Landsturm 1813

jschmidt

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Inspiriert von einem anderen Thema aus der gleichen Epoche
Napoleon in Spanien 1808 - Geschichtsforum.de - Forum für Geschichte
würde ich mich gern austauschen über die berühmte "Verordnung über den Landsturm" des preußischen Königs vom 21.04.1813. Darin wurde eine Variante des Volkskrieges erstmals offiziell geregelt. Auszüge:

Personal
§ 1 Jeder Staatsbürger ist verpflichtet, sich dem andringenden Feinde mit Waffen aller Art zu widersetzen... und ihm durch alle nur aufzubietende Mittel zu schaden.
§ 2 Um diese Verpflichtungen mit mehr Zweckmäßigkeit zu erfüllen, sollen die im Lande befindlichen Streitkräfte, wenn der Feind dem Lande sich naht, zu einem Landsturm aufgeboten werden.
§ 23 [Zum Landsturm gehören] alle tauglichen Jünglinge und Männer von 15 bis 60 Jahren.
§ 60 Wie bei einer Fußpost sind täglich Meile zu Meile Boten abzuschicken. Auch Weiber und Kinder von 12-15 Jahren sind hierzu brauchbar.

Kampfesweise
§ 7 Ist der Fall des Aufgebots eingetreten, so ist der Kampf, wozu der Landsturm berufen wird, ein Kampf der Nothwehr, der alle Mittel heiligt. Die schneidendsten sind die vorzüglichsten, denn sie beenden die gerechte Sache am siegreichsten und schnellsten.
§ 8 Es ist daher die Bestimmung des Landsturms, dem Feinde den Einbruch, wie den Rückzug zu versperren, ihn beständig außer Athem zu halten; seine Munition, Lebensmittel, Couriere und Rekruten aufzufangen, seine Hospitäler aufzuheben; nächtliche Überfälle auszuführen; kurz ihn zu beunruhigen, zu peinigen, schlaflos zu machen, einzeln und in Trupps zu vernichten, wo es nur möglich ist. [... So dass er] nicht mehr wagen kann, kleine Detachements zum Fouragieren und Rekognosziren auszusenden, ohne die Gewißheit, daß sie ihm erschlagen werden [... und er nur] in Masse und auf gebahnten Wegen vordringen kann, wie das Beispiel von Spanien und Rußland lehrt.
§ 39 Eigen für den Landsturm verfertigte Uniformen oder Trachten werden nicht verstattet, weil sie den Landstürmer kenntlich machen, und der Verfolgung des Feindes leichter Preis geben könnten.
§ 43 Die Waffen sind: alle Art von Flinten mit oder ohne Bajonett, Spieße, Pieken, Heugabeln, Morgensterne, Säbel, Beile, gerade gezogene Sensen, Eisen u.a.w. ...
§ 52 Nach dem Muster spanischer Guerillas werden jeder Kolonne geübte Landwehrmänner, auch wohl reguläre Militär oder Reserven beigegeben.

Verhalten bei Rückzug
§ 70 Unter den Vorräthen ist das Mehl zuerst fortzubringen oder zu verderben. Die Getränke, Bier, Wein und Branntwein, lasse man auslaufen.
§ 71 Die Mühlen werden in den zu verlassenden Gegenden verbrannt, die Brunnen verschüttet. ...
§ 74 Ostbäume sind nicht umzuhauen. Die zeitigenden Früchte werden abgeschlagen. Korn und Getreide jeder Art, wenn es der Reife naht, wird in Asche verwandelt. ...
§ 76 ... Kähne, Fähren und Brücken sind [...] zu verbrennen.

Assoziationen, die sich unwillkürlich einstellen: Guerilleros, Franc-tireurs, Partisanen, Volkssturm. Gibt es Unterschiede zwischen diesen Kategorien, und wenn ja, welche?
 
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würde ich mich gern austauschen über die berühmte "Verordnung über den Landsturm" des preußischen Königs vom 21.04.1813. Darin wurde eine Variante des Volkskrieges erstmals offiziell geregelt. Auszüge:

Personal
§ 1 Jeder Staatsbürger ist verpflichtet, sich dem andringenden Feinde mit Waffen aller Art zu widersetzen... und ihm durch alle nur aufzubietende Mittel zu schaden.
§ 2 Um diese Verpflichtungen mit mehr Zweckmäßigkeit zu erfüllen, sollen die im Lande befindlichen Streitkräfte, wenn der Feind dem Lande sich naht, zu einem Landsturm aufgeboten werden.
§ 23 [Zum Landsturm gehören] alle tauglichen Jünglinge und Männer von 15 bis 60 Jahren.
§ 60 Wie bei einer Fußpost sind täglich Meile zu Meile Boten abzuschicken. Auch Weiber und Kinder von 12-15 Jahren sind hierzu brauchbar.

Kampfesweise
§ 7 Ist der Fall des Aufgebots eingetreten, so ist der Kampf, wozu der Landsturm berufen wird, ein Kampf der Nothwehr, der alle Mittel heiligt. Die schneidendsten sind die vorzüglichsten, denn sie beenden die gerechte Sache am siegreichsten und schnellsten.
§ 8 Es ist daher die Bestimmung des Landsturms, dem Feinde den Einbruch, wie den Rückzug zu versperren, ihn beständig außer Athem zu halten; seine Munition, Lebensmittel, Couriere und Rekruten aufzufangen, seine Hospitäler aufzuheben; nächtliche Überfälle auszuführen; kurz ihn zu beunruhigen, zu peinigen, schlaflos zu machen, einzeln und in Trupps zu vernichten, wo es nur möglich ist. [... So dass er] nicht mehr wagen kann, kleine Detachements zum Fouragieren und Rekognosziren auszusenden, ohne die Gewißheit, daß sie ihm erschlagen werden [... und er nur] in Masse und auf gebahnten Wegen vordringen kann, wie das Beispiel von Spanien und Rußland lehrt.
§ 39 Eigen für den Landsturm verfertigte Uniformen oder Trachten werden nicht verstattet, weil sie den Landstürmer kenntlich machen, und der Verfolgung des Feindes leichter Preis geben könnten.
§ 43 Die Waffen sind: alle Art von Flinten mit oder ohne Bajonett, Spieße, Pieken, Heugabeln, Morgensterne, Säbel, Beile, gerade gezogene Sensen, Eisen u.a.w. ...
§ 52 Nach dem Muster spanischer Guerillas werden jeder Kolonne geübte Landwehrmänner, auch wohl reguläre Militär oder Reserven beigegeben.

Verhalten bei Rückzug
§ 70 Unter den Vorräthen ist das Mehl zuerst fortzubringen oder zu verderben. Die Getränke, Bier, Wein und Branntwein, lasse man auslaufen.
§ 71 Die Mühlen werden in den zu verlassenden Gegenden verbrannt, die Brunnen verschüttet. ...
§ 74 Ostbäume sind nicht umzuhauen. Die zeitigenden Früchte werden abgeschlagen. Korn und Getreide jeder Art, wenn es der Reife naht, wird in Asche verwandelt. ...
§ 76 ... Kähne, Fähren und Brücken sind [...] zu verbrennen.

Assoziationen, die sich unwillkürlich einstellen: Guerilleros, Franc-tireurs, Partisanen, Volkssturm. Gibt es Unterschiede zwischen diesen Kategorien, und wenn ja, welche?

Mmh, also ich würde sagen, dass Volkssturm doch unabhängige Truppen waren, zusammengewürfelt, allerdings zumeist in Ergänzung der regulären Einheiten auf dem Schlachtfeld relativ frei agierend, ganz konventionelle Bewaffnung.

Franctireurs, Guerillos, Landsturm das sind doch eigentlich Partisanen. Also Truppen, die eine verdeckte, "hinterhältige", unkonventionelle Kampfführung betreiben. Die kann man dann ja schlecht mit dem Volkssturm vergleichen, der ja als "letztes Aufgebot" aufgestellt wurde und sich von den regulären Truppen vor allem durch die schlechtere Ausbildung und Konstitution seiner Männer und minderwertigere Bewaffnung auszeichnete.

Die Formationen aus der NS-Zeit, die mit Landsturm und Franctireurs meiner Meinung nach zu vergleichen wären, sind die "Werwölfe", die ja als Partisanen agieren sollten. Da waren natürlich sehr viele Volkssturm-Leute dabei, aber die Kampfweise des Werwolfs unterschied (bzw. sollte sich) von der des Volkssturms.
 
Wobei ich noch ergänzen würde, dass Guerillos Widerstandskämpfer im originären Sinne sind und auch zusammenhängende Gebiete kontrollieren und sich dorthin zurückziehen, z.B. die FARC-Rebellen. Partisanen hingegen müssen nicht zwangsläufig Gebiete kontrollieren.
 
Assoziationen, die sich unwillkürlich einstellen: Guerilleros, Franc-tireurs, Partisanen, Volkssturm. Gibt es Unterschiede zwischen diesen Kategorien, und wenn ja, welche?

Hochinteressantes Thema, da ist wohl einiges auszubuddeln. :winke:

Ich habe mir mal - weil vorhanden - eine völkerrechtliche Betrachtung zum Krieg von 1870/71 vorgenommen. Dort wird auf eine lang tradierte Völkerrechtsauffassung zur Unterscheidung von "Kriegern" und "Bürgern" hingewiesen, mit den entsprechenden Folgen zB betr. Kriegsgefangenschaft (Konvention von 1856).


Gleichzeitig werden hier Probleme hochgezogen: die modernen Festungen ließen die Unterscheidung schwierig werden, Bürger würden sich mit Soldaten (Kriegern) mischen. Ein weiteres Problem wird in Söldnern gesehen, sowie in den außereuropäischen Kombattanten ("Afrikaner"). Hinweise erfolgen schließlich auf die unterschiedliche Behandlung von Freischützen (Franctireurs). "Rechtmäßige Soldaten" könnten nicht auf das Tragen von Uniform und Beziehen von Sold eingeschränkt werden. Landsturmverbände wären schließlich ordentlich ausgehoben, müßten also als Soldaten anerkannt werden. Dabei kommt der Apekt auf, von "staatlicher Verpflichtung" zum Soldatentum auszugehen, was von allen Seiten zu respektieren sei.

Betr. Napoleon wird auf Negativ-Beispiele verwiesen: auf die "Freischaaren" des Major von Schill und auf die "Tyroler Freischaaren". Napoleons Handlungen seinen schon früher getadelt worden (Freischaaren seien nämlich als rechtmäßige Heere zu behandeln). Ganz umumstritten scheint das danach nicht gewesen zu sein.

Der Spannungsbogen wird dann derart geschlagen, dass keine "beliebige" Teilnahme von Freiwilligen am Krieg geduldet werden könne. Die Grenze sei der so genannte "Kleine Krieg". Ergo: "Freischaaren" hätten zur Anerkennung als Soldaten in "geordneten Massen" und in "militärischer Weise" zu kämpfen, wobei sie "deutlich vom Äußeren her" als Soldaten zu erkennen sein müßten.


-> Bluntschli: Das moderne Völkerrecht im deutsch-französischen Kriege, erschienen 1870.
 
Au, das ist wirklich ein interessantes Thema.
Als die württ. Kavallerie die Lützower niedermachten...

1914 trug der deutsche Landsturm übrigens noch die 1813er Landstürmer-Mütze, schwarz mit Eisernem Kreuz.

Wie heißt es bei Fontane als sie einen beerdigen,... der alte .... eine 13er Landwehrfahne trug....
(ob sie dem Joschka mal ein Megafon hinterher tragen?)


ich schau mal, habe da einiges an Material, das ich noch nie richtig durchgesehen habe.
 
Wobei ich noch ergänzen würde, dass Guerillos Widerstandskämpfer im originären Sinne sind und auch zusammenhängende Gebiete kontrollieren und sich dorthin zurückziehen, z.B. die FARC-Rebellen. Partisanen hingegen müssen nicht zwangsläufig Gebiete kontrollieren.

Guerrillero ist lediglich das spanische Wort für Partisane. Es gibt keinen Unterschied in den Vorgehensweisen. Wenn man eine "befreite Zone" schaffen kann, dann macht man das, wenn nicht, "schwimmt man im Volk wie der Fisch im Wasser" und verschwindet unter der Bevölkerung.
 
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Franctireurs, Guerillos, Landsturm das sind doch eigentlich Partisanen. Also Truppen, die eine verdeckte, "hinterhältige", unkonventionelle Kampfführung betreiben. Die kann man dann ja schlecht mit dem Volkssturm vergleichen, der ja als "letztes Aufgebot" aufgestellt wurde und sich von den regulären Truppen vor allem durch die schlechtere Ausbildung und Konstitution seiner Männer und minderwertigere Bewaffnung auszeichnete.

Der Landsturm hatte immer eine halb ofizielle Komponente. Er wurde ausgerufen, oft gab es eine rudimentäre Uniformierung (Armbänder, Kokarden), Feldzeichen, Hörner und Trommeln. Es ist eine Art Miliz. Im Spanischen Krieg fielen unter diesen Kategorien die Katalanischen Somatenes und die Baskischen Migueletes (die Teilweise für die Franzosen agierten).

Partisanen, Franctireurs und Guerrilleros sind nur Namen aus verschiedenen Zeiten und Orten für das selbe Phänomen: Irreguläre Kämpfer ohne Staatliche legitimation. Von der Gegnerischen Seite werden Sie dann mit namen wie "Briganten","Banditen", "Chuligani" oder "unlawfull combatants" bezeichnet.

Die Übergänge sind aber garantiert fliessend. Viele frühere Banditen und Schmugler entdeckten 1808 ihre patriotische Berufung und kämpften gegen die Franzosen. Andere ehemals ehrliche Leute haben nach 1814 dieses Leben nicht mehr verlassen können und wurden zu Banditen.

Gelegentlich legte man aber auch Wert auf die Einordnung in die zweifelhaftere Kategorie.

In Spanien tauchten auf einem abgelegenen Bauernhof in Andalusien in den 40. Jahren bewaffnete Männer auf. Als der Bauer sie fragte, ob sie guerilleros seien, antworteten sie entrüstet, "¡No! ¡Somos bandoleros!" Nein, wir sind Räuber!. Die Einordnung als politisch motivierte Partisanen hätte im Falle der Gefangenschaft Folter und Erschiessung bedeutet, dem gewöhnlichen Räuber drohte dagegen "nur" der Knast.
 
Bluntschli: Das moderne Völkerrecht im deutsch-französischen Kriege, erschienen 1870.

Habe mir schon gedacht, dass Du den ausbuddeln würdest...:winke:

In der 1872er Neuauflage seines Völkerrechtsbuches [1] systematisiert er wie folgt (Ziffer 570a):

"Damit Freischaren (franc-tireurs), welche sich an dem kleinen Kriege betheiligen, einen Anspruch haben, als Feinde betrachtet und nicht als Verbrecher behandelt zu werden, genügt nicht eine allgemeine Autorisation des Stats, welcher die Freiwilligen zur Landesvertheidigung aufruft. Vielmehr ist erforderlich:
a) in der Regel die besondere Autorisation für den einzelnen Mann;
b) die äußere Erkennbarkeit des militärischen Charakters der Truppen;
c) die militärische Ordnung und Unterordnung unter Offiziere, die selber wieder der Heeresleitung untergeordnet sind;
d) die Beachtung des Kriegsrechts und der Kriegssitte durch die Freiwilligen."
PS @ Bdaian: Sehr interessant! Hast Du deutsche Literatur zu Somatenes und Migueletes?


[1] Das moderne Völkerrecht der civilisierten Staaten als Rechtsbuch dargestellt. Nördlingen 1872. - Der hier interessierenden Kriegsrechtsteil brachte er 1874, offenbar wegen reger Nachfrage, als selbständigen Band heraus.
 
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Au, das ist wirklich ein interessantes Thema.
Als die württ. Kavallerie die Lützower niedermachten...

....

Wo soll das genau gewesen sein?

Die Lützower haben 1813 bei der Einnahme Bremens mitgewirkt und sind 1814 in Holland und Nordfrankreich eingesetzt worden. 1815 waren sie schon als IR Nr. 25 und Ulahnen Regiment Nr. 6 bei Ligny und Waterloo. Da gab es doch m.W. keine Würtemberger.

Meinst Du vielleicht das Schillsche Korps?
 
...PS @ Bdaian: Sehr interessant! Hast Du deutsche Literatur zu Somatenes und Migueletes?


[....

Leider nicht.

Ich habe etwas auf Englisch gesucht, aber auch nichts gefunden.

Ich versuche etwas zusammen zu stellen. Es ist tatsächlich ein interessantes Thema.
 
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Wo soll das genau gewesen sein?

Die Lützower haben 1813 bei der Einnahme Bremens mitgewirkt und sind 1814 in Holland und Nordfrankreich eingesetzt worden. 1815 waren sie schon als IR Nr. 25 und Ulahnen Regiment Nr. 6 bei Ligny und Waterloo. Da gab es doch m.W. keine Würtemberger.

Meinst Du vielleicht das Schillsche Korps?


Die Württemberger haben wesentlich länger auf Seiten Napoleons gekämpft.

Bei Kitzen.
Ein völkerrechtlich bis heute strittiger Fall.

Der württ. Kommandeur Graf Normann wurde vom franz. General zur Aktion gezwungen, was er zum Anlaß nahm, bei Leipzig die Seiten zu wechseln.
(kam er bei unserem dicken Friedrich aber schlecht an)
 
Die Württemberger haben wesentlich länger auf Seiten Napoleons gekämpft.

Bei Kitzen.
Ein völkerrechtlich bis heute strittiger Fall.

Der württ. Kommandeur Graf Normann wurde vom franz. General zur Aktion gezwungen, was er zum Anlaß nahm, bei Leipzig die Seiten zu wechseln.
(kam er bei unserem dicken Friedrich aber schlecht an)
Und was hat das mit dem Landsturm von 1813 zu tun?


@ alle
Interessanter für mich wäre, inwieweit denn die Landsturmleute überhaupt eingesetzt wurden.
Am ehesten ist mir dieses Bild von Fichte im Kopf, das für mich ziemlich für den bewaffneten Sonderling steht: Datei:Johann G. Fichte Karikatur.jpg – Wikipedia
Grundsätzlich scheint man mir in Deutschland für diese Aufgebote, ob nun Landsturm oder die älteren Landesdefensioner eher Spott übrig gehabt zu haben.
 
Der Landsturm ist übrigens der legitime Nachfolger der altdeutschen Landesdefension.

Um wieder lokal zu werden. Die württ. Ehrbarkeit hat Jahrhunderte lang ein stehendes Heer abgelehnt, (Kosten) die Landmiliz, die Landesdefension hätte das Land verteidigen sollen.
Obwohl sich die Unmöglichkeit öfters gezeigt hatte, am schlimmsten bei Nördlingen, dem schwedisch/weimarischen Heer fehlte Infanterie, hat der Herzog von Württ. ca. 10.000 Mann Miliz geschickt, die auf der Flucht fürchterliche Verluste hatte.

OT:
Wie hoch ist natürlich unbekannt, wie das in der Kriegshistorie so gerne ist, wo ein Mercy oder Turenne in einen Erlenbusch uriniert hat, steht heute noch ein Gedenkstein, wieviele arme Hunde verreckt sind, hat sich keiner die Mühe gemacht zu zählen...
 
Und was hat das mit dem Landsturm von 1813 zu tun?

Bitte Begriffsklärung:
Sind die Lützower für Dich kein Landsturm?

Kitzen ist mMn überhaupt ein interessanter Fall, für Napoleon waren die Lützower eh Partisanen die er am liebsten hätte füsilieren lassen. Es war Waffenstillstand und die Bedingungen sind wohl Lützow nicht korrekt bekannt gewesen. Ich kann jetzt stehend freihändig nicht die ganzen Verwicklungen aufzählen. Man möge sich, bei Interesse selbst schlau machen.

Die Schlacht bei Nördlingen, weiter unten, habe ich lediglich angeführt, um die geringe Effizienz dieser Truppen schon im 30jährigen Krieg aufzuzeigen.
Was sich in den Befreiungskriegen natürlich noch stärker zeigte, und Du hast es angesprochen, dazu führte, dass diese Truppen später (ab Leipzig) praktisch nicht mehr zum "Kampfeinsatz" herangezogen wurden.
 
Hier hat jemand eine Zusammenfassung dieses Ereignisses veröffentlicht: Napoleon Online :: Thema anzeigen - Gefecht bei Kitzen 17.6.1813 - Lützower gegen Württemberger

Ich würde das Lützower Freikorps nicht als "Landsturm" betrachten, wobei das wirklich eine Definitionsfrage ist, über die man sich trefflich streiten kann. Dieses Korps hatte sich jedoch schon vor dem Erlass gebildet (im März 1813, der Edikt ist vom 21. April 1813), Lützow selbst war davor bei den Schillschen Freikorps das definitiv als Freischärlereinheit einzustufen ist und kein Landsturm.

Über den Einsatz des Landsturms habe ich nur folgendes gefunden:

Das zweite Bataillon Hanseaten und eine Schwadron Cavallerie waren zum Grafen Kielmannsegge detaschirt gewesen. Der Obrist Kielmannsegge stand mit seinen Jägern an der Elbe, um den Uebergang bei Hitzacker zu schützen. Rechts, bei Boitzenburg schloß sich ein Detaschement Lützower Jäger an, links, bei Lenzen der preußische Landsturm. Am 18. August war der Lieutenant Winkler schon über die Elbe gegangen, hatte eine Schanze bei Dannenberg zerstört, und auf dem Zuge eine feindliche Kasse erbeutet und einen Courier aufgefangen.

http://www.lexikus.de/Hamburg-unter...-1806-1814/Die-Hanseaten-im-Felde/Abschnitt-6

Ich dachte es hätte auch der Landsturm beim Hagelberg mitgekämpft, dort war aber anscheinend nur Landwehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Über den Einsatz des Landsturms habe ich nur folgendes gefunden: ...
Ja, diese Episode wird auch anderweitig berichtet. Es sollen angeblich bei Lenzen 3000 (!) Landsturmleute gewesen sein. [1] Im Übrigen lassen sich die - insgesamt militärisch bedeutungslosen - Einsätze an zwei Händen abzählen; unter anderem soll sich der Landsturm bei der Belagerung von Magdeburg (Ende 1813) "wiederum sehr werkthätig gezeigt habe(n)" [2].

Und auch nach dem Krieg trat er einmal in Erscheinung: "Im Jahre 1816 wird bei einem größeren Exzeß, der sich in Nietleben bei Halle an dem dort immer am Himmelfahrtstage stattfindenden Volksfeste ereignete, vom Oberförster Reiche zur Erhaltung und Wiederherstellung der Ordnung der Landsturm aufgeboten." - An dieser Stelle wird der fließende Übergang zu Polizeiaufgaben deutlich. [4]

Aber ich entferne mich von meiner eigenen Fragestellung.:rotwerd:


[1] Blumenthal, Der preußische Landsturm von 1813, Berlin 1900, S. 136
[2] aaO, S. 138
[3] aaO, S. 155
[4] Den aktuell-politischen Hinweis auf die Diskussion über den Einsatz der Bundeswehr im Innern verkneife ich mir natürlich...
 
Ich dachte es hätte auch der Landsturm beim Hagelberg mitgekämpft, dort war aber anscheinend nur Landwehr.
Ich hatte mal ein Büchlein über Hagelberg gelesen, also da war auch nur von Russen und preußischer Landwehr die Rede. Betont wurde bei diesem Gefecht gegen das Zwischenkorps Girard der Nahkampf, ähnlich wie bei Großbeeren wohl eher mit den Gewehrkolben als mit den Bajonetten.

Es wird so sein wie bei den Piken bei der Landwehr. Wenn man lange genug sucht, wird man schon einen, wenngleich unmaßgeblichen Einsatz finden. Man wird aber schon feststellen, dass dieser die absolute Ausnahme war, was eigentlich eher etwas über die Geringschätzung oder mangelnde Bereitschaft solche schlechtbewaffneten Truppen einzusetzen als über das Gegenteil aussagt.

Ich sehe den Landsturm hauptsächlich als eine Antwort auf die Problematik der Bindung von Linienregimentern und sonstiger brauchbarer Infanterie für Festungs- und andere Wachdienste. Dafür konnten auch minderwertige Truppen eingesetzt werden, wie das aber auch schon traditionell die Landesdefensionsfahnen des 17. und 18.Jh. wahrgenommen haben.
Von daher ist allerdings auch der Gedanke einer Volksbewaffnung und auch in Brandenburg-Preußen nicht so neu. Ich glaube schon eine Fahne eines solchen Landesaufgebots aus dem 17.Jh. in einer Biographie zu Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürst, gesehen zu haben. Allerdings wurde auch während des brandenburgisch-schwedischen Krieges der 1670er doch nur sehr begrenzt auf dieses letzte Mittel der Landesverteidigung durch mehr oder minder geeignete Landeskinder zurückgegriffen.
 
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