Warum wurde die Gründung der BRD nicht gefeiert?

Zufälligerweise habe ich gerade das genaue Zitat von Carlo Schmid zur Hand:

"Am 1. September 1948 versammelten sich die Abgeordneten mit den Ministerpräsidenten der Länder und Vertretern der alliierten Militärregierungen, Gästen und Journalisten zur Eröffnung der Arbeiten des Parlamentarischen Rates im Museum Koenig zu Bonn. Wohl kaum hat je ein Staatsakt, der eine neue Phase der Geschichte eines großen Volkes einleiten sollte, in so skurriler Umgebung stattgefunden. In der Halle dieses in mächtigen Quadern hochgeführten Gebäudes standen wir unter den Länderfahnen – rings umgeben von ausgestopftem Getier aus aller Welt. Unter den Bären, Schimpansen, Gorillas und anderen Exemplaren exotischer Tierwelt kamen wir uns ein wenig verloren vor. Die bizarre Umgebung ließ trotz der Beethovenschen Musik, mit der die Feier eröffnet und beschlossen wurde, keine rechte Feierlichkeit aufkommen; gleichgültig jedoch war keinem von uns zumute.“

Schmid, Carlo: Erinnerungen, München 1981, S. 357.


Jetzt bin ich aber froh, dass mein "Gedächtniszitat" im Kern hinhaut.
Gefährliches Pflaster, das Geschichtsforum,:haue: kann man sich keine Schusslichkeiten erlauben
 
Zufälligerweise habe ich gerade das genaue Zitat von Carlo Schmid zur Hand:
"...Unter den Bären, Schimpansen, Gorillas und anderen Exemplaren exotischer Tierwelt kamen wir uns ein wenig verloren vor. ...“
Schmid, Carlo: Erinnerungen, München 1981, S. 357.

Der Schmid war wohl Satiriker.
 
Der Schmid war wohl Satiriker.

Nee, ein Politiker aller erster Güte.
Mit einem Hang zu unangenehmen Wahrheiten.

In die Diskussion um den Ort der "provisorischen Bundeshauptstadt" soll er den Vorschlag eingebracht haben, "wenn schon Provisorium dann ein Barackenlager an der Zonengrenze bei Helmstedt".

Und in Moskau hat er zusammen mit Adenauer die Russen um Chrustschow unter den Tisch gesoffen.

 
Wohl auch die Memoiren gelesen?
Wäre interessant wie sich Heuss oder Adenauer oder auch andere Mittäter später schriftlich erinnerten.

Nee, ist mir die letzten Tage mal "Das besetzte Deutschland" von Overesch auf den Fuss gefallen....
Dachte die beiden armen Bücher wollen auch mal wieder angeschaut werden....


Aber Du hast sehr recht, die drei sollte man tatsächlich mal "nebeneinander halten".
Mal sehen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Wohl auch die Memoiren gelesen?
Wäre interessant wie sich Heuss oder Adenauer oder auch andere Mittäter später schriftlich erinnerten.

Aus den Erinnerungen von Adenauer, S.151, Bd.1, Stuttgart 1965

"Die Eröffnungssitzung des Parlamentarischen Rates fand am 01.September 1948 im Gebäude der Pädagogischen Akademie statt. Der Parlamentarische Rat bestand aus 65 Mitgliedern. Er setzte sich zusammen aus......................................."

Die Pädagogische Akadmie war im Museum Alexander Koenig untergebracht und die Sitzung fand im Lichthof des Museums statt. Adenauer verliert aber kein Wort über die "interessante" Umgebung, in der die Sitzung des Parlamentarischen Rates stattfand.
 
Die Pädagogische Akadmie war im Museum Alexander Koenig untergebracht und die Sitzung fand im Lichthof des Museums statt. Adenauer verliert aber kein Wort über die "interessante" Umgebung, in der die Sitzung des Parlamentarischen Rates stattfand.


Das sind 2 paar Stiefel.
Die Pädagogische Akademie war ein damals hochmoderner Bau, "Bauhausstil"
die Stadt Bonn hat dann auch im Vorgriff umgehend in kürzester Zeit einen Plenarsaal angebaut.
Vermutlich hat das Fehlen eines solchen die Eröffnung im Naturkundemuseum veranlasst.
 
Gibt es keine Fotos von dem Ereignis? Die Gründerväter zwischen ausgestopften Giraffen?

Museum Koenig ? Wikipedia
Der Festakt fand in der großen Halle des Museums statt. Die sich dort befindenden präparierten Giraffen wurden verhüllt, da sie nicht entfernt werden konnten. In den Planungen war das Museum als Bundeskanzleramt vorgesehen, Konrad Adenauer nutzte die Räume des Museums nach seiner Wahl im September 1949 zwei Monate als Dienstsitz. Das Arbeitszimmer des ersten Kanzlers der Bundesrepublik war die ornithologische Bibliothek des Museums.

Naja, der Arbeitsplatz des ornithologische Kurators im Alexander-Koenig-Museum war da gerade nicht besetzt. Dieser hatte als ehemaliger SS-Wachmann in Auschwitz gerade "andere Probleme".
Günther Niethammer ? Wikipedia
 
Das sind 2 paar Stiefel.
Die Pädagogische Akademie war ein damals hochmoderner Bau, "Bauhausstil"
die Stadt Bonn hat dann auch im Vorgriff umgehend in kürzester Zeit einen Plenarsaal angebaut.
Vermutlich hat das Fehlen eines solchen die Eröffnung im Naturkundemuseum veranlasst.


Sorry, da hat der Fehlerteufel zugeschlagen.

Das Zoologische Forschungsinstitut und Museum Alexander König war der Amtssitz des Präsidenten des Parlamentarischen Rates und der hieß Adenauer.

Die Pädagogische Akademie hingegen war der Sitz des Parlamentarischen Rates.

Dann hat wohl Adenauer das Gedächtnis im Stich gelassen, als er schrieb, das die erste Sitzung des Parlamentarischen Rates in der Pädagogischen Akademie am 01.September 1948 stattfand.
 
Gibt es keine Fotos von dem Ereignis? Die Gründerväter zwischen ausgestopften Giraffen?

Museum Koenig ? Wikipedia


http://de.wikipedia.org/wiki/Günther_Niethammer


Interessant, würde heißen, die ausgestopften Viecher waren schon da, aber nicht sichtbar.

Hat der Carlo bei der Schilderung der "Weihestunde" etwas übertrieben.
Zuzutrauen wäre es ihm.
Er war ja in Tübingen "Staatspräsident, "Stellvertreter", "Minister" und Professor. Außerdem Bundestagsabgeordneter, Bundesminister, Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten. Einer der Väter des Grundgesetzes. Nebenbei Übersetzer, Publizist, Literat und vermutlich habe ich noch das eine oder andere vergessen.
Und sehr vieles gleichzeitig.

Ein richtiges Universal-Genie und Urviech dazu.
 
Fällt mir gerade noch ein:

Skurrile Behausungen war Carlo Schmid schon gewohnt.

Wer mal in die Gegend von Tübingen kommt sollte sich unbedingt in Bebenhausen umschauen. Parlaments- und Regierungssitz des Landes Württemberg-Hohenzollern.
Der Parlamentssaal ist gekrönt von einem riesigen Ofen, gehaust haben die Abgeordneten in den spätmittelalterlichen Mönchszellen.
Die Lobby der gotische Kreuzgang.

Und die göttlichen Ratschläge waren in der Klosterkirche abzuholen.:scheinheilig:
 
Lässt sich noch ergänzen:
Ganz zu Anfang lebte die Königin noch, hatte ihr Domizil nebenan, und "ums Eck" hauste die Scholz-Klink, getarnt, da zuvor Reichsfrauenschaftsführerin.
 
Ach so, nicht zu vergessen, seine Sauf-Leistungen in Moskau zusammen mit Adenauer haben den Russen den größten Respekt abgenötigt!

Muss man ja auch erst mal fertigbringen:D
 
Wer mal in die Gegend von Tübingen kommt sollte sich unbedingt in Bebenhausen umschauen. Parlaments- und Regierungssitz des Landes Württemberg-Hohenzollern.
Der Parlamentssaal ist gekrönt von einem riesigen Ofen, gehaust haben die Abgeordneten in den spätmittelalterlichen Mönchszellen.
Die Lobby der gotische Kreuzgang.

Das sind ideale Arbeitsbedingungen für Politiker, die auf Bürger hören und nicht achten sollen und stattdessen die Bürger auf die Politiker achten und nicht hören sollten. Schade, dass solche Räumlichkeiten nicht mehr zeitgemäß sein sollen.
 
Das sind ideale Arbeitsbedingungen für Politiker, die auf Bürger hören und nicht achten sollen und stattdessen die Bürger auf die Politiker achten und nicht hören sollten. Schade, dass solche Räumlichkeiten nicht mehr zeitgemäß sein sollen.


Du hast sehr recht.
Inzwischen ist Bebenhausen eine der teuersten Wohnlagen weit und breit,
sic transit gloria mundi

liegt aber auch ganz herrlich im Schönbuch.

"Im Schönbuch ums Kloster da habe ich´s gejaid, behalt ich nur dieses, ist mir´s ums andere nicht Leid"
Soll im Hochmittelalter der letzte Pfalzgraf von Tübingen gesagt haben, als er "auf die Gandt" kam.
Genützt hat es ihm nichts. Das war als erstes futsch....

Also, wer in die Gegend kommt, anschauen, man wird es nicht bedauern.


Sorry, ich bin wieder ganz OT.

Jetzt geh ich schnell nach Hause, bevor ich noch Kochrezepte in die Diskussion einführe.:red:
 
Du hast sehr recht.
Inzwischen ist Bebenhausen eine der teuersten Wohnlagen weit und breit,
sic transit gloria mundi

liegt aber auch ganz herrlich im Schönbuch.

"Im Schönbuch ums Kloster da habe ich´s gejaid, behalt ich nur dieses, ist mir´s ums andere nicht Leid"
Soll im Hochmittelalter der letzte Pfalzgraf von Tübingen gesagt haben, als er "auf die Gandt" kam.
Genützt hat es ihm nichts. Das war als erstes futsch....

Also, wer in die Gegend kommt, anschauen, man wird es nicht bedauern.


Sorry, ich bin wieder ganz OT.

Jetzt geh ich schnell nach Hause, bevor ich noch Kochrezepte in die Diskussion einführe.:red:


Kochrezepte::D
Der derzeitige Bundespräsident ist ja auch ein Schwabe.
Sein Lieblingsgericht ist: Gaisburger Marsch!
 
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