Laut einer englischsprachigen Seite zu dem Thema Prohibition lassen sich vier größere Gruppen von Gründen dafür anführen, die alle gleichwertig zu behandeln sind:
1. Medizinische Gründe
Die Bevölkerung erkannte, dass übermäßiger Alkohol- und Zigarettenkonsum die Gesundheit schädigte. Immer mehr Männer starben an den Folgen von Zigaretten und Alkohol und hinterließen Frauen mit Kindern, die von da an ohne Brötchengeber dastanden und dem Staat zur Last fielen.
2. Ökonomische Gründe
a) Viele Arbeiter gönnten sich mehr als nur ein Feierabendbierchen, was dazu führte, dass ihre Arbeitskraft nachließ. Die daraus resultierende Verringerung der Leistung verärgerte die großen Industrie"bonzen", da sie ihren Profit immer schmäler werden sahen. (Führte dann zu einer Art Lobbybewegung für Prohibition, denke ich)
b) Man fürchtete, dass das ganze Kapital das für Bier ausgegeben wurde (Bier war billige Importware aus Deutschland), statt die eigene, die deutsche Wirtschaft stärken würde.
3. Politische Gründe
Viele der im Parlament sitzenden Politiker waren auf Stimmenfang gegangen, indem sie die Prohibitionsidee zu unterstützen versprachen. Um ihre Wähler nicht zu verstimmen, mussten sie also FÜR die Prohibition eintreten.
4. Soziale Gründe
Viele Männer gaben ihr hart verdientes Geld lieber in Kneipen für Alkohol aus, als für andere Dinge, wie z.B. die Bildung ihrer Kinder. Dies führte zu Streitigkeiten innerhalb der Familie bis hin zu Scheidungen. Dies wiederum brachte gerade die Frauen in eine missliche Lage, weshalb dann auch die Anti-Saloon-Gruppen entstanden.
Nun muss man dazu sagen, dass die amerikanische Frauenbewegung zum Teil mit zur Prohibition beitrug, eben durch jene Anti-Saloon-Gruppen.
Bis zu Betty Friedan (1963,
The Feminine Mystique) waren die Ziele der Frauenbewegung Wahlrecht, das Recht auf Bildung (bzw. die Gleichstellung der Bildung für Männer und Frauen), sowie das Recht zur Empfängnisverhütung und Abtreibung. Nach wie vor wurde die Ehe als höchstes Gut betrachtet, wenn man auch davon ausging, dass man nicht mehr direkt aus dem Schulzimmer heraus heiraten sollte und wenn doch, man sich zumindest Zeit mit dem Kinderkriegen lassen sollte. (Ich habe mich hierzu schon in einem anderen Thread zur Frauenbewegung ausgelassen
) Eine Scheidung stellte daher einen großen Skandal dar, zumal bis dato die Frauen zwar gebildet waren, die Gesellschaft aber vorgab, als Frau müsse man sich innerhalb der Ehe um Haus und Kinder kümmern. Berufstätige Frauen waren selten, sehr selten. Verheiratete berufstätige Frauen noch seltener. Und verheiratete berufstätige MÜTTER dürften die absolute Ausnahme gewesen sein.
Somit ist schon recht klar, dass eine Scheidung eine Frau in dieser Zeit in ein tiefes Loch stürzte, genauso wie wenn ihr Mann verstarb. Sie musste für sich und die Kinder sorgen, aber wie?
Ich denke mal, dass vor allem die Frauen, die nichteinmal eine höhere Bildungsstufe erreicht haben (also die Uni, z.B.) und somit vollkommen auf das Einkommen des Ehemanns angewiesen waren, für die Prohibition eintraten. Allerdings dürften diese in den 20er Jahren doch schon eine Minderheit gewesen sein. Diejenigen Frauen, die eine abgeschlossene Ausbildung hatten, werden dem Ganzen sicherlich gelassener gegenübergestanden haben.
Was ich interessant finde ist der ökonomische Aspekt, also der der Unternehmer. Irgendjemand hier nannte den Herrn Rockefeller sr. . Ich denke, dass gerade die Lobbyisten und Großindustriellen die Hand am Hebel hatten, da bei ihnen das Großkapital zu finden war. Wenn sie die Politiker unter Druck setzten sie müssten den Geldhahn zudrehen, wenn die Arbeiter weiter so viel "saufen", dann kann ich mir die Auswirkungen durchaus groß vorstellen.
Denn faktisch gesehen mögen die Frauen ihr Wahlrecht bekommen haben... die dürften aber mit Sicherheit noch nicht alle wählen gegangen sein. Sehen wir es realistisch - jemand der in der patriarchalischen Welt aufgewachsen ist und es nicht kennt, das Wählen als sein Recht zu sehen, wird beim ersten möglichen Wahlgang mit Sicherheit nicht die Wahlstube stürmen. Und mit Sicherheit ließen sich viele Frauen auch von ihren Ehemännern in der Hinsicht beeinflussen, und die Männer dürften ganz entschieden GEGEN die Prohibition gestimmt haben.
Ich finde es in so fern nicht richtig, hier den Frauenrechtlerinnen die meiste Schuld zuzuschieben. Sie werden sicherlich auch einen gewissen Einfluss gehabt haben... aber so groß wird er nicht gewesen sein, wurden sie doch sogar von ihren Geschlechtsgenossinnen zum Teil schief angesehen.