Bei Wiki geht man von 20% mehrschüssigen Repetiergewehren verschiedener Hersteller auf Indianerseite aus.
Ich hab vom Thema Null Ahnung, glaube mich aber daran erinnern zu können,
das man den Vorteil der Indianer mal bei der Überzahl der von ihnen verwendeten Gewehre, hauptsächlich älteren Baujahrs aber mit höherer Reichweite und Treffsicherheit sah.
Ist das jetzt durch die Schlachtfelduntersuchung als völlig überholt anzusehen?
Die Angabe von 20% Repetiergewehranteil auf Seiten der Lakota habe ich im Wikipedia-Artikel nicht gesehen. Die Zahlen, egal wie hoch oder niedrig diese ausfallen, sind ohnehin Schätzungen und unterliegen zudem auf US-Seite teilweise bestimmten Prämissen.
Allerdings ist zu den 20% anzumerken, daß selbst wenn dieser Anteil den Tatsachen entspräche, nur ca die Hälfte der Lakota mit Schußwaffen irgendeiner Art ausgerüstet waren, von denen dann geschätzte 20% Repetierwaffen gewesen sein sollen.
Die Angabe, daß ca 50% der Lakota Schußwaffen besaßen, ist übrigens bei Wikipedia auch zu finden:
at least half of the Indian warriors were armed only with bows and "many arrows," making this the primary weapon.
Weiterhin bei Joseph M. Marshall III, The Day the World Ended at Little Bighorn, New York 2006, S. 102:
It was not until about 1840 onward that the Lakota began acquiring firearms little by litte, mostly by trade. … acquiring it was never easy. [...]
By 1876, it is likely than [sic] more than half of all Lakota males had at least one firearm of some kind, and a few were lucky to have more than one.
Bei diesen Schußwaffen war vom Vorderlader über Pistolen bis zum Repetiergewehr alles mögliche vertreten. Insbesondere beim Einsatz von Repetiergewehren war die Beschaffung von Munition ein Problem für die Indianer, zumal – wenn ich mich richtig erinnere – der Verkauf dieser Gewehre sowie auch der passenden Munition an Indianer seinerzeit illegal war.
Aufgrund der Unterschiedlichkeit der vorhandenen Schußwaffen entsteht da ebenfalls ein Nachteil, da sich auf Seiten der Lakota jemand, der seine Munition verschossen hatte, nicht ohne Weiteres mal eben ein paar Schuß Munition leihen konnte. Bei der Armee war die Bewaffnung natürlich homogen.
Marshall (a.a.O., S. 103) weist dazu auch auf taktische Überlegungen bei den Lakota hin:
Gall had two basic reasons for having several of his warriors dismount and take deliberate aim: one, to take better advantage of marksmanship skills, and two, to conserve ammunition by making every shot count. The greatest advantage of a repeating rifle is the rate of fire … without having to pause to reload. That advantage is useful as long as there is sufficient ammunition.
Because of the shortage of ammunition, many warriors held their fire until they were close at range, thereby increasing the odds for a hit. This tactic was employed by warriors with pistols; percussion muzzle-loading rifles; or the various kinds of single-shot, heavy-calibre rifles.
Ebenso wird beschrieben, daß Custers Einheit sich zwar auf einem Hügel verschanzte, gegen diese Stellung jedoch Bogenschützen eingesetzt wurden, die Pfeile im Bogen verschossen, die also von oben auf die Soldaten herunterkamen.
Was ich bei der englischen Wikipedia finde, sind zum einen Verweise darauf, daß Repetiergewehre damals eine geringere Reichweite besaßen als zb die einschüssigen Springfield-Gewehre, mit denen die Armee ausgerüstet war. Das gilt auch für Vorderlader, zumal wenn an Pulver gespart werden muß. Die Springfields haben aber auch eine größere Reichweite als Pfeil und Bogen.
Zum anderen finden sich Verweise in Richtung der Legendenbildung, zb hinsichtlich der angeblich häufig versagenden Springfields die Anmerkung, daß dies bei keinem anderen Einsatz in derartiger Häufigkeit auftrat, wie es am Little Bighorn der Fall gewesen sein soll. Dies soll durch Überhitzung der Gewehre zustande gekommen sein. Der Artikel enthält allerdings die Information, daß durch die archäologischen Grabungen festgestellt wurde, daß der Anteil der Munition, die aufgrund der Überhitzung als unbrauchbar aus den Gewehren herausgekratzt wurde, bei 3,4% bzw 2,7% liegt (der erste Wert betrifft das Gefecht von Custer, der zweite das von Reno-Benteen). Dies deutet ebenfalls darauf hin, daß mit diesem Argument das unerklärliche Versagen von Custer bzw der unerklärliche Sieg der Lakota zurechtgebogen werden sollte.
Marshall (a.a.O., S.103) schreibt dazu:
Of continued special interest to historians is the number of repeating rifles … used against the Seventh cavalry. That number, based on records kept by officials of the Indian Bureau, is mostly conjecture and dubious at best. Due to altering here and there to appease the anger of those in the army and the government searching for a more logical reason behind the decisive defeat of the Seventh, the Indian Bureau's figures are skewed.