Was sind Mitstände?

Ashigaru

Premiummitglied
Auf den Begriff Mitstände bin ich in einer neuzeitl. Urkunde aus dem 18. Jhdt. gestossen. Im Internet finde ich keine Definition dazu, sehe nur, dass sie irgendwie in neuzeitlichen Adelsherrschaften spätestens ab dem 16. Jhdt. vorhanden waren.
 
Dürfte mit Standesherrschaft zu tun haben.
Zitier mal mal den betreffenden Text und Aussteller resp. Empfänger der Urkunde.
 
Es handelt sich um eine Anklageschrift im Namen des Fürsten von Waldeck-Pyrmont 1740, Empfänger ist das Reichskammergericht in Wetzlar (von einer Urkunde zu sprechen, ist natürlich falsch). Der Text ist etwas zu lang zum Zitieren, es ist dabei die Rede von "uns und sämtlichen Hoch- und löblichen Herrn Mit-Ständen..."
 
Bei dem Verfahren vor dem Reichskammergericht ging es wohl um die Ansprüche der Waldbott von Bassenheim auf die Herrschaft Pyrmont.
Sie scheinen mit Mitstände gemeint zu sein.

1652 Die Freiherren Waldbott von Bassenheim*) erwerben einen Teil der Herrschaft Pyrmont
...
Während der Regentschaft Fürst Friedrichs (1743 - 1812) von Waldeck und Pyrmont, war das Fürstenhaus dem Bankrott nahe.
Um die endgültige Zahlungsunfähigkeit abzuwenden sollte die Grafschaft Pyrmont verkauft werden.
Um den Verkauf bemühten sich, neben Hessen auch der König von Preussen, sowie ein Graf (Freiherr?) Waldbott von Bassenheim.
Der Erwerb wäre für den Grafen Waldbott von Bassenheim höchst interessant gewesen, weil mit dem Besitz der Reichsgrafschaft die Zugehörigkeit zum hohen Adel verbunden war. Burg Pyrmont (Eifel) und die Grafschaft Pyrmont wären in einer Hand vereinigt gewesen.
Die Verzögerungstaktik des Waldeck-Pyrmonter Fürstenhauses konnten den Verkauf verschleppen, schliesslich abwenden.

http://waldeck-pyrmont.de/pyrmont/geschichte.htm
 
Nein, es war nicht so eine bedeutende Sache. Die Klage richtete sich gegen einen dem Fürsten unterstellten Adligen "von Gaugreben zu Meineringhausen", der vier seiner Knechte bei der Anwerbung von Truppen verweigerte. Der Inhalt des Verfahrens ist relativ klar, aber da ich mich mit der Neuzeit kaum auskenne, stoße ich auf viele mir unbekannte Begriffe, wie eben die "Mitstände".
 
Mit Mitständen ist nichts anderes gemeint als die Stände des Territoriums, allerdings mit einer verstärkten Betonung des Gemeinschaftsgefühls eben dieser Stände. Landesherr und Stände bildeten gemeinsam die Herrschaft und wenn der Graf von Waldeck-Pyrmont nun vor dem Hintergrund einer Anklage gegen einen Adeligen seines Territoriums von "uns und sämtlichen ... Mit-Ständen" spricht, dann impliziert er damit recht eindeutig, dass der opponierende Herr von Gaugreben zu Meineringhausen allein auf weiter Flur steht und sich der breiten Front der anderen Mit-Glieder des Territoriums gegenüber sieht. Mit-Stände ist somit weniger ein juristisch fixierter Begriff, sondern mehr ein (durchaus gängiger) rhetorischer Kniff, um die Verbundenheit einer zumeist recht heterogenen Gruppe von ständischen Herrschaftsträgern zu demonstrieren.

Interessant finde ich hierbei allerdings, dass der Graf als Landesherr (also eben nicht als Mitglied der Stände) diesen Begriff nutzt - mir war dieser Begriff bisher immer nur in Korrespondenz der Stände untereinander begegnet, also wenn etwa die Ritterschaft von den Städten als Mitständen spricht o.ä. Könnte natürlich mit einer starken Stellung der Stände in dem Kleinterritorium Waldeck-Pyrmont zu tun haben, das ist allerdings nur eine Vermutung.
 
Interessant finde ich hierbei allerdings, dass der Graf als Landesherr (also eben nicht als Mitglied der Stände) diesen Begriff nutzt - mir war dieser Begriff bisher immer nur in Korrespondenz der Stände untereinander begegnet, also wenn etwa die Ritterschaft von den Städten als Mitständen spricht o.ä.
Das hängt wohl damit zusammen, dass der Fürst ihn auch wegen "Aufwiegelung" belangen will, weil der Gaugreben ihm die Gefolgschaft nicht nur verweigert hatte, sondern auch mit einem Brief bei anderen Stellen (so weit bin ich da noch nicht) gegen die Einziehung der Knechte gesprochen hatte. Außerdem hatte der Gaugreben sich vor dem Fürsten ans Reichskammergericht gewandt. Daher wird in der Anklageschrift betont, dass jener so ziemlich gegen alle Institutionen des Reiches und der Landesherrschaft bzw. gegen das damalige Herrschaftsprinzip an sich verstoßen habe - vor den Mitständen wird dabei auch die "jüngern Kayserl. Wahl-Capitulation" erwähnt.
 
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Das wäre natürlich auch eine Möglichkeit, dass mit Mitständen weniger die Landstände Waldeck-Pyrmonts gemeint sind als vielmehr die Reichsstände, mit denen der Graf verkehrte. Theoretisch wäre beides denkbar, genaueres müsste sich aber aus den Details der Akten ergeben.

Noch ein Hinweis: Wenn sich der Herr von Gaugreben an das Reichskammergericht wendet, dann mag dass dem Grafen nicht gefallen, aber es ist kein Rechtsbruch (auch wenn letzterer das anscheinend so darzustellen versucht). Es wäre nur ein Rechtsbruch, wenn Waldeck-Pyrmont ein Privilegio de non Appelando gehabt hätte, was ich aber angesichts der Größe und Bedeutung dieses Territoriums eher bezweifle.
 
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