Wie Du mehrfach betont hast, ist das Wort "villa" über vila ins Althochdeutsche entlehnt worden. Während die "Dorf-"Namen ins 6. Jahrhundert zurück weisen. Wobei die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Dorf" wohl "eingefriedeter Platz" war (Irmtraud Heitmeier in "Gründerzeit …" S. 610). Und ich meine, dass der Begriff "villa" und seiner Funktion (als Herzogs-/Königsgut für Reisende) in der Übergangszeit zunehmend durch den o.g. "Dorf-"Begriff ersetzt wurde. Auch dafür könnte Sindelsdorf (Villa, genannt Sindelsdorf) ein Hinweis sein.Wie Du vielleicht bemerkt hast, ist dieser Text auf Latein abgefasst. Das Wort villa bedeutet im mittelalterlichen Latein so viel wie 'Dorf'. So wird auch Antdorf bei seiner Ersterwähnung bezeichnet: "in villa quae Anthedorf vocitatur".
https://www.dmgh.de/mgh_ss_9/index.htm#page/214/mode/1up
Die "mittelalterliche Tradition" wird es im 7. Jahrhundert noch nicht gegeben haben.
Altsächsisches Gräberfeld Liebenau – Wikipedia
Aber die Frage, wann die Bestattung im Umfeld einer Kirche zum Regelfall wurde, ist für unsere Diskussion absolut nebensächlich. Es geht um die Römerzeit und ergänzend die Übergansphase bis zur Zeit der Merowinger. Da waren Bestattungen "außerhalb der Ortschaft" sowie Hofbegräbnisse üblich.
Ich sprach von einer "mittelalterlichen Tradition" der Bestattungen im Umfeld der Kirche und nicht vom "frühen Mittelalter" oder konkret dem 7. oder 8. Jahrhundert; da hatte die Bestattung im Umfeld der Kirchen gerade erst begonnen - stark gefördert durch die Kirche, aber bei weitem noch nicht überall durchgesetzt. Hintergrund war der Volksglaube, dass man "am jüngsten Tag" sozusagen am Rockzipfel eines Heiligen hängend die Auferstehung leichter erreichen konnte. Und weil in jedem Altar eine Heiligenreliquie eingelassen war (alleine für die Späne vom hl. Kreuz sind wohl ganze Wälder vernichtet worden) war der begehrte Platz möglichst nahe am Altar der Kirche.
Eine der ersten Bestattungen im Bereich einer Kirche wird in der Heiligenlegende des Hl. Emmeram überliefert (gestorben wohl in der zweiten Hälfe des 7. Jahrhunderts), der der Legende zufolge bei Aschheim an einer dort befindlichen Kirche seine erste Grabstätte fand.
Den umgekehrten Weg - dass sich über einem Grab ein Gedenkplatz und daraus eine Kirche entwickelte, finden wir genauso - etwa mit St. Afra (Augsburg) oder den Heiligen (Xanten). Aber auch hier waren die Gräber ursprünglich noch "vor den Mauern" der benachbarten Stadt.
Und eine solche Nekropole vor der Villa finden wir auch in Sindelsdorf. Die frühbaiuwarische Nekropole findet sich im Nordwesten der Kernsiedlung, deren Grundstücksgrenzen noch im Urkataster diese Nekropole eindeutig ausklammern (Heitmeier, a.a.O. S. 612 mit Anm. 214).
Bis zur Umsetzung dieses "Kirchenfriedhof-Gedankens" hat es aber noch Jahrhunderte gedauert. Christian Later (a.a.O., S. 846 ff) zeigt auf, dass es beispielshaft in Pliening (813 anlässlich der Kirchenweihe als Pleoningas genannt) und Aschheim (S. 851) neben Reihengräberfeldern auch weiterhin Hofgrablegen gab. Aber das ist für unsere Diskussion absolut nebensächlich.
Dafür revanchiere ich mich mit einem Bohlenweg bei Murnau, der wohl 43 n. Chr. gebaut wurde und mit der Rückreise von Kaisers Claudius aus dem Britannien-Feldzug in Verbindung gebracht wird.
Riesiges Bauprojekt der Römer im Murnauer Moos entdeckt
Die „Via Raetia“ ist von Kaiser Septimius Severus erst um 200 n. Chr. - also rund 150 Jahre später - gebaut worden und verlief wohl am Ostrand des Murnauer Mooses von Eschenlohe an Weichs vorbei in Richtung Weilheim.
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