In Bezug auf die Anklage vor dem IMT in Nürnberg hatte Göring seine Unschuld beteuert und führte als Beleg an, er sei von ihm kein Befehl unterzeichnet worden.
Auf die komplizierte Befehlslage und die damit verbundenen Dokumente ist Longerich in "Wannseekonferenz" eingegangen.
Die Ereignisse lassen sich rückwirkend eher als ein Netzwerk und somit kollektive Willensbildung rekonstruieren.
Heydrich bezog sich auf den Befehl bzw. Wunsch von Göring zur Einleitung der "Endlösung" (vgl. dazu beispielsweise Cesarini)
Interessant sind dabei die persönlichen Netzwerke der Personen im Rahmen der Wannseekonferenz.
Bereits im April 1934 war Paul Körner (als SS Gruppenführer) Görings Adjutant, der zu dem Zeitpunkt Preußischer Ministerpräsident war (vgl. Wildt, S. 49 über das Bild bin ich auf diesen punktuellen Zusammenhang gestoßen)
https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_K%C3%B6rner
In 1934 wurde Körner Staatssekretär im preußischen Innenministerium und 1936 Staatssekretär der Vierjahresbehörde, dem wohl zu dem Zeitpunkt mächtigsten staatlichen Instrument.
Parallel war Erich Neumann seit 1932 Ministerialdirektor im Preußischen Staatsministerium und wurde 1938 zum Stellvertreter von Körner als Staatssekretär in der Vierjahresbehörde.
https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Neumann_(Staatssekret%C3%A4r)
In der Rolle als Stellvertreter von Körner, die beide Göring unterstanden, nahm Neumann an der Wannseekonferenz im Januar 1942 teil.
Interessant ist, dass Wiki die Rolle von beiden verschweigt und die enge Beziehung von Göring, der Vierjahresplanungsbehörde und seinen administrativen Spitzen auch im Rahmen der Wannseekonferenz keine Erwähnung findet.
In dieser Konstellation der Netzwerke der "Schreibtischtäter" konnte man "dem Führer entgegenarbeiten" und entsprach intentional den Absichten des Führers.
Es waren dann die "kalten Technokraten" wie bei Herbert "Best" beschrieben wird, die durch ihre spezifische Form von weltanschaulich untermauertem Denken in Kategorien einer entmenschlichten Effizienz die Maschinerie der Konzentrationslager emotionslos in Gang setzen.
Dieses konnten sie aber nur in Übereinstimmung mit einer kollektiv gedachten und gelebten NS-Ideologie, die ihre Sicht förderte und auch deckte, durchführen. Und aus dieser Perspektive waren Göring und in letzter Konsequenz natürlich Hitler die Impulsgeber für die Wannseekonferenz und die Endlösung. Es hatte dazu keines expliziten "Befehls" bedurft, da man sich in der Spitze der NSDAP aus vielen Gründen zu dem Zeitpunkt zunehmend einig war über die Richtung der "Endlösung"
Cesarani, David (2016): "Endlösung". Das Schicksal der Juden 1933 bis 1948. Unter Mitarbeit von Klaus-Dieter Schmidt. Berlin: Propyläen.
Herbert, Ulrich (2016): Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft, 1903-1989. Neuauflage. München: C.H. Beck.
Longerich, Peter (2016): Wannseekonferenz. Der Weg zur "Endlösung". München: Pantheon.
Wildt, Michael; Kreutzmüller, Christoph (Hg.) (2013): Berlin 1933 - 1945. Siedler.