Wie die DDR sich selbst sah

florian17160 schrieb:
84 habe ich noch 20 Mark hingeblättert für eine d-mark. Nur um mir eine Jeans zu kaufen. Kannst dir ja vorstellen, was die Hose mich gekostet hat.

Zwei Jahre später durfte ich in den Westen fahren. Da sind mir die Augen übergerollt. Vorher durfte ich nicht, weil ich erst zwei Jahre warten musste nach dem Wehrdienst. Ich hätte ja " Geheimnisse" ausplaudern können.
Heute lache ich drüber.

Ja, wir haben die Jeans immer rübergeschickt. Dann kamen Briefe man brauchte Tomatensamen, Steckzwiebeln, haben wir alles geschickt. Dann kam n´ Brief, brauchte einer einen Wartburg, Hat er aber nicht bekommen. Adidas-Schuhe haben wir geschickt. Wintermäntel, sommerjacken usw.

Dann kam die Wende.
Noch eine Postkarte, seither Sendepause.
Sitzen inzwischen im Bauernhof meines Schwiegerpapas und haben ein verschissenes Gewissen (hoffe ich zumindest)

Grüße Repo
 
Wir - bzw. meine Eltern - haben da bessere Erfahrungen gemacht. Eine Lehrerin meiner Mutter hatte die Initiative ergriffen und für ein brieffreundschaftliches Verhältnis einer Klasse in West- mit einer Klasse in Ost-D gesorgt, wobei die in West-D jünger waren, als die in Ost. Jedenfalls übernahm meine Mutter dann irgendwann die Brieffreundschaft von der Mutter zur Tochter. Und mit dieser Tochter und ihrem Mann sind meine Eltern bis heute gut befreundet, obwohl es sich "ausgebrieft und -paketet" hat. Stattdessen regelmäßige Telefonate und ggs. Besuche.
Wir schickten zweimal jährlich ein Paket dorthin (Was da genau drin war, weiss ich nicht mehr) und bekamen zweimal jährlich ein Paket zurück, meist mit Büchern, und ich muss sagen, meine besten Kinderbücher kamen aus der DDR. Meine Eltern besitzen bis heute diese dünnen braunen DDR-Reiseführer, für jede Stadt einen.
 
Rovere schrieb:
Die Frage mag blöd klingen, ist aber so nicht gemeint (ich weiss es wirklich nicht). Wo hast du denn Jeans oder ähnliche "Westprodukte" kaufen können? Gabs die nur in den Intershops und/oder Schwarzmarkt? Oder warend die ohnehin weiter verbreitet? Und wie reagierte das Umfeld auf solch offensichtliche "West-"Produkte?

Im Intershop.
Wie reagierte das Umfeld? Gar nicht. Die hatten merkwürdigerweise auch alle Jeans an den Beinen.

1974 war es schlimm. Da durfte ich nicht in einer Schwarzen Jeans zur jugendweihe gehen. Aber das war ja damals noch tiefster kalter Krieg.

Muss ich noch dazu sagen. Flo war Trommler in einem Spielmannszug. die Jeans hat den Bügel, der die Trommel am Bein abstützte am besten ausgehalten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wo gabs denn diese Intershops und in welcher Häufigkeit traten die auf? So einen pro Bezirk oder weniger bzw. mehr?
Und wie kam man an die Westmark ran? Schwarzgetauscht? Gabs sowas wie eine Schattenwirtschaft?

Danke fürs antworten - ich find das sehr interessant!
 
Rovere schrieb:
Wo gabs denn diese Intershops und in welcher Häufigkeit traten die auf? So einen pro Bezirk oder weniger bzw. mehr?
Und wie kam man an die Westmark ran? Schwarzgetauscht? Gabs sowas wie eine Schattenwirtschaft?

Danke fürs antworten - ich find das sehr interessant!
In jeder Kreisstadt, oder an relevanten Bahnhöfen.
Wie man an das Geld rankam? Wir sind alle verwand.
Und die Tanten im Westen wolllten uns damit unterstützen. ( Wenn die wüssten)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir waren nicht verwand (jedenfalls nicht nah genug mit Westdeutschen). :S

Nebenbeibemerkt: Die DDR nahm pro Jahr etwa 31 Millionen DM ein, indem sie systematisch alle Post aus dem Westen in die DDR "untersuchte".
 
Kirlon schrieb:
Was soll so eine Behauptung, wenn du weder Fakten als Beleg anführst, noch die ganze Thematik überhaupt sinnvoll darstellen kannst?

Die Behauptung, das das allgemeine Bildungsniveau in Ostdeutschland höher war, ist großteils richtig. Das habe ich persönlich erlebt.
Meine Familie zog damals(1989) von Sachsen nach NRW und ich kam von der 5. Klasse meiner Kleinstadtschule in die 5.Klasse einer Gesamtschule. In den meisten Fächern hatte ich schon einen erheblichen Wissensvorsprung.
Besonders in Mathematik war ich dem Lehrplan um mindestens 1-1,5 Jahr vorraus. Und das nicht weil ich so schlau war, sondern weil ich das schon in meiner Kleinstadtschule gelernt hatte.

[Edit]Das gleiche konnte ich auch bei einem Mitschüler beobachten der in der 7. Klasse zu uns kam.[Ende Edit]

In Fächern mit politischen Bezug, wie Geschichte, hatte ich allerdings einen Nachholbedarf bezüglich Westdeutscher Geschichtsinterpretation.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein INdiez aber kein Beweis.

Es geht dabei auch nicht zu beweisen das die Leute in der DDR weniger gebildet waren, aber faktisch ist weder das eine noch das andere zu Belegen.

Ich bin auch von meiner Realschule in Werne (keine große Stadt, eher ländlich) nach Dortmund gewechselt (kaum 30 km) wobei ich da auch gut 1 Jahr weiter war und ein Spitzenschüler war ich auch nie.

Ein Schluss für die ganze Region kann ich dadurch nicht schließen.


Meine Erfahrung ist bisher auf jeden Fall das ich die Ostdeutschen die ich bisher kenne nicht als ungebildet empfinde, aber auch nicht als gebildeter.

Kein Beweis, kein Indiez nur ein Eindruck von mir.
 
Wer ist dümmer? Wer ist schlauer? Ich mag solche Debatten auch nicht.
Wissen, was ist das? Wissen eines jeden Individuens ist relativ zu sehen.
Marx hat da auch mal was gesagt. Jeder nach seinen Fähigkeiten, oder so ähnlich. Ob nun Ost, West, Nord oder Süd, ist doch völlig egal.
 
florian17160 schrieb:
Marx hat da auch mal was gesagt. Jeder nach seinen Fähigkeiten, oder so ähnlich.
Arbeit nach Fähigkeit, Lohn nach bedarf, meinte er glaube ich.
Was die Wissendiskussion betrifft, die erinnert mich an ein Kapitel aus Ottokar, in dem er bundesdeutschen Besuch kriegt.
 
Hallo Ihr !!

habe gerade, recht spät, den Artikel gefunden und gelesen. Ich komme nicht aus der DDR, aber aus einem anderen kommunistischen Land. Und ich muß sagen dass das was ich dort gelesen habe für mich einfach nur verherrlicht klingt. Ganz besonders mußte ich darüber schmunzeln was die Verfassung jedem DDR Bürger garantiert.=)

Da ja die DDR sich an das kommunistische System Russlands anlehnte gehe ich davon aus, das es in der DDR ähnlich zuging. (Falls dem nicht so ist, korregiert mich bitte).

Wie kann das Recht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit garantiert werden, wenn die Kirche aus dem allgemeinen Leben verdrängt werden sollte, da sie neben ethischen Werten auch überlieferte soziale Gesellschaftsmuster vermittelte, die der kommunistischen Ideologie entgegenstand? :confused:

Das Recht auf Meinungsfreiheit scheint mir auch sehr weit her geholt zu sein.
 
Man musste ja zumindest nach aussen hin den Schein waren, Liljana. Schliesslich war die DDR ja UNO Mitglied.
Aber das in einer Tageszeitung, die das eigene Volk liesst zu schreiben, halte ich für etwas mehr als unverfrohren.
 
In unserer Zeitung (Freie Presse) ist heute ein interessanter Artikel über Günter Schabowski (Ex-Politbüromitglied) drin gewesen.

Seine damalige Weltsicht beschreibt er demnach heute selbst als "Verblendung", er sei "Teil eines Ordens" gewesen mit dem Generalsekretär als "lebenden Buddha".

Er schreibt aber auch, er hätte 1989 zusammen mit Egon Krenz schon auf die Entmachtung Honneckers hingearbeitet, um Veränderungen zu erreichen.

Parallel hätte auch der KGB im Auftrage Gorbatschows versucht, Markus Wolf und Hans Modrow als Reformer aufzubauen. Nach diesen Plänen wäre Honnecker im Mai 1990 vom SED-Parteitag gestürzt worden.

Die große Berliner Demonstration am 4. November 1989 wäre von den Leuten Markus Wolfs initiiert worden, um die Macht zu ergreifen. Die Wirklichkeit war jedoch zu dem Zeitpunkt schon viel weiter, als dass sich die Lage durch diese Reformer innerhalb der SED noch unter Kontrolle bringen ließ.

Als letzten Schritt hat dann, wie bekannt, Schabowski die beschlossene Grenzöffnung verkündet - die planmäßig aber eigentlich erst am Morgen des 10.11. erfolgen sollte.
 
Andronikos schrieb:
In unserer Zeitung (Freie Presse) ist heute ein interessanter Artikel über Günter Schabowski (Ex-Politbüromitglied) drin gewesen.
Seine damalige Weltsicht beschreibt er demnach heute selbst als "Verblendung", er sei "Teil eines Ordens" gewesen mit dem Generalsekretär als "lebenden Buddha".
Als letzten Schritt hat dann, wie bekannt, Schabowski die beschlossene Grenzöffnung verkündet - die planmäßig aber eigentlich erst am Morgen des 10.11. erfolgen sollte.

Lieber Andronikos,
wir sollten Schabowski für seinen Versprecher dankbar sein, sonst wäre es vielleicht nicht zum Mauerfall gekommen.:)
 
Mich würde es doch nun mal sehr interresieren wie die ehemaligen DDR Bürger heute darüber denken. Gibt es tatsächlich mehrere, nicht nur meine Nachbarin, die tatsächlich sagen das damals alles besser war? :grübel:
Auch mehrere Hausflur Diskussionen und morgendliches Kaffeetrinken konnten sie nicht überzeugen. Damals hatten alle Arbeit, die Kinder waren versorgt und sowieso brauchte sich keiner Sorgen zu machen.
Ich sehe das natürlich ganz anders, evtl. war der Kommunismus in Russland auch ausgeprägter.
Wie sehen das die Forenmitglieder unter euch aus dem ehemaligen Ostdeutschland?
 
Liljana schrieb:
Mich würde es doch nun mal sehr interresieren wie die ehemaligen DDR Bürger heute darüber denken. Gibt es tatsächlich mehrere, nicht nur meine Nachbarin, die tatsächlich sagen das damals alles besser war? :grübel:

Solche Diskusionen gibt es immer und in jedem Land. Viele Westdeutsche sind ja mit ihrem Leben auch nicht zufrieden.
Wir haben oder mussten uns damals eben einrichten, das beste daraus machen.
Aber niemand, zumindest die Leute die ich kenne, wünschen sich das zurück.
Natürlich war es am Anfang schwer. Aber das ist nun schon 16 Jahre her.
Ich kannte mal jemanden, der in der Nazizeit gross geworden ist. der hat auch immer gesagt, wie schön es da war.
Ich persönlich bin froh, das der Spuk DDR vorbei ist.

Als schlimmer empfinde ich den Zusammenbruch des Zusammenhaltes zb. hier in unserem Dorf. früher waren alles Freunde, weil jeder von jedem mal was brauchte. Es wurde viel gefeiert zusammen. Heute entfremden sich alle immer mehr
 
Zuletzt bearbeitet:
In diesem Zusammenhang etwas, dass ich neulich gelesen habe in einem amerikanischen Psychologiebuch (es behandelt Sozial-/Massenpsychologie). Ich will es mal kurz in die Diskussion werfen:

Hauptsächlich seien es ökonomische Mängel gewesen, weswegen die DDR-Bürger 1989/1990 quasi mit dem System gebrochen hätten. Aber - jetzt kommts - die DDR hätte selbst damals einen höheren Lebensstandard gehabt als Italien und England (!). Dennoch waren die Leute unzufrieden, weil sie sich eben mit der wirtschaftlich stärkeren BRD verglichen hätten.

Was meint ihr dazu? Kann man die Motive der Bewegung von 1989 tatsächlich so stark ökonomisch motiviert sehen? Stimmt das wirklich mit dem Lebensstandard?
 
Ashigaru schrieb:
Was meint ihr dazu? Kann man die Motive der Bewegung von 1989 tatsächlich so stark ökonomisch motiviert sehen? Stimmt das wirklich mit dem Lebensstandard?

Ich kann nur für mich sprechen. Mir und meiner Familie ging es sehr gut.
Nur das eingesperrt sein, für jeden Mist eine Genehmigung einholen. Das ging an die Substanz.
Hier mal ein Beispiel.
Als ich mein Haus baute, brauchte ich Schnittholz. Baumärkte gab es ja nicht.
Erst zum Förster hin und gefragt. Mehr wie 5 kub.m gab es sowieso nicht.
Der wollte erst die freigabe vom Bürgermeister und vom Rat des Kreises sehen. Der Rat des Kreises wollte vorher eine Bescheinigung vom Sägewerk sehen, das die mir das auch schneiden. Schliesslich noch eine Bauzeichnung, damit 5kub.m auch nicht zu viel sind. Damit dann zum Förster, der wollte dann noch eine Bescheinigung von der Firma, die mir das Holz transportiert.

Muss man sich da wundern über die Frustration der Leute?
 
Zuletzt bearbeitet:
Gutes Beispiel das mit dem Holz. Sowas war doch alltäglich. Mein Onkel hat um Bauholz für seinen Hausbau zu bekommen mehrere Monate im Forst gearbeitet. Dasselbe mein Vater, um in unserem Haus eine Heizung bauen zu können, musste er erstmal in einem entsprechenden Betrieb arbeiten. Erst dann gabs Heizkörper (3. Wahl) und einen Heizkessel. Für neue Fenster brauchte man "Beziehungen", auf ein neues Dach durfte man genauso lange warten, wie auf einen Trabant. Autoreifen gabs auch nicht einfach im Geschäft, da musste man sich, wenn es mal welche gab, stundenlang anstellen, um 2 zu bekommen. Also hat man sich eben zu zweit angestellt, um wenigstens eine Satz zu haben. Solche Beispiele ließen sich endlos fortsetzen.
 
Ähnliches kenne ich von der Bundeswehr (1988-1992)...
Da gab es nachweispflichtiges Material und Verbrauchsmaterial. Je nachdem in welcher Einheit man war, bekam man spezielles Material als Verbrauchsmaterial oder eben nicht.
Jeden Monat luden wir einen LKW voll und gingen bei anderen Einheiten "einkaufen": Man tauschte und handelte Material aus...
Da kam es dann z.B. vor, dass man einen Kanonenofen bekommen konnte, wenn man US-Feldbetten bringen konnte. Um an US-Feldbetten zu kommen, musste man Thermoskannen bringen. Die Thermoskannen hat man für Klebeband (Tape) und Tarnstifte bekommen.
Also ein ständiges hin- und hergetausche; bekam man seltenes Material, so wurde es gehortet - man konnte es ja mal gegen was wichtiges eintauschen...
Ich möchte nicht wissen, wieviel Geld das die Bundeswehr noch heute kostet :autsch:
 
Zurück
Oben