Spott-Darstellung am Münster

Durch einen Link in einem anderen Faden bin ich auf diese Karte gestoßen:

Verbreitungskarte_Judensau.png


Es fällt auf, dass das Judensau-Motiv als Skulptur, Relief oder Wandbild vor allem im deutschen Sprachraum vorkam. Gab es diese Art von Judenverhöhnung in anderen Sprachräumen nicht oder ist diese Karte nur unvollständig?
 
im Text und auf der Karte finden sich weitere Beispiele aus Schweden, Tschechien, Portugal, Polen. (auch in Metz und Colmar)
Ja, aber das sind – bis auf Einzelbeispiele in Schweden und Portugal – alles Orte, die im ehemaligen Einflussbereich der deutschen Sprache waren. Die Frage ist: Was ist mit England, Frankreich, Spanien und Italien?
 
Ja, aber das sind – bis auf Einzelbeispiele in Schweden und Portugal – alles Orte, die im ehemaligen Einflussbereich der deutschen Sprache waren. Die Frage ist: Was ist mit England, Frankreich, Spanien und Italien?
Es ist zwar keine skulpturenhafte Darstellung aber eine sprachliche: Auf Spanisch heißen (zwangs-) getaufte Juden "Marranos". "Marrano" kann aber auch Schwein bedeuten.
 
Es ist zwar keine skulpturenhafte Darstellung aber eine sprachliche: Auf Spanisch heißen (zwangs-) getaufte Juden "Marranos". "Marrano" kann aber auch Schwein bedeuten.
Der o.g. Wikipedia-Artikel erwähnt diese Form der Beschimpfung ebenfalls, gleichwohl sei aus Spanien keine "Judensau" überliefert. Das ist eigentlich auch nicht verwunderlich, würde ich meinen. Wenn nur 48 solcher Darstellungen in Mitteleuropa bekannt sind, wovon 40 überdauern, handelte es sich offenbar nicht gerade um einen Bestseller, wenn man bedenkt, wie viele Kirchen, Bürgerhäuser und öffentliche Gebäude es in jedem Städtchen gab, die man potentiell auf diese Art hätte "verzieren" können.
 
Es fällt auf, dass nordwestlich einer Linie Aarschot-Xanten-Eberswalde, östlich einer Linie Pirna-Eberswalde und südwestlich einer Linie Bad Wimpfen-Regensburg-Salzburg-Wiener Neustadt diese Darstellung auch im Deutschen Sprachraum nur vereinzelt vorkommt: Colmar, Basel, Bützow. Der Sprachraum begründet die Verbreitung damit nicht, zumal die Darstellung auch in Metz, Gnesen und Tschechien vorkommt.

Vorausgesetzt natürlich, die Karte ist zuverlässig, fällt weiterhin auf, dass Tschechien, Bratislava, Basel, Colmar, Metz und Aarschot zum Reich gehörten.

Außerhalb blieben Gnesen, Evora und das Vorkommen um Uppsala.

Es ist zu Fragen, ob es institutionelle oder Personale Gemeinsamkeiten gibt.

Sehen wir uns aber erstmal die Aufstellung bei Wikipedia zu den Ausreißern an:

(In Aarschot gibt es keine Judensau, eine Ziege übernimmt die Rolle, aber okay, die Darstellung folgt dem Motiv, das hätte ich auch mit aufgenommen, aber mit Anmerkung.)

In Evora ist ein Jude mit Schweinekopf dargestellt. Das dürfte in einem anderen Stammbaum stehen und keine direkte Verbindung zu den mitteleuropäischen Darstellungen haben. Vielleicht die erwähnte, in Spanien benutzte Bezeichnung. Das hätte auf der Karte klar unterschieden werden müssen.

In Uppsala ist es eindeutig eine Judensau.

Beschreibung und Bild der Darstellung an einem Kapitell aus Gnesen fehlen bei Wikipedia. Ebenso für die Malerei aus Härkeberga und das Fresko von Husby Sjutolft.

Damit fällt Evora aus der Betrachtung heraus, wenn es um Klärung der Gründe für die geographische Verbreitung geht.
 
Es fällt auf, dass das Judensau-Motiv als Skulptur, Relief oder Wandbild vor allem im deutschen Sprachraum vorkam. Gab es diese Art von Judenverhöhnung in anderen Sprachräumen nicht oder ist diese Karte nur unvollständig?

In dem Artikel steht im Unterpunkt "Vorkommen":

"Die genaue Zahl der bildhaften „Judensau“-Darstellungen an Gebäuden ist ungewiss. 48 Beispiele in Mitteleuropa sind bekannt.[25] Rund 40 davon sind noch vorhanden. Einige sind bis zur Unkenntlichkeit verwittert, andere waren nicht in Quellen verzeichnet und wurden erst ab 2000 wiederentdeckt.[26] "

Die Auflistung eerhebt also keinen Anspruch auf Vollständigkeit, merkt an, dass entsprechende Darstellungen mitunter nicht in Quellen verzeichnet waren und vor allem auch, dass einige erst grob ab 2000 wiederentdckt wurden, was für mich darauf schließen lässt, dass es erst seit ungefähr 20 Jahren ein verstärktes Interesse daran gibt zumal die Ereignisse des verganngennen Jahrhunderts natürlich nahegelegt haben dürften sich regional vorallem auf den deutschsprachigen Raum zu konzetrieren, was Nachfortschungenn beetrifft.

Was ist mit England, Frankreich, Spanien und Italien?

Insofern in England die meisten Juden Ende des 13. Jahrhunderts aus dem Land vertrieben wurden, mag es sein, die Thematik in der Folge einfach nicht mehr interessant genug war um bei Sakralbauten oder deren Um- und Ausbauten eine Rolle zu spielen.


Das Problem, was ich mit Frankreich und Spanien sehe, was Skulpturen angeht, ist dass es hier im 18. und 19. Jahrhundert so viel an Umwälzungen gegeben hat, dass solche Skulpturen wenn vorhanden möglicherweise unter die Räder gekommen sein können, sofern sie nicht übersehen wurden.

In Frankreich sind ja im Zuge des revolutionären Furors diverse Sakralbautenn beschädigt und angebrachte Skulpturen, zerschlagen worden.
Insofern beleidigende Darstllungen einzelnen Gruppen gegenüber, wegen deren Religion im eklatanten Gegensatz zum revolutionären Egalitäts-Ideal mindestens der jakobinisch geprägten Phase der Revolution stand, halte ich es für durchaus vorstellbar, dass man derartige Skulpturen, sofen sie vorhanden waren genau so zerschlug, wie divese Skulpturen von Königen und geistlichen Würdeträgern, die in der Zeit verlore gingen.

In Spanien gab es mindestens während des Bürgerkrieges 1936 bis 1939 Übergriffe der radikalen Linken auf angehörige des Klerus und auf den Kirchenbesitz, auch da ist durchaus denkbar, dass mindestens in Teilen des Landes plastische Darstellungen, die in irgendeiner Form auf die Verunglimpfung von Juden durch verknüpfung mit tierischen Darstellungen abzielten, gezielt beschädigt, zerstört oder unkenntlich gemacht wurden.
 
Vorausgesetzt natürlich, die Karte ist zuverlässig, fällt weiterhin auf, dass Tschechien, Bratislava, Basel, Colmar, Metz und Aarschot zum Reich gehörten.

Ich bitte um Verzeihung, aber wann gehörte Bratislava (Preßburg) zum "Heiligen Römischen Reich"?
So weit mir bekannt war das immer Teil des Königreichs Ungarn (bis 1918) und in der Türkenzeit, als der größte Teil Ungarns, inklusive Buda zum Osmanischen Reich gehörte de facto die Hauptstadt des Restbestands des Königreichs Ungarn unter Habsburger Fuchtel?
 
Ich bitte um Verzeihung, aber wann gehörte Bratislava (Preßburg) zum "Heiligen Römischen Reich"?
So weit mir bekannt war das immer Teil des Königreichs Ungarn (bis 1918) und in der Türkenzeit, als der größte Teil Ungarns, inklusive Buda zum Osmanischen Reich gehörte de facto die Hauptstadt des Restbestands des Königreichs Ungarn unter Habsburger Fuchtel?

Ja, stimmt, ich brachte es da irgendwie mit Böhmen in Verbindung.
 
... Vorausgesetzt natürlich, die Karte ist zuverlässig, fällt weiterhin auf, dass Tschechien, Bratislava, Basel, Colmar, Metz und Aarschot zum Reich gehörten.

Außerhalb blieben Gnesen, Evora und das Vorkommen um Uppsala....

Nur eine kleine Richtigstellung:
Bratislava (Preßburg) gehörte bis 1918 zum Ungarischen Königreich, und das Ungarische Königreich war niemals Teil des Heiligen Römischen Reiches. (Auch als Teile und später das ganze Königreich zum Reich der Habsburger gehörte, war es Teil von deren Herrschaft, aber nicht des Heiligen Römischen Reiches.)

Bei Gniezno (Gnesen) bin ich mir zwar nicht hundertprozentig sicher, ob es seit dem Mittelalter stets zum polnischen Königreich gehört hat oder zeitweise doch als Teil des Deutschen Ordensstaates oder einer anderen Herrschaft unter der Herrschaft des Heiligen Römischen Reiches war. Das polnische Königreich war jedenfalls bis ins 18. Jahrhundert nicht Teil des Heiligen Römischen Reiches.
 
Zuletzt bearbeitet:
Preßburg hatten wir schon. Die Geschichte ist mir durchaus bewusst. Es war spät und das wollte noch geschrieben werden.

Bratislava liegt aber so nah der Grenze, dass ich es auch so nicht als ziehenden Ausreißer betrachten kann.

Gnesen gehörte nicht zum Reich. Die Kathedrale ist der Nachfolgebau des älteren, bei einem deutschen Kriegszug zerstörten, Doms. Der fragliche Teil soll aus der Zeit kurz vor 1400 stammen. Die Erzbischöfe dieser Zeit waren Polen. Ich hatte nur für eine oberflächliche Prüfung Zeit. Da sprangen keine Beziehungen nach Böhmen oder Deutschland ins Auge. Ob es in der speziellen Zeit böhmische oder deutsche Pilger in Gnesen gab, kann ich nicht sagen. Auch nicht, ob es noch Beziehungen nach Magdeburg oder Prag gab.

Ebenso bei Uppsala und den benachbarten Beispielen.

Nun, Gnesen mit dem hl. Adalbert von Prag lag für wandernde Bauhandwerker nicht außerhalb des Denkbaren. Im Zweifel sind die nicht verzeichnet. Inwieweit Schweden für so etwas attraktiv war, kann ich nicht sagen.
 
Bratislava liegt aber so nah der Grenze, dass ich es auch so nicht als ziehenden Ausreißer betrachten kann.

Ich verstehe allerdings immer noch nicht ganz, was mit der Erkenntnis, dass die meisten bekannten Bildnisse dieser Art in Territorien zu finden sind, die irgendwann mal zum Heiligen Römischen Reich gehörten an weiterer Erkenntnis verbunden wäre.

Das wäre, denke ich, allenfalls dann interessant, wenn man es dahingehend verallgemeinern könnte, dass solche Darstellungen für das Heilige Römische Reich insgesamt typisch gewesen wären, wobei du ja selbst bereits auf das Auffällige Fehlen solcher Darstellungen im Notrdwesten und weiten Teilen des Südens hingwiesen hattest.

Im Bezug auf das Reich und seine Grenzen wäre neben dem augensicheinlichen Fehlen in den Niederlanden in Lothringen, Burgund und Norditalien weiterhin auch noch auf Fehlen In Hinterpommern, der Neeumark und Schlesien hinzuweisen, im Hinblick auf den Sprachraum noch darauf, dass in den beiden Preußen und in den ehemaligen deutschsprachigen Siedlungszenntren im sonstigen Baltikum nichts vorhanden zu sein scheint.



Bei der Karte wäre wirklich interessant zu wissen, welche Region Europas wie stark unter die Lupe genommen wurde und ob das Fehlen vonn Schmähdarstellungen dieser Art in bestimmten Räumen möglicherweise einfach mit dem Vorhandensein regional anderer Formen von Schmähungen dieser Art zu erklären ist.


Inwieweit Schweden für so etwas attraktiv war, kann ich nicht sagen.

Ebenso interessant wie die Frage nach den Bauhandwerkern, dürfte gerade im Bezug auf Schweden auch die Frage sein, woher es kam, dass man hier für dieses Motiv offen war und es beauftragte, wenn wir mal davon ausgehen wollen, dass das eine Darstellungsform ist, die vor allem im deutschsprachigen Raum/im Raum des Heiligen Römischen Reiches ihre Verbreitung hatte.

In diesem Fall würde man wohl als erstes an eine Verbreitung über den Austausch an den Ostseehäfen denken und dann beim Blick auf die Karte darüber stolpern, dass die Darstellung gerade in diesem Raum nicht überliefert zu sein scheint, vielleicht mit Ausnnahme von Bützow, dass sich noch einigermaßen in diesen Raum einordnen ließe, wobei dass sicherlich kein Hotspot in Richtung Austausch war.

An dieser Stelle wäre interessant zu wissen, ob die Darstellung in Bützow älter oder jünger ist, als die Darstellungen in Schweden und ob das dementsptechend möglicherweise über Bützow vermittelt werden konnte, oder ob die schwedischen Darstellungen älter sind und das dementsprechend nicht sein kann.
Sollte eine der schwedischen Darstellungen älter sein als die in Bützow, würde ich das als starkes Indiz für die Unvollständigkeit der Karte im nordddeutschen Raum werten, weil mir dann irgendwie die Brücke nach Skandinavien fehlen würde.

Eine andere denkbare Erklärung für einen Transfer aus dem Reich nach Schweden wären eventuell noch Kleriker, die bevor sie nach Uppsala und in die entsprechende Gegend gingen im Reich gewirkt und dort die Idee dieser darstellung mitgebracht haben könnten, was mich zu der Frage führt, ob jemals Kleriker aus dem Reich auf den Bischofsstuhl von Uppsala berufen wurden, die das vielleicht mitbrachten.

Da die entsprechenden Darstellungen, gemäß dem Wiki-Artikel erst ab 1230 greifbar sind, wird man einen Transfer im direkten Zusammenhang mit der Missionsarbeit im Ostseeraum wahrscheinlich ausschließen können, insofern das Bistum Uppsala bereits seit 1140 bestand und die Missionsbemühungen in Skandinavien selbst spätestens mit der Gründung des Bistums Lund bereits 1060 angelaufen waren.

Das entsprechende Säulenkapitell in Uppsala um das es geht, soll wohl auf etwa 1350 datieren.

Die Liste der (Erz)Bischöfe von Uppsala sowohl in der deutschsprachigen, als auch in der englischsprachigen Wiki sind in diesem Zeitraum leider lückenhaft, bzw. es sind wohl die Namen der entsprechenden Kleriker bekannt, aber zu einigen davon gibt es keine Seiten in den jeweiligen Sprachen.
Insofern das allerdings alles "-son"-Namen sind, springt da in der Zeit keiner heraus, bei dem ich einen Hintergrund bzw. eine Herkunft von außerhalb Skandinaviens unbedingt vermuten würde.

Bliebe natürlich noch die Möglichkeit dass gegebennenfalls ein Teil der priesterlichen Ausbildung im Heiligen Römischen Reich absolviert wurde, allerdings würde jede Form universitäter Ausbildung hier ausscheiden, weil die Universitäten im Reich erst danach oder ungefähr zeitgleich (Prag) entstanden, alleerdings wären natürlich Reisen nach Frankreich oder Italien zwecks (Aus)Bildung oder in kirchlichen oder anderen Angelegenheiten mit Zwischenstopp in Orten im Reich, wo sich solche Darstellungen finden konnten, denkbar.


Bei Gniezno (Gnesen) bin ich mir zwar nicht hundertprozentig sicher, ob es seit dem Mittelalter stets zum polnischen Königreich gehört hat oder zeitweise doch als Teil des Deutschen Ordensstaates oder einer anderen Herrschaft unter der Herrschaft des Heiligen Römischen Reiches war. Das polnische Königreich war jedenfalls bis ins 18. Jahrhundert nicht Teil des Heiligen Römischen Reiches.

Gnesen selbst war nie Teil des Heiligenn Römischen Reiches und auch nie Teil des Ordensstaates, der sind im Süden nie über Westpreußen ohne den Netzedistrikt ausdehnte.
Die Satdt gehörte seit ihrer Gründung bis sie im Zug der zweiten polnischen Teilung dann an Preußen ging, stetz zu Polen, genauer zur Landschaft "Wielkopolska" und den sich in der Tolge unter den Piasten und Jagiellonen entwickelnden Teilfürstentümern/Apanagen später Woiwodschaften.

Analog zum Transfer von Bauhandwerkern aus dem Reich erscheint auch eine Orientierung an dort vorkommenden regionalen Traditionen, bzw. dessen Kopieren durchaus nicht unplausibel, und insofern der Osten des Heiligen Römischen Reiches ja durchaus sprachlich nicht homogen war und für Teile Brandenburgs/Sachsens, später Pommern und Schlesien auch Priester benötigt wurden, die idealerweise die slawischen Dialekte beherrschten dürfte sich auch eine gewisse Mobilität des Klerus ergeben haben.

Stellt sich allerdings auch hier die Frage, ist in Polen dahingehend flächendeckend geforscht worden, oder stellt Gnesen in diesem Zusammenhanng eher einen Zufallsfund dar, der deswegen ohne nähere Untersuchung der weiteren Umgebung katalogisiert und kartiert wurde.

Ich hatte mich ja, was den Zusammenhang mit Schweden angeht bereits dahingehend geäußert, dass mich das angebliche Fehlen der Darstellungen im Bereich der Ostsee stutzig macht und bei mir die Frage aufwirft, ob da nicht möglicherweise Dinge übersehen wurden, die Mutmaßung würde ich auch auf die pommersche Küste übertragen wollen.

Der andere Punkt, der mich im Punkto Polen etwas stutzig macht, ist das Fehlen dieser Darstellungen im schlesischen Raum, wo sich die deutschen und böhmisch/tschechischen Einflüsse mehr oder minder überlappten.
 
Ja, aber das sind – bis auf Einzelbeispiele in Schweden und Portugal – alles Orte, die im ehemaligen Einflussbereich der deutschen Sprache waren.

Weil es mir gerade auffällt: Aus welchem Grund würdest du die böhmische/tschechischen Ortschaften, in denen Darstellungen verzeichnet sind dem Einflussbereich der deutschen Sprache zuordnenn wollen?

Für Telc in Südmähren mag das bei der nähe zu Niederösterreich noch einigermaßen plausibel erscheinen, bei den anderen beiden verzeichneten Ortschaften Kolin und Lipnice sehe ich das so nicht, jedenfalls liegen diese außerhalb der deutschsprachigen Siedlungsgebiete in Böhmen und Mähren und dass die Sprache der Obrigkeit in Böhmen und Mähren auch außerhalb der deutschsprachigen Siedlungsinseln deutsch wurde, kam erst auf als nach der ersten Phase des 30-Jährigen Krieges die Habsburger den rebellischen Teil des böhmischen Adels enteigneten und deutschsprachige Protégés aus ihrem Machtbereich damit bedachten, bzw. die konfisziertenn Güter an diese veräußerten um die Kriegskostenn zu bezahlen.
Und in der Folge, in der Böhmen und Mähren wirklich fester Bestandteil Altösterreichs wurden.

Beide Darstellungen dürften deutlich älter sein und entsprechend dem Artikel ältere bereits im Reich vorhandene Darstellungen nachahmen, aber ohne dass es mit dem Sprachraum in näherer Verbindung steht.
 
Vorausgesetzt natürlich, die Karte ist zuverlässig, fällt weiterhin auf, dass Tschechien, Bratislava, Basel, Colmar, Metz und Aarschot zum Reich gehörten.
Ob die Karte zuverlässig ist, weiß ich nicht – jedenfalls habe ich keine andere gefunden.

Aber was Böhmen (Tschechien) betrifft: Seit dem Hochmittelalter gehörten Länder der böhmischen Krone dem HRR an. Auch Kolin war z.B. eine deutsche Gründung. Die Stadt wurde von Ottokar I. (Sohn von Wenzel I. und der Kunigunde von Staufen) gegründet, war Königstadt und sehr reich, weil es in der Nähe Silberminen gab. Schon sein Vater betrieb in Böhmen deutsche Kolonisation, um z.B. Bergbau zu fördern. Dazu ein Zitat aus der Wikipedia:

Zwei Reliefs in Böhmen ahmen die schon etablierten deutschen Versionen nach. Die Figur in Kolín zeigt drei männliche Figuren mit Judenhut unter einer Sau; einer saugt ihre Zitze, einer hält ihren Schwanz, der dritte füttert sie. Dies symbolisiert wie die Magdeburger Figur die Sünde der Völlerei. Die Stadt gehörte zum Bistum Magdeburg und hatte anfangs großenteils deutschsprachige christliche Bewohner; Juden siedelten sich erst später dort an. Die Figur in der Schlosskapelle von Lipnice nad Sázavou ähnelt den Figuren in Bad Wimpfen, Bayreuth und Nürnberg. Sie ist von dämonischen Köpfen an weiteren Säulen umgeben, darunter dem Kopf des Teufels mit Grimasse, Stoßzähnen und herausgestreckter Zunge. Sie war aber hinter dem Altar platziert und daher kaum sichtbar.[51]

Bratislava scheint in diesem Faden auch ein Streitpunkt zu sein. Ein überflüssiger übrigens, denn – Zitat aus Wikipedia:

Nach dem deutschen Sieg über die Ungarn in der Schlacht auf dem Lechfeld 955 setzte eine deutsche Besiedelung zu beiden Seiten der Donaufurt bei Pressburg ein, die nach der Jahrtausendwende von den ungarischen Königen gefördert wurde. Nach der Verwüstung des Umlands durch die Mongolen („Tataren“) im Jahr 1241 erfolgte die Wiederaufsiedelung des Marktes Pressburg durch Deutsche, die seither bis in die 1920er Jahre die Bevölkerungsmehrheit bildeten.

Colmar wurde erst nach dem 30-jährigen Krieg französisch und Metz war im Mittelalter eine Zeitlang Hauptstadt des HRR. In Metz wurde Karl der Große geboren, der fränkisch (westgermanischer Dialekt?) sprach wie wohl auch die dortige Bevölkerung.

Aarschots Schnitzereien (entstanden1515) nehmen nicht nur Juden aufs Korn, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen und können daher eher nicht zu den spezifischen antijüdische Schmähungen gerechnet werden. Ich schätze, da war ein Schnitzer am Werk, der etwas übrig für eine Derbtheit hatte, die man z.B. auch bei den Bildern von Pieter Bruegel dem Älteren findet, der auch aus der Gegend (Brabant) stammte.

Es ist zu Fragen, ob es institutionelle oder Personale Gemeinsamkeiten gibt.
Das ist in der Tat eine wichtige Frage. Wenn man liest, dass z.B. die böhmische Stadt Kolin zum Bistum Magdeburg gehörte, dann darf man sich nicht wundern, dass wie in der Bistumsstadt auch dort eine Judensauskulptur angebracht wurde.

Ob es auch zwischen anderen Städten solche institutionelle und/oder personelle Verbindungen, entzieht sich meiner Kenntnis; ich habe auch keine Zeit, da tiefer einzusteigen, aber vielleicht gibt hier jemand, der dazu bereit sein könnte.
 
Aber was Böhmen (Tschechien) betrifft: Seit dem Hochmittelalter gehörten Länder der böhmischen Krone dem HRR an. Auch Kolin war z.B. eine deutsche Gründung. Die Stadt wurde von Ottokar I.

Der Wiki-Artikel zu Kolín weist die Stadt als Eine gründung Ottokars II. Premysls und spricht von einer erstmaligen Erwähnung 1261.
Von einer ursprünglichen deutschsprachigen Bevölkerung steht da nichts.

Kolín – Wikipedia

In dem vo dir zitierten Artikel wird eine deutschsprachige Bevölkerung unterstellt, ich sehe allerdings keinenn Verweis dazu. Das wäre zu klären.
Kann nämlich durchaus sein, dass es sich um eine Gründung nach deutschen (wahrscheinlich Magedburger) Recht handelte und die Stadt daher in den Quellen als Deutsch angesprochen wird, ohne dass das mit der Bevölkerung zwangsläufig etwas zu tun haben muss.

Hier wäre gegebenfalls nachhzuhaken.


Weiterhin wäre zu bemerken: Selbst wenn die Ausführungen in dem von dir zitierten Artikel zutreffen und Kolín bereits unter Ottokar I. mit einer ursprünglich mehrheitlich deutschsprachigen Bevölkerung gegründet worden wären, wäre das spätestens 1165 (Todesjahr Ottokar I.) gewesen.
Lange bevor die ersten bekannten Darstellungen dieser Art auftauchten. Selbst wenn wir die in dem anderen Artikel angegebene Gründung 1261 annehmen und von einer mehrheitlich deutschsprachigen Bevölkerung zum Zeitpunkt der Gründung ausgehen, würde uns das relativ wenig über die Verhältnisse 50 oder 100 Jahre später sagen, während die entsprechenden Darstellungen recht deutlich auf das 14. Jahrhundert und später datieren.



Bratislava scheint in diesem Faden auch ein Streitpunkt zu sein.
Eigentlich nicht, es ging lediglich darum ob es zum Reich gehörte oder nicht. Über einen gewissen Einflusss der deutschen Sprache in Bratislava braucht man schon wegen der Nähe zu Wien und den Handelsverbindungen über die Donau nicht zu streiten.
Eine andere Frage ist, ob dieser Umstand mit den Darstellungen irgendwas zu tun hat, zumal in Österreich, wohin es sicherlich einen gewissen Austausch gab selbst nur zwei davon bekannnt sind und Salzburg schon ein gutes Stück weg ist, so dass an bekannnten Darstellungen aus der näheren Umgebung vor allem die in Wiener Neustadt bliebe.

Colmar wurde erst nach dem 30-jährigen Krieg französisch und Metz
Kolmar wurde erst nach dem 30-Jährigen Krieg französisch, Metz dürfte französischsprachig gewesen sein, aber sicherlich mit einer deutschsprachigen Minderheit.

Aarschots Schnitzereien (entstanden1515) nehmen nicht nur Juden aufs Korn, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen und können daher eher nicht zu den spezifischen antijüdische Schmähungen gerechnet werden.

Ne, der Interpretation kann ich so nicht folgen. Der Umstand, dass auch noch andere Elemente auftauchen, tut dem Umstand spezifischer Schmähung von Juden und deren Religion keinen Abbruch, zudem wenn du dieses Fass aufmachen möchtest, müsste man davon ausgehen, dass sich die anderen Stücke heute noch im Originalzustand und in situ befinden.
Das ist bei den nicht mehr vorhandenen Stücken, über deren genaue Gestaltung man also nicht mehr viel wird sagen können, nicht der Fall, bei anderen ist das zwar denkbar, denkbar wäre allerdings teilweise auch, dass sie ursprünglich zu einem Ensemble gehörten, das so nicht mehr vorhanden ist, sei es weil man die Stücke aus irgendwelchen Gründen verlegt hat oder weil andere Teile davon beschädigt und nicht restauriert oder abgetragenn wurden.

Das ist in der Tat eine wichtige Frage. Wenn man liest, dass z.B. die böhmische Stadt Kolin zum Bistum Magdeburg gehörte, dann darf man sich nicht wundern, dass wie in der Bistumsstadt auch dort eine Judensauskulptur angebracht wurde.

Wenn ich das lese, mache ich erstmal ein Fragezeichenn drann, ob das so zutreffend ist.

Das Bistum Prag wurde 973 gegründet und 1344 zum Erzbistum erhoben.

Administrativ hätte eine direkte Unterstellung Kolíns unter unter Magedburg bei der Entfernung keinen Sinn ergeben. Wahrscheinlicher erscheint mir, dass die Stadt zur Prager Diözese gehörte und diese als Suffragan Magedeburg unterstanden haben sollte, wobei mir auch das etwas seltsam vorkommt, weil Prag zunächst nach meinem Kenntnisstand Suffraganbistum nicht der Erzdiözese Magdeburg, sondern Mainz war.


Ich wäre bereit mit dir zu wetten, dass eine Zugenhörigkeit Kolins zur Erzdiözese Magedeburg für den Entstehungszeitraum dieser Darstellung nicht zutreffen ist.

Lange Rede kurzer Sinn, auch das wäre zu Prüfen.

Im Übrigen wirst du bei ganzen 48 europaweit gesicherten Darstellungen auch einige Städte in der emehmaligen Erzdiözese Magedeburg finden, in denen diese Darstellungen fehlen, insofern ist der letzte Teil deines Satzes Unsinn.

Ob es auch zwischen anderen Städten solche institutionelle und/oder personelle Verbindungen

Vielleicht sollten wir erstmal für Kolin klären, ob es sich tatsächlich so verhält, wie du behauptest?
 
Zuletzt bearbeitet:
Selbst wenn die Ausführungen in dem von dir zitierten Artikel zutreffen und Kolín bereits unter Ottokar I. mit einer ursprünglich mehrheitlich deutschsprachigen Bevölkerung gegründet worden wären, wäre das spätestens 1165 (Todesjahr Ottokar I.) gewesen.
Dass du dich an einem Schreibfehler von mir aufziehst, obwohl es aus dem Zusatz (Sohn von Wenzel I. und der Kunigunde von Staufen), den du wohlweißlich nicht zitiert hast, deutlich hervorgeht, dass Ottokar II. als Gründer der Stadt gemeint war, spricht Bände.

Auf die übrigen Einwände gehe ich nicht ein, weil das bei dir erfahrungsgemäß zu nichts führt.
 
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