Die Zeit um 1900 bis 1909...
Ich möchte an dieser Stelle in der Diskussion etwas weitergehen. D.h. den Stand der Projektil- und Panzertechnologie der darauffolgenden Dekade darlegen.
Nach zwei Klassen mit 24cm Hauptartillerie kehrt das W-Amt zur 28.3cmL40 zurück. Diesmal handelt es sich aber um ein verbessertes Geschütz mit horizontaler Ladevorrichtung. Eigentlich ein überdimensionaler Schnelllader. Dies wird durch die Lagerung der Treibsätze in eine Vor- und eine Hauptkartusche ermöglicht. Die Vorkartusche ist immernoch im Beutel, die Hauptkartusche jedoch in einer Messinghülse, die gleichsam den Verschluß gasdicht versiegelt. Dies erlaubt wesentlich schnellere Ladezeiten als mit herkömmlichen Hinterladern.
Die BRAUNSCHWEIG-Klasse erhält auch keine 15cm SL sondern solche mit 17cm Kaliber, die ein wesentlich größeres HE-Geschoß auf größere Entfernung verschießen können.
Krupp sah sich mehreren Herausforderungen gegenüber. Harvey CA war nicht so effektiv wie KC aber das Auftauchen unlizensierter KC Panzerung durch den amerikanischen Hersteller MIDVALE im europäischen Markt erzeugte eine Reihe von Patentrechtskämpfen, die Krupp im Endeffekt verlor. MIDVALE MNC besaß eine enorm tiefe Oberflächenhärtung, die es ermöglichte, alle Kappengeschosse dieser Periode zu zersplittern (bei rechten Einschlagwinkeln ist das ein Plus von 1/3 der effektiven Plattenstärke).
Dies wurde von Krupp jedoch nicht erkannt, da es seine Geschosse bei 20 Grad Einschlagwinkel testete, wo grundsätzlich keine weichen Kappen funktionierten. Außerhalb der Winkel wo weiche Kappen funktionieren gab es für 28.3cm AP Geschosse aber keinen Unterschied zwischen KC und MNC. Andere Nationen testeten dagegen bei nur 10 Grad Einschlagwinkel und hier war MNC gegen die damals in Gebrauch befindlichen weichen Kappengeschosse so überlegen, dass es eine Reihe von Verbesserungen bei der KC Produktion stimulierte (besonders in England).
Krupp hatte mit Firth ein Technologieaustuaschvertrag abgeschlossen und daher übernahm Krupp um 1908 die englischen Hadfield-Firth Kappen und ersetzte die eigenen, glockenförmigen Kappen. Dadurch bekamen Geschosse auch einen besseren ballistischen Formkoeffizienten. Englische APC Projektile im ersten Weltkrieg sehen ziemlich exakt so aus wie die damals gebräuchlichen Krupp APC.
D.h. eine relativ feine Nasenform (2.0 crh) und dünne, aber weiche Kappe mit einer kurzen Haube. Die Idee war dass ein Durchschlag bei 500m/s in 1,5 facher Plattenstärke bei rechten Winkeln und 0,5 facher Plattenstärke bei 20 Grad erfolgen müßte. Darin wird ersichtlich, wie schlecht eigentlich die Winkeleigenschat dieser Geschosse war.
Dies reflektiert das Panzerschema dieser Linienschiffe:
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Man ging immernoch von sehr kurzen Gefechtsentfernungen aus. Die Mittelartillerie sollte APC und HE Geschosse abfeuern, mit denen man erhoffte auf Entfernungen weniger als 50hm den dünneren oberen Zitadellpanzer zu durchdringen. es war auch klar, dass die Durchschlagskraft der neuartigen Kappengeschosse so enorm gesteigert war, dass ein ökonomisch dicker Gürtelpanzer auf den gewünschten Gefechtsentfernungen nicht mehr umsetzbar erschien. Daher die Platzierung von Kohlenschutzbunkern in den Böschungen dahinter, die auch mit insgesamt 80mm Mächtigkeit stark genug waren, um blinde Projektile (eine Zündverzögerung gab es immernoch nicht) nach Durchschlag von effektiv 270mm KC Gürtelpanzer (einschließlich Kohlenbunker) abzuweisen.
Die Winkelperformance dieser zeitgenössischen Geschosse war aufgrund ihrer sehr feinen Geschoßnase zu schwach um da durch zu kommen. Zwei dünne Panzerdecks (Wetterdeck und Hauptpanzerdeck) wurden eingezogen, um Splitterschutz zu gewähren.
Das Schema war optimiert um auf den kurzen angenommenen Gefechtsentfernungen effektiv zu bleiben. Deswegen erhielten die BRAUNSCHWEIG´s umlaufende Ladekammern, gepanzerte Böschungen und ein weites ausgedehntes Panzerschema. Treffer mit HE würden daran funktionslos bleiben, solche mit AP-Geschossen dagegen beim Aufschlag detonieren, ohne dass die Fragmente eine Chance gehabt hätten, tiefer in das Schiff einzudringen.