Kriegsbräuche, Taktiken und Waffen der germanischen Stämme

SebastianV

Mitglied
Hallo! :winke:

Ich hab ne Dokumentation über die Romanisierung der Germanen gesehen, in der unter anderem eine Schlacht der Sueben gegen die Römer dargestellt wurde.
Die Strategie des germanischen Stammes nannten sie Eberköpfe, also mehrere Keile.

Aber wie hatten es die Germanen mit Strategien?!

Danke!
 
Das könnte allerdings eine interessante Diskussion werden, wenn du die Strategie der Germanen meinst.

Alles deutet allerdings darauf hin, dass es sich hauptsächlich auf die Vernichtungsstrategie beschränkte, ergo finde die Hauptmacht des Gegners und schlage sie, wenn ein Anführer Eroberungen ins Auge fasste.

Allerdings wurde auch sehr viel Druck durch konstante Einfälle in feindliche Regionen ausgeübt, ein wenig wie Ermattungsstategie, obwohl es das nicht ganz trifft, Beutegier ist es eher zu nennen.

Allerdings trug dieser Druck wohl auch dazu bei, dass der angegriffene ab einem bestimmten Druck sich den Angreifer unterwarf.
 
Guten Tag zusammen!

Er nannte eben Eberköpfe, deshalb meint er wohl Taktik.

Die Germanen hatten es eher nicht so mit Taktiken und ihnen war es nur wichtig, in den Nahkampf, bzw. Mann gegen Mann zu gehen und nicht geordnet zu kämpfen, wie es die Römer taten.
 
....Die Germanen hatten es eher nicht so mit Taktiken und ihnen war es nur wichtig, in den Nahkampf, bzw. Mann gegen Mann zu gehen und nicht geordnet zu kämpfen, wie es die Römer taten.

Wenn es so während der ganzen (Mehrhundertjährigen) Koexistenz zwischen dem Imperium und Germanen gewesen wäre, dann wäre wohl ganz Mitteleuropa römisch geworden.
Für die frühe Zeit finden sich bei Tacitus und Caesar einige hübsche Episoden, die deiner Aussage wiedersprechen - Stichworte Arminius und Ariovist.

Im Übrigen suchten auch die Römer den Nahkampf als wichtigsten und entscheidenden Teil der eigentlichen Feldschlacht. Trotzdem verwendeten beide Parteien etwa auch Bogenschützen - interessanterweise waren dies bei den Römern fast immer Auxilien und Hilfsvölker...
 
Wenn es so während der ganzen (Mehrhundertjährigen) Koexistenz zwischen dem Imperium und Germanen gewesen wäre, dann wäre wohl ganz Mitteleuropa römisch geworden.
Für die frühe Zeit finden sich bei Tacitus und Caesar einige hübsche Episoden, die deiner Aussage wiedersprechen - Stichworte Arminius und Ariovist.

Im Übrigen suchten auch die Römer den Nahkampf als wichtigsten und entscheidenden Teil der eigentlichen Feldschlacht. Trotzdem verwendeten beide Parteien etwa auch Bogenschützen - interessanterweise waren dies bei den Römern fast immer Auxilien und Hilfsvölker...

Was?

Die Römer waren doch nicht "Mann gegen mann" sondern in einer formierten Kampfformation. Das Geplänkel vor der "geordneten Schlacht" war den Germanen im Gegensatz zu den Römern unwichtig.

Mitteleuropa war bereits, wie du wissen musst, römisch.
Arminius war ein germanischer Fürstensohn (bei den Römern ein "Ritter"), der nach Jahren wieder nach Germanien zurückkam und sah diese Unterdrückung der Germanen mit Verzweiflung usw. (Geschichte kennst du ja)
Als er den Hinterhalt plante wusste er, dass die Römer in den Mann gegen Mann Kampf gezwungen werden. Das war ja ein langer Tross von 15 km Länge; bei 20000 Soldaten.
Die Germanen wollten also in den "Mann gegen Mann" Kampf gehen, denn von einer geordneten Kampfformation steht nichts in den Geschichtsbüchern.
Sie sind, relativ, ungeordnet in die Reihen reingeprescht. Deswegen haben die Römer auch bestimmt 90% der Scharmützel oder Schlachten gewonnen.

Aber wenn du an deine These festhälst, kannst du sie dann belegen (mich interressiert das)

MFG
 
Die Germanen hatten es eher nicht so mit Taktiken und ihnen war es nur wichtig, in den Nahkampf, bzw. Mann gegen Mann zu gehen und nicht geordnet zu kämpfen, wie es die Römer taten.

Das dürfte auf für die "Germanen" der frühen römischen Kaiserzeit gegolten haben, aber sehr wahrscheinlich nicht mehr für die spät antiken germanischen Gruppen.
Ich vermute das durch den Dienst im römischen Heer, wird auch die ein oder anderer Taktik von den Germanen übernommen worden sein.
Zumal ja auch im spät antiken römischen Heer, germanische Personen bis in die Ränge des magister militium aufgestiegen sind, und damit mit Sicherheit auch in dem Bereich Taktik und Logistik bewandert waren.
Vielleicht sollte man mal versuchen die Bewaffnungssitte der Germanen in einer zeitlichen Tiefe darzustellen, damit könnte m.E. auch Aufschlüsse über die mögliche Kampfesweise gewinnen.
 
Die Römer waren doch nicht "Mann gegen mann" sondern in einer formierten Kampfformation. Das Geplänkel vor der "geordneten Schlacht" war den Germanen im Gegensatz zu den Römern unwichtig.

Weiß man's?

Arminius war ein germanischer Fürstensohn (bei den Römern ein "Ritter"), der nach Jahren wieder nach Germanien zurückkam und sah diese Unterdrückung der Germanen mit Verzweiflung usw. (Geschichte kennst du ja)
Als er den Hinterhalt plante wusste er, dass die Römer in den Mann gegen Mann Kampf gezwungen werden. Das war ja ein langer Tross von 15 km Länge; bei 20000 Soldaten.

Genau hier liegt, so ich es verstanden habe, tejasons Problem. Eine ca. 500jährige gemeinsame Geschichte wird auf einen Augenblick (nämlich die Varusschlacht) reduziert.
Ob Arminius nach Germanien zurückkam etc. wissen wir nicht. Das sind bloß Historikerrekonstruktionen.
 
„Sieg und Triumpf „Der Norden im Schatten des römischen Reiches““
Sieg und Triumpf - Der Norden im Schatten des Römischen Reiches, Sieg Triumpf Norden Schatten des Römi, AntikMakler Archäologie und Geschichte
Ist ein gutes Buch, wenn man die Wechselwirkung zwischen Römern und Germanen studieren will, INDEREKT mit der Entwicklung der Waffen.
Ich nenne es mal Waffenmode, oft von den „Römern“ vorgelegt nach kurzer Zeit bei den „Barbaren“ angekommen, so jedenfalls das Fazit.
Taktische Entwicklungen dürften da nicht halt gemacht haben.
Sicher nicht im gesamten Maße (z.B. Größe des Heeres und auch keine Geschütze), aber sicherlich wird nicht nur die Waffenmode übergeschwappt sein, sondern auch die Art der Nutzung.
 
bei völligem fehlen von quellen ist es immer nützlich zu sehen, was die archäologie hergibt.

klar ist, das die germanischen stämme der völkerwanderungszeit sich einem gemisch aus mediteranen, reitervölkischen und eigenen taktiken zugewandt haben. ich bin da jetzt nich quellensicher, aber ich kann mich an unterstreichende aussagen aus der fachliteratur erinnern.

viel interessanter dürfte aber die taktische einschätzung der germanen der römischen kaiserzeit sein. überliefert ist der eberkopf, welcher bereits von hans delbrück zu beginn des des 20. jahrhunderts entzaubert wurde.
ging man ursprünglich noch von einer keilform aus, muss man eher von einem haufen/quadrat/rechteck ausgehen welches auf die römische formation trifft. (siehe obigen link)
in wie weit diese taktik bei innergermanischen oder keltischen scharmützeln anwendung fand, bleibt reine spekulation. ich kann mir denken das der eberkopf eher aus der notwenidigkeit geboren wurden die römischen reihen zu sprengen und ansonsten keine anwendung fand.

geht man davon aus, das die germanen also bemüht waren die römischen reihen zu sprengen um diese in den kampf mann gegen mann zu zwingen, kann man, denke ich davon ausgehen das sie ihre chancen unweit höher einschätzten, als hätten sie dies nicht getan. (siehe Varusschlacht)

sicherlich ist anzunehmen, das der römische legionär auch im mann gegen mann geschult war. dabei aber auf eine lose deckung durch seine neben und hintermänner vertraut hat. ziel der römischen taktik war dies gegen die körperlich spritzigeren germanen jedoch auf keinen fall.

was jedoch stimmt, ist das langsam anpassung der germanen an ihre jeweiligen gegner. dominierten in frühester zeit lange (keltische) hiebklingen, speere und hölzerne schilde, finden sich nachher immer mehr kurze stoßklingen, speere und schilde mit metalbucklern, eben weil man sich den römischen bewaffnungen annähert (handel oder militärische notwendigkeit?).

reiterverbände gibt es nicht, zumindest keine die mit römischen vergleichbar wären. das pferd ist standessymbol und nach archäologischen quellen dürfte ein reiter auf mind. 10 fußkämpfer kommen.
historisch belegt sind lose reiterverbände gemischt mit fußkämpfern.
die germanische frame dürfte sich sehr gut zum berittenen kampf eignen, ähnlich auch die hiebschwerter.
bogenschützen oder zumindest organisierte speerwerfer sind mir zumindest auch keine bekannt, was auch aufgrund des gefolgschaftswesens eher unwahrscheinlich ist, da jeder germane eine art standardausrüstung besitzt (frame und schild mit dem erwachsen werden), darüber hinaus schwerter und pferde für die reicheren schichten.

für mich ergibt sich hierbei ein vereinfachtes bild eines germanischen angriffs. unterteilung nach gauen (oder ähnlichen ordnungsstrukturen) mit leichter kavallerie. versuch der gaue den römischen pilahagel zu unterlaufen und die verluste gering halten. mit schwung auf die stehenden reihen treffen und diese aufsprengen um die römer durch stärkere physis nieder zu ringen.
ob nun der speer stärker ist wie das schwert (historische quellen) oder ob die germanen einfach zu wenig metal hatten ist hierbei eine eher nebensächliche frage. ich denke man kann von zweiterem ausgehen.
klappt der durchbruch nicht kann man nur hoffen das die krieger sich zurückziehen und erneut formieren. (siehe Ariovist, wo das dann nicht geklappt hat)

daher kann man evtl auch ableiten das die germanen in offener feldschlacht gegen ein römsiches heer unterlegen sein müssen, in den wäldern die situation jedoch anders herum sein müsste.
 
Vor kurzem hörte ich das bei der Varusschlacht sich angeblich einige germanische Krieger mit einer Art schwarzer Farbe eingefärbt haben sollen. Je nach Darstellung entweder nur das Gesicht oder den gesamten Oberkörper.
Daher wollte ich hier im Forum nachfragen was ihr von dieser Geschichte haltet.
Falls dies wirklich passiert sein sollte, handelte es sich dann bei der Farbe um klassische Tarnfarbe oder hatte dieser Brauch eher religiöse oder psychologische Bedeutung ( i. S. v. den Gegner einschüchtern)?

Ferner würde es mich interessieren ob es bekannt ist zu welchem Stamm diese Krieger gehörten und ob es überhaupt spezielle Kriegsbräuche bei den einzelnen germanischen Stämmen gegeben hat. Manchmal lassen sich hierdurch auch Verhaltensweisen im Umgang mit Tod und Angst erkennen.

Danke schon mal im vorraus.:winke:
 
Vor kurzem hörte ich das bei der Varusschlacht sich angeblich einige germanische Krieger mit einer Art schwarzer Farbe eingefärbt haben sollen. Je nach Darstellung entweder nur das Gesicht oder den gesamten Oberkörper.

Reine Phantasie. Keine der Quellen zur Varusschlacht berichtet dergleichen.
 
Eigentlich wird kaum mehr als der "furor teutonicus" und der "baritus" (Schlachtgesang, auf Schilde trommeln und brüllen) in Quellen erwähnt - und da ist zu fragen, inwiefern diese Formulierungen einem Barbarentopos geschuldet sind (z.B. dass der Barbar immer hinterlistig und vertragsbrüchig sei usw.).

Diverse auch neuere Kinofilme bringen bemalte Barbaren, die sich mit römischen Legionen prügeln, auf die Leinwand - na ja, das ist halt Kino.

Was deutlich später, in der Spätantike und im frühen Mittelalter, die germanischen Barbarenheere betrifft, so findest Du in einem Kapitel des Buchs "die barbarische Gesellschaft" von Prof. Scheibelreiter ein paar interessante Auswertungen der (spärlichen) Quellen.

Merkwürdig ist in Prokops Gotenkrieg die Beschreibung eines Waffenritts/Reiterspiels des gotischen Königs Totila.
 
Merkwürdig ist in Prokops Gotenkrieg die Beschreibung eines Waffenritts/Reiterspiels des gotischen Königs Totila.
Das war allerdings nicht Selbstzweck, sondern sollte die Oströmer hinhalten, weil Totila noch auf Verstärkung wartete. Letztlich war es aber überflüssig, weil die Oströmer in der Schlacht von Busta Gallorum ohnehin eine defensive Taktik anwendeten und somit den ostgotischen Angriff abwarten mussten.

Eigentlich wird kaum mehr als der "furor teutonicus" und der "baritus" (Schlachtgesang, auf Schilde trommeln und brüllen) in Quellen erwähnt - und da ist zu fragen, inwiefern diese Formulierungen einem Barbarentopos geschuldet sind (z.B. dass der Barbar immer hinterlistig und vertragsbrüchig sei usw.).
Dass in der antiken Literatur Barbaren immer so dargestellt würden, scheint mir allerdings eher ein Topos heutiger Darstellungen zu sein. In den Quellen liest man sehr unterschiedliche Darstellungen des Verhaltens von Barbaren. Bei den Germanen wird z. B. immer wieder die hohe Bedeutung des Gastrechts erwähnt und dass sie lieber so manche Probleme in Kauf nahmen als es zu verletzen.

Erwähnt wird übrigens auch, dass Gallier vor dem Kampf tänzelten und die Zunge herausstreckten. Die Römer interpretierten das als Verspottung, in Wahrheit war es aber wohl eine Drohgeste.
 
Es handelt sich um die Harii/Harier

Der von Waldläufer angesprochene Fall findet sich bei Tacitus in der "Germania". Erfreulicherweise ist die entsprechende Stelle bei Wiki komplett zitiert. Erschöpfen sich doch anscheindend die Quellen über diesen "Stamm" mit dieser Erwähnung.

Wiki schrieb:
„Dagegen die Harier übertreffen die kurz zuvor aufgezählten Stämme nicht nur an Stärke, sondern sind außerdem furchtbar anzusehen und helfen ihrer angeborenen Wildheit noch durch künstliche Mittel und günstigen Zeitpunkt nach. (Denn) schwarz sind die Schilde, bemalt die Oberkörper; finstere Nächte wählen sie zum Kampf, und so jagen sie schon durch die grauenhafte, schattenhafte Erscheinung des gespenstischen Heeres Schrecken ein, da kein Feind dem entsetzlichen, gleichsam infernalischen Anblick standhält; denn zuerst werden in allen Schlachten die Augen bezwungen.“
– Tacitus: Germania 43,4[2]
 
Der von Waldläufer angesprochene Fall findet sich bei Tacitus in der "Germania". Erfreulicherweise ist die entsprechende Stelle bei Wiki komplett zitiert. Erschöpfen sich doch anscheindend die Quellen über diesen "Stamm" mit dieser Erwähnung.
Harii ? Wikipedia

Bei der eingangs erwähnten "schwarzen Farbe" könnte es sich um Graphit handeln.

Die weitere Recherche führt mich übrigens zum Herrn der Ringe: Mittelerde: Tolkien und die ... - Google Books - Danke für den Hinweis, tejason! :winke:
 
@tejason: Danke für die Hilfe. Interessant das die Harii/Harier anscheinend ein Teilstann der Lugiern waren und diese eher den Kelten als zu Germanen gehörten.

@jschmidt: Wie kommst Du auf Graphit? Ich stehe gerade auf dem Schlauch. Hilf mir auf die Sprünge. Kann es nicht auch Kohle gewesen sein?
 
Reine Phantasie. Keine der Quellen zur Varusschlacht berichtet dergleichen.
Mir wurde mitgeteilt über einen der Kommunikationswege dieses Forums mitgeteilt, die Äußerung sei vorschnell. Nein, die Äußerung war keinesfalls vorschnell, sondern handelt sich um ein Faktum: Keine der Quellen zur Varusschlacht berichtet dergleichen.
Wir könnten sogar die Aussage des Tacitus ganz in Frage stellen, ob es diese Nachtkämpfer überhaupt gab. Nur weil etwas in den Quellen steht, muss es ja noch lange nicht stimmen - und die kurze Stelle über die Harier hört sich eher wie ein Schreckgespenst römischer Legionäre an, also wie ein Gerücht, welches unter den Legionären umging und welches Tacitus aufgeschnappt hat, denn wie eine historisch gesichterte Tatsache. Auch weil kein explizites Ereignis genannt wird, wann Römer und Harier mal aneinander geraten sind.
Vielleicht handelte es sich aber auch um einen tatsächlichen Kriegsbrauch, der bei einem oder mehreren Stämmen vollzogen wurde und Tacitus hätte dann aus einer germanischen Bezeichnung (harja, 'Krieger', daraus unser Wort Heer) eine Ethnie gemacht.
 
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