Berittene Bogenschützen

Ich muß an der Stelle jetzt einmal Sascha entschieden beipflichten...

Klar gab es Reiter, aber nicht in dem Verhältnis wie in der Steppe, bei dem Nomaden hat fast jeder ein Pferd, bei Germanen nicht.

Mit Ausnahme der Greutungen/Ostgoten - und bei denen waren es mW auch eher Kataphrakten denn berittene Bogenschützen i.d.S. - überwogen bei germanischen Völkern die Reiterkrieger wohl wirklich nicht. Dies änderte sich erst mit der Aufstellung der Panzerreiter bei den karolingischen Franken, die nun aber mE niemand ernsthaft als berittene Bogenschützen bezeichnen dürfte.
Anm.: Selbst bei den Angelsachsen, wo dann tatsächlich die Vornehmen (Thegns) zu Pferd in die Schlacht ritten und auch eher als schwere denn als leichte Reiterei zu charakterisieren sind, saßen diese gewöhnlich im Kampf selbst ab.

Gerade zum Mittelalter hin wird das deutlich, als Adel gleichbdeutend mit reiten wird. Schaut man sich Haus und Hof an, so wird man nur wenig Pferd finden im Verhältnis zu anderem Vieh, dass dürfte in der Steppe anders sein...

Sagen wir es zunächst so: im Mittelalter wird Kämpfender (Miles) gleichbedeutend mit dem (gepanzerten) Reiter - dann schließlich im HMA zu Ritter -, der letztlich aber im ministerial- und niederadligen Stand seine soziale Stellung findet und dessen Lebensweise auf den gesamten Adel ausstrahlt.
Aber genug der Spitzfindigkeiten an der Stelle, denn einen anderen bereits genannten Aspekt möchte ich dabei noch aufgreifen: wie John Clark vom Museum of London in The Medieval Horse And Its Equipment ausführt, ist die Benennung der mares - "Mären", d.h., reine Arbeitspferde, welche vor Pflug, Egge, Schlitten und Wagen/Fuhrwerk/Karren eingesetzt werden und den zu jener Zeit als Transport- und Arbeitstier noch allgegenwärtigen Ochsen Konkurrenz zu machen beginnen - durch William Fitz Stephen um 1170(!) eine der diesbezüglich frühesten Quellen.
 
Der Ochse wurde erst im HMA in Mitteleuropa unmodern, wegen einer Erfindung: Das Kummet, eine Revulotion sozusagen.
 
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@ EQ

Die Türken, Araber und die Berber kannten die karr wa farr-Taktik, das ist die Scheinflucht, bei der Mann die Gegner mit leicht bewaffneten Reitern angreift, dann die Flucht vortäuscht, das gegnerische Heer in die Länge zieht und dann wiederum schwächere Gruppen rausgreift und niedermacht. Kann es sein, dass das schnelle Verschwinden der karr wa farr-Taktik gleichkommt?
Diese Taktik beherrschten, wenn auch unter anderen Namen, auch die Skythen, Hunnen, Awaren, Ungarn und Mongolen.
Das meinte ich aber nicht. Ich meinte geschichtlich gesehen, nicht taktisch. Rom etwa existierte, bevor die Hunnen kamen und es existierte noch, nachdem diese wieder weg waren. Byzanz (oder Konstantinopel oder Ostrom oder wie auch immer) existierte vor den Skythen, während der Skythen und nach den Skythen. Das Frankenreich existierte vor den Awaren, während der Awaren und nach den Awaren usw...

Man kann sich eben auch zu Tode siegen. Wo sollten all diese Völker Truppen ausheben? Sie hatten innerhalb kürzester Zeit riesige, kaum kontrollierbare Gebiete erobert - haben sie diese aber auch beherrscht?
Ich denke, das Problem lag genau darin. Sie hatten sich "zu Tode gesiegt". Wie ich schon weiter oben vermutet habe: Die Steppennomaden konnten irgendwann einfach ihre Verluste nicht mehr ersetzen. Insbesondere für die Awaren, die ich jetzt an dieser Stelle exemplarisch betrachten möchte, ist das auch in der Fundsituation zu erkennen. Die rein awarische Oberschicht nimmt nach der Landnahme massiv zu Gunsten der Föderaten ab (klar, die wohnten ja auch in dem Gebiet und wurden unterworfen) und bleibt danach weitgehend unverändert. Etwa 83% der Bevölkerung in der Donau-Theiß-Ebene, welche das awarische Kernland darstellte, war europid, nur etwa 10 % waren mongolid, der Rest euro-mongolid. Mit dieser Bevölkerungsentwicklung veränderte sich auch auch die Kultur. Zuerst rein steppennomadisch geprägt, wurden die Awaren im Laufe der Zeit sesshaft. Zwar genoss die Pferdezucht immer noch einen hohen Stellenwert, aber es ist anzunehmen, dass irgendwann eben nicht mehr jeder Aware automatisch von Kindesbeinen an der geborene BBS war. Und mit nur 10% der Gesamtbevölkerung ihres Reiches - sagen wir 17%, um die Mischlinge sicherheitshalber dazuzurechnen - waren es ohnehin zu wenige, um die ständigen Kriege auf Dauer durchstehen zu können. Einige wenige entscheidende Niederlagen konnten sich hier auf lange Zeit vernichtend auswirken.

Außerdem war ihre Taktik den Gegnern nicht mehr neu. Byzantiner und Franken, beides unmittelbare Gegner der Awaren, mussten gleich zu Beginn etliche Schlappen gegen die ungewohnt kämpfenden Nomaden einstecken, im Laufe der Zeit wurden die Schlachtenergebnisse aber immer ausgeglichener. In der späten Zeit der Awaren (8. Jahrhundert) überwogen schließlich die strategischen Niederlagen der Awaren. Strategisch deshalb, weil selbst ein unentschiedenes Ergebnis für sie verhängnisvoller war als für ihre Feinde, welche die Verluste leichter ersetzen konnten.
Außerdem bedeutete für die Steppennomaden ein Unentschieden zu wenig Beute und Tribut. Davon waren sie aber existentiell abhängig, da sie gesellschaftlich anders strukturiert waren. Der Anführer (Im Falle der Awaren wäre das der Khagan) musste sich der Treue und Gefolgschaft seiner Fürsten und Würdenträger durch regelmäßige Geschenke versichern. Diese blieben aber durch die vielen Unentschieden in zunehmendem Maße aus, so dass die Authorität des Khagans und der innere Zusammenhalt zerfielen. Das alles sind jedoch gesellschaftliche Gründe, die nur sehr bedingt mit der Effekivität eines BBS zu tun haben, um die es hier eigentlich geht.

@ Steuermann

Ich denke auch, dass eine weitere Diskussion zwischen uns beiden unnötig ist. Ich sehe ein, dass ich zu wenig Ahnung habe.

Gruß,

Panzerreiter


PS
(Nochmal langsam, weil das in meinem letzten Beitrag offenbar schwer lesbar war: "Skythen" war bei den Byzantinern ein Sammelbegriff für alles, was aus der eurasichen Steppe kam)
 
Oke,

Ich habe mich leider lange nicht mehr gemeldet, werde dies aber jetzt nachholen...

1. Hatten die Sarmaten eine Art "Vorläufer" der Kataphrakte, und diese hatten IMMER einen Bogen dabei...
2. Die Taktiken sämtlicher Völker, die berittene Bogenschützen einsetzten, glichen sich.
3. Die Reiche der Reitervölker hatten deswegen nicht allzu lange bestand, weil es nicht möglich ist, auf nomadischer Lebensweise einen Staat aufzubauen. Dies geht unter Garantie auf Dauer in die Hose.
 
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Kurzes Update:

Ich habe da ein interessantes Bild aous einem bulgarischen Geschichtsbuch

Es zeigt zwei Thrakische Krieger.

Grüße

SK
 

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Update!

So, bevor dieser Thread (wie leider mein Fimthread ebenfalls) komplett einschläft, mal ein super Update.

Ich habe mir vor kurzem das Buch "Byzantine Armies AD1118-1461" von Osprey Publishing besorgt, und interessantes herausgefunden.

Also, ich habe ein Bild (ausschnitte aus Manuskripten von 14. Jhdt.) gefunden, das einen serbischen (links) und einen bulgarischen (rects) gepanzerten berittenen Bogenschützen zeigt.

Es steht auch, das Serben und Bulgaren meistens als berittene Bogenschützen eingesetzt wurden.
 

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Hatten die Normannen eigentlich berittene Bogenschützen?

Ich komme darauf, weil ich mich heute mal wieder mit dem Teppich von Bayeux beschäftigt habe. Darauf entdeckte ich dann diese Gestalt:
Bayeux_scene35.jpg
Bei den Jagdszenen, wo man ja einen Bogen erwarten könnte, sieht man nur Falkenjagd dargestellt, aber mitten im Schlachtgetümmel diesen einzelnen berittenen Bogenschützen. Alle anderen haben Lanzen/Speere oder Schwerter bzw. Keulen.

Jetzt könnte man sich ja fragen, ob die *Nonnen wirklich ausreichende Kenntnis von den Militaria ihrer Zeit haben, auf der anderen Seite gibt es keinen Grund in Darstellungen der nichtexotischen Sachkultur die zeitgenössische Darstellung anzuzweifeln.


*Unsicher: Der Teppich könnte in einem Nonnenkloster in Winchester hergestellt worden sein.
 
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Hatten die Normannen eigentlich berittene Bogenschützen?

Da der Reiter auch ganz anders gekleidet ist (ungepanzert), vermute ich keinen Normannen dahinter. Wilhelm hatte doch auch Söldner im Heer und 1066 waren Normannen auch schon auf Sizilien aktiv. Kann also gut ein Araber oder anderer Orientale/Steppenreiter sein, den es nach Westeuropa verschlagen hat. So etwas gab es sicher immer wieder mal.
 
Ich hätte jetzt eher eine andere Antwort erwartet: In der Szene sind fünf Personen aber nur vier Pferde zu sehen, es handele sich daher nicht um einen Reiter oder auch zwei Reiter auf einem Pferd. Wie würdet Ihr das entscheiden?
 
Die Sitzposition des Schützen ist korrekt. Gehörte das Pferd zu dem Mann dahinter, säße dieser zu weit hinten. Bei 2 Reitern auf einem Pferd sollte man doch annehmen, dass der Schütze, der keine Hand für die Zügel frei, nach hinten gehört.
 
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Soviel ich weiss ist der Reflexbogen schon vorher von anderen wie z.B. den Arabern während der Kreuzzüge verwendet worden .
Weiss übrigens jemand ob der Refexbogen schon einmal direkt mit dem japanischen Samurai-Bogen verglichen wurde ?
 
-hinsichtlich der türkischen Bögen ist noch folgendes zu bemerken:
Die Bögen mit denen über den Bosporus geschossen wurde, waren keine Kriegsbögen sondern spezielle Weitschussbögen (heute als Flightbögen bezeichnet), die für diese Art des Schiessens extra hergestellt wurden. Auch die Pfeile hierfür waren superleicht und hatten eine extrem kleine Befiederung, waren also keine Kriegspfeile.

Laut der "Bibel des traditionellen Bogenbaus" Bd.IV braucht sich ein optimal gebauter
Langbogen von der Leistungsfähigkeit her aber nicht vor einem Kompositrecurve zu verstecken.

Querdenker SZ: hinsichtlich dem Vergleich Reflexbogen (ich gehe davon aus, daß hier der sogenannte Kompositreiterbogen gemeint, den man kann auch einen Langbogen mit einem Reflex versehen) und dem Samuraibogen (sog. Yumi), ist festzustellen, dass es sich bei beiden um Komposit- und Reflexbögen handelt. Der Samuraibogen konnte aufgrund seiner asymetrischen Bauart ( oberer Wurfarm erheblich länger als der untere) auch als Reiterbogen eingesetzt werden ( auch die meisten Reiterbögen waren asymetrisch gebaut). Den Samuraibogen nur auf Grund seiner Länge als Langbogen zu bezeichnen wäre nicht richtig.
 
Es ging in meiner frage um einen Vergleich der Schussleistungen nicht um einen Bauart-Vergleich .
Neulich war im fernsehen ( ich glaube bei Galileo ) ein vergleich zwischen europäischem Ritter und seiner Ausrüstung mit dem Samurai , dabei wurden auch die Bögen verglichen .
Weiss jemand ob ein solcher vergleich zwischen dem Rflexbogen der Türken / Araber und dem Samurai Bogen auch einmal gemacht wurde ?
 
Ich hätte jetzt eher eine andere Antwort erwartet: In der Szene sind fünf Personen aber nur vier Pferde zu sehen, es handele sich daher nicht um einen Reiter oder auch zwei Reiter auf einem Pferd. Wie würdet Ihr das entscheiden?

Ich denke, wer auch immer diesen Teppich herstellte, so ist es gut denkbar, dass er/sie einfach das zweite Pferd wegließ oder vergaß. Beachte ich alle dargestellten Pferde so fehlen ja bspw. auch die Hinterbeine des Pferdes dieser Gruppe, dessen Kopf am weitesten vorn ist. So ein schlichtes Weglassen halte ich für einen möglichen Grund. Andererseits ist es aber auch nicht ausgeschlossen, dass der/die Künstler/in bei den beiden Reitern, die scheinbar auf einem Gaul saßen die Position des zweiten Reiters schlicht unabsichtlich nach hinten verschob. Leider halte ich bei der ungefähren Erfahrung mit solchen Erzeugnissen garnichts für ausgeschlossen, auch nicht, dass der/die Künstler/in nur zufällig auch einen berittenen Bogenschützen darstellte, ohne damit aber auf eigentliche Gepflogenheiten der Zeit Acht zu geben.
 
Soviel ich weiss ist der Reflexbogen schon vorher von anderen wie z.B. den Arabern während der Kreuzzüge verwendet worden .
Weiss übrigens jemand ob der Refexbogen schon einmal direkt mit dem japanischen Samurai-Bogen verglichen wurde ?

Bestimmt. Suche mal nach den ganzen Reflexbogen und berittenen Bogenschützen Threads, auch die Postings von SergejKorolev.
:winke:
 
Querdenker SZ:
ich gehe davon aus, dass Du kein aktiver Bogenschütze bist, oder nicht mit traditionellen Bögen schiesst.
Da sowohl der Reiterbogen als auch der Samuraibogen Reflexbögen sind, sind Sie bei
ansonsten gleichen Parametern (Auszugsgewicht, Auszuglänge, Pfeilgewicht u.-länge)
gleich leistungsfähig, außer daß der Samuraibogen aufgrund seiner Länge präziser schiesst. Je länger der Bogen, desto höher die Schusspräzision.
 
Zum Wandteppich von Bayeux nochmal, im Kontext fliehen die Engländer nachdem ihr König gefallen ist "Et fuga verterunt Angli" berittene Bogenschützen würde man doch eher am Anfang der Schlacht erwarten.DIe zwei Reiter vorne sind auch unzweifelhaft schwerer gewappnet als die drei dahinter ich würde diese Stelle so interpretieren das die Nonnen das Schlachtgewühl ein wenig dramatischer darstellen wollten.
 
Querdenker SZ:
ich gehe davon aus, dass Du kein aktiver Bogenschütze bist, oder nicht mit traditionellen Bögen schiesst.
Da sowohl der Reiterbogen als auch der Samuraibogen Reflexbögen sind, sind Sie bei
ansonsten gleichen Parametern (Auszugsgewicht, Auszuglänge, Pfeilgewicht u.-länge)
gleich leistungsfähig, außer daß der Samuraibogen aufgrund seiner Länge präziser schiesst. Je länger der Bogen, desto höher die Schusspräzision.

Da möchte ich gerne, auch wenn der Zeitpunkt, an dem dieser Beitrag geschrieben wurde, länger zurückliegt, widersprechen.

Der Komposit eines zB Mongolen hat mehr Leistung, da er eben kürzer ist und vor allem, er aus Horn und Tiersehnen besteht, um einen Holzkern, und nicht aus Holz/Bambus wie der Samurai-Bogen. Die Präzision ist natürlich größer, hängt aber mehr damit zusammen, das er Fehlerverzeihender wird und etwas langsamer ist.
 
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