mozarabisch stammt von
musta‘rab - was in etwa bedeutet, sich den Arabern anzugleichen. Im andalusischen Arabisch waren
musta‘rab diejenigen Christen welche arabische Sitten und Sprache übernahmen. Gemeinhin werden heute als Mozaraber
die Christen in al-Andalus bezeichnet, die in den Städten schnell arabisiert waren, auf dem Land sprachlich konservativer waren.
Deshalb hat sich in den letzten 20 Jahren der Begriff
romance andalusí durchgesetzt (Federico Corriente y Córdoba hat sogar von
romándalusí gesprochen), um den iberoromanischen Dialekt bzw. die Dialektgruppe in al-Andalus zu bezeichnen, da die Mozaraber im eigentlichen Sinne des Wortes sich ja gerade dadurch kennzeichneten, dass sie von den Arabern
nicht zu unterscheiden waren.
Bekannt ist die Klage von Alvarus von Córdoba bereits um 850:
Heu pro dolor, legem suam nesciunt Xpiani collegio et linguam propriam non aduertunt Latini, ita ut omni Xpi collegio uix inueniatur unus in milleno hominum numero qui salutatoris fratri possit rationaliter dirigere litteras, et reperitur absque numero multiplices turbas qui erudite Caldaicas uerborum explicet pompas.
Albari Indicululus Luminosus
(Die Christen kennen ihr eigenes Gesetz und ihre eigene Sprache nicht, sie sind gelehrter in der chaldäischen (= arabischen) Sprache, als in der eigenen.)
2.) Ich sprach schon von
Dialektgruppe romance andalusí: Vor der Reconquista war das Sprachgebiet des Romane andalusí das größte auf der iberischen Halbinsel, ob es in Zaragora, Toledo, Valencia, Málaga oder Lissabon überall gleich war, ist fragwürdig.
3.) Wir kennen das Romance Andalusí vor allem aus unvokalisierten arabischen Quellen, daher wird es auch immer wieder anders transkribiert, die Sicherheit über die Lautung, wie im Artikel insinuiert, gibt es im Grunde nicht.
4.) Wenn der Artikel vom Mozarabischen als Dialekt Andalusiens vor 711 spricht, dann verstehe ich zwar, was er sagen möchte, finde das aber doppelt unglücklich, einmal, weil anachronistisch und zum anderen, weil - wie in Punkt 1 skizziert - Mozarabisch bzw.
musta‘rab ja gerade die
arabischsprachigen Christen al-Andalus‘ in Opposition zu den eher ländlich lebenden romanischsprachigen Christen und
muwalladun (Muslime iberoromanischer Herkunft) bezeichnete.
Edit: ich scheine mich in Widersprüche zu verstricken, aber das liegt eben an der uneindeutigen Benutzung des Wortes. Die Araber verwendeten den Begriff für arabischsprachige Christen iberoromanischer Herkunft, dann wurde der Begriff lange (so ca. seit dem 19. Jhdt.) für a) die Christen al-Andalus‘ insgesamt und b) die iberoromanischen Dialekte in al-Andalus verwendet; heute wird er vornehmlich für die andalusischen Christen in Abgrenzung zu den Christen der christlichen Königreiche verwendet und für die andalusischen (
andalusí,
nicht andaluz) Dialekte des Iberoromanischen (
romance andalusí) immer seltener. Auf theologischer Ebene wird er für einen von der römischen Kirche zunächst verbotenen christlichen Ritus, der dann aber doch erlaubt wurde und bis heute in Toledo hin und wieder gefeiert wird, als spanische Variante des katholischen Ritus, benutzt.