Hallo lynxxx, ein schöner Beitrag, hast dir ein grünes Sternchen verdient
Ich denke beide Thesen sind gleichzeitig denkbar. Die Karamanen, die noch Christen waren dürften mit Sicherheit griechischen Hintergrund gehabt haben. Die Karamanen, die islamisch waren, düften aus echten Türken und z.T. aber auch aus konvertierten Griechen bestanden haben. Als die Turkmenen/Seltschuken und später die Osmanen diese Gebiete eroberten wurden ja nicht alle Griechen vertrieben oder getötet. Einige byzantinische Adelige wechselten einfach sie Seiten und nahmen auch den Islam an, um ihre Machtposition weiter zu erhalten. Griechisch wurde durch türkisch ergänzt, auch alle christliche Griechen sprachen im Osm. Reich als zweitsprache türkisch. Etliche allerdings wurden turkphon, wie du richtig schreibst. Alles ein wenig durcheinander und vielleicht zu vergleichen mit dem heutigen Deutschland und seinen verschieden integrierten "Ausländern". ein Preusse aus Berlin spricht ja auch nicht in der 1. Generation bayrisch... nach 3-4 Generation übernimmt er allerdings doch bayerische Gebräuche. Ob er auch katholisch wird hängt sicher von den Einheiratungen ab...
Davon mal abgesehen... warum sollten turkmenische Nomaden Christen werden ? Normalerweise übernimmt man die Religion des stärkeren, vor allem wenn damit auch noch wirtschaftliche Vorteile verbunden sind!
Sehr spannend! Von den Akkoyunlu habe ich zum ersten Mal gehört, kannst du mir hierzu eine Quelle oder Buchempfehlung geben ?
Ansonsten fällt mir noch ergänzend ein, dass die verschiedenen Emirate sich auch mit christlichen Reichen wie Trapezunt oder die Mongolen oder die ägyptischen Mameluken gegen die Osmanen verbündeten.
Grüße,
P.S. Wie vergebe ich eigentlich grüne Sternchen ?
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Ak Koyunlu/Akkoyunlu/Aq Qoyunlu/Weißer Hammel?
Ich hab dier mal was rausgesucht:
Hier mal recht ausführliche Infos aus einer Türkisch-Nationalistischen, Turanistischen Seite, also Vorsicht, wenn behauptet wird, alle sind Türken oder alles ist sowieso türkisch beeinflusst. Das vorausgesetzt sind etliche Infos zu finden:
Turkmen Tribes that formed the Political Organisation of the Akkoyunlu State
http://www.ozturkler.com/data_english/0003/0003_02_22.htm
Hier mal eine schöne Erklärung der Entstehung des Schi'ismus/Schi'a/Schia, worin auch die Ak Koyunlu vorkommen:
Die Entwicklung der Schia auf persischem Boden bis zu ihrer Etablierung als Staatsreligion unter Schah Ismail
http://www.hausarbeiten.de/faecher/hausarbeit/isl/444.html
Hier mal sehr gute knappe Erläuterungen aus der
Encyplopedia Iranica: Du musst mach
Aq Qoyunlu suchen, dann ein bischen nach unten scrollen und hast den Artikel:
http://www.iranica.com/newsite/
Wenn du die Zeichen richtig dargestellt haben willt, dann musst du dir noch schnell den Zeichensatz runterladen und in deinen Ordner verschieben:
http://www.iranica.com/newsite/articlenavigation/instructions.html
Noch ein Wort zu der Assimilation der Griechen unter osm. Herrschaft.
Ich bin der Meinung, dass die Mehrzahl der Griechen sich schon nach wenigen Generationen nicht mehr des griech./hell. Erbes bewußt war, größtenteils nur noch in legendenhaftem Nebels. Erstens, weil das Bildungsniveau eben anders war, als heutzutage, und selbst heutzutage sieht man das Niveau, wenn sich einige Amerikaner bei den Polen (!) entschuldigen, weil doch die USA sie im 2 WK angegriffen hätten, da sie die Juden vergasten...
Also war das byz. Bewußtsein bei etlichen Griechen nicht so ausgeprägt, da sie tägliche Sorgen hatten, ihre Steuern und Abgaben zu zahlen, nicht umsonst begrüßten etliche Bauern auch die neue osm. Herrschaft, wegen den Abgaben und wegen der relativen Religionsfreiheit, auch auf dem Balkan (da besonders). Wenn man sich die griech. Intelligentia anschaut, dann ist sicherlich das Erbe noch lebendig geblieben, besonders im religiösen Sinne und deren Kreise.
Zweitens: Aber insgesamt muss man sehen, dass Kulturen schnell die "überlegene" Kultur und deren Sitten, Gebräuche und Kultur annehmen. Erst waren die Osmanen diejenigen, die sich vieles von den Byzantinern abschauten, z.B. das ausgeklügelte unnahbare kaiserliche Hofzeremoniell, dann verschob sich das nach und nach zu den Osmanen hin, so dass nun die Byzantiner die "höher stehende überlegene" Kultur der Osmanen assimilierten. 500 Jahre Herrschaft geht an keiner Kultur spurlos vorbei. (Im Übrigen nochmals betont auch nicht an den Osmanen!)
Dasselbe konnte man im Spanien nach der Reconquista von den Arabern beobachten, wo die Spanier währenddessen jahrhundertelang etliches von den "überlegenen" Arabern übernommen hatten.
Ich darf nur daran erinnern, dass in dem letzten Jahrhundert in dem aufgeklärten und gebildeten (sehr viel mehr Bevölkerungsschichten wie damals!!!) Europa die "überlegene" Kultur der Amerikaner übernommen wurde. Von der Musik, über Mode, Militäruniformen, vom Essen, über Sprache, vom Sport und Freizeitgestaltung, vom Management über Forschung, es gibt fast keinen Bereich, indem die amerikanische Kultur nicht unseren Alltag mitprägte. Ob das nun gut oder nicht ist, sei mal dahingestellt. Dabei haben wir die freie Wahl, so zu sprechen, oder so zu musizieren, wie wir es wollen, aber wir werden fast magisch angezogen, von dem Wunsch, amerikanische Kultur zu adaptieren und zu assimilieren. (Klaro haben auch die Amerikaner vieles von Europa, der Fluss ist aber in den letzten 60 Jahren eher umgekehrt) Alles natürlich abgestuft, je nach Land. Wobei die Kulturen, die weniger "Selbstwertgefühl" haben, besonders schnell nach der "Mode" des Westen schauen.
Und nun stellt euch mal das Szenario von vor 500 Jahren vor, wo nicht 60 Jahre das "Vorbild" wirkte, sondern Jahrhunderte. So ist es kein Wunder, wenn man heute noch zahlreiche Worte, trotz Sprachreform, zahlreiche Gerichte, zahlreiche Bräuche im Griechischen wiederfindet, welche vom osmanischen beeinflusst wurden oder daher stammen, und heute selbstverständlich als ureigenstes griech. Kulturgut gefeiert wird.
(Natürlich gibt es dergleichen auch im osmanischen oder heutigem Türkischen, z.B. Fischgerichte)
Der Sog der osm. Kultur war z.B. so groß, dass etliche Eltern, ihre Kinder freiwillig zu der Knabenlese in die Hände der Janitscharen gaben, was schließlich dazu führte, dass die Janitscharen Mitte des 17. Jahrhundert für alle geöffnet wurden und die Knabenlese abgeschafft wurde. (Besser läßt sich die kulturelle Dominanz aber z.B. in der Keramik erfassen.)
Insgesamt muss man wohl davon ausgehen, dass Kulturen unter der Herrschaft des Osm. Reiches, je weiter sie von der Zentrale und peripheren Zentren (Aleppo, Saloniki, etc.) entfernt waren, also z.B. in unzulänglichen Bergregionen, weniger kulturellen Einflüssen ausgesetzt waren.
Das aber jeglicher Einfluss oder sogar freiwillig übernommener Einfluss auf die "beherrschten" Kulturen seit dem 19. Jahrhundert kategorisch negiert werden, ist eine Folge der neuen Idee des Nationalismus. Und ein überholtes Erbe des instrumentalisierten Philhellenismus.
Heute beginnt sich langsam in den betreffenden Ländern, die vom osm. Reich regiert wurden, die Sichtweise zu wandeln und das kulturelle Erbe anzunehmen. Gaaanz langsam...
Nicht zuletzt auch dank der Forschungen, die noch ganz jung sind, bezgl. des osm. Reiches erst so richtig in den letzten 30-40 Jahren. Es harren noch 150 Millionen Dokumente in den Archiven Istanbuls, um besonders die Alltagsgeschichte zu erforschen.
Mal sehen, was noch alles zu Tage tritt.
Somit tritt auch so langsam in der Geschichtsschreibung der Griechen und des Balkans die geschichtslose "dunkle Zeit" der Osmanen ins Licht des Bewusstseins, dass es eben nicht den glorreiche Hellenismus gab, dann kam nichts, und erst wieder der Befreiungskampf der Griechen Teil ihrer Geschichte ist. Das scheint überholt, was das
Eigentliche ist, was ich sagen wollte...
Wer noch ein bischen mehr über die Kontinuität des Byzantinischen Imperiums zu dem Osmanischen Imperium lesen möchte, und ob das oms. Reich als Erbe des byz. Reiches gezählt werden kann, der lese folgende Magister-PDF von 2004:
THE POST-BYZANTINE LEGAL TRADITION: IN THEORY AND IN PRACTICE
http://www.thesis.bilkent.edu.tr/0002537.pdf
Sorry, bischen lang geworden...
Ciao, und LG, lynxxx