Die Evolution der Kriegführung

Windhuk Lager

Mitglied
Hallo zusammen,

ich hätte eine Frage an die Militärhistoriker unter euch.

Mich würde interessieren, welche Schlachten (sagen wir mal 20) die Bedeutensten in der Geschichte waren.
Dabei meine ich weniger die Größe der Schlacht, sondern bedeutende Weiterentwicklungen die den Schlachtverlauf entscheidend beeinflusst haben.
Meine Beispiele:
Die ersten Waffen aus Metall, die Entwicklung der Auftragstaktik, die Phalanx, das Schießpulver, die schwere Kavallerie, das Flugzeug als Waffe, usw.
Welche Weiterentwicklungen der Taktik oder der Waffentechnik waren euerer Meinung nach entscheidend und welche Schlacht kann als beispielhaft dafür gesehen werden.

Danke für euere Antworten und schönen Gruß Steffen
 
Das lässt sich z.T. gar nicht beantworten, da z.B. die ersten Schlachten unter Verwendung metallener Waffen zeitlich vor der Schriftlichkeit liegen. Und selbst in Zeiten der Schriftlichkeit ist nicht unbedingt alles so dokumentiert, wie wir uns das wünschen oder doch zumindest nicht auf uns gekommen.
 
Grob kann diese militärisch-technisch-taktische Entwicklung an gesellschaftlichen Wandel und an Erfindungen und Technologisierung innerhalb der Gesellschaften festgemacht werden.

Um hier einen Überblick zu erhalten, halte ich es für unbedingt wichtig, diese Entwicklung analog an den gesellschafts-geschichtlichen Epochen einzuteilen.

Eine klare sachliche Übersicht wird man aber kaum erstellen können, da die Sichtweise und Wirkungsweise von Technik und Taktik historisch nicht immer gleichwertig oder einheitlich betrachtet werden. Auf Deutsch, die Meinungen von Historikern gehen teilweise stark auseinander, gerade in der Bewertung von Neuerungen von Militärtechnik und von Schlachten und Kämpfen.
 
Nun, ich hoffe, ich habe die Frage richtig verstanden?!

Was mir spontan einfällt, ist beispielsweise die Versenkung der englischen Schlachtschiffe Prince of Wales und Repulse durch japanische Luftstreitkräfte während des zweiten Weltkrieges.
Das ist für mich insofern ein Wendepunkt der Kriegsführung, weil hier erstmalig schwere, mit Flakartillerie hochgerüstete Schlachtschiffe ausschließlich aus der Luft bezwungen wurden. Dies bedeutet für mich den Anfang vom Ende der Schlachtschiffära und der Beginn der Flugzeugträgerära.

Grüßle aus dem Schwabenländle
 
Was mir spontan einfällt, ist beispielsweise die Versenkung der englischen Schlachtschiffe Prince of Wales und Repulse durch japanische Luftstreitkräfte während des zweiten Weltkrieges.
Das ist für mich insofern ein Wendepunkt der Kriegsführung, weil hier erstmalig schwere, mit Flakartillerie hochgerüstete Schlachtschiffe ausschließlich aus der Luft bezwungen wurden. Dies bedeutet für mich den Anfang vom Ende der Schlachtschiffära und der Beginn der Flugzeugträgerära.

Hier haben wir ein gutes Beispiel, wie kontrovers die Meinungen sein können.
Sicherlich ist die Versenkung der Force-Z Dez 1941 durch Flugzeuge richtungsweisend, aber ebend nur ein kleiner Baustein in der Gesamtentwicklung neuer Seestrategien im 2.Weltkrieg. Und diesem Trend ging die Versenkung der amerikanischen Pazifikflotte durch Flugzeuge genauso voraus, wie dem Luftangriff auf Tarent Nov 1940 oder der verhängnisvolle Treffer des alten Propellerflugzeuges auf dem Schlachtschiff Bismarck Mai 1941 usw.

Somit haben wir hier ein Beispeil , wie schwierig es sein wird, eine einheitliche Sicht der Ereignisse der Kriegsführung allgemein und vor allem über einen langen Zeitraum darzustellen.;)
 
Also seh es auch so, dass es schwer ist, da einheitliche Bewertungsmaßstäbe zu finden. Aber als wichtig würde ich die Schlacht von Leuthen mit der "schiefen Schlachtordnung" von Friedrich dem Großen erachten, eine wichtige Entwicklung, da damit meiner Meinung die festgefahrene Gefechtsordnung durchbrochen wurde und ein Schritt hin Bewegungskrieg gemacht wurde. Bin in dem Thema allerdings nicht besonders bewandert...
 
Cambrai

Die Briten brechen unter massivem Einsatz von Tanks "durch"
und werden unter massivem Einsatz von Erdkampfflugzeugen wieder zurückgeschlagen.

In der Massierung waren beide Einsatzarten neu.
 
Die Versenkung von drei britischen Panzerkreuzern 1915 unmittelbar hintereinander durch das deutsche U9 zeigte, wie stark das Uboot als Offensivewaffe auch gegen Kriegsschiffe dienlich war.
 
Hier haben wir ein gutes Beispiel, wie kontrovers die Meinungen sein können.
Sicherlich ist die Versenkung der Force-Z Dez 1941 durch Flugzeuge richtungsweisend, aber ebend nur ein kleiner Baustein in der Gesamtentwicklung neuer Seestrategien im 2.Weltkrieg. Und diesem Trend ging die Versenkung der amerikanischen Pazifikflotte durch Flugzeuge genauso voraus, wie dem Luftangriff auf Tarent Nov 1940 oder der verhängnisvolle Treffer des alten Propellerflugzeuges auf dem Schlachtschiff Bismarck Mai 1941 usw.

Somit haben wir hier ein Beispeil , wie schwierig es sein wird, eine einheitliche Sicht der Ereignisse der Kriegsführung allgemein und vor allem über einen langen Zeitraum darzustellen.;)

@Köbis

Pearl Harbour und die Bismarck sind mir natürlich bekannt :winke:

aber sowohl in Pearl Harbour (japanische KleinUBoote) als auch bei der Bismarck waren zusätzlich noch Schiffseinheiten an der Schlacht beteiligt. Ich wollte konkret ein Beispiel benennen, bei der das erste Mal ausschließlich ein Gefecht auf hoher See (was Tarent nicht war) zwischen Luft- und Seestreitkräften zu Gunsten der Luftstreitkräfte entschieden wurden.

@Rheinländer

war die schiefe Schlachtordnung nicht schon in der Schlacht von Leuktra zwischen Thebanern und Spartanern eingeführt?

Grundsätzlich ist es natürlich schwierig, DEN Punkt zu benennen; es wird vermutlich für alles ein Pro und Kontra geben. Aber markante Punkte der Schlachtevolution (finde kein besseres Wort) können wir vermutlich schon herausarbeiten :friends:

Grüßle aus dem Schwabenländle
 
Bei Kuhn wurde der Begriff des Paradigmas ausformuliert. Das Konzept gilt primär für den Bereich der Wissenschaftsgeschichte, läßt sich aber auch auf andere Bereiche übertragen.

In diesem Sinne sind die Schlachten bedeutsam, in denen eine traditionelle Auffassung von Kriegsführung, also ein altes Paradigma, auf eine neues Paradigma trifft.

Das neue Paradigma der taktischen oder operativen Kriegsführung basiert dabei im wesentlichen auf einer Kombination von überlegenen Waffen, Ausbildung, oder taktischen Doktinen auf dem Schalchtfeld.

Typische Beispiele, die diese Aspekt in der Landkriegsführung aufweisen:

- Die Vernichtungsschlacht im Rahmen der einseitigen bzw. zweiseitigen Umfassung (Hannibal)

- Die schiefe Schlachtordnung (Friedrich der Große)

- Die massive Kolonne bzw. das Momentum (Napoleon bei Wagram)

- Die konzentrische Bewegung von Massen-Heeren und Nutzung neuartiger Logistik (Moltke)

- Der kombinierte Durchbruch unterschiedlicher Teilstreikräfte als Blitzkriegkonzept (Sichelschnitt, Mannstein)
 
@Köbis

Pearl Harbour und die Bismarck sind mir natürlich bekannt :winke:

aber sowohl in Pearl Harbour (japanische KleinUBoote) als auch bei der Bismarck waren zusätzlich noch Schiffseinheiten an der Schlacht beteiligt. Ich wollte konkret ein Beispiel benennen, bei der das erste Mal ausschließlich ein Gefecht auf hoher See (was Tarent nicht war) zwischen Luft- und Seestreitkräften zu Gunsten der Luftstreitkräfte entschieden wurden.

@Rheinländer

war die schiefe Schlachtordnung nicht schon in der Schlacht von Leuktra zwischen Thebanern und Spartanern eingeführt?

Grundsätzlich ist es natürlich schwierig, DEN Punkt zu benennen; es wird vermutlich für alles ein Pro und Kontra geben. Aber markante Punkte der Schlachtevolution (finde kein besseres Wort) können wir vermutlich schon herausarbeiten :friends:

Grüßle aus dem Schwabenländle


Ja, das hatte ich auch gelesen. Ist wohl verschütt gegangen, wie so vieles.

Leuthen ist trotzdem als wichtiger Punkt oder Beispiel für Friedrichs Fähigektien als Feldherr anerkannt.
 
In diesem Sinne sind die Schlachten bedeutsam, in denen eine traditionelle Auffassung von Kriegsführung, also ein altes Paradigma, auf eine neues Paradigma trifft.
... und wenn die Unterlegenen dann auch das neue Paradigma übernehmen, gleicht sich das wieder aus.

Beispiel : Vor dem Krieg 1870/71 hatte Preußen/Deutschland massiv aufgerüstet, dadurch hatte die Industrielle Revolution sozusagen Einzug in die Armee gehalten, während Frankreich *bildlich gesprochen* noch mit Vorderladern kämpfte. Dementsprechend leicht wurde Frankreich besiegt.

Von dieser "Evolution" war dann aber im Ersten Weltkrieg nichts mehr zu spüren, denn nun kämpften zwei Armeen der Industriellen Revolution gegeneinander und rannten bei Verdun in ein Patt.
 
... und wenn die Unterlegenen dann auch das neue Paradigma übernehmen, gleicht sich das wieder aus.

Beispiel : Vor dem Krieg 1870/71 hatte Preußen/Deutschland massiv aufgerüstet, dadurch hatte die Industrielle Revolution sozusagen Einzug in die Armee gehalten, während Frankreich *bildlich gesprochen* noch mit Vorderladern kämpfte. Dementsprechend leicht wurde Frankreich besiegt.

Von dieser "Evolution" war dann aber im Ersten Weltkrieg nichts mehr zu spüren, denn nun kämpften zwei Armeen der Industriellen Revolution gegeneinander und rannten bei Verdun in ein Patt.

Dass sehe ich eigentlich nicht so. Waffentechnisch waren die Preussen-Deutschen nur auf dem Gebiet der Artillerie überlegen. Und gerade Frankreich hatte in den Jahren vor 1870 nach dem Schock des schnellen Sieges Preussens über die Östereicher massiv aufgerüstet, vor allem mit gezogenen Hinterladern und sogar MGs (den Mitrailleuses). Industriell lag damals m.E. Frankreich noch vorne und setzte dieses auch ein.

Der Vorteil der deutschen lag eher in Taktik, Logistik und geschickte Ressourcennutzung. Die Anwendung wr moderner, nicht aber die Ausrüstung.
 
Offenbar zielt die Frage auf taktische Neuerungen/Veränderungen im Schlachtgeschehen, die dann quasi einen Wendepunkt darstellen sollen.

Ich glaube, monokausale Ursachen für eine Schlachtentscheidung gibt es nicht, auch wenn so manche Geschichtsschreibung davon ausgeht.
Motivation, Wetter, Glück oder Pech, simple Fehler und sogar halsbrecherisches Risiko, das dann mit Erfolg gekrönt ist, spielen m.E. eine zu große Rolle um da eine eindeutige Festlegung treffen zu können.

Was mir, sehr unsortiert, und völlig diskutabel, einfällt wären:

Meggido, 1457 v. Chr. mit dem Einsatz bronzezeitlicher Kampfwagen
Die makedonische Phalanxtaktik in den Alexanderkriegen, Anfang/Mitte 3.Jh. v.Chr.
Pydna, 22.6.168 v. Chr, bei der Phalanxtaktik überwunden wurde
Canae 2.8.216 v.Chr, die klassische Umfassungsschlacht
Morgarten, 15.11.1315, die Wiederauferstehung der Phalanxtaktik und Beginn des Endes
der Dominanz der Ritterheere
Crécy 26.8.1346, Sieg der Langbogen
Mauperties/Poitiers 19.9.1356, vermutlich erster (Europäischer) Einsatz von Kanonen
Majuba Hill, 27.2.1881, Auflösung der Lineartaktik und Sieg der „Burentaktik“, der gelösten Formation
1915, Westfront Entwicklung der Sturmtrupp/Stoßtrupptaktik nach Hauptmann Rohr, erste Einsätze bei Verdun Anfang 1916. „Erfolgreich“ an der Ostfront, sowie bei Caporetto, 24-27.10.17 und während den deutschen Frühjahrsoffensiven 1918
15.09.16, Flers, Sommeschlacht, erster Einsatz von Tanks (erfolglos)
08.08.18 Beginn der 100-tage-Offensive der Alliierten bei Amiens, kombinierter Einsatz von Infanterie, Artillerie und Luftwaffe. Endgültige Auflösung des Grabenkrieges

Wie gesagt, keineswegs vollständig und auch jeweils in der Bedeutung diskutabel
Thomas
 
Interessant ist es aber auch die dogmatische Überhöhung einer innovativen Doktrin bzw. eines militärischen Paradigmas zu betrachten.

1. Preußen im Kampf gegen Napoleon:
Eine Ursache für die Niederlage der Preußen ist die schematische Anwendung der schiefen Schlachtordnung. Deren Schwäche einmal erkannt verheerend für die Schlachten der Preußen gegen Napoleon war.

2. Das Dogma der Defensive:
Die Auswertung der Erahrungen vor Verdun und die darauf basierende Strategie im Rahmender Maginat-Linie können ebenfalls als unreflektierte Fortentwicklung eines Paradimas interpretiert werden, das als Doktirn zu einem Dogma erstarrt ist.
 
Interessant ist es aber auch die dogmatische Überhöhung einer innovativen Doktrin bzw. eines militärischen Paradigmas zu betrachten.

1. Preußen im Kampf gegen Napoleon:
Eine Ursache für die Niederlage der Preußen ist die schematische Anwendung der schiefen Schlachtordnung. Deren Schwäche einmal erkannt verheerend für die Schlachten der Preußen gegen Napoleon war.
In welcher Schlacht oder welchem Gefecht soll sich das ausgewirkt haben?

Schleiz, Saalfeld, Auerstedt, Vierzehnheiligen (Jena), Altenzaun, Eylau?:confused:
 
Auch sehr charakteristisch, war die Verfehlung des Rammsporns als Waffe, die nach den Vorfällen im amerikanischen Bürgerkrieg und in der Seeschlacht bei Lissa extreme Anwendnung bis hin zur Ausrichtung der Taktik der neuen Panzerschiffe fand.
Die Taktik der Linie im Seegefecht war für viele Jahre als unbrauchbar abgelehnt und es entstand ein durcheinander an Möglichkeiten für die Zukünftige Geschützaufstellung und dem Kampfbereich im Bug- und Heckfeuer der Kriegsschiffe.

Erst mit der Einführung leistungsfähiger Artillerie auf den Schiffen ab den 1890iger Jahren und damit gestiegen Reichweiten, kam man wieder zu Linientaktik, der Rammsporn blieb dennoch bis in dem 1.Weltkrieg...
 
15.09.16, Flers, Sommeschlacht, erster Einsatz von Tanks (erfolglos)
s


Als Ersatzreservist (laut Wehrpass) möchte ich die ganzen Oberoffiziere hier doch nochmals auf die "Tankschlacht" bei Cambrai aufmerksam machen.

Erstmals wurden Tanks in Massen eingesetzt. Und keineswegs erfolglos.
Der Durchbruch war gelungen!
Aufgehalten und Zurückgeschlagen wurden die Engländer hauptsächlich durch den ersten Masseneinsatz von Erdkampfflugzeugen durch die Deutschen.
(Insbesondere dieser 2. Punkt scheint relativ unbekannt zu sein)

Es ist mir kein Zusammentreffen von 2 völlig neuen, völlig unterschiedlichen erstmals in diesem Krieg eingesetzten Waffen bekannt, die beide, für sich gesehen, hierbei überaus erfolgreich waren.
 
Interessant ist es aber auch die dogmatische Überhöhung einer innovativen Doktrin bzw. eines militärischen Paradigmas zu betrachten.

1. Preußen im Kampf gegen Napoleon:
Eine Ursache für die Niederlage der Preußen ist die schematische Anwendung der schiefen Schlachtordnung. Deren Schwäche einmal erkannt verheerend für die Schlachten der Preußen gegen Napoleon war.

Das war Friedrich II. in der Schlacht von Leuthen 1757, der die schiefe Schlachtordnung anwandte.
 
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