Verläuft die B 68 zwischen Lippe und Diemel auf einer alten Römerstrasse?

- Eine Brücke ist keine Straßenstation. Eine Brücke baut man dort, wo die Straße einen Fluss kreuzt.

Wir sprechen von der Brücke über den Rubikon! Hier dürfte es schon aus symbolischen Gründen eine gewisse Militärpräsenz gegeben haben. ;)

Zudem lag genau hier zu republikanischer Zeit die Grenze zur Provinz Gallia Cisalpina. Auch andernorts passen Grenzorte in das 9/10-Leugen-System, so z.B. Ad Fines (Pfyn) an der rätisch-obergermanischen Grenze, das 10 Leugen von Vitudurum (Winterthur) und 2 x 9 Leugen von Arbor Felix (Arbon) entfernt liegt.

Die Römer haben sicher keinen Fluss umgeleitet, nur damit sie eine Brücke im Abstand von genau 20,0 oder 22,2 km zu irgendwas bauen können.

Das dürfte auch auf die genau 10 Leugen zwischen Erft und Rhein zutreffen; die 2 x 9 Leugen zwischen Lippe und Diemel (um die es hier ja eigentlich geht) nicht zu vergessen.
 
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Sueton berichtet von "moderaten Intervallen", genauer wird er leider nicht. Außer Schriftquellen gibt es aber auch noch die belastbareren Quellen in Form nachgewiesener römischer Standorte.

Dann ist es nicht überzeugend, Sueton als Argument für deine Intervalle herzunehmen!
Die starren Abstände findet man draußen in der realen Welt.

Richtig. Und das nur, wenn man wirklich alle irgendwie geartete römische Präsenz als Beleg für eine Straßenstation hernimmt, seien es Villen, Grabsteine, Brücken oder was man sonst noch findet. Und wenn nicht, dann bemüht man Orte, die erst im Mittelalter belegt sind und postuliert einfach einen römischen Ursprung. Und warum: Weil diese Orte 20 - 22 km von anderen Orten entfernt liegen.

Deine Mühe in allen Ehren, aber da findet sich nicht nur ein methodischer Fehler!
 
Die Route von Bordeaux zum Mittelmeer hatte ich bislang noch nicht bearbeitet, aber das war jetzt der nötige Anstoß.

Das vorläufige Ergebnis ist sehr interessant. Anders als die teils falschen Entfernungsangaben vermuten lassen, beginnt die Route ab Bordeaux in exakten 20-km-Etappen, mit einer kleinen Anomalie um Scittio
Hmmm. Du stützt Dich auf das Verzeichnis von vici.org bzw. imperium.ahlfeldt.se, korrekt? Wenn ich nach den Ortskoordinaten dort z.B. die Etappe vasatas -> tres arbores in Google Maps routen lasse, komme ich auf nicht mehr als 15km, und das mit schon einem deutlichen Haken, der dem schlecht aufgelösten Wegenetz geschuldet ist (manuell geroutet auf einer digitalen Topo-Karte im Maßstab 1:25.000 über vorhande Wirtschaftswege, die das oft recht grobe Google Maps schlicht nicht kennt, komme ich auf rund 12km*). Die Strecke elusa -> vanesia dagegen verläuft noch heute ziemlich gerade und läßt sich kaum gegenüber den von Google ermittelten 29,2km optimieren. In beiden Fällen liegen die Entfernungsangaben im Itinerarium Burdigalense deutlich näher an dem, was Google mir sagt, als Deine Korrekturen.

* Nachtrag, der Vollständigkeit halber: Anbei ein Screenshot der manuell gerouteten Strecke.
 

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Dann ist es nicht überzeugend, Sueton als Argument für deine Intervalle herzunehmen!

Sueton liefert lediglich einen Hinweis. Ein Reglement für den militärischen Straßenbau ist leider nicht überliefert – was aber nicht heißt, dass es keine Regeln gegeben hätte.

Das Hauptargument für die Intervalle sind die Intervalle selbst.

Und das nur, wenn man wirklich alle irgendwie geartete römische Präsenz als Beleg für eine Straßenstation hernimmt, seien es Villen, Grabsteine, Brücken oder was man sonst noch findet.

- Villae rusticae an Hauptstraßen sind archäologisch nicht von selbstversorgenden Straßenstationen und Raststätten zu unterscheiden.

- Brücken sind strategisch wichtige Punkte an denen die Römer gern auch militärisch präsent waren.

Und wenn nicht, dann bemüht man Orte, die erst im Mittelalter belegt sind und postuliert einfach einen römischen Ursprung. Und warum: Weil diese Orte 20 - 22 km von anderen Orten entfernt liegen.

Nun sind aber weder FORUM DOMITII, SEXTANTIO, AMBRUSSUM, NEMAUSUS, UGERNUM noch BURDIGALA, MUTATIO STOMATAS, MUTATIO SIRIONE, CIVITAS BESATAS, MUTATIO TRES ARBORES, MUTATIO OSCINEIO oder COLONIA JULIA CARSACO, HEBROMAGUS, LIVIANA erst im Mittelalter belegt.

Alles Zufälle? Genau so wie Magenta, Novara, Vercelli, Santía und Trino?
 
Das ist der Stand der 4. Jahrhunderts. Die Begriffe mansio und mutatio erscheinen überhaupt erst in der Spätantike.

Genauso wie der Begriff cursus publicus, der taucht auch erst um 300 n. Chr. auf...

Niemand hat die Distanz zwischen Häsenbühl und Summelocenna bestritten. Es wurde lediglich die Distanz zwischen Häsenbühl und Hechingen-Stein festgestellt.

... die zwischen Häsenbühl und Sumelocenna keinen Sinn ergibt, sondern einen Zickzackkurs mit 10 km Umweg...



Du erinnerst Dich:

Rottenburg - X - Gniebel - VIIII - Köngen - X - Kastell Cannstatt

Herrje, ich bin hier um etwas zu lernen und Fehler auszumerzen – nicht um ewige Wahrheiten zu verkünden. :(

Ich erinnere mich, dass ich in der Zwischenzeit etwas zum Straßenverlauf geschrieben habe:

Hab jetzt mal nachgeschaut, was bei Friedrich Hertlein / Oscar Paret / Peter Goessler ("Die Strassen und Wehranlagen des römischen Württemberg = Die Römer in Württemberg Band 2, Stuttgart 1930) dazu steht.
Demnach entsprach der Straßenverlauf ab Kirchentellinsfurt in etwa dem Verlauf "Römerstraße Kirchentellinsfurt".
Unklar ist der Verlauf zwischen Rottenburg und Tübingen, Hertlein argumentiert für einen Verlauf auf der rechten Neckarseite.
Ein archäologisch gesichertes Stück soll laut Hertlein bei Neckartenzlingen auf der linken Neckarseite 1903/04 ausgegraben worden sein.

Demnach verlief die Straße nicht über Gniebel, sondern am Neckar entlang, über Pliezhausen und Neckartenzlingen.

Dass die Straße bergauf-bergab über Gniebel verlief, hielt ich ja auch für möglich, aber daran glaube ich inzwischen nicht mehr.
 
Sueton liefert lediglich einen Hinweis. Ein Reglement für den militärischen Straßenbau ist leider nicht überliefert – was aber nicht heißt, dass es keine Regeln gegeben hätte.

Das mag ja sein, ist sogar wahrscheinlich. Aber Sueton taugt nicht als Beleg für 20 - 22 km Intervalle!
Das Hauptargument für die Intervalle sind die Intervalle selbst.

Aber nicht auf die Art, wie sie zustande kommen.
- Villae rusticae an Hauptstraßen sind archäologisch nicht von selbstversorgenden Straßenstationen und Raststätten zu unterscheiden.

Warum sprechen Archäologen dann manche Bauten an Hauptstraßen dennoch als Straßenstationen an und andere als Villen?
- Brücken sind strategisch wichtige Punkte an denen die Römer gern auch militärisch präsent waren.

Schön. Und warum taugen Grabsteine als Nachweise für Straßenstationen?
Nun sind aber weder FORUM DOMITII, SEXTANTIO, AMBRUSSUM, NEMAUSUS, UGERNUM noch BURDIGALA, MUTATIO STOMATAS, MUTATIO SIRIONE, CIVITAS BESATAS, MUTATIO TRES ARBORES, MUTATIO OSCINEIO oder COLONIA JULIA CARSACO, HEBROMAGUS, LIVIANA erst im Mittelalter belegt.

Stimmt. Dafür andere Orte, die du als Punkte angegeben hast - weil sie im richtigen Abstand lagen.
Alles Zufälle? Genau so wie Magenta, Novara, Vercelli, Santía und Trino?

Nein, sicherlich nicht. Es mag sein, dass 20 - 22 km ein sinnvoller Abstand war - so wegen Reitentfernungen und so. Das mag auch der Grund dafür sein, dass du oft 20 - 22 km Abstände finden kannst.

All das wird ja gar nicht bestritten. Es ist nur fraglich, ob es nur und immer und ausschließlich diesen Abstand gegeben hat, das eine so feste Regel gewesen ist, dass man anhand dieses Abstandes auch römische Straßen in Gegenden nachweisen will, nur weil dort auch solche Abstände irgendwie festzumachen sind.
 
Hmmm. Du stützt Dich auf das Verzeichnis von vici.org bzw. imperium.ahlfeldt.se, korrekt?

Ich benutze verschiedene Quellen, darunter vici.org und den Digital Atlas of Roman and Medieval Civilizations – imperium.ahlfeldt.se kannte ich noch nicht.

Wenn ich nach den Ortskoordinaten dort z.B. die Etappe vasatas -> tres arbores in Google Maps routen lasse, komme ich auf nicht mehr als 15km, und das mit schon einem deutlichen Haken, der dem schlecht aufgelösten Wegenetz geschuldet ist (manuell geroutet auf einer digitalen Topo-Karte im Maßstab 1:25.000 über vorhande Wirtschaftswege, die das oft recht grobe Google Maps schlicht nicht kennt, komme ich auf rund 12km*).

Ich fürchte, da haben wir verschiedene Tres arbores, siehe Anhang.
[Edit] Die Werte in der IB um Tres arbores herum können so oder so nicht richtig sein, die Strecke wäre viel zu kurz.

Die Strecke elusa -> vanesia dagegen verläuft noch heute ziemlich gerade und läßt sich kaum gegenüber den von Google ermittelten 29,2km optimieren.

Hast Recht, da habe ich in zwei Zeilen die Werte vertauscht:
Vanesia – Elusa 27 km, dafür Vanesia - Auscius 20 km.

Die Strecken habe ich hier übrigens auch nur manuell erstellt, die römischen Routen sind ja über weite Strecken noch gut zu erkennen.
 

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Wir sprechen von der Brücke über den Rubikon!
Wo verortest Du bitte den Rubikon?

Das dürfte auch auf die genau 10 Leugen zwischen Erft und Rhein zutreffen; die 2 x 9 Leugen zwischen Lippe und Diemel (um die es hier ja eigentlich geht) nicht zu vergessen.
Und werden dadurch jetzt Flüsse zu Straßenstationen, nur wenn sie 22 oder 40 km auseinander liegen?


Apropos Erft:
Der Vicus Tiberiacum wird aber weiter östlich in Bergheim-Thorr zur Erftbrücke hin vermutet.

Der Vicus Tiberiacum wird andererseits auch weiter westlich (noch weiter weg von der Erftbrücke) vermutet:

www.rundschau-online.de/rhein-erft/lag-die-siedlung-tiberiacum-bei-elsdorf-,15185500,15715964.html
 
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In beiden Fällen liegen die Entfernungsangaben im Itinerarium Burdigalense deutlich näher an dem, was Google mir sagt, als Deine Korrekturen.

Meine Überprüfung der zusammengefassten Strecken Bordeaux-Bazas und Bazas-Auch führt zum selben Ergebnis:

Bordeaux (Burdigala) - Bazas (Vasatae)

Mein Überschlag (bei möglichst geradliniger Trassenführung): 53 km
Angaben im Itinerarium Burdigalense: 25 Leugen = 55 km
Divicos "Korrekturen": 60 km

Bazas (Vasatae) - Auch (Auscius)

Mein Überschlag (bei möglichst geradliniger Trassenführung) 110 km
Angaben im Itinerarium Burdigalense: 49 Leugen = 108 km
Divicos "Korrekturen": 127 km
 
(scherzando)
Warum sprechen Archäologen dann manche Bauten an Hauptstraßen dennoch als Straßenstationen an und andere als Villen?
...vielleicht aus dem naheliegenden Grund, dass diese schaufelnden Dilettanten bislang noch nicht über die allumfassende 20-km-Regel gestolpert sind... :rofl::still:
 
Ab Hebromagus scheinen sich dann aber wieder, mit Ausreißern, die 20/22-km-Intervalle durchzusetzen.
Womit doch genau das bestätigt wäre, was ich meine. Dass es zwar möglich ist, dass das 20/22 km Intervall wohl oft angewendet wurde, es aber nicht zwingend und immer und überall anzutreffen ist, sondern es eben auch andere Intervalle gegeben haben kann - warum auch immer: Topographie oder andere Gründe.

Und damit ist es eben nicht überzeugend, auch in anderen Gegenden dieses starre Intervall über die Landschaft zu stülpen und römische Straßen anhand des starren Abstandes zu postulieren, wenn es ganz offensichtlich auch andere Abstände gegeben hat!
 
Und damit ist es eben nicht überzeugend, auch in anderen Gegenden dieses starre Intervall über die Landschaft zu stülpen und römische Straßen anhand des starren Abstandes zu postulieren, wenn es ganz offensichtlich auch andere Abstände gegeben hat!
ziemlich genau das ist schon mehrmals in diesem Faden in unterschiedlichen Varianten mitgeteilt worden... es ist zwar richtig (!), aber es verhallt bei den wenigen Befürwortern des starren Intervalls wirkungslos...
 
Womit doch genau das bestätigt wäre, was ich meine. Dass es zwar möglich ist, dass das 20/22 km Intervall wohl oft angewendet wurde, es aber nicht zwingend und immer und überall anzutreffen ist, sondern es eben auch andere Intervalle gegeben haben kann

Bis jetzt ist noch nicht einmal nachgewiesen, dass das 20/22-km-Intervall oft angewendet wurde.

Beim zuletzt besprochenen Itinerar finden wir auf der Strecke Bordeaux-Toulouse (wo tatsächlich nach Leugen gerechnet wurde) am häufigsten einen Abstand von 7 - 8 Leugen, den 9-Leugen finden wir gerade zweimal, den 10-Leugen-Abstand überhaupt nicht:

Mutatio stomatas leugae vii = 15,6 km
mutatio sirione leugae viiii = 20 km
ciuitas vasatas leugae viiii = 20 km
mutatio tres arbores leugae v = 11,1 km
mutatio oscineio leugae viii = 17,8 km
mutatio scittio leugae viii = 17,8 km
ciuitates elusa leugae viii = 17,8 km
mutatio vanesia leugae xii = 26,7 km
ciuitas auscius leugae viii = 17,8 km
mutatio ad sextum leugae vi = 13,3 km
mutatio hungunuerro leugae vii = 15,6 km
mutatio bucconis leugae vii = 15,6 km
mutatio ad iouem leugae vii = 15,6 km
ciuitas tholosa leugae vii = 15,6 km
 
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Bis jetzt ist noch nicht einmal nachgewiesen, dass das 20/22-km-Intervall oft angewendet wurde.
Worüber ich schon die ganze Zeit grüble: Gesetzt den Fall, es hätte so eine verbindliche Regel für die römischen Straßenbaubehörden gegeben, muß ich dann in einem Itinerar überhaupt noch Distanzen zur nächsten Station angeben? Bzw. da Ausnahmen zur theoretischen Vorgabe vom Kartentisch ja in der Praxis unvermeidlich sind, würde sich für die Regelabstände nicht ein Sprachgebrauch bei Entfernungsangaben durchsetzen in Richtung "solito" oder ähnlich, und nur die Ausnahmen würden mit konkreter Meilen- oder Leugenzahl genannt?
 
würde sich für die Regelabstände nicht ein Sprachgebrauch bei Entfernungsangaben durchsetzen in Richtung "solito" oder ähnlich, und nur die Ausnahmen würden mit konkreter Meilen- oder Leugenzahl genannt?
das müsste man vermuten -- die lateinische Literatur ist recht umfangreich, trotzdem finden sich keine derartigen sprachlichen Besonderheiten bzgl. der hier vehement postulierten Intervall-Regel; setzt man Ockhams Messer an, muss man schließen, dass es diese Musterregel schlichtweg nicht gab.
 
Ich fürchte, da haben wir verschiedene Tres arbores, siehe Anhang.
Der Digital Atlas of Roman and Medieval Civilizations auf darmc.harvard.edu verortet tres arbores tatsächlich woanders als imperium.ahlfeldt.se, allerdings ohne für mich erkennbare Referenz. Die Darstellung auf imperium.ahlfeldt.se stützt sich auf die Datenbank von pleiades.stoa.org, die für die Lokalisierung von tres arbores den Barrington Atlas of the Greek and Roman World als Quelle nennt.

Ich stehe mit Französisch auf Kriegsfuß und tu' mir deshalb schwer nachzuvollziehen, worauf die Lokalisierung gründet. Unter massivem Vorbehalt deshalb: Archäologische Nachweise gibt es scheinbar nicht, stattdessen als Indizien schlicht die Ableitung des Ortsnamens Les Trois Chênes einerseits - und die Entfernung von fünf Leugen nach vasates aus unserem Itinerar andererseits.

Sei's drum: Wenn ich anstelle der Koordinaten aus imperium.ahlfeldt.se bzw. pleiades.stoa.org mit dem von Dir genannten Digital Atlas of Roman and Medieval Civilizations auf darmc.harvard.edu arbeite, spuckt mir Google Maps sogar eine nochmal kürzere Distanz von 10,2km aus. Deinem Screenshot zufolge wäre Dein tres arbores in Saint-Michel-de-Castelnau zu suchen, für das wiederum in keiner dieser beiden Datenbanken irgendwas Römerzeitliches verzeichnet ist. Wie kommst Du auf diesen Ort?
 
Wo verortest Du bitte den Rubikon?

An der anderen Brücke auf der Strecke; sorry, war spät gestern. ;)

Meine Überprüfung der zusammengefassten Strecken Bordeaux-Bazas und Bazas-Auch führt zum selben Ergebnis:

Bordeaux (Burdigala) - Bazas (Vasatae)
Mein Überschlag (bei möglichst geradliniger Trassenführung): 53 km

Na dann, viel Spaß bei der zweimaligen Garonnequerung in nahezu Längsrichtung auf Deiner Luftlinie.

Bazas (Vasatae) - Auch (Auscius)
Mein Überschlag (bei möglichst geradliniger Trassenführung) 110 km
Angaben im Itinerarium Burdigalense: 49 Leugen = 108 km

Deine "möglichst gerade Trassenführung" besteht aus Luftlinien von Bazas über Sos, Éauze nach Auch, stimmts? Wo verortest Du dann die Stationen dazwischen, irgendwelche Vorschläge? Und warum ist von diesen hypothetischen schnurgeraden Trassen so überhaupt nichts im Gelände zu erkennen?

Meine Lokalisierung der Mutatio Sirione nach der im IB angegebenen 20-Leugen-Entfernung von Bazas aus dürfte auch falsch sein, da 5 km weiter Richtung Bordeaux ein Ort mit dem passenden Namen Cérons liegt – allerdings auch weit weg von Deiner kühnen Luftlinie.

Sos–Éauze–Auch sollte nach IB 27 Leugen, also rund 60 km lang sein. In der Realität ist aber schon eine Luftlinie über diese Orte mehr als 66 km lang.

Bazas–Sos beträgt nach IB 21 Leugen, also 46 km, während die Luftlinie in der Realität schon 51 km lang ist. Unter Luftlinie geht es nun mal nicht!

Womit doch genau das bestätigt wäre, was ich meine. Dass es zwar möglich ist, dass das 20/22 km Intervall wohl oft angewendet wurde, es aber nicht zwingend und immer und überall anzutreffen ist, sondern es eben auch andere Intervalle gegeben haben kann - warum auch immer: Topographie oder andere Gründe.

Damit sind wir einer Meinung. Selbstverständlich kann es besonders dort, wo schon vor dem Straßenbau alte Orte existierten zu Ausnahmen kommen. Ebenso im Fall von Flussquerungen, da die Römer ihre Stationen offenbar gern an wichtigen Brücken errichteten.

ziemlich genau das ist schon mehrmals in diesem Faden in unterschiedlichen Varianten mitgeteilt worden... es ist zwar richtig (!), aber es verhallt bei den wenigen Befürwortern des starren Intervalls wirkungslos...

Mich kannst Du nicht meinen: die Existenz der Ausnahmen habe ich längst eingeräumt, siehe die Karten zur Via Aemilia und zur Via Domitii.
 
Worüber ich schon die ganze Zeit grüble: Gesetzt den Fall, es hätte so eine verbindliche Regel für die römischen Straßenbaubehörden gegeben, muß ich dann in einem Itinerar überhaupt noch Distanzen zur nächsten Station angeben?

Man könnte vermuten, dass es so eine Regel für Militärstraßen der republikanischen und frühen Kaiserzeit gegeben hat, als Straßenbau- und Unterhalt noch Staatsangelegenheit war. Also in jener Zeit, die uns auch in Westfalen interessieren muss.

Ab dem späten ersten Jahrhundert setzte die Privatisierung der Infrastruktur ein, die Regeln lockerten sich und fußkranke Pilger (15-km-Etappen) sind nicht mit Legionären zu vergleichen.

Aber ganz ehrlich: ich weiß es nicht. Sicher ist allein, dass die vielen Beispiele nicht mit Zufall erklärt werden können.
 
Sicher ist allein, dass die vielen Beispiele nicht mit Zufall erklärt werden können.
Sicher ist, dass viele der Intervalle sich als nicht korrekt herausgestellt haben und dass es dich bisher vor allem völlig peripher tangiert hat, dass die Intervallendpunkte mal ein Meilenstein, mal ein Gutshof, mal eine Raststation (mutatio oder taberna), mal eine militärische Einrichtung oder etwas völlig anderes waren. Häufig wurde aufgrund von pseudoetymologischen Überlegungen einfach eine römische Herkunft eines Ortsnamens unterstellt und damit eine Straßenstation welcher Art auch immer als erwiesen betrachtet.
 
Sicher ist allein, dass die vielen Beispiele nicht mit Zufall erklärt werden können.
Ob wir hier eine statistische Häufung haben, die nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit zufällig auftreten kann, müßten wir noch klären. Dazu müßte die Datenbasis aber sauber sein, d.h. vor allem bereinigt von bislang nur angenommenen Standorten, die eben ganz und gar nicht zufällig in die Auswahl gekommen sind, sondern weil sie so wunderbar in die postulierte 9/10-Leugen-Regel passen würden.

Der weniger mathematische, eher "bauchgefühlte" Zufall ist aber sicher keiner: Eine Legion, ein Fuhrwerk, ein berittener Bote, was auch immer mir als Maßstab bzw. Zielgruppe dient, hat nun mal eine bestimmte Tagesmarschleistung. Die ist zwar höchstens unter Laborbedingungen wirklich konstant, schwankt aber auch in der Praxis außerhalb des sterilen Labors in Abhängigkeit von Topographie, Wegezustand, Klima etc. nur in einem überschaubaren Bereich, der sich aus der Lebenserfahrung gut schätzen läßt. Es macht zudem ja keinen Sinn, meiner Zielgruppe schon zu Mittag eine Übernachtungsmöglichkeit anzubieten, ebensowenig eine, die sie erst drei Stunden nach Sonnenuntergang erreichen kann. Solange diese Straßenstationen primär bedarfsorientiert eingerichtet werden und sekundäre, "weiche" Faktoren wie "tolle Aussicht hier" noch keine Rolle spielen, können wir deshalb relativ gleichbleibende Abstände erwarten mit Schwankungen in einem überschaubaren Bereich, wobei im Flachland diese Abstände durchschnittlich etwas größer ausfallen dürften als beim Überqueren eines Alpenpasses. Dazu brauche ich aber keinen staatlichen Vermessungstrupp, der mit der Dioptra exakt soundsoviele Leugen absteckt - es reicht ein durchschnittlich lebenserfahrener Entscheidungsträger mit durchschnittlicher Physis, der irgendwann sagt: So, jetzt bin ich müde und hungrig, hier lagern wir.
 
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