Selbst wenn es denn einen Stamm bei Ptolemäus gab, der sich Saxones nannte, ist es sehr unwahrscheinlich, dass dieser in irgendeiner Weise etwas mit den späteren Sachsen zu tun hat.
Warum unwahrscheinlich ? Welches Argument (nicht Bauchgefühl) diekreditiert den Ptolemaios in seiner Aussage?
Brukterer, Friesen, Ampsivarier, Chattuarier, Sugambrer, Chamaven werden sogar noch früher genannt und verlieren sich erst ca. 400-500 Jahre später aus den Überlieferungen als die späteren Sachsen schon präsent waren. Im Grossen und Ganzen ist man sich einig, daß die gleichen Stämme später in den Franken aufgegangen sind. So gesehen ist eine frühe Nennung der Sachsen bei Ptolemaios erst mal kein Problem.
Die antiken Berichterstatter schrieben aus einer römischen Perspektive. Die Zuverlässigkeit ihrer Informationen über die Verhältnisse in Germanien nahm mit zunehmender Entfernung zur Reichsgrenze sicherlich ab.
Direkte kriegerische Auseinandersetzungen mit "Saxones" werden aber schon ca. 100 Jahre nach Ptolemaios an den römischen Küsten der Nordsee berichtet (
Litus Saxonicum). Diese Bedrohung zur See wird also von einem an einer Küste wohnenden Volk ausgegangen sein. Das engt das Ursprungsgebiet schon ziemlich ein, und die Örtlichkeit der Sachsen bei Ptolemaios scheint dazu passend und hat allein schon deshalb Relevanz.
Dass der Name dieser "Nordsee-Sachsen" später zu einem Sammelbegriff verschiedener Festlandsstämme, ähnlich den Franken, ausgebaut wurde bestreitet hier glaube ich niemand.
Die Hauptrichtung der über mehrere Jahrhunderte historisch erwähnten Wanderungen in Norddeutschland wie die der Kimbern und Teutonen, Sueben, Langobarden, Angrivarier und Brukterer geht grob von Nord-Ost nach Süd-West. Auch dies würde bei einer Rückprojektion von den ersten sicher bekannten Siedlungsplätzen der
späteren Sachsen in das Gebiet bei Ptolemaios führen.
Spätestens aber, wenn man sich die stark widersprüchliche Quellensituation des Mittelalters anschaut, auf der ja im Wesentlichen die Sachsenforschung heute beruht, und in Betracht zieht, daß es nach der
Geographie kein wirklich wertfreies geographisches Werk über dieses Gebiet gegeben hat, sollte man sich wirklich zweimal überlegen ob man den Ptolemaios so einfach über Bord wirft.
Daß dort oben Leute wohnten die wahrscheinlich der Ursprung des
Namens, nicht unbedingt der
Ethnogenese, der späteren Sachsen waren halte ich deshalb weiterhin für vertretbar.
Gruß
jchatt