Indogermanen, Konstrukt oder Wirklichkeit?

@Dieter: Meine Frage, auf die Du Dich beziehst, war nicht, ob es derartige Theorien zu den Indoeuropäern gibt. Daß es solche Konstrukte gibt, war vielmehr die Voraussetzung meiner Frage. Die Frage ist, hat es solche Entwicklungen bei anderen Sprachen nachweislich gegeben? Ich halte die Vorstellung nämlich für einigermaßen absurd und finde nicht, daß die Häufigkeit des Vortrages die Glaubwürdigkeit erhöht.

@Haerangil: Danke für die Blumen! Ich meine nicht, daß eine Sprache zwingend nur einen Vorläufer haben muß. Ich meine aber, daß wenn eine Sprache zum Vorläufer mehrerer gleichzeitig existierender Sprachen werden will, sie sich zunächst konstituieren muß. Natürlich kann eine Sprache kreolisch entstanden sein. Ich fände es sehr ungewöhnlich, wenn eine Sprache seit der Zeit, da unsere Vorfahren vom Grunzen zum Sprechen übergegangen sind, kein einziges Mal kreolisiert worden wäre. Es liegt doch auf der Hand, daß sich immer wieder Menschengruppen vermischt und auch immer wieder Menschengruppen getrennt haben, ohne wieder aufeinander zu treffen. Der erste Fall führt zur Kreolisierung (wobei die beteiligten Sprachen oder Dialekte sich unterschiedlich stark durchsetzen werden), der zweite zur Auseinanderentwicklung hin zu Dialekten und letztlich Sprachen.

Ich halte es für wahrscheinlich, daß Menschen an verschiedenen Orten in etwa im gleichen Zeithorizont unabhängig voneinander mit dem Sprechen begonnen haben. Das meine ich, weil ich die Entwicklung der Sprache absehbare Zeit nach der entstehung der physiologischen Möglichkeit dazu für nahezu unausweichlich halten würde. Der Vorteil ist einfach zu groß, um diese Möglichkeit links liegen zu lassen. Falls sich alle heutigen Menschensprachen auf eine einzige Ursprache zurückführen ließen (mithin ganz weit vor dem vermuteten Protoindoeuropäischen), würde ich daraus zunächst nichts weiter folgern, als daß die Entwicklung der Sprache an sich schon entsprechend lange her ist und die Nachfolgesprachen aller anderen Ursprachen schon ausgestorben waren, als die Menschen begannen, sich über Afrika hinaus zu verbreiten.

Zum Thema Prähistorie kontra Altertum und danach möchte ich noch einen Gedanken anmerken: So wie heute die elektronischen Massenmedien in Windeseile die Sprache glatt und flach bügeln und wohl keine zwei Generationen brauchen, um den Rest an Dialektfärbung zu vernichten, hat die Schriftlichkeit Grammatik und Vokabular bereits erheblich normiert und der bewußten Einflußnahme der Herrschenden wesentlich zugänglicher gemacht. Im Gegensatz dazu wird in prähistorischer (also vorschriftlicher) Zeit der Zusammenfluß von Sprachen wesentlich unbeeinflußter durch dritte Sprecher in den einzelnen Personen im Konzert ihrer Familien stattgefunden haben. Anders gesagt, die Leute sprachen halt so, wie ihnen der Schnabel gewachsen war.

Evolutionistisch wäre m.E. allenfalls die Annahme, daß die Spracheigenheiten der Erfolgreichen stärker auf die anderen Mitglieder der Gruppe abfärben. Ist das womöglich auch so? Wie funktioniert Jugendsprache? Von wem habt ihr denn selbst coole Wörter übernommen, als ihr begonnen habt, Euch von Euren Eltern abzugrenzen? Waren das nicht die jenigen, die in der Schule oder in der Clique den Ton angaben? Andererseits sind die, die als Jugendliche alpha-verdächtig waren, meist später eher gescheitert; ebenso mögen die angesagtesten jungen Krieger auch mit höherer Wahrscheinlichkeit jung gestorben sein und damit den Genpool verschlankt haben.


Zu "Stamm", "Klan", "Sippe", "Bündnis", "Reich" kontra "Ethnie", "Staat" oder "Nation"...: Also letztlich doch. oder? Wissenschaft ist kein Wunschkonzert. Wir können uns die Fakten und Folgerungen schließlich nicht einfach nach unserer Weltanschauung aussuchen und sollten mal hinnehmen, wie die Dinge tatsächlich so sind.
 
@Dieter: Meine Frage, auf die Du Dich beziehst, war nicht, ob es derartige Theorien zu den Indoeuropäern gibt. Daß es solche Konstrukte gibt, war vielmehr die Voraussetzung meiner Frage. Die Frage ist, hat es solche Entwicklungen bei anderen Sprachen nachweislich gegeben? Ich halte die Vorstellung nämlich für einigermaßen absurd und finde nicht, daß die Häufigkeit des Vortrages die Glaubwürdigkeit erhöht.

Ob es solche Entwicklungen in anderen Sprachräumen gab, ist für die Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen wenig von Belang.

In jedem Fall versucht dier Indogermanistik und die Archäolgie ein Modell zu entwickeln, das die Verbreitung indoeuropäischer Sprachen vom Atlantik bis Zentralsien erklärt - egal, ob man nun Expansionen, europäische Autochthone, kulturelle Kontakte oder eine anatolische Einwanderung postuliert.

Die Ausbreitung der Turksprachen erfolgte z.B. vielfach im Licht der Geschichte, sodass man für ihre Verbreitung im wesentlichen kriegerische und auch friedliche Expansion bzw. Wanderungen erkennen kann.
 
Ergänzend zu Dieters Post:

Es gibt unter den Archäologen auch eine Fraktion, welche die Indogermanische Ursprache, als ein Sprachwissenschaftliches hypothetische Konstrukt ansprechen.
Es wird dabei mehr oder minder stark die Exestinz einer solchen Ursprache bestritten.
 
Es gibt unter den Archäologen auch eine Fraktion, welche die Indogermanische Ursprache, als ein Sprachwissenschaftliches hypothetische Konstrukt ansprechen.

Natürlich ist die so genannte indoeuropäische "Grundsprache" nur hypothetisch erschlossen und kein Mensch wird sie so jemals gesprochen haben. Es wäre das gleiche, als wollten wir aus dem Italienischen, Französischen und Spanischen die lateinische Sprache erschließen, was offensichtlich ebenfalls nur sehr begrenzt möglich ist.

Zu erklären bleiben dennoch so viele Gemeinsamkeiten innerhalb der indoeuropäischen Sprachen, dass man Erklärungsmodelle für ihre weite verbreitung braucht. Bekannt ist mir eine wissenschaftliche Fraktion, die von Beginn an verschiedene Sprachen postuliert, die sich lediglich durch einen Kulturtransfer angenährt hätten.

Das wird allerdings von den meisten Indogermanisten mit Argumenten bestritten, die ich hier mangels ausreichender linguistischer Kenntnisse nicht wiedergeben kann.
 
Ergänzend zu Dieters Post:

Es gibt unter den Archäologen auch eine Fraktion, welche die Indogermanische Ursprache, als ein Sprachwissenschaftliches hypothetische Konstrukt ansprechen.
Es wird dabei mehr oder minder stark die Exestinz einer solchen Ursprache bestritten.

finde ich ja auch.Aber welche alternativen Theorien werden z.B. alle aufgestellt die die Argumente der Ursprachler relativieren?
 
finde ich ja auch.Aber welche alternativen Theorien werden z.B. alle aufgestellt die die Argumente der Ursprachler relativieren?

Hier lässt sich nur wiederholen, was bereits weiter vorn gesagt wurde:

"Angenommen, wir hätten keinerlei historischen Kenntnisse über die alten Germanen, sondern müßten einzig aufgrund der heutigen Verteilung der germanischen Sprachen versuchen, eine mögliche Urheimat der Germanen einzugrenzen, nach welcher Logik würden wir dann vorgehen?

Germanische Muttersprachler gibt es ja auf allen Kontinenten, das größte germanische Gebiet wäre in Nordamerika zu finden. Wir würden das jedoch kaum als Argument werten, sondern eher danach schauen, wo sich möglichst viele verschiedene germanische Sprachen auf einem möglichst kleinen Gebiet tummeln. Da fällt die Wahl nicht schwer. Außer in Südafrika (wo Englisch und Afrikaans auf engem Gebiet von einer größeren Zahl alteingesessener Muttersprachler gesprochen werden) werden wir da nur in Europa fündig. Am engsten sitzen die Sprachen an der Nord- und Ostseeküste aufeinander, da finden wir alle paar hundert Kilometer eine andere germanische Sprache: Niederländisch, Deutsch, Friesisch, Dänisch, Norwegisch, Schwedisch.
Ich denke, mit dem Raum zwischen der norddeutschen Tiefebene und Südskandinavien läge man auf der Suche nach der Urheimat der Germanen nicht ganz falsch.

Wie sieht es nun mit der (nicht heutigen, sondern historischen) Verteilung der indoeuropäischen Sprachen aus?

Hier ist es nicht ganz so eindeutig wie bei den germanischen Sprachen, aber es gibt zwei Regionen, die sich sehr gut als Kandidaten eignen würden:

1. Der "Balkan" (etwas großzügig gerechnet, bis zu den Alpen und der Donau)

Hier finden wir auf verhältnismäßig kleinem Raum Vertreter von sechs Zweigen: Albanisch, Griechisch, Illyrisch, Thrakisch, Slawisch und Venetisch. (Zieht man Slawisch als relativ späten "Import" ab und rechnet Illyrisch und Albanisch zum selben Zweig, wären es immerhin noch vier.

2. "Anatolien" (ebenfalls etwas großzügig gerechnet: das Gebiet zwischen Ägäis, Kaukasus und Mesopotamien)

Hier finden wir ebenfalls auf verhältnismäßig engem Raum Vertreter von fünf Zweigen: Anatolisch, Armenisch, Griechisch, Indoiranisch, Phrygisch.

Wie gesagt, ein eindeutiges Bild ergibt sich nicht, aber immerhin ein Indiz, das zur Bewertung der Plausibilität der einzelnen Theorien herangezogen werden kann."
 
@Barbarossa:- Ein Volk wird z. B. gewaltsam unterworfen und zur Annahme der Sprache der neuen Herrscher gezwungen. In diesem Fall muß die dadurch neu entstandene Herrscherschicht auch nicht die Bevölkerungsmehrheit darstellen (genau dieses Szenario wird bei der Einwanderung der Indoeuropäer nach Mittel- und Westeuropa allgemein angenommen).
Genau für dieses Szenario gibt es doch eine historische Parallele, nämlich Lateinamerika. Niemand hat es m.W. verboten, die indigenen Sprachen weiter im Alltag zu verwenden. Die europäische Einwanderung war gemessen an der Bevölkerung minimal, auch wenn die Konquistatoren sich speziell in der männlichen Erblinie sehr deutlich einbrachten. Und heute? Lateinamerikaner reden als Muttersprache meist Spanisch/Portugiesisch, aber optisch sind sie doch ziemlich indiogeprägt. Wobei ich die Schwarzafrikaner (ehemalige Sklaven) als 3. Komponente mancherorts mal ausklammere.
 
Zuletzt bearbeitet:
Genau für dieses Szenario gibt es doch eine historische Parallele, nämlich Lateinamerika. Niemand hat es m.W. verboten, die indigenen Sprachen weiter im Alltag zu verwenden. Die europäische Einwanderung war gemessen an der Bevölkerung minimal, auch wenn die Konquistatoren sich speziell in der männlichen Erblinie sehr deutlich einbrachten. Und heute? Lateinamerikaner reden als Muttersprache meist Spanisch/Portugiesisch, aber optisch sind sie doch ziemlich indiogeprägt. Wobei ich die Schwarzafrikaner (ehemalige Sklaven) als 3. Komponente mancherorts mal ausklammere.

Und genau diese historische Parallele führte wahrscheinlich zur Formulierung einiger Indogermanentheorien, bei denen Eroberer mit überlegener Kriegstechnik und Pferden eine zahlenmäßig weit überlegene Vorbevölkerung unterwarfen und dabei ihre Sprache einführten.
Wir sollten uns fragen, welchen Einfuß Geschichten auf uns haben, wie die vom tricksenden Odysseus, vom durch Todesmut und Schlauheit siegreichen Cortez oder von Pizarro, der durch Betrug und Lügen die vertrauensseligen Inka besiegt.

Vielleicht könnten wir den Faden bei @Dieters Verteilung der indoeuropäischen Sprachen aufnehmen und ausgestorbene Sprachen mit einbeziehen.
 
Lateinamerikaner reden als Muttersprache meist Spanisch/Portugiesisch, aber optisch sind sie doch ziemlich indiogeprägt.

Spanisch und Portugiesisch sind die Amtssprachen, als Muttersprache spricht die indigene Bevölkerung jeweils ihre "Stammessprachen". Eine recht große Verbreitung hat aber auch Quechua.
Da es je nach Land freilich große Unterschiede in der Zusammensetzung der Bevölkerung gibt z.b. Bolivien mit einem hohen Anteil Indigener und z.b. Argentinien mit einem sehr geringen Anteil an indigener Bevölkerung ist die obig gesagte jeweils immer im Kontext des jeweiligen Landes zu sehen.
 
Spanisch und Portugiesisch sind die Amtssprachen, als Muttersprache spricht die indigene Bevölkerung jeweils ihre "Stammessprachen".

Das mag für Bolivien und Peru zutreffen. In Mexiko, Venezuela usw. führen Stammessprachen imho ein Nischendasein, vergleichbar mit der Verbreitung des Sorbischen in der Lausitz. Die wenigsten Sorben haben dies als echte Muttersprache, auch wenn sie es vielleicht sprechen/verstehen können.
 
Das mag für Bolivien und Peru zutreffen. In Mexiko, Venezuela usw. führen Stammessprachen imho ein Nischendasein, vergleichbar mit der Verbreitung des Sorbischen in der Lausitz.

Die Antwort darauf ist 'Jein' bzw ein entschlossenes 'Sowohl - als auch' :D. Es gibt in Mexiko und in den angrenzenden Staaten zb auch heute noch mehr oder weniger zusammenhängende Siedlungsgebiete von Maya-Völkern, deren Angehörige die jeweilige Maya-Sprache in großer Zahl als Muttersprache gelernt haben. Spanisch ist für diese Personen die erste Fremdsprache in der Schule, soweit Schulbesuch gegeben war/ist. Dies ist auch zb bei den Tarahumara so, die beiderseits der Grenze Mexiko - USA leben, oder auch bei den Misquito und anderen Ethnien in Nicaragua.

Daneben gibt es natürlich einen Bevölkerungsanteil in den Städten, der in viel größerem Maße auf die Beherrschung der spanischen Sprache angewiesen ist, da dies nicht nur im Umgang mit Behörden etc nötig ist, sondern auch für die Kommunikation mit Sprechern anderer indigener Sprachen. Weiterhin gibt es in den mittelamerikanischen Staaten eine zahlenmäßig recht große Schicht von Personen, bei denen bereits die Vorfahren dekulturiert wurden (zb durch das Encomienda-System) und daher zwar abstammungsmäßig rein oder überwiegend indigen sind, aber nicht mehr wissen, zu welchen Ethnien ihre Vorfahren gehörten.
 
Da es seit 2009 hier keine neuen Beiträge gab, gehe ich davon aus, dass diese Groß-Thematik (Urheimat usw.) nachwievor nicht "geklärt" ist, daher wundert es mich, dass Hr. Haarmann sich doch ziemlich sicher scheint (ohne ihn damit in Ungnade stürtzen zu wollen)

Im benannten Buch fand ich eine eventuell mögliche Verbindung von Uralischen (inkl. Finno-ugrisch) und Proto-Indogermanischen Sprachen, in Form einer gemeinsamen Ursprache (worein dann eine Gimbutathese gut passt).

Also meine Frage ist, wie Ihr das Buch von Hr. Haarmann bewertet. Kann ich beruhigt weiterlesen, um das daraus gelesen anderen Ortes der Öffentlichkeit nachvollziehbar zu verkünden?

Grob gesprochen sind es zwei unterschiedliche Herangehensweisen, die eine ist rein sprachwissenschaftlich, die andere archäologische (vereinfacht gesprochen).
Zu der sprachwissenschaftlichen Herangehensweise werde ich mich nicht weiter äußern.
Zu den Hypothesen von Gimbutas, bzgl. der Indogermanen, ist aus archäologischer Sicht zu sagen, die These gilt als widerlegt, die Gründe sind hier im Thread und in der angegebenen Literatur zu finden.

Ein wichtiger Punkt ist hierbei, dass es unmöglich ist, für die angesprochenen Zeiträume Sprach- und Kulturräume in Deckung zueinander zu bringen.
Für einen Vortrag würde ich dir vorschlagen beide Seiten vorzustellen und die Problemfelder anzusprechen.
 
Zu den Hypothesen von Gimbutas, bzgl. der Indogermanen, ist aus archäologischer Sicht zu sagen, die These gilt als widerlegt...

@Gespenst, wenn du das Haarmann-Büchlein kennst, wirst du wissen dass dort keineswegs Gimbutas in Form einer alles niederwalzenden Invasion tumber berittener Steppenrecken vertreten wird. Das Szenario ist schon lange out.
 
Zu den Hypothesen von Gimbutas, bzgl. der Indogermanen, ist aus archäologischer Sicht zu sagen, die These gilt als widerlegt, die Gründe sind hier im Thread und in der angegebenen Literatur zu finden.

Die Hypothesen der Marija Gimnutas gelten keineswegs als widerlegt. Tatsache ist lediglich, dass hinsichtlich der so genannten "Urheimat" und der Ausbreitung der Indoeuropäer unterschiedliche Meinungen und Theorien in der Fachwissenschaft existieren. Ich kann nur wiederholen, was ich bereits weiter vorn zu den unterschiedlichen Hypothesen der Indogermanisten und Archäologen gesagt habe:

Bei der Verbreitung indoeuropäischer Sprachen gibt es verschiedene Szenarien, die selbstverständlich alle hypothetisch bleiben.

Eine Fraktion vermutet, dass sich indoeuropäische Sprachträger von einem Zentrum zwischen den Karpaten und Südrussland Richtung Westen nach Mittel- und Südeuropa ausgebreitet haben, während ein anderer Zweig nach Osten Richtung Indien und Zentralasien expandiert ist. Das ursprüngliche Idiom dieser Proto-Indoeuropäer - nämlich die nur hypothetisch von der Indogermanistik erschlossene "Grundspraxche" - hätte sich danach in den neuen Regionen zu den historisch bekannten indoeuropäischen Einzelsprachen entwickelt, woran die Sprachen der autochthonen Bevölkerung beteiligt waren.

Dieses Modell versucht also zu erklären, warum sich indoeuropäische Sprachen in einem riesigen geografischen Raum finden lassen, der immerhin vom Atlantik bis Indien und Zentralasien reicht.

Hierzu besonders: Marija Alseikaitė Gimbutas: Das Ende Alteuropas. Der Einfall von Steppennomaden aus Südrussland und die Indogermanisierung Mitteleuropas. 1994, Institut für Sprachwissenschaft, Innsbruck 1994, ISBN 3-85124-171-1

Ein anderes Modell, das u.a. der Archäologe Alexander Häusler in mehreren Publikationen vertritt, zählt die indoeuropäischen Sprachträger zur autochthonen Bevölkerumng Europas, die dort ohne größere Invasionen oder Migrationen von außerhalb seit dem Mesolithikum ansässig waren. Die weite Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen wird lediglich durch die Weitergabe von Kulturkontakten erklärt.

Alexander Häusler, Nomaden, Indogermanen, Invasion. Zur Entstehung eines Mythos. http://www.uni-leipzig.de/~diffint/index.php/diffint/article/viewArticle/36

Ein anderes Szenario lässt die indoeuropäischen Sprachträger aus Anatolien/Vorderasien kommen und identifiziert sie mit den frühen Ackerbauern des Neolithikums, die sich von Anatolien aus im 7. Jahrtausend v. Chr. über den Balkan verbreiteten (Sesklo-, Starcevo- und Vinca-Kultur) und schließlich um 5500 v. Chr. mit der Linearbandkeramischen Kultur Mitteleuropa erreichten. So vor allem Colin Renfrew:

Colin Renfrew: Die Indoeuropäer – aus archäologischer Sicht. in: Spektrum der Wissenschaft. Dossier. Die Evolution der Sprachen. Heidelberg 2000, 1, S. 40–48. ISSN 0947-7934

Colin Renfrew.: Archaeology and Language. The Puzzle of Indo-European Origins. Jonathan Cape, London 1987, Cambridge 1990. ISBN 0-521-38675-6.

Da keine dieser Hypothesen zu beweisen ist, darf sich jeder die ihm am wahrscheinlichsten dünkende Spekulation zur Ausbreitung der indoeuropäischen Sprachen frei Haus aussuchen.
 
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Die Hypothesen der Marija Gimnutas gelten keineswegs als widerlegt. Tatsache ist lediglich, dass hinsichtlich der so genannten "Urheimat" und der Ausbreitung der Indoeuropäer unterschiedliche Meinungen und Theorien in der Fachwissenschaft existieren.

Lieber Dieter,
wie ich in dem ganzen Thread mit teilweise reichlich aktueller wissenschaftlicher Literatur belegt habe, sind in der heutigen archäologischen Forschung, die These einer Urheimat nicht mehr haltbar.
Das archäologische Material wird nun mal mittlerweile umfänglicher interpretiert, vor allem die rein diffusionistischen Gedanken die Gimbutas benutzte um die "Wanderung" der "Indogermanen" nachzuzeichnen, werden von einer nicht geringen Anzahl von Archäologen mittlerweile abgelehnt.
Ich verweise abschließend noch mal auf den Eingangspost von mir:
http://www.geschichtsforum.de/323729-post1.html
 
Lieber Dieter,
wie ich in dem ganzen Thread mit teilweise reichlich aktueller wissenschaftlicher Literatur belegt habe, sind in der heutigen archäologischen Forschung, die These einer Urheimat nicht mehr haltbar.

Lieber Geist,

da es bis zum heutigen Tage keine Lösung der Indogermanenfrage gibt, bleibt sowohl die eine oder eine andere oder eine dritte und vierte Hypothese lediglich unbewiesene Spekulation. Es ist sinnlos, Herrn Brather, Herrn Häusler, Herrn Renfrew, Frau Gimbutas oder irgndeinem anderen Wissenschaftler einen selig machenden Nimbus anzuheften.

Wir tun alle gut daran, uns bei allen Diskussionen klar zu machen, dass wir uns bei der Indogermanenfrage stets im Raum der Hypothese, Theorie oder Spekulation bewegen.
 
Entschuldigung wenn ich schon eine Frage stelle, die es hier schon gab, aber ich hatte heute ein Gespräch mit einen auf youtube, der meinte dass Slawen und Kelten Arier sein. Ist das überhaupt möglich? Soviel ich weiss hat sich der Volksstamm der Arier nur mit den Persischen, Medischen und den Vökern des Altindischen Sub-Kontinentenst vermischt.

Bitte um etwas Aufklärung :/
 
Entschuldigung wenn ich schon eine Frage stelle, die es hier schon gab, aber ich hatte heute ein Gespräch mit einen auf youtube, der meinte dass Slawen und Kelten Arier sein. Ist das überhaupt möglich? Soviel ich weiss hat sich der Volksstamm der Arier nur mit den Persischen, Medischen und den Vökern des Altindischen Sub-Kontinentenst vermischt.

In den heiligen Schriften der indischen Veden und des Avesta ist die Rede von einem zentralasiatischen nomadischen Hirtenvolk, das sich die Aryas (Arier) nannte (Sanskrit/Persisch aryā, ‚die Edlen‘). Die Forschung nimmt an, dass eine solche Gruppe indogermanischer Sprachträger im 2. Jahrtsd. v. Chr. in zwei Zweigen in den Iran und nach Nordwestindien einwanderte.

Der Begriff "arisch" existiert heute vor allem in der Sprachwissenschaft, wo es innerhalb der indogermanischen Sprachfamilie einen indoiranischen Hauptzweig gibt, von dem sich die iranische und die indoarische Sprachgruppe abzweigen.

Der indoarische Zweig hat etwa 1 Milliarde Sprecher und ist besonders in Nord- und Zentralindien, Pakistan, Nepal und Bangladesh verbreitet. Hindi-Urdu und Bengali zählen zu den verbreitetsten Sprachen, außerdem das klassische Sanskrit. Früher bezeichnete man die indoiranischen Sprachen auch als "arische Sprachen", was heute nicht mehr gebräuchlich ist.

Neben dem indoarischen gibt es den iranischen Zweig (unüblich gelegentlich als "Iranoarisch" bezeichnet), mit rund 130 Millionen Sprechern vor allem im Iran, in Afghanistan und Tadschikistan.

Um auch eine andere deiner Fragen zu beantworten: Slawen und Kelten sind natürlich keine Arier, denn sie sprechen keine der indoarischen bzw. indoiranischen Sprachen. Im übrigen sollte der Begriff "Arier" nur in sprachwissenschaftlichen Zusammenhängen verwendet werden, denn es existiert kein Volk der "Arier".
 
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Also ist es richtig, wenn man sagt, dass die Ethnie, das Volk der Arier garnichtmehr exestiert, nichtmal mehr dass ihre Nachfahren die Iraner oder nördlich lebenden Indischen Völker sind - wenn das nur durch den Sprachzweig definiert wird? Wenn das so ist, wieso nennen die Iraner dann ihr Land "Land der Arier" ? Was ich seeehr verwirrend finde ist dieser germanische Sprachzweig. Wieso befinden sich im indogermanischen Sprachzeig die Sprachen indo-arisch und Indo-Iranisch? Steht das Indo für Indigen? Und wie kommt man überhaupt auf Germanisch als Übergruppe für diesen Sprachzweig? Wodurch wird das definiert?
 
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