Strategie der kaiserlichen Marine

die geostrategische konsequenz für das kaiserreich wäre eigentlich gewesen, auf eine kreuzerflotte zu setzen (mit langen reichweiten), die relativ unabhängig von flottenstützpunkten gewesen wären und zudem die "homefleet" nicht provoziert hätte.

Zwei Gedanken dazu:

- auch die langen Reichweiten hängen bei der Vorkriegstechnik entscheidend von der Stützpunktfrage ab (Kohle!). Schon die Versorgung des mickrigen Kreuzergeschwaders von Spee hing am seidenen Faden. Eine große Kreuzerflotte war mE nicht versorgungsfähig.

- der Schlachtflotten-/und Kreuzergedanke bei einem weiträumigen Zufuhrkrieg wurde um 1910 durch das U-Boot überholt (ohne dass dieses zunächst in ganzer Tragweite begriffen wurde). Die Schlachtflotte hatte damit für die schwächere Seite - wie in der Praxis gesehen - nur noch eine Absicherungsfunktion für die Ein-/Ausfahrten im U-Boot-Krieg.
 
In meiner Ausgangsthese ging es mir mehr um den Paradigmenwechsel in der deutschen Politik von Bismarkschen Grundsätzen zu der Politikformulierung durch Wilhelm II und der damit einhergehenden Veränderung der Außenpolitik bzw. der Diplomatie und der abgeleiteten Bedeutung der Marinestreitkräft.

Meine These war, dass eine "Kreuzerstrategie" zu Friedenszeiten, ergänzt durch eine aktive Diplomatie, wesentlich effizienter die imperialen Ansprüche Deutschland durch- gesetzt hätte, als eine Position der Stärke, basierend auf der "Hochseeflotte".

Im Rahmen einer Bismarkschen Politikformulierung wäre es vermutlich nicht zu einer Aufrüstung zur See gekommen, die als klare politische und militärische Herausforderung der RN zu verstehen war.

Die "Kreuzervariante" hätte deutlich stärker auf den "Handelskrieg" - also dem Wettberwerb der Volkswirtschaften zu Friedenszeiten - gesetzt und deutlich auf eine Vermeidung der Herausforderung der englischen Marinekreise und der sie tragenden politischen Kreise.

Deutschland wäre als Handelsmacht eine Bedrohung gewesen, aber nicht als Seemacht, gestützt auf eine Schlachtflotte.

Es ist sicherlich eine hypothetische Frage, aber dennoch hilfreich, ob die "Schalen des Zorn" so schnell gefüllt worden wären, wenn Deutschland eher eine "Deeskalationsstrategie" - Kreuzervariante - gewählt hätte, anstatt auf eine "Hochseeflotte" zu setzen, die aus den unterschiedlichsten Gründen die RN militärisch vermutlich nie hätte niederringen können.

In diesem Sinne war die "Strategie für die Marinestreitkräft" von operativen Gedanken geprägt, die sich nicht "getraut" haben, über das politische Ziel nachzudenken.
 
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Die Überlegungen sind natürlich spekulativ, eigentlich soll man ja in der Geschichtswissenschaft nicht fragen "Was wäre gewesen, wenn...", obwohl die Versuchung dazu manchmal recht groß ist.

Was wäre gewesen, wenn das deutsche Kaiserreich statt einer Schlachtflotte eine Kreuzerflotte gebaut hätte?

Zum einen ist festzustellen, dass es das aus gutem Grund nicht getan hat. Der Mangel an überseeischen Stützpunkten (insbesondere solchen, die nachhaltig verteidigt werden konnten und nicht gleich innerhalb der ersten Kriegswochen verloren gehen würden) ist schon erwähnt worden. In einem Zeitalter, wo die Kriegsschiffe alle paar Tage "kohlen" mussten (ein Vorgang, der nicht auf offener See durchgeführt werden konnte), ist die Verfügbarkeit von Stützpunkten unabdingbare Voraussetzung für den Aufbau einer Handelkriegsflotte. Frankreich hatte da schon eher die entsprechenden Voraussetzungen und hat sich dann ja auch zu diesem Schritt entschlossen.
Fraglich ist, ob eine Kreuzerflotte weniger bedrohlich von den Engländern empfunden worden wäre. Auch eine Kreuzerflotte wäre letztendlich doch nur gegen einen einzigen Gegner gerichtet gewesen: nämlich England. Für einen Schutz zur See gegen Frankreich hätte es keiner Kreuzerflotte bedurft, da gab es die deutschen Landstreitkräfte. Vor allem das British Empire mit seinen langen Verbindungslinien zur See war gegen jede Form von Handelskriegsführung empfindlich. Insofern stellt sich die Frage, ob der Aufbau einer nennenswert starken Kreuzerflotte weniger provokativ gewesen wäre. Letztendlich hätte man sich in den maßgeblichen englischen Kreisen bei einem solchen Aufrüstungsunterfangen dieselben Fragen gestellt, die man sich tatsächlich bezüglich der deutschen Schlachtflotte gestellt hat, nämlich: "Warum machen die das jetzt? Warum fangen die Deutschen im Jahre 1897, nachdem es das Reich schon seit fast 30 Jahren gibt, auf einmal an eine starke Flotte aufzubauen, die für alles andere als Küstenschutz gedacht ist? Wo Deutschland doch mit seinem Stück Nordseeküste überhaupt keine Seemacht ist und mit seinem Heer wahrscheinlich jeder kontinentalen Macht überlegen ist?" Da kann die Befürchtung aus englischer Sicht nur lauten, das eine solche Seestreitmacht gegen England gerichtet ist.
Daher wäre der wahrscheinlich am wenigsten provokative Ansatz gewesen, auch weiterhin auf eine reine Flotte zur Küstenverteidigung zu setzen. Zugegebenermaßen hätte das aber auch verlangt, auf eine imperiale Politik zu verzichten, d.h. eben nicht für Deutschland "den Platz an der Sonne" zu fordern, sondern es bei dem "saturierten" Reich Bismarcks zu belassen.
 
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Meine These war, dass eine "Kreuzerstrategie" zu Friedenszeiten, ergänzt durch eine aktive Diplomatie, wesentlich effizienter die imperialen Ansprüche Deutschland durch- gesetzt hätte, als eine Position der Stärke, basierend auf der "Hochseeflotte".
Im Rahmen einer Bismarkschen Politikformulierung wäre es vermutlich nicht zu einer Aufrüstung zur See gekommen, die als klare politische und militärische Herausforderung der RN zu verstehen war.
Die "Kreuzervariante" hätte deutlich stärker auf den "Handelskrieg" - also dem Wettberwerb der Volkswirtschaften zu Friedenszeiten - gesetzt und deutlich auf eine Vermeidung der Herausforderung der englischen Marinekreise und der sie tragenden politischen Kreise.

Bezgl. Bismarck gebe ich Dir recht: die Kolonien [man könnte das auf Handelsinteressen erweitern] werden gegen Frankreich vor Metz verteidigt, gegen Großbritannien werden sich stets politische Möglichkeiten finden.


Bezgl. der "Kreuzerflotte" möchte ich eine Analogie anführen. Im Prinzip hätte Tirpitz klar sein müssen, wie GB auf eine maritime Rüstungs-Herausforderung reagiert: mit stärkerer Rüstung und mit Konfrontation. Hierzu gibt es als klares Beispiel den Rüstungswettlauf mit Frankreich 15 Jahre vor den Dreadnoughts. Im Übrigen sah GB Anfang des 20. JH die größte maritime Bedrohung im ozeanischen Zufuhrkrieg (so u.a. Corbett). Daraus entsprangen die Fisherschen Schlachtkreuzer-Konzeptionen, zuvor die Aufrüstung der Panzerkreuzer neben den Linienschiffen. Ich würde vermuten, dass die Aufrüstung einer Kreuzerflotte für die Ozeane in der Wirkung keinen Unterschied zur Nordsee-Schlachtflotte gegeben hätte.

Abgesehen davon: das "technische" Argument: ich sehe nicht, wie eine bedeutende Kreuzerflotte mangels geeigneter Stützpunkte und ungeklärter Versorgungsfrage geschaffen werden sollte. Dem würde ich voll zustimmen:
Zum einen ist festzustellen, dass es das aus gutem Grund nicht getan hat. Der Mangel an überseeischen Stützpunkten (insbesondere solchen, die nachhaltig verteidigt werden konnten und nicht gleich innerhalb der ersten Kriegswochen verloren gehen würden) ist schon erwähnt worden. In einem Zeitalter, wo die Kriegsschiffe alle paar Tage "kohlen" mussten (ein Vorgang, der nicht auf offener See durchgeführt werden konnte), ist die Verfügbarkeit von Stützpunkten unabdingbare Voraussetzung für den Aufbau einer Handelkriegsflotte.

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P.S. Wenn man die Überlegungen zur Kreuzerflotte vertiefen will, wären folgende Fragen zu klären. Unterstellen wir dabei, es ginge um eine Kreuzerflotte von 100 Schiffe, Panzerkreuzer und Kleine Kreuzer.
- wo sollen die stationiert werden, ohne blockiert werden zu können?
- welcher Kohlenverbrauch im Kreuzerkrieg in To. pro Monat?
- woher kommt im Ausland der Kohlenachschub bei begrenzten Vorräten?
- welche sonstige Versorgung ist erforderlich?
 
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Vor dem Hintergrund der realen Ereignisse habt ihr natürlich Recht mit euren Argumenten, wenn sie in den Krieg einmünden.

Dennoch: Für einen Krieg hat es aber auch immer der nationalen, mentalen Mobilisierung und der internationalen Zustimmung bedurft. England hätte sich schwer getan, einem deutschen Reich den Krieg zu erklären, wenn die Struktur der Flotte eher defensiver Natur (Kreuzerflotte) und nicht offensiver Natur (Schlachtflotte) gewesen wäre.

Die Intensität der Rivalität (These) wäre in England deutlich geringer ausgefallen und hätte den Wunsch zum Afbau der Entente weniger stark ausfallen lassen.

Wie gesagt, meine Argumente beziehn sich auf die Friedenszeit und ich bin mir der Unmöglichkeit der maritimen Kriegsführung gegen England um 1900, 1910 oder 1914 durchaus bewust. Und gerade deswegen war die Hochseeflotte, strategisch betrachtet, reiner Unfug und hat mehr politischen Schade angerichtet, als sie militärischen Wert gehabt hätte.

Dieses Thema hätte ein nettes Kapitel in Barbara Tuchmanns: Die Torheiten der Regierenden abgegeben, ist meine sehr subjektive Meinung.
 
Ist denn die Frage nach einer Kreuzerflotte oder einer Schlacht(schiff)flotte im Grundsatz, die Frage der Strategie?

Es stellt in der damaligen Zeit den Grundstock eine Marine dar. Es sind mehr elementare Fragen, wobei die Kreuzerflotte der Jeune École einer genaueren Betrachtung der Struktur der einzusetzenden Technik und der daraus resultierenden Taktik bedarf.

Noch bevor in Deutschland Flottengesetze geschaffen wurden und Tirpitz Chef des Reichsmarineamtes war, lag der Gedanke an eine Flotte beim Kaiser Wilhelm II und auch bei Tirpitz sehr nah an den neuen Lehren Jeune École. Es liegt ja auch nah, daß gerade Tirpitz, der seinerzeit Chef der Torpedoabteilung der Marine war, diesen -strategischen- Weg einer neuen Flotte ins Auge gefasst hatte.

Was bedeutet eigentlich eine Kreuzerflotte?
Wie sollte eine Flotte überhaupt von der technischen Struktur aufgebaut sein?
Diese Fragen waren zum Ende der 80iger Jahre des 19.Jahrhunderts noch lang nicht geklärt.

So geisterten im Kopf des Kaisers Kriegsschiffe, die als Torpedolinienschiffe bezeichnet wurden. Sehr Fragwürdige Konzepte also.
Auch die Kreuzerflotte konnte ohne festen Kern einer Panzerschiffflotte (später Schlacht- oder Linienschiffflotte) nie eine ernsthafte Rolle als Marine 1.Ranges spielen. Das war allen klar, da der Motor der modernen Marineentwicklungen die Royal Navy war. Wollte man auf dem Parkett der großen Marinen mit tanzen, kam man nicht umhin, sich an der britischen Marine zu orientieren.

Das man der Kreuzerflotte ein stückweit Rechnung drug, ist an den deutschen Schlachtschiffkonstruktionen zu sehen, denn keine Marine hat mehr Torpedorohre auch auf diesen Schiffstyp eingebaut, als die Deutschen.

Wenn man jetzt das Baubestreben der französischen Flotte betrachtet, die sich sehr an die Kreuzerflotte orientierte, ist zusätzlich anzumerken, daß hier der Ursprung dieser Gedanken ein anderer war, als in Deutschland. Hier entwickelte es sich aus dem verlorenen Wettrüsten der 40iger und 50iger Jahre und das Einsehen der französischen Admiralität, den industriellen Fortschritt im Kriegsschiffbau der Briten auf Dauer nicht folgen zu können. Somit gab es nur die alternative, den Gegner an einer anderen Stelle zu treffen, als eine direkte Konfrontation mit einer britischen Panzerschiffflotte.

Das Konzept ging ein Stückweit auf, so das in den 70igern bis in die 80iger Jahre, die Briten von dem Alptraum einer französischen Invasion besessen waren, die Panzerschiffflotte völlig vernachlässigten, was erst mit der Kriegsgefahr zwischen den Briten und den Russen 1884 in Großbritannien ein Ende fand.

Doch zurück zur deutschen Marine, die nie die Möglichkeit hatte, sich auch nur im Entferntesten auf das „Abenteuer“ einer Kreuzerflotte einzulassen. Wozu auch, als man dazu überging, den Aufbau einer Marine in Gesetze festzulegen, spielte die Frage ob Schlachtflotte oder Kreuzerflotte keine Rolle mehr, den das „Denken in Schlachtschiffen“ war schon bei allen Marinen all gegenwärtig.

Zudem wurde der vorgelegte Büchselplan von Mitte der 90iger vom Reichstag abgelehnt. Zu fantastisch und unrealisierbar. Schon allein der Punkt der Panzerkreuzer war sehr fragwürdig, so wurden 30 große Kreuzer der Victoria Louise-Klasse gefordert.

Gab es eigentlich eine Marine, die in der Grundkonzeption ihrer Struktur, die Kreuzerflotte ausnahmslos verfolgte und Erfolg damit hatte?
 
admiral schrieb:
Ist denn die Frage nach einer Kreuzerflotte oder einer Schlacht(schiff)flotte im Grundsatz, die Frage der Strategie?

(meine Ausführungen basieren auf: Potter et.al. Seemacht, S.315 ff)

Ja ist sie und zwar hochgradig, deshalb noch mal ein kurzer historischer Rekurs.

1. Prämisse: Prinz Adalbert hatte bereits im Jahr 1848 darauf hingewiesen, dass der Aufbau einer "mittelgroße Flotte" zur Durchsetzung deutscher Interessen hilfreicher sei, wie eine Schlachtflotte, die die traditionellen Seemächte provozieren würde.

2. Ausgangssituation: Im Jahr 1889 als England seinen "Naval Defence Act" im Rahmen des "Two Power Standard" definiert hat, richtete sich die RN gegen Frankreich und Russland. Deutschland wurde ursprünglich absolut nicht als Bedrohung wahrgenommen. Dieses mußte es sich durch eine aggressive Flottepolitik und durch eine wenig erfolgreiche Außenpolitik erst noch "hart" erarbeiten (ich glaube, Bismark saß in dieser Zeit jeden Abend nur noch kopfschüttelnd auf seinem Landsitz).

3. Dynamik: Mit der Berufung von Tirpitz an die Spitze des Reichsmarineamtes im Jahr 1897 orientierte sich die Konzeption der Marinepolitik nicht mehr an militärischen oder politischen Erfordernissen, sondern an dem technischen Fortschritt. Und die Dynamik der technologischen Entwicklung, gegossen in die Flottengesetze, bestimmte in zunehmendem Maße die Außenpolitk - sprich die Rivalität mit England - anstatt dass die Außenpolitik die Anforderungen an die Marine vorgab. Durch die Technik gesteuert begab sich Deutschland in einen Rüstungswettlauf, den es angesichts der Werftkapazitäten in England und in Deutschland nicht gewinnen konnte.

4. Aufgabenstellung für die Flotte: Das Ziel der Hochseeflotte war der Schutz des deutschen Seehandels. Eine Aufgabenstellung die die Hochseeflotte nie einlösen konnte, da sie die geographischen Nachteile nicht kompensieren konnte.

5. Veränderte politsche Rahmenbedingen: Durch den Wegfall der Franzosen und der Russen blieb die deutsche Flotte nach 1996 als einziger Rivale für die RN übrig. Diese Frontenstellung ist nicht nur der Marine anzulasten, sondern im wesentlichen der verfehlten Bündnispolitik von Wilhelm 2. Aber die Marineleitung reflektierte diese Entwicklung auch nicht angemessen, sondern forcierte stattdessen durch moderne Neubauten diesen Konflikt.

6. Konfrontation: In dieser Sitaution beschleunigte der kontinuierliche Aufbau der Schlachtflotte die Rivalität und duch die Gegenmassnahmen der RN konnte die Hochseeflotte imemr weniger ihr eigentliches Ziel, den Schutz des deutschen Seehandels aufrechterhalten. Und das Schlachtflotten, ohne ein entsprechendes Stützpunktsystem kein wirkliches Mittel zur Durchsetzung von politischen Interessen, weit entfernt von der Heimatbasis sind, hat der Konflikt zwischen den Russen und den Japanern belegt.

7. Als ultimative Begründung für die Hochseefloote blieb das "Drohargument", das die RN durch die Fernblockade der Hochseeflotte relativ problemlos entschärft haben.

8 Schlussfolgerungen: Mit den Wölfen heulen und entsprechend der "Jeune Ecole" auf "Dreadnaughts" setzen, weil es alle getan haben, ist noch keine sinnvolle Politikformulierung, sondern einfach nur ein sinnloses "Wettrüsten", das die kindliche Begeisterung eines Kaisers für seine Marine befriedigen konnte, aber nicht hilfreich war für die Durschsetzung deutscher Handelsinteressen! (Vielleicht wollte auch nur einfach mal "Berti" und "Victoria" ärgern, wer weis was bei seinen Besuchen als Kind in England wirklich vorgefallen ist und als "englischer Admiral" hatte Wilhelm ja auch eine gewisse maritime Verpflichtung, Ironie !? aus)
 
England hätte sich schwer getan, einem deutschen Reich den Krieg zu erklären, wenn die Struktur der Flotte eher defensiver Natur (Kreuzerflotte) und nicht offensiver Natur (Schlachtflotte) gewesen wäre.

Die Intensität der Rivalität (These) wäre in England deutlich geringer ausgefallen und hätte den Wunsch zum Afbau der Entente weniger stark ausfallen lassen.


In deinen Gedanken ist ein Denkfehler, denn die deutsche Flotte war nie als Angriffsflotte gedacht, gebaut und konzipiert.
So zielt die Grundstrategie mit dem „Risikogedanke“ auf eine defensive oder abschreckende Wirkung der Flotte hin.
Die Schiffe wurden immer so konstruiert, daß ihr Hauptaufgabengebiet das nasse Dreieck der deutschen Bucht, sowie die Ostsee bildeten. Somit ebenfalls kein Angriffscharakter. Auch wurde bei den typenspezifischen Konstruktionen von z.B. Linienschiffen immer darauf geachtet, daß die Schiffe kleiner und leichter bewaffnet waren, als die britischen Gegenstücke, um gerade den defensiven Charakter zu waren.

Eine Kreuzerflotte, oder anders gesagt, Panzerkreuzer als Kern eine Schlachtflotte hätte zwangsläufig dazu geführt, dass die deutsche Marine unter den Großmächten keine Rolle gespielt hätte, was wiederum dazu geführt hätte, daß die finanziellen Mittel dazu niemals von der Regierung bewilligt worden wären, was wiederum dazu geführt hätte, daß es keine deutsche Marine gegeben hätte.

Das Konzept der Schlachtflotte konnte ohne Panzerschiffe 1.Klasse oder den späteren Linienschiffen niemals funktionieren.

Und gerade deswegen war die Hochseeflotte, strategisch betrachtet, reiner Unfug und hat mehr politischen Schade angerichtet, als sie militärischen Wert gehabt hätte.


Strategisch (politisch) betrachtet, war gerade die Hochseeflotte bzw. die kaiserliche Marine kein Unfug, sondern unabdingbar, wollte Deutschland als große Industrienation ganz oben mitspielen. So betrachtet war ein modernes Panzerschiff das industrielle Aushängeschild des gesellschaftlichen inneren Sicherheit, sowie der wirtschaftlichen Macht im Weltengefüge. Das erkannte sogar in den 70igern schon Friedrich Engels, indem er die Panzerschiffe mit modernen Fabriken verglich.

Und die deutsche Flotte war nicht das politische Problem Deutschlands, denn das Flottenrüsten und der Aufbau von modernen Flotten, wurde von allen großen und kleinen Mächten um 1900 betrieben.

Über den militärischen strategischen Sinn der Hochseeflotte lässt sich streiten und man kann nur sagen, daß was war, sie wurde nicht richtig eingesetzt, was Sie zu einer stumpfen Waffe verkommen ließ.
 
1. Prämisse: Prinz Adalbert hatte bereits im Jahr 1848 darauf hingewiesen, dass der Aufbau einer "mittelgroße Flotte" zur Durchsetzung deutscher Interessen hilfreicher sei, wie eine Schlachtflotte, die die traditionellen Seemächte provozieren würde.

Falsch, die Bundesflotte von 1848 hatte eine ganz andere Grundkonzeption, hier lag der Gedanke an die Einigkeit der Deutschen zugrunde, was in einer gemeinsamen Flotte zum Ausdruck gebracht werden sollte. Außerdem spielte hier der Küstenschutz die höchste Prio.

2. Ausgangssituation: Im Jahr 1889 als England seinen "Naval Defence Act" im Rahmen des "Two Power Standard" definiert hat, richtete sich die RN gegen Frankreich und Russland. Deutschland wurde ursprünglich absolut nicht als Bedrohung wahrgenommen. Dieses mußte es sich durch eine aggressive Flottepolitik und durch eine wenig erfolgreiche Außenpolitik erst noch "hart" erarbeiten (ich glaube, Bismark saß in dieser Zeit jeden Abend nur noch kopfschüttelnd auf seinem Landsitz).

Die deutsche Flotte wurde für die Royal Navy erst ab der Dreadnought Phase ab 1906 eine Bedrohung, da war Bismarck schon lang aus dem Geschäft.

3. Dynamik: Mit der Berufung von Tirpitz an die Spitze des Reichsmarineamtes im Jahr 1897 orientierte sich die Konzeption der Marinepolitik nicht mehr an militärischen oder politischen Erfordernissen, sondern an dem technischen Fortschritt. Und die Dynamik der technologischen Entwicklung, gegossen in die Flottengesetze, bestimmte in zunehmendem Maße die Außenpolitk - sprich die Rivalität mit England - anstatt dass die Außenpolitik die Anforderungen an die Marine vorgab. Durch die Technik gesteuert begab sich Deutschland in einen Rüstungswettlauf, den es angesichts der Werftkapazitäten in England und in Deutschland nicht gewinnen konnte.

An was sollte sich der Aufbau einer modernen Flotte orientieren, wenn nicht am technischen Fortschritt? Mit dem Rüstungswettlauf gebe ich Dir recht, daß war ein Spirale. Aber wollte man in Deutschland die britische Flotte wirklich überflügeln?

4. Aufgabenstellung für die Flotte: Das Ziel der Hochseeflotte war der Schutz des deutschen Seehandels. Eine Aufgabenstellung die die Hochseeflotte nie einlösen konnte, da sie die geographischen Nachteile nicht kompensieren konnte.


Das darf man nicht mit klaren Worten betrachten, sonder Sinnbidlich stand die Flotte für den Schutz des deutschen Handels, gerade in Friedenszeiten.
PS.: Hochseeflotte heißt es erst ab 1907, vorher war es die aktive Schlachtflotte, davor waren es diverse Manöverflotten.

5. Veränderte politsche Rahmenbedingen: Durch den Wegfall der Franzosen und der Russen blieb die deutsche Flotte nach 1996 als einziger Rivale für die RN übrig. Diese Frontenstellung ist nicht nur der Marine anzulasten, sondern im wesentlichen der verfehlten Bündnispolitik von Wilhelm 2. Aber die Marineleitung reflektierte diese Entwicklung auch nicht angemessen, sondern forcierte stattdessen durch moderne Neubauten diesen Konflikt.

1996? Du meinst sicherlich 1896, aber welche russische oder französische Flotte viel den weg und wohin vielen die? Tirpitz hat schon sehr früh bekanntgegeben, gegen wen die Flotte gerichtet war.

6. Konfrontation: In dieser Sitaution beschleunigte der kontinuierliche Aufbau der Schlachtflotte die Rivalität und duch die Gegenmassnahmen der RN konnte die Hochseeflotte imemr weniger ihr eigentliches Ziel, den Schutz des deutschen Seehandels aufrechterhalten. Und das Schlachtflotten, ohne ein entsprechendes Stützpunktsystem kein wirkliches Mittel zur Durchsetzung von politischen Interessen, weit entfernt von der Heimatbasis sind, hat der Konflikt zwischen den Russen und den Japanern belegt.

Der Schutz den Überseehandels übernahmen diverse Kreuzer, die mehr oder weniger gut geeignet waren. Aber für eine genaue Ausrichtung der deutschen Flotte empfehle ich die die tirpitzsche Denkschrift IX.

7. Als ultimative Begründung für die Hochseefloote blieb das "Drohargument", das die RN durch die Fernblockade der Hochseeflotte relativ problemlos entschärft haben.

8 Schlussfolgerungen: Mit den Wölfen heulen und entsprechend der "Jeune Ecole" auf "Dreadnaughts" setzen, weil es alle getan haben, ist noch keine sinnvolle Politikformulierung, sondern einfach nur ein sinnloses "Wettrüsten", das die kindliche Begeisterung eines Kaisers für seine Marine befriedigen konnte, aber nicht hilfreich war für die Durschsetzung deutscher Handelsinteressen! (Vielleicht wollte auch nur einfach mal "Berti" und "Victoria" ärgern, wer weis was bei seinen Besuchen als Kind in England wirklich vorgefallen ist und als "englischer Admiral" hatte Wilhelm ja auch eine gewisse maritime Verpflichtung, Ironie !? aus)

Das möchte ich genauer Erläutert haben:“ Mit den Wölfen heulen und entsprechend der "Jeune Ecole" auf "Dreadnaughts" setzen.“ :confused:
Was bedeutet das, denn das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.
Das Eine ist eine taktische Strategie, daß andere eine technische Neuerung, mit der ein techn. Vorsprung errungen werden sollte.
 
Die deutsche Flotte wurde für die Royal Navy erst ab der Dreadnought Phase ab 1906 eine Bedrohung, da war Bismarck schon lang aus dem Geschäft.
Eigentlich müßte man auf die wahrgenommene Bedrohung abstellen, und dabei wurde die Zukunft eingepreist. Die wahrgenommene Bedrohung lag früher, in Zusammenhang mit weiteren Vorfällen, vor dem Dreadnought-Sprung. Letzteren kann man gerade so erklären, dass auch der Vorteil einer zahlenmäßig kleineren Schlachtflotte (Faktor: laufende Unterhaltungskosten!) realisiert werden konnte.

Ein anderer Aspekt, den ich oben angedeutet habe: wie wurde eine mögliche Bedrohung GBs in der Zukunft gesehen. Hier stellte man in den Schriften stark auf den Handelskrieg ab, die britische Schlachtflotte sollte "nur" das Rückgrat für Streitkräfte und Operationen zur Bekämpfung einer gegnerischen Kreuzerflotte dienen. Als Gefahr "Nr. 1" wurden also früh die Zufuhrwege in die britischen Häfen erkannt.
 
Eigentlich müßte man auf die wahrgenommene Bedrohung abstellen, und dabei wurde die Zukunft eingepreist. Die wahrgenommene Bedrohung lag früher, in Zusammenhang mit weiteren Vorfällen, vor dem Dreadnought-Sprung. Letzteren kann man gerade so erklären, dass auch der Vorteil einer zahlenmäßig kleineren Schlachtflotte (Faktor: laufende Unterhaltungskosten!) realisiert werden konnte.

Nun gut, aber zu den Zeitpunkt vor 1906 hatte man dann doch wieder von Britischer Seite her, mehr noch Frankreich oder Russland als gefährlichen Gegner im Auge.
Und in der Zeit vor den russisch-japanischen Krieg waren die Interessenskonflikte hinsichtlich der deutschen und britischen Flotte weniger zu Spannungen führend, als nach 1906.
Der Flottenaufbau in Deutschland verlief von der Intensität her vergleichbar mit dem amerikanischen Flottenaufbau, aber auch die italienische oder französische war weniger schlecht organisiert. Einzig nach 1905 verschwand die Russische Flotte fast völlig von der Bildfläche.

Ein anderer Aspekt, den ich oben angedeutet habe: wie wurde eine mögliche Bedrohung GBs in der Zukunft gesehen. Hier stellte man in den Schriften stark auf den Handelskrieg ab, die britische Schlachtflotte sollte "nur" das Rückgrat für Streitkräfte und Operationen zur Bekämpfung einer gegnerischen Kreuzerflotte dienen. Als Gefahr "Nr. 1" wurden also früh die Zufuhrwege in die britischen Häfen erkannt. .

Ja, aber nur Frankreich und Russland (bis 1905) galten aus Hauptgegner in einem Zufuhrkrieg, die deutsche Flotte spielte bei einem weltweiten Handelskrieg für die Briten sicherlich keine Rolle, schon allein wegen der Lage der deutschen Flotte in der Nordsee.
 
Falsch, die Bundesflotte von 1848 hatte eine ganz andere Grundkonzeption, hier lag der Gedanke an die Einigkeit der Deutschen zugrunde, was in einer gemeinsamen Flotte zum Ausdruck gebracht werden sollte. Außerdem spielte hier der Küstenschutz die höchste Prio.
Richtig und dennoch falsch. Das Zitat soll das politische Denken belegen, dass bereits relativ frühzeitig der Mechanismus erkannt wurde, der zu einem Konflikt mit England führen konnte. Und dieser Mechanismus führte dann ja auch, entsprechend der Warnung, mit zur Eskalation und mündete numindest indirekt mit als Ursache in den WW1 ein. So gesehen hat das Zitat absolut seine Berechting.

0815 schrieb:
Die deutsche Flotte wurde für die Royal Navy erst ab der Dreadnought Phase ab 1906 eine Bedrohung, da war Bismarck schon lang aus dem Geschäft.
Habe nie was anderes behauptet. Eine Jahreszahl ist lediglich ein Tippfehler, aber es war eigentlich klar, dass ich nur 1906 gemeint haben konte (vgl Tippfehler unten) .



0815 schrieb:
An was sollte sich der Aufbau einer modernen Flotte orientieren, wenn nicht am technischen Fortschritt?
Also noch mal deutlich meine Argumentation etwas verkürzt als Kritik an Tirpitz: Eine Flotte ist die Dienerin der Politik. Der Umfang der Flotte, die technische Ausstattung und die operative Doktrin sind entsprechend den politischen Vorgaben zu wählen.

Unter Tirpitz war dieses umgekehrt worden und es wurde eine Marine entsprechend neuer technischer Errungenschaften aufgebaut, für die man eine Verwendung finden mußte.

Mein zentrales Argument setzt an diesem Punkt an und ich kritisiere Tirpitz und v. Bülow für die Überschätzung der eigenen Rüstungswirtschaft und vor allem für die Fehleinschätzung der geostrategischen Lage Deutschlands.

Tirpitz aber vor allem für den Aufbau einer Flotte, die die Weltgeltung Deutschlands, entsprechend den Thesen von Mahan zur Geltung bringen sollte und breits an der Fernblocke scheiterte als das Konzept im WW1 zur Überprüfung anstand. Das die englische Marinestrategie, um erfolgreich zu sein, gar nicht den Konflikt mit der Hochseeflotte suchen mußte, um ihre Rolle erfolgreich wahrzunehmen, den Schutz der englischen Seeverbindugen, war mit ein wenig Nachdenken, bereits frühzeitig ersichtlich.

Um es noch einmal deutlich zu sagen, die Tirpitzsche Konzeption ist unter militärischen Gesichtspunkten gescheitert und hat ihre Unsinnigkeit unter Beweis gestellt!!! (Das ist platter Empirismus, zur Überprüfung des Wahrheitsgehalts von Theorien oder Thesen).

Den anderen (v. Bülow) z.B. 1901 für seine Unfähigkeit, mit den Engländern zu einer Übereinkunft zu gelangen, die den Bedenken der Engländer Rechnung getragen hätte.

Unter dieser Perspektive hatte Deutschland im Falle eines Krieges unter maritimen Gesichtspunkten, bereits zum Zeitpunkt des Ausbruchs 1914 verloren, da die Hochseeflotte als "Risikoflotte" nicht gefordert war.

Mit Bismark hätte es diese unkontrollierte Eskalation der internationalen Politik, die gegen die Interessen Deutschlands lief, nicht gegeben. Wie sagte er doch so schön in einem Gespräch mit einem der Kolonial-Befürworter. "Afrika liegt für mich in Europa, links Frankreich und rechts Russland."
 
Also noch mal deutlich meine Argumentation etwas verkürzt als Kritik an Tirpitz: Eine Flotte ist die Dienerin der Politik. Der Umfang der Flotte, die technische Ausstattung und die operative Doktrin sind entsprechend den politischen Vorgaben zu wählen.
Unter Tirpitz war dieses umgekehrt worden und es wurde eine Marine entsprechend neuer technischer Errungenschaften aufgebaut, für die man eine Verwendung finden mußte.

Um die Denkweise zuzuspitzen: Mahans Thesen betrafen die Seemacht als entscheidende Komponente einer Weltmacht. Die unmittelbar angrenzenden potentiellen Gegner waren solche einer Auseinandersetzung zu Lande.

Man sicher die These wagen, dass die Wirtschafts- und Rüstungskraft des Deutschen Reiches bezogen auf Großbritannien hätte ausreichen müssen, das ursprünglich angestrebte 2/3-Verhältnis zu erreichen - zunächst bei den älteren Linienschiffen, dann bei den Dreadnoughts. An der Ziel-Konkurrenz, die Rüstung schwerpunktmäßig auf die Landmächte Rußland und Frankreich zu legen, zerbrechen aber solche Überlegungen. Sowohl der Erste, als auch der Zweite Weltkrieg wurden zu Lande entschieden.

Mahans Thesen waren für die Kontinentalmacht Deutsches Reich nicht übertragbar.
 
Möglicherweise hat man die politische und militärische Fehlentwicklung in maritimen Kreisen nicht wahrhaben wollen und in politischen Kreisen war man nicht stark genug, sich durchzusetzen oder hat die Problematik ebenfalls nicht gesehen.
Von Kaiser Wilhelm II war keine kritische Hinterfragung des Rüstungskonzeptes Schlachtflotte zu erwarten. Er war ein "Shiplover", das heißt, ihm ging es tatsächlich darum, dass der "Dreizack" in unsere (deutsche) Hand kommt, und das in Gestalt von möglichst vielen kampfstarken, imposant wirkenden Schlachtschiffen. Er soll sogar eigenhändig Zeichnungen und Entwürfe von Schiffen angefertigt haben, allerdings keine durchdachten Konstruktionsentwürfe. Für ihn war der Tirpitz'sche Gedanke der Risikoflotte wahrscheinlich in der Tat nur Mittel zum Zweck der Aufbau einer Seemacht als Selbstzweck und nicht umgekehrt.
Es ist unnötig zu erwähnen, dass die Wirtschaft (Werften, Stahlproduktion, Geschütze etc) an den Rüstungsanstrengungen zur See gut verdiente und sich daher in diese Diskussion nicht einmischte (was allerdings auch nicht ihre Aufgabe war und von ihr im übrigen auch nicht erwartet wurde).
Im Reichstag gab es von den Oppositionsparteien wiederholt kritische Stimmen, aber aufzuhalten vermochten sie die Entwicklung nicht. Das liegt vielleicht auch daran dass die bürgerlichen Parteien so ganz abgeneigt gegen das Projekt auch nicht waren. Konservative und nationale Parteien standen der Idee Seegeltung ohnehin offen gegenüber. Die breite Masse der Bevölkerung war ebenfalls begeistert. Damals kamen Marine-Vereine auf, in denen sich Interessierte aktiv beteiligten und es wurde in bürgerlichen Kreisen Mode, Kinder in Matrosenuniformen zu kleiden. Ähnliche Entwicklungen gab es übrigens auch in anderen Ländern. Das ist wohl auch aus der damaligen Zeit zu erklären, die in der Geschichtswissenschaft als Imperialismus bezeichnet wird.
Dass die Marine-Führung nicht bereit war, von heute auf Morgen einen grundlegenden Fehler einzugestehen und die gesamte Entwicklung rückgängig zu machen, für die man in den letzten Jahren gearbeitet hatte, an der ja auch eigener Ehrgeiz und Stolz auf das Erreichte hingen, ist sicher auch irgendwo verständlich.
Tatsächlich gab es aber eine gesellschaftliche Elite, die sich 1913 gegenüber den Flottenrüstungsplänen durchsetzte, und zwar das Heer. Im Jahre 1913 erreichte man bei der politischen Führung, dass der Schwerpunkt der Rüstungsanstrengungen wieder bei den Landstreitkräften lag und nicht mehr bei den Seestreitkräften. Von diesem Zeitpunkt an gab es kaum noch die Möglichkeit, das von Tirpitz angestrebte Kräfteverhältnis der Schlachtflotten von 2:3 zu erreichen, somal auf englischer Seite jetzt ganz erhebliche Rüstungsanstrengungen unternommen wurden, um den Abstand zur deutschen Flotte weiter auszubauen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Tatsächlich gab es aber eine gesellschaftliche Elite, die sich 1913 gegenüber den Flottenrüstungsplänen durchsetzte, und zwar das Heer. Im Jahre 1913 erreichte man bei der politischen Führung, dass der Schwerpunkt der Rüstungsanstrengungen wieder bei den Landstreitkräften lag und nicht mehr bei den Seestreitkräften

Um die Flottenvorlage von Tirpitz zu verhindern, forderte Bethmann Hollweg den Kriegsminister geradezu auf, jetzt schon eine Heersvorlage, nächster Termin wäre eigentlich erst 1916 gewesen, vorzulegen. Bethmann instrumentalisierte also im vorliegenden Fall das Heer für seine Zwecke, nämlich die ohnehin aussichtlose Flottenrüstung, die ohnehin nur Spannungen mit Großbritannien brachte, einzudämmen. Heeringen aber war gar nicht so recht begeiestert und hat anfänglich etwas gezögert. Als Argumentaton wurde dann vom Heer ein bevorstehender Krieg aufgrund der Flottenvorlagen verwendet. Es hieß dann sinngemäß, was für England die Flotte ist, sei für das Deutsche Reich das Heer. Bethmann hat dann auch mit dem Staatssekretär der Finanzen Wermuth verständigt.

So langsam begann den Verantwortlichen nämlich zu dämmern, nach dem die Flottenrüstung als gescheitert zu betrachten waren, das es ja auch noch ein Heer gab, das im Falle einer militärischen Auseinandersetzung dafür auch vorbereitet sein sollte. So hat Wilhelm dann folgerichtig in seiner Thronred zu Beginn des Jahres 1912 sowohl eine Heeres- als auch eine Flottenvorlage angekündigt. Die Bemühungen des Reichskanzler waren also nicht ohne Erfolg geblieben.
 
was waren die gründe ?

Und was waren die Ursachen, dass dieses nicht wahrgenommen wurde/werden konnte ?

Es ist sicherlich relativ einfach Tirpitz für seine Konzeption der Kriegsmarine zu kritisieren und in der Tat stellt sich die Frage, ob er über realistische theoretische Alternativen verfügt hat bzw. verfügen konnte. War er „Täter“, der aktiv die „Schalen des Zorns“ füllte durch den Aufbau der Hochseeflotte, oder einfach nur das Opfer „historischer Umstände“ und er exekutierte quasi „historische Sachzwänge“?

Betrachtet man als Ausgangssituation das Kaiserreiche nach 1871 dann war das Ziel Bismarck (Aron: Clausewitz, den Krieg denken, S. 348 ff), die territorialen Gewinne des DR in das europäische Gleichgewichts- und Bündnissystem zu integrieren. „Und ohne dass die deutsche Macht unvereinbar erschiene mit den traditionellen Freiheiten der Staaten, unannehmbar für Großbritannien oder das zaristische Russland“.

Mit der Durchführung der Konflikte / Kriege (1864, 1866 und 1870) war immer auch der Anspruch der diplomatischen Absicherung und der Deeskalation verbunden, um das Eingreifen dritter Mächte nicht zu provozieren.

In diesem Zusammenhang soll Bismarck die Unterscheidung eingeführt haben zwischen der „Macht- und der Sicherheitspolitik“. Und er beanspruchte mit seinem Politikstil, eine „Sicherheitspolitik“ zu betreiben, im Gegensatz zur aggressiven Machtpolitik.

Mit dem Abgang von Bismarck und der zunehmenden Einflussnahme von Wilhelm 2 auf die Außen- und Militärpolitik ging dieser ursprüngliche Ansatz verloren und entwickelte sich in der Wahrnehmung durch benachbarte Mächte zu einer aggressiven Machtpolitik. Deutschland entwickelt sich zu einem „Störenfried“, der im Falle eines potentiellen Sieges seiner Flotte und angesichts seiner starken Heeresmacht zu einer hegemonialen Position in Europa gelangen würde ((Aron: Clausewitz, den Krieg denken, S. 373)

Die Veränderung der Politik des DR beschreibt Kissinger (Die Vernunft der Nationen, S. 180) relativ zutreffend, indem er auf die hohen Anstrengung abstellt, die das Reich im Rahmen seiner „Nationenbildung“ erbringen mußte. Als Folge dieses geschichtlichen Prozesses attestiert er dem DR, dass es in der Kürze der Zeit kein nationales Konzept seiner Interessen ausgearbeitet hat. Dieses Defizit, so Kissinger, wurde durch eine Mischung aus verbalen und sonstigen Drohgebärden (nicht selten maritimer Natur) von Seiten von Wilhelm 2 und einem relativ inhaltslosen Konstrukts, der Durchführung deutscher „Weltpolitik“ versucht zu kompensieren.

Vor diesem Hintergrund konnte Tirpitz vermutlich nur Mahan als theoretischen Überbau für die Marinepolitk des DR adaptieren. Und dieses, obwohl ihm vermutlich selber mehr als bewusst war, das bereits bei einer oberflächliche Überprüfung der Prinzipen von Seemacht, Deutschlands Potential bestensfalls als mittelmässig einzuschätzen wäre

Dass es keine angemessene Adaption von Mahan an die kontinentale Lage des DR gegeben hat, liegt vermutlich auch an der Dominanz der Diskussion der Clausewitzschen Ideen, der Konzepte von Schlieffen oder der von Moltke.

Gleichzeitig ergab sich durch die „wilde Landnahme“ von Besitzungen durch deutsche Kolonisten und der Eingliederung in den Überseebesitz des DR eine materielle Basis, die die Notwendigkeit der Ausformulierung einer Theorie der „Weltpolitik“ zwingend erforderlich gemacht hätte. Sie hätte nicht zuletzt kläre müssen, wieviele Kolonien bzw. welche Rohstoffbasis das DR zur Absicherung seiner dynamischen, aber dennoch mit einer Reihe von strukturellen Defiziten belasteten Industrie, braucht (vgl. Milward:The Economic Developement of Continental Europe 1780-1870, S. 428) Diese Vorgaben hätten die Prämissen der Marinerüstung in einem anderen Licht erscheinen lassen können und den politschen Rahmen für Tirpitz bieten könen.

Dieses insbesondere vor dem Hintergrund der Frage der Rivalität bzw. der Möglichkeit der Kooperation mit GB. Und alle Vorteilen, die eine Kooperation für das DR gehabt hätte. So bezeichnete bereits 1908 Lord Esher (B. Tuchman, Der stolze Turm; S. 447 ff) das DR als den mit Abstand gefährlichsten Rivalen und im folgenden Jahr beschäftige sich bereits ein Untersuchungsausschuss mit der Frage, ob England eine Invasion abwehren konnte!!!!

Bis zum Zeitpunkt der Bildung der Entente hätte es sicherlich die Möglichkeit gegeben, eine politische Position auszuformulieren, die Deutschland eine Rolle als gleichberechtigter Handelspartner und als Juniorpartner im Bereich der Marinerüstung (1:4 ) ermöglicht hätte und dem DR auch weiterhin die Rolle des „Festlandsdegen“ zuzuweisen. Dieses Konzept wäre ein „Sicherheitskonzept“ im Bismarckschen Sinne gewesen, allerdings hätte es den Nachteil gehabt, dass die Flotte in der Bedeutung der Teilstreitkräfte nur zweitrangig geblieben wäre.

War es am Ende die Rivalität der Teilstreitkräfte in Kombination mit der „kindlichen“ Freude eines Monarchen an „seinen Schachtschiffen“, die er doch so gerne selber gezeichnet und „designed“ hat, die zum Aufbau der Hochseeflotte geführt hat?
 
Ich möchte hier zu dieser Diskussion einmal zwei Grundsatzfragen stellen.

1.)Hat sich hier, von den Diskutanten schon jemand mit dem Werk Alfred Mahan: „Der Einfluß der Seemacht auf die Geschichte“ so richtig auseinandergesetzt?

2.)und hat sich jemand mit der Dienstschrift IX von Alfred Tirpitz auseinandergesetzt, denn sie bildet die fundamentale Grundlage für die Strategie der kaiserlichen Marine ab 1897?

Ich möchte zusätzlich darauf hinweisen, daß die Betrachtung der Fragestellung nach der Strategie der kaiserlichen Marine vielleicht nicht nur aus den Erfahrungen und Erkenntnissen nach heutigen Stand zu beantworten ist.

Die Phrasen von „Schalen des Zorn“ und anderen Behauptungen über die kaiserliche Marine, die dieser Flotte in der Zeit des Navalismus unterstellt werden halte ich für sehr engstirnig betrachtet.
Den Beginn des Navalismus und der Flottenrüstung allgemein würde ich jetzt auf den Naval Defence Act 1889 der britischen Marine datieren.
Seemächte wie Großbritannien, Frankreich, Russland oder Italien erneuerten ihre Flotten, neue wurden aufgebaut, wie in Japan, USA und Deutschland.
Wobei sich durch enormes wirtschaftliches Wachstum die US-amerikanische und die deutsche Flotte bald alle anderen Mächte überflügelten, bis auf die britische Marine natürlich.
Die Grundlage für die Strategie der Marinen bildete ganz nach britischem Muster, der Kern einer schlagkräftigen Panzerschiffflotte. Dies wurde u.a. auch so bei der US-amerikanischen Flotte wie auch der deutschen Flotte durchgeführt.
Ausnahmen bildeten die französische und russische Flotte, die nicht den Kampf zweier Schlachtflotten als Grundlage ansahen, sondern sich auf einen Handelskrieg zur See orientierten und dabei gerade die neue Torpedowaffe überbewerteten. Dies geschah allerdings auch in der deutschen Marine in den 80iger Jahren, angeleitet gerade von Tirpitz.

Ab den 90iger Jahren kamen die Lehren des Mahan „in Mode“, die m.E. nichts anderes waren, als eine Lobby für den Aufbau einer US-amerikanischen Flotte zu finden. Zumindest mit passenden Erkenntnissen, die Mahan aus den bisherigen Seeschlachten und Kriegen zog, konnte man die bisherige technische-taktische Strategie (damit meine ich den Weg zum Einheitsschlachtschiff bzw. –linienschiff) untermauern.

Wenn man nun die strategischen Denkweisen von Tirpitz ansieht, zeigt sich hier der starke Einfluß des Mahan und das Umdenken Tirpitz, weg von seiner Torpedowaffe.
Um hier zu verstehen, was genau in Mitte der 90iger Jahre ablief, wär es sinnvoll sich mit Tirpitz seinen Kritikern auseinander zusetzen, wie z.B. den Maltzahn.

Und eine Grundsatzfrage zur Deutschen Flottenpolitik und Strategie: Konnte Deutschland als große Wirtschaftsmacht in Europa bestehen, ohne sich an dem Navalismus und dem Imperialsmus zu beteileigen?

PS.: Bitte verwendet den Begriff „Hochseeflotte“ nicht, wenn auf die Ganzheit der kaiserlichen Marine hingewiesen wird.
Die Hochseeflotte stellt nur den Kern im aktiven Dienst befindlicher Schiffe dar. Um den Angriffscharakter zur verlieren, wurde die „aktive Schlachtflotte“ auch ab 1907 in Hochseeflotte umbenannt. Den Ursprung haben hat der aktive Kern in den Herbstmanöverflotten. In Friedenszeiten wurden die großen Schiffe nur für solche Aktivitäten in Dienst gestellt. Später hielt man dann die Geschwader ständig in Dienst.
 
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