Caro1
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Dichtung oder Wahrheit? Wieviel geschichtliches lässt sich aus der bekannten Literatur herauslesen und gibt sie Hinweise auf das wirkliche Leben und den gelebten Alltag, oder eher auf die Träume und unerfüllten Sehsüchte, nicht nur des Autors, sondern vor allem der Gesellschaft in der er sich bewegte, oder die der Autor kritisierte.
Mit am interessantesten in der Betrachtung/Diskussion ist hierbei ein Charakter mit geschichtlichem Hintergrund, Juan Tenorio aus dem Hause Hidalgo, der als Don Juan bekannt wurde und dessen Geschichte in den nächsten Jahrhunderten für viele Autoren Vorbild für eigene Charaktere war.
Juan war der jüngste Sohn des Admiral Alonzo Jufre Tenorio aus dem Stammhaus der Hidalgos, der gegen die Mauren kämpft und sich dabei einen Namen gemacht hatte. Juan selbst war Höfling des kastilianischen Königs Pedro I (der Grausame), an dessen Taten er derartigen Anteil hatte, dass sein Name in Sevilla und der Umgegend zum Gegenstand der abenteuerlichsten und schauerlichsten Erzählungen wurde.
Zuletzt soll er versucht haben, eine junge sevillanische Frau mit Namen Giralda zu verführen, und in diesem Zusammenhang ihren Vater, den Gouverneur der Stadt, im Zweikampf getötet haben. Als er darauf im Übermut die dem Gouverneur errichtete steinerne Statue zum Nachtessen lud, sei dieser wirklich erschienen und mit ihm zur Hölle gefahren.
Mit dieser Sage vermischte sich in späterer Zeit eine andre, deren Gegenstand ein Adliger ähnlichen Namens, Juan de Maraña, ist, der ein Bündnis mit dem Teufel geschlossen, sich schließlich aber nach vielen Untaten bekehrt haben und im Stand der Heiligkeit gestorben sein soll.
Dabei stellt sich die Frage, was an diesem Don Juan und seinem Charakter so fasznierend war, dass seine Geschichte immer wieder in verschiedensten Variationen auf die Bühne kam.
War es erstens die Diskrepanz zum Alltag, die gerade vom Adel Selbstbeherrschung, Moral, Ehre und einen höheren Geist verlangte?
Oder war es Stoff, der das unmoralische Handeln des Adels kritisieren sollte?
Fungiert "Don Juan"stellvertretend für die Sehnsüchte der Aristokraten und Autoren , die entgegen ihrem gelebten Alltag davon träumten Abenteurer, Charmeure und "hommes á femmes" zu sein, deren Reiz sich selbst die moralischsten und gefestigsten Damen nicht entziehen könnten?
In einer philosphisch-pyschologischen Betrachtung wird Don Juan parallel zu einem Vergewaltiger gesehen, der vor allem den Damen der Gesellschaft Gewalt antut, indem er ihre Moral mit Füssen tritt und sie gebraucht/missbraucht. Nur, im Gegensatz zu einem Vergewaltiger gebraucht er nicht körperliche Gewalt sondern Verführung.
17.–18. Jahrhundert
Erste Stücke bzw. Texte zu "Don Juan" sollen frühzeitig (spätestens um 1700 ) unter dem Titel " El ateista fulminado " im Umlauf gewesen sein.
Ein Mönch mit dem Namen Gabriel Téllez brachte als "Tirso de Molina" das Stück "El burlador de Sevilla y convidado de piedra (Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast)" auf die Bühne.
Allerdings gibt es ein noch früheres Stück von Andres de Claramonte, das als "Burlador de Sevilla" bereits 1624 in Madrid uraufgeführt wurde und ab 1630 als Text zur Verfügung stand.
Noch zu Ende des 17. jahrhunderts wurde Molinas Stück mehrfach überarbeitet, so z.B. in Spanien selbst von Antonio de Zamora, zuvor in Italien von Cigocini (Il convitato di pietra, 1650), dann in O. Gilibertis Bearbeitung (1652), die den Stoff als Komödie ansahen . Über Italien ging das Stück/Thema nach Frankreich, wo zuerst Dorimon (1658 in Lyon) das Stück von Giliberti als "Le festin de pierre, ou le fils criminel" zur Aufführung brachte. Ein Jahr später Villiers eine solche als „Tragikomödie" 1659 in Paris auf die Bühne brachte. Der Stoff erregte hier so großes Interesse, dass Moliére nach demselben seinen "Dom Juan ou le Festin de pierre" bearbeitete, der 1665 zum erstenmal aufgeführt wurde.
Thomas Corneille brachte das Stück 1677 in Verse, und in dieser Gestalt ging es bis Mitte des 19. Jahrhunderts (1847) über die französischen Bühnen.
Durch Moliere angeregt, verfasste 50 Jahre später auch Goldinidas ein spanisches Stück als "Don Giovanni Tenorio, osia: il dissoluto punito".
Neben diesen dramatischen Bearbeitungen gab es auch Versuche, den Stoff als Oper oder Ballett zu behandeln, z.B. Mozarts Meisterwerk "Il dissoluto punito, ossía Don Giovanni (1787, nach Da Pontes Textbuch komponiert).
Zur Übersicht eine Aufstellung der Werke (1600-1889):
Achtung: keine Links!NN: El ateista fulminado
Tirso de Molina (oder Andrés de Claramonte): El burlador de Sevilla y convidado de piedra (1630)
Paolo Zehentner: Promontorium Malae Spei (1643)
Giacinto Andrea Cicognini: Il convitato di pietra (Komödie, 1650)
Nicolas Drouin (dit Dorimon): Le festin de pierre, ou le fils criminel (1658)
Molière: Dom Juan ou le Festin de pierre (1665)
Claude de La Rose (dit Rosimond): Festin de pierre, ou l’athée foudroyé (1669)
Thomas Shadwell: The libertine destroyed (1676)
Antonio de Zamora: Jede Frist läuft ab und jede Schuld wird bezahlt und Der steinerne Gast (1714)
Carlo Goldoni: Don Giovanni Tenorio, osia: il dissoluto punito (1736)
Christoph Willibald Gluck, Gasparo Angiolini: Don Juan (Ballettpantomine, 1761)
Giuseppe Gazzaniga, Giovanni Bertati: Don Giovanni (1787)
Wolfgang Amadeus Mozart, Lorenzo da Ponte: Don Giovanni (Oper, 1787)
E. T. A. Hoffmann: Don Juan (Novelle, 1813)
Lord Byron: Don Juan (Epos, 1819-24)
Christian Dietrich Grabbe: Don Juan und Faust (Tragödie, 1828)
Prosper Mérimée: Les âmes du purgatoire (Roman, 1834)
Alexander Puschkin: Kamennyj Gost (Der steinerne Gast, dramatische Dichtung,1830)
Alexandre Dumas der Ältere: Don Juan de Maraña (Drama, 1836)
Nikolaus Lenau: Don Juan (Drama, 1844)
José Zorrilla y Moral: Don Juan Tenorio (1844)
Charles Baudelaire: Don Juan aux enfers (1861)
Paul Heyse: Don Juans Ende, 1883
Richard Strauss: Don Juan (Tondichtung, 1889)
Mit am interessantesten in der Betrachtung/Diskussion ist hierbei ein Charakter mit geschichtlichem Hintergrund, Juan Tenorio aus dem Hause Hidalgo, der als Don Juan bekannt wurde und dessen Geschichte in den nächsten Jahrhunderten für viele Autoren Vorbild für eigene Charaktere war.
Juan war der jüngste Sohn des Admiral Alonzo Jufre Tenorio aus dem Stammhaus der Hidalgos, der gegen die Mauren kämpft und sich dabei einen Namen gemacht hatte. Juan selbst war Höfling des kastilianischen Königs Pedro I (der Grausame), an dessen Taten er derartigen Anteil hatte, dass sein Name in Sevilla und der Umgegend zum Gegenstand der abenteuerlichsten und schauerlichsten Erzählungen wurde.
Zuletzt soll er versucht haben, eine junge sevillanische Frau mit Namen Giralda zu verführen, und in diesem Zusammenhang ihren Vater, den Gouverneur der Stadt, im Zweikampf getötet haben. Als er darauf im Übermut die dem Gouverneur errichtete steinerne Statue zum Nachtessen lud, sei dieser wirklich erschienen und mit ihm zur Hölle gefahren.
Mit dieser Sage vermischte sich in späterer Zeit eine andre, deren Gegenstand ein Adliger ähnlichen Namens, Juan de Maraña, ist, der ein Bündnis mit dem Teufel geschlossen, sich schließlich aber nach vielen Untaten bekehrt haben und im Stand der Heiligkeit gestorben sein soll.
Dabei stellt sich die Frage, was an diesem Don Juan und seinem Charakter so fasznierend war, dass seine Geschichte immer wieder in verschiedensten Variationen auf die Bühne kam.
War es erstens die Diskrepanz zum Alltag, die gerade vom Adel Selbstbeherrschung, Moral, Ehre und einen höheren Geist verlangte?
Oder war es Stoff, der das unmoralische Handeln des Adels kritisieren sollte?
Fungiert "Don Juan"stellvertretend für die Sehnsüchte der Aristokraten und Autoren , die entgegen ihrem gelebten Alltag davon träumten Abenteurer, Charmeure und "hommes á femmes" zu sein, deren Reiz sich selbst die moralischsten und gefestigsten Damen nicht entziehen könnten?
In einer philosphisch-pyschologischen Betrachtung wird Don Juan parallel zu einem Vergewaltiger gesehen, der vor allem den Damen der Gesellschaft Gewalt antut, indem er ihre Moral mit Füssen tritt und sie gebraucht/missbraucht. Nur, im Gegensatz zu einem Vergewaltiger gebraucht er nicht körperliche Gewalt sondern Verführung.
17.–18. Jahrhundert
Erste Stücke bzw. Texte zu "Don Juan" sollen frühzeitig (spätestens um 1700 ) unter dem Titel " El ateista fulminado " im Umlauf gewesen sein.
Ein Mönch mit dem Namen Gabriel Téllez brachte als "Tirso de Molina" das Stück "El burlador de Sevilla y convidado de piedra (Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast)" auf die Bühne.
Allerdings gibt es ein noch früheres Stück von Andres de Claramonte, das als "Burlador de Sevilla" bereits 1624 in Madrid uraufgeführt wurde und ab 1630 als Text zur Verfügung stand.
Noch zu Ende des 17. jahrhunderts wurde Molinas Stück mehrfach überarbeitet, so z.B. in Spanien selbst von Antonio de Zamora, zuvor in Italien von Cigocini (Il convitato di pietra, 1650), dann in O. Gilibertis Bearbeitung (1652), die den Stoff als Komödie ansahen . Über Italien ging das Stück/Thema nach Frankreich, wo zuerst Dorimon (1658 in Lyon) das Stück von Giliberti als "Le festin de pierre, ou le fils criminel" zur Aufführung brachte. Ein Jahr später Villiers eine solche als „Tragikomödie" 1659 in Paris auf die Bühne brachte. Der Stoff erregte hier so großes Interesse, dass Moliére nach demselben seinen "Dom Juan ou le Festin de pierre" bearbeitete, der 1665 zum erstenmal aufgeführt wurde.
Thomas Corneille brachte das Stück 1677 in Verse, und in dieser Gestalt ging es bis Mitte des 19. Jahrhunderts (1847) über die französischen Bühnen.
Durch Moliere angeregt, verfasste 50 Jahre später auch Goldinidas ein spanisches Stück als "Don Giovanni Tenorio, osia: il dissoluto punito".
Neben diesen dramatischen Bearbeitungen gab es auch Versuche, den Stoff als Oper oder Ballett zu behandeln, z.B. Mozarts Meisterwerk "Il dissoluto punito, ossía Don Giovanni (1787, nach Da Pontes Textbuch komponiert).
Zur Übersicht eine Aufstellung der Werke (1600-1889):
Achtung: keine Links!NN: El ateista fulminado
Tirso de Molina (oder Andrés de Claramonte): El burlador de Sevilla y convidado de piedra (1630)
Paolo Zehentner: Promontorium Malae Spei (1643)
Giacinto Andrea Cicognini: Il convitato di pietra (Komödie, 1650)
Nicolas Drouin (dit Dorimon): Le festin de pierre, ou le fils criminel (1658)
Molière: Dom Juan ou le Festin de pierre (1665)
Claude de La Rose (dit Rosimond): Festin de pierre, ou l’athée foudroyé (1669)
Thomas Shadwell: The libertine destroyed (1676)
Antonio de Zamora: Jede Frist läuft ab und jede Schuld wird bezahlt und Der steinerne Gast (1714)
Carlo Goldoni: Don Giovanni Tenorio, osia: il dissoluto punito (1736)
Christoph Willibald Gluck, Gasparo Angiolini: Don Juan (Ballettpantomine, 1761)
Giuseppe Gazzaniga, Giovanni Bertati: Don Giovanni (1787)
Wolfgang Amadeus Mozart, Lorenzo da Ponte: Don Giovanni (Oper, 1787)
E. T. A. Hoffmann: Don Juan (Novelle, 1813)
Lord Byron: Don Juan (Epos, 1819-24)
Christian Dietrich Grabbe: Don Juan und Faust (Tragödie, 1828)
Prosper Mérimée: Les âmes du purgatoire (Roman, 1834)
Alexander Puschkin: Kamennyj Gost (Der steinerne Gast, dramatische Dichtung,1830)
Alexandre Dumas der Ältere: Don Juan de Maraña (Drama, 1836)
Nikolaus Lenau: Don Juan (Drama, 1844)
José Zorrilla y Moral: Don Juan Tenorio (1844)
Charles Baudelaire: Don Juan aux enfers (1861)
Paul Heyse: Don Juans Ende, 1883
Richard Strauss: Don Juan (Tondichtung, 1889)
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