Leibeigenschaft im 17. Jahrhundert

Repo

Aktives Mitglied
Hatte in der genannten Zeit die "Leibeigenschaft" auch Vorteile im Vergleich zu einem "Freien".
 
@repo

Ich glaube, daß Deine Frage kaum zu beantworten ist, obschon sie hoch interessant ist.

Der Begriff "Leibeigenschaft" beruht m.E. auf einem hohen Abstraktiontsgrad unterschiedlichster nationaler bzw. regionaler juristischer Ausprägungen eben dieser "Leibeigenschaft". Hinzu kommt, daß das Verhältnis zwische "Leibherren" und "Leibeigenem" natürlich ein überaus individuelles Verhältnis war, selbstverständlich im Rahmen der juristischen Ausprägung. Ich denke, daß sich Beispiele finden lassen, wo der "Leibeigene" die Beibehaltung seines Rechtsstatus wünschte, aber auch solche, bei denen er die Aufhebung/Ablösung der "Leibeigenschaft" erstrebte. Eine generalisierende Antwort geht m.E. wahrscheinlich fehl.

Eine Verlinkung mit Wiki erspare ich mir an dieser Stelle.

Der erste Link betrifft zwar nicht Deinen Untersuchungszeitraum sondern das 18. Jh., ist aber als individualgeschitliches Zeugnis ganz brauchbar.

Der zweite Link ist eine Buchempfehlung.

M.


zeitreise bb

FES: Archiv für Sozialgeschichte - Online: 45. [2005] / Rezensionen
 
@melchior hat schon die Probleme mit der Beschreibung von Leibeigenschaft angesprochen. Dazu aus der französischen Wirtschaftsgeschichte:

Im 17. und 18. Jahrhundert sind die Abgaben und Fronden sehr verschiedenartig, die an der Person haftenden Abgaben sind fast alle in dingliche umgewandelt und die an die Herrschaft zu entrichtende taille ist fast verschwunden.

Dazu sind die ausgesprochen persönlichen Lasten in der Veränderung der Ausprägung der Grundherrschaft, die für den alten Zustand der Hörigkeit bezeichnend sind, fast völlig verschwunden. Leibeigenschaft gibt es fast nur als seltene Ausnahme. Im 17. und 18. JH ist sie nur in einigen wenigen Gegenden erhalten geblieben, im Nordosten Lothringen, Franche-Comté, in einzelnen Gebieten der Landesmitte (Berry, Marche, Auergne), in denen einzelne Gruppen anztreffen sind.

Neben dieser nur geringen Verbreitung sind die Leibeigenen nur kaum mehr als der mainmorte unterworfen (Vererbungsverbot), persönlicher oder dinglicher Art. Persönlicher Art: Kinder können nur erben (auch bei beweglichen Sachen), wenn sie im gleichen Haushalt leben. Dinglicher Art: Abgaben sind aus dem mainmortablen Vermögen zu entrichten. Leibeigene werden daher häufig im 17. und 18. JH auch "mainmortables" genannt.

http://www.geschichtsforum.de/f77/besitz-zur-toten-hand-3450/
Seé, Französische Wirtschaftsgeschichte, Bd. 1
 
Danke schon mal.
Vielleicht noch der Bezug.

ElQ hat einen Pressebericht zu Abraham a Santa Clara hier rein gestellt.
Ist mir etwas eingefallen, was mich schon länger umtreibt.

Zufällig weiß ich, dass Abrahams Vater Leibeigener des Hauses Fürstenberg war. Der Bruder seines Vaters, der sein Studium bezahlte, dagegen war geadelter Kirchenmusiker.
Als Abraham dann zum Priester geweiht werden sollte, ging das nicht, da Leibeigener.
Sein Vater "zierte" sich längere Zeit, bis er die 12 Gulden für sich und seine Familie an Fürstenberg bezahlte. In der Literatur ist zu lesen, dass er sie nicht gehabt hätte, was mir nicht so recht einleuchten will.

Deshalb meine og Frage.
Hat der Vater des Predigers irgendwelche Nachteile gehabt, als er "Frei" wurde?
 
Wie? Hatte er nun die 12 Gulden oder nicht? Und woher sind sie gekommen?
12 Gulden scheint mir nicht arg viel Geld.
 
Welche Vorteile sollten Leibeigenschaft und Ausgeliefertsein denn haben? Freie konnten sich verdingen, ihre Verträge aushandeln, erhielten Lohn und konnten nicht einfach zu Fron- und Scharwerksdiensten herangezogen werden.
Untertänige Leibeigene hatten von früh bis spät für ihren Adligen zu arbeiten und konnten erst am späten Abend bis in die Dunkelheit ihre eigenen Gärten bestellen, damit sie sich ernähren konnten. Sie waren "schollenpflichtig", also nicht freizügig. Kinder wurden von Eltern getrennt und als Gesinde verkauft.

Sie hatten nicht mal jemand, bei dem sie sich beschweren konnten, denn der Adelsherr war gleichzeitig Lohngeber (wenn überhaupt), Lehnsherr (Steuereinnehmer) und Richter. Für geringfügige Vergehen gab es bis zu 30 Peitschenhiebe, für schwere (wie immer das individuell vom Adelsherrn interpretiert wurde) bis zu 10 Rutenschläge, wobei die Ruten vorher in Salzwasser getaucht wurden.
Und die Erwachsenen waren noch nicht einmal sicher, dass ihre harte Arbeit nicht durch Übermut der Adligen zerstört wurde und sie deshalb wegen deren Vergehen bestraft wurden.
 
Welche Vorteile sollten Leibeigenschaft und Ausgeliefertsein denn haben? Freie konnten sich verdingen, ihre Verträge aushandeln, erhielten Lohn und konnten nicht einfach zu Fron- und Scharwerksdiensten herangezogen werden.
Untertänige Leibeigene hatten von früh bis spät für ihren Adligen zu arbeiten und konnten erst am späten Abend bis in die Dunkelheit ihre eigenen Gärten bestellen, damit sie sich ernähren konnten. Sie waren "schollenpflichtig", also nicht freizügig. Kinder wurden von Eltern getrennt und als Gesinde verkauft.

Sie hatten nicht mal jemand, bei dem sie sich beschweren konnten, denn der Adelsherr war gleichzeitig Lohngeber (wenn überhaupt), Lehnsherr (Steuereinnehmer) und Richter. Für geringfügige Vergehen gab es bis zu 30 Peitschenhiebe, für schwere (wie immer das individuell vom Adelsherrn interpretiert wurde) bis zu 10 Rutenschläge, wobei die Ruten vorher in Salzwasser getaucht wurden.
Und die Erwachsenen waren noch nicht einmal sicher, dass ihre harte Arbeit nicht durch Übermut der Adligen zerstört wurde und sie deshalb wegen deren Vergehen bestraft wurden.

Was Du beschreibst ist die Sklaverei.
Leibeigenschaft ist etwas anderes, nicht direkt vergleichbar.

aus wiki
Die Leibeigenschaft ist grundsätzlich als gegenseitige Verpflichtung zu begreifen. Der Leibherr gewährt dem Leibeigenen militärischen und juristischen Schutz; Letzteres bedeutet, dass er bei Ladung vor fremde Gerichte einen Rechtsbeistand stellen muss. Dafür entrichtet der Leibeigene Abgaben an den Leibherren. Jährlich wird eine Leibhenne, meist als „Fastnachtshuhn“, als Zeichen der Anerkennung der Leibeigenschaft fällig, dazu im Todesfall von männlichen Leibeigenen das Besthaupt (bestes Stück Vieh) und von weiblichen Leibeigenen das Bestkleid.
Diese Todfallabgaben wurden im 15. und 16. Jahrhundert zunehmend in Geldabgaben umgewandelt. Im südwestdeutschen Raum waren als Todfallabgabe an den Leibherren 1,5 % des Vermögens üblich. Es gab aber Herrschaften (Grundherrn), die bis Ende des Alten Reiches (1806) noch Naturalabgaben oder ein Äquivalent dafür erhoben. Die Herrschaften konnten Leibeigene kaufen, verkaufen und tauschen. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass die gegenseitigen Verpflichtungen auf die neue Leibherrschaft übergingen, denn der Leibeigene blieb in der Regel auf seinem angestammten Hof. Lediglich bezüglich der Heiratsbeschränkungen machte sich der Besitzwechsel bemerkbar.


und auf der selben Seite weiter unten

Im 17. und 18. Jahrhundert, als die Heiratsbeschränkungen faktisch kaum mehr existierten, gab es nur noch wenig Widerstand gegen die Leibeigenschaft. Es konnte sogar vorkommen, dass Leibeigene Angebote zur Ablösung ihrer Leibeigenschaft ausschlugen, obwohl sie dazu finanziell ohne weiteres in der Lage gewesen wären. Vor allem in Gebieten mit starker territorialer Zersplitterung, z. B. in Oberschwaben, erwies sich der juristische Schutz als wichtige Absicherung. Da die Leibeigenschaft eine gegenseitige Verpflichtung war, konnte sie nicht gegen den Willen des Leibeigenen aufgekündigt werden.

habe ich wohl die Lösung des Rätsels gefunden.
Kreenheinstetten, der Geburtsort Abrahams, liegt in Oberschwaben, nicht weit von Meßkirch.

Edit zum Eingangsbeitrag: Abrahams Vater lebte zu dem Zeitpunkt nicht mehr. Es muss sich also ein anderer "geziert" haben. Meine Quelle (natürlich eine Sekundärquelle) ist also in der Beziehung fehlerhaft.
 
"Was Du beschreibst ist die Sklaverei.
Leibeigenschaft ist etwas anderes, nicht direkt vergleichbar"


Ich schreibe von Ostpreußen im angefragten Zeitraum. Und dass das zu der Zeit zu Deutschland gehörte, wird ja nicht abzustreiten sein.
 
Ich schreibe von Ostpreußen im angefragten Zeitraum. Und dass das zu der Zeit zu Deutschland gehörte, wird ja nicht abzustreiten sein.
Liebe @Beate, dann gib bitte deine Quelle an, anstatt irgend etwas kommentarlos hier zu posten, oder vielmehr versatzweise einzukopieren. Daher erlaube ich mir, dies an deiner Stelle nachzuholen.
Kulturgeschichtliches zum Memelland ? GenWiki
Wir merken hier so etwas. ;)
 
Und dass das zu der Zeit zu Deutschland gehörte, wird ja nicht abzustreiten sein.
Betr. Memelland -Ostpreußen ergänzend:
Dass es zu Deutschland im fraglichen Zeitraum gehörte, streite ich sogar energisch ab - es gab schlicht kein "Deutschland". Und Bestandteil des HRR (Kaiserreich) war es auch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Was Du beschreibst ist die Sklaverei.
Leibeigenschaft ist etwas anderes, nicht direkt vergleichbar"


Ich schreibe von Ostpreußen im angefragten Zeitraum. Und dass das zu der Zeit zu Deutschland gehörte, wird ja nicht abzustreiten sein.

Doch!
Derweil es zu der Zeit zum Königreich Polen gehörte.
Polen hatte zum den Zeitpunkt den Höhepunkt von Macht und internationalem Ansehen erreicht.
Man vergleiche die Schlacht am Kahlen Berg.

Abraham war während der Belagerung in Wien.
 
Balticbirdy, wenn du meine Quellen möchtest, dann schau doch einfach in der Literaturliste nach.

Selbst wenn Ostpreußen zu der Zeit unter polnischer Lehnshoheit stand, waren es doch die Adligen aus dem deutschen Reich, welche Herren über die leibeigenen Bauern waren.
 
Eine Literaturliste entdecke ich erst in dem von mir entdeckten weiterführenden Link "Memelland", wohl von dir. Hast du uns aber primär vorenthalten, stattdessen uns Aussagen vor den Latz geknallt.. Erst mal behaupten, das ist kein Stil...
Über den Inhalt kann dann gern diskutiert werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Frage ist soweit ja beantwortet.

Dass die Auswirkungen der Leibeigenschaft sehr unterschiedlich waren, ist ja bereits angesprochen.
Sollten die Zustände im Memelland tatsächlich so schlimm gewesen sein, so liegt ein Grund mit Sicherheit darin, dass es eben nicht zum HRR gehörte.
Denn im Reich hatten auch Leibeigene Rechtsschutz gegen ihre Herren.

Aber das sind ganz andere Themen.
 
Das gilt fürs gesamte Ost- und Westpreußen, auch wenn ich mich auf den nördlichsten Teil spezialisiert habe. Dabei habe ich noch die besonders grausamen Foltern nicht erwähnt, weil die nicht verallgemeinert werden dürfen. Der östliche Adel war einfach zu mächtig.

Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: ich kann an Leibeigenschaft nichts Positives sehen, selbst wenn man es im damaligen Kontext betrachtet. Es gibt hier irgendwo einen Thread, dass Geschichte aus Siegersicht geschrieben wird (oder so). Wenn man zur Frage der östlichen leibeigenen Bauern nur Gräfin Dönhoff u.ä. liest, dann ergibt das sicher ein verklärendes Bild, was möglicherweise zur oben gestelltenh Frage geführt haben mag.
 
Westpreussen hat erst der Alte Fritz infolge der Polenteilung bekommen. Der hat übrigens, als fast erste Amtshandlung als junger König, auf seinem Boden die Tortur abgeschafft.

Der östliche Adel war einfach zu mächtig.
Das ist eine gaaanz andere Geschichte.

Wenn man zur Frage der östlichen leibeigenen Bauern nur Gräfin Dönhoff u.ä. liest...

Was hat diese Dame mit Leibeigenschaft zu tun?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das gilt fürs gesamte Ost- und Westpreußen, auch wenn ich mich auf den nördlichsten Teil spezialisiert habe. Dabei habe ich noch die besonders grausamen Foltern nicht erwähnt, weil die nicht verallgemeinert werden dürfen.

Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: ich kann an Leibeigenschaft nichts Positives sehen, selbst wenn man es im damaligen Kontext betrachtet.


Nochmal aus Wiki
Die Forschung ist sich weitgehend darüber einig, dass die Forderungen nach Befreiung von der Leibeigenschaft nicht wegen der Verpflichtungen der Leibeigenen erhoben wurden. Vielmehr widersprach die Vorstellung einer persönlichen Bindung dem Menschenbild der Aufklärung.

Wie gesagt, es sind die Zustände innerhalb des HRR genannt.

Das gilt fürs gesamte Ost- und Westpreußen, auch wenn ich mich auf den nördlichsten Teil spezialisiert habe.

Zu Ostpreußen, Westpreußen, Memelland kann ich nichts beitragen.

Der östliche Adel war einfach zu mächtig.

Das hört sich dann doch etwas anders an, als
waren es doch die Adligen aus dem deutschen Reich,

wann kam der Adel deutscher Zunge ins Memelland? Dreihundert Jahre vor dem 17. Jahrhundert.

Jetzt bring doch mal den Nachweis, dass es den Leibeigenen zB in Schamaiten oder Masowien beim jeweils landständischen Adel besser ging, als bei dem Adel im Memelland, dann können wir weiter reden.
 
Es sind auch so Redewendungen, wie die mit den extra in Salzwasser getauchten Peitschen, um den zu bestrafenden Leibeigenen extra große Schmerzen zuzufügen. Es erinnert mich an das in Essig getränkte Tuch, daß man Jesus am Kreuz gereicht haben soll und das man lange Zeit als Zeichen der Verhöhnung gesehen hat. wie man heute weiß, völlig zu Unrecht. Wenn man also Peitschen in Salzwasser tauchte, warum nicht als eine Art Desinfektionsmittel? Aber woher bekam man das Salzwasser zB in Allenstein oder anderen Orten? man wird ja wohl nicht extra jemanden hunderte Kilometer ans Meer geschickt haben. Ich glaube, daß hier niemand die Leibeigenschaft verteidigen will, man sollte aber wenigstens versuchen ihre Entstehung zu verstehen und sie auch zeitlich in einen Kontext einzuordnen.
 
"Jetzt bring doch mal den Nachweis, dass es den Leibeigenen zB in Schamaiten oder Masowien beim jeweils landständischen Adel besser ging, als bei dem Adel im Memelland, dann können wir weiter reden"

Da geht was durcheinander: Ich habe nicht vom Memelland (Begriff nach dem 1.Weltkrieg) sondern von Ostpreußen geschrieben. Schamaiten und Masowien gehörten zur Polen-Litauen. Dort ging es den Leibeigenen schlechter, weshalb viele nach Preußen flohen.

Beorna, mach doch mal einen Selbstversuch. Beim nächsten Mal, wenn du dich am Finger oder sonstwo verletzt. Tja, wie bekam man Salzwasser in Allenstein. Genauso wie überall, indem man Salz in Wasser auflöste.
 
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