Suebische/Boische "Inder"

Dass Mithridates entlang der Donau die Kelten gesammelt habe, ist etwas ungeschickt ausgedrückt. Er plante durch keltisches Gebiet nach Italien zu ziehen und hatte schon früher gute Beziehungen zu ihnen unterhalten. Dass Mithridates' Leibwache aus Donau-Galliern bestanden habe, kann ich den Quellen aber nicht entnehmen. Mithridates' Sterbehelfer Bituitus wird von Appian als "Führer der Kelten" bezeichnet, von Livius (der ihn Bitocus nennt) als "gallischer Soldat". Woher diese Gallier waren, geht aus beiden Autoren nicht hervor. Dass sie aus dem Donauraum stammten, ist natürlich möglich, aber es könnten auch Galater aus Kleinasien gewesen sein. (Der Tetrarch eines Teiles der Galater, Deiotarus, war zwar ein Feind des Mithridates, aber das müssen seine Untertanen nicht auch alle so gesehen haben, erst recht nicht die anderen galatischen Stämme.)

@ Augusto:
Dass "Boiorix" "König der Boier" bedeutet, will ich zwar nicht ausschließen, aber als "unschwer erkennbare" Tatsache sollte man es trotzdem nicht hinstellen. Immerhin haben wir den Namen nur in gräzisierter/latinisierter Form vorliegen, wir wissen also nicht, wie entstellt er ist. Aber auch wenn er gut wiedergegeben wurde, könnte auch gemeint sein "König der [was der Stammesname der Boier etymologisch bedeutet]".
Wenn Boiorix tatsächlich Boierkönig gewesen wäre, würde sich die Frage stellen, wie er Kimbernkönig wurde, zumal die Boier die Kimbern erfolgreich abgewehrt, also gegen sie Krieg geführt hatten. Unterworfen wurden die Kimbern von den Boiern aber offenkundig nicht.
 
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'Boiorix' kann auch ein Spottname gewesen sein, da es ja gerade nicht gelungen ist, die Boier zu besiegen. Das schien mir immer recht nahe zu liegen.
 
Na ich weiß nicht. Wenn die Kimbern ihm sein Versagen so übel genommen hätten, dass sie ihm sogar einen spöttischen neuen Namen verpassten, hätten sie ihn dann nicht eher gestürzt?

Im Übrigen weise ich aber darauf hin, dass ein Boiorix erstmals für das Jahr 105 v. Chr. in Zusammenhang mit der Hinrichtung des gefangenen Exkonsuls Scaurus erwähnt wird, wobei nicht eindeutig ist, ob es sich bei diesem Boiorix um den König Boiorix handelte. Der König Boiorix taucht erstmals eindeutig erst bei der Schlacht bei Vercellae auf, in der die Kimbern 101 v. Chr. vernichtet wurden und in der er fiel.
Es ist also völlig unbekannt, ab wann dieser Boiorix die Kimbern überhaupt führte. Wenn man annimmt, dass der Boiorix von 105 v. Chr. mit dem König identisch war, dann war er 105 v. Chr. noch eher jung, da er in der Livius-Epitome 67 als "feroci iuvene" (wilder junger Mann) bezeichnet wird, was erst recht fraglich machen würde, wie lange er davor eigentlich schon regierte - bzw. ob er 105 überhaupt schon regierte, da er eben nicht als König oder sonstwie als Anführer bezeichnet wird, sondern nur als wilder junger Mann.
Es ist somit völlig unklar und fraglich, ob er zur Zeit, als die Kimbern auf die Boier trafen, überhaupt schon irgendeine Rolle spielte bzw. überhaupt schon alt genug war, um eine Rolle spielen zu können.
 
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Aber auch wenn er gut wiedergegeben wurde, könnte auch gemeint sein "König der [was der Stammesname der Boier etymologisch bedeutet]".
Wenn Boiorix tatsächlich Boierkönig gewesen wäre, würde sich die Frage stellen, wie er Kimbernkönig wurde, zumal die Boier die Kimbern erfolgreich abgewehrt, also gegen sie Krieg geführt hatten. Unterworfen wurden die Kimbern von den Boiern aber offenkundig nicht.
Für die Boier werden zwei ethymologische Ableitungen diskutiert:

  1. Von lat./kelt. bos=Rind, also die "Rinderleute",
  2. Von einer keltischen Wurzel "Kämpfer, Krieger", die sich in mehreren noch lebenden keltischen Sprachen auffinden läßt (ist jetzt aus dem Gedächtnis, Details müßte ich nachschlagen).
Die Forschungstendenz geht offenbar in die zweite Richtung, wobei wir aus der Völkerwanderungszeit ja auch kampfwillige und -bereite Viehhalter kennen, also beide Wurzeltn nicht unbedingt im Widerspruch zueinander stehen müssen.
Somit kann Boiorix durchaus "Kriegerkönig" bedeuten, was dann seine ethnische Herkunft offen läßt.

Wie erfolgreich der Abwehrversuch der Bojer letztlich war, ist mir nicht ganz klar. In Oberschlesien hinterließen Kimbern und Teutonen eine archäologisch gut faßbare Siedlungslücke. Es gelang zwar, sie vom Marsch durch Böhmen abzuhalten, aber irgendwie gelangten sie trotzdem an mittlere und obere Donau, und dabei müßten sie eigentlich Bojer-Territorium (Bratislava!) durchquert haben. Das ist mehr Deine Region - gibt es da auch noch Zerstörungshorizonte durch Kimbern und Teutonen, oder marschierten sie "friedlich" durch?
Letzteres würde einen "Deal" mit den Boiern implizieren - freier Durchzug, ihr lasst meine Leute in Ruhe, und ich zeige euch den Weg zu den "Futtertöpfen". Schon hat man Expertenwissen und -status, und der Weg vom ors- und wegekundigen Führer zum politischen Anführer ist nicht weit.

[Falls es zu Kimbern/ Teutonen bereits einen eigenen Faden gibt, können wir das auch gerne dort weiter diskutieren.]
 
Dank Schlaflosigkeit fiel mir gerade der Trevererhäuptling Iulius Indus auf. Damit hätten wir auch einen entsprechenden Personennamen...

Thomas Fischer, Die Armee der Cäsaren, Regensburg 2014 erwähnt ihn S.24 als Pate der ala Indiana.
 
Also so richtig belegt scheint mir nicht zu sein, dass die Ala nach diesem Iulius Indus benannt ist. Die einzige eindeutige Erwähnung von Iulius Indus ist wohl Tacitus, Annales 3,42, wo er mit einer ausgewählten Mannschaft mithilft, die gallische Rebellion (vor allem der Treverer und Haeduer) 21 n. Chr. niederzuschlagen. Als Häuptling wird er nicht bezeichnet, sondern es heißt nur, dass er "aus demselben Stamm" wie Florus, der Anführer des rebellierenden Teils der Treverer, war. (Eine unbedeutende Persönlichkeit wird er freilich auch nicht gewesen sein.)
 
Für die Verbindung hat wohl die Namensähnlichkeit gedient. Sein Name bleibt. Und - ich muss ihn jetzt nicht mehr suchen.
 
Ich konnte nur Folgendes feststellen:
Anscheinend wird - ohne Beleg - vermutet, dass die Ala Indiana aus der Schar des Iulius Indus, mit der er an der Niederschlagung des Trevereraufstandes teilnahm, hervorgegangen sei. Tacitus schreibt allerdings gar nicht ausdrücklich, dass sie aus Reitern bestanden habe (und nennt sie schon gar nicht ala), sondern bezeichnet sie nur als "delecta manu", also "ausgewählte Schar". Allerdings erwähnt etwas später (3,46) der Legat Silius, dass die rebellierenden Treverer von einer Ala besiegt worden seien. Die Annahme, dass mit dieser Ala die Schar des Iulius Indus gemeint war, ist also zumindest naheliegend.
Weiters: Die Ala Indiana ist für Britannien belegt, weshalb vermutet wird, dass Iulius Indus mit seiner Truppe an der Eroberung der Insel teilnahm. Direkten Beleg gibt es dafür keinen. Ein Indiz ist nur, dass Gaius Iulius Alpinus Classicianus, ein Procurator in Britannien, seiner Grabinschrift zufolge mit einer "Iulia Indi filia Pacata" (also "Iulia Pacata, Tochter des Indus"), die ihm sein Grabmal errichten ließ, verheiratet war. Aus dieser Inschrift wird abgeleitet, dass diese Iulia Tochter des Iulius Indus von den Treverern war. In Anbetracht ihres Namens ist natürlich anzunehmen, dass ihr Vater Iulius Indus hieß, aber dass er der Iulius Indus von den Treverern war, ist damit meiner Meinung nach nicht eindeutig belegt.
Daraus wird also dann abgeleitet, dass Iulius Indus mit seiner Schar, die die nach ihm benannte Ala Indiana war, nach Britannien kam, wo seine Tochter dann den Procurator heiratete.
Einige durchaus brauchbare Indizien also, aber meiner Meinung nach kein direkter Beweis.
 
Die Annahme, dass Iulius Indus einer Reiterschar vorstand, mag womöglich auch daraus resultieren, dass Caesar die Treverer als die besten Reiter Galliens bezeichnete.
 
Aber wie genau würde eine treverische Reitertruppe zu der Geschichte von geschenkten Seefahrern passen? Auch wenn man das Seefahrer mal weglässt, so dürften die Treverer doch eigentlich zu bekannt gewesen sein um sie zu verwechseln.
 
Es ging mir dabei lediglich um den Eigennamen. In Zusammenhang zur Interpretation der Inder ist die Tatsache des Vorkommens des Eigennamens Indus nördlich der Alpen schon interessant. Jedenfalls, wenn man alle Möglichkeiten bedenken will.
 
Auch bei den Batavern scheint der Vorname Indus (oder wie auch immer die batavische Variante dieser latinisierten Form war) bekannt gewesen zu sein: So gibt es einen Grabstein aus Rom, welche den Indus aus der Leibwache des Nero nennt, der in der Dekurie des Secundus diente und von seinem Bruder und Erben Eumenes aus dem Collegium Germanorum bestattet wurde.
Indus / Neronis Claudi / Caesaris Aug(usti) / corpor(is) custos / dec(uria) Secundi / natione Batavus / vix(it) ann(os) XXXVI h(ic) s(itus) e(st) / posuit / Eumenes frater / et heres eius ex collegio / Germanorum​
 
Ich würde nicht zwingend davon ausgehen, dass "Indus" (bzw. so ähnlich) ein Bataver-Name war, denn immerhin hieß sein Bruder Eumenes, was auch kein originaler Bataver-Name gewesen sein kann. Möglicherweise erhielten beide Brüder nach Dienstantritt neue Namen? Oder vielleicht war es bei den Batavern eine Zeitlang "schick", fremde Namen aus der römisch-hellenistischen Welt zu verwenden?
 
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