Bedeutung und Interpretation des "immensum bellum"

salvus

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Zur Zeitenwende kam es in Germanien zu einem gewaltigen Krieg - immensum bellum.

Die Quellenlage hierzu ist eigentlich äußerst dürftig. Wenig ist wirklich bekannt. Auch der Grund für diesen Krieg liegt eher im Dunkeln. Haben sich einige Stämme oder ein bestimmter Stamm (Cherusker) gegen die römische Herrschaft erhoben? Oder waren gar innergermanische Streitigkeiten der Anlass?

Der Paterculus ist eigentlich die wichtigste (gar einzigste?) Quelle.
M. Vinicius hat diesen Krieg ausgefochten und danach die Triumphalinsignien erhalten. Also muß er doch wohl den Krieg erfolgreich beendet haben.

Warum aber dann die Tiberius Feldzüge 4 - 6 n.Chr.?
Lt. Paterculus wurden die Cherusker in die Obhut des römischen Volkes geholt - durch Tiberius. Auch andere Stämme wurden unterworfen. Wobei sich Paterculus da eher bedeckt hält.
Offensichtlich spieleten die Cherusker im immensum bellum eine wichtige Rolle. Die Frage ist nur: Warum?

Und welche Rolle hatte Tiberius?
Hat dieser nur den endgültigen Ruhm eingeheimst? Günstige Gelegenheit nach der Rückkehr aus seinem Exil. Und Paterculus war schließlich eine Art "Hofschreiber" für ihn. Vieleicht handelt es sich bei diesem Tiberius Sieg ja um eine schlichte Übertreibung des Paterculus?

Stellt sich die Frage, wie gewaltig dieser Krieg wirklich war und wie man ihn interpretieren sollte. Aufgrund der dürftigen Quellenlage ist dies nicht einfach und der Spekulation sind Tür und Tor geöffnet.
Aber die Thematik finde ich sehr interessant.:winke:
 
Wie Du selbst schreibst, ist die Quellenlage zum "immensum bellum" dürftig. Schon das Wort "immensum" ist mehrdeutig: Es kann sich auf die Intensität des Krieges beziehen, es kann aber auch besagen, dass der Krieg ein großes Gebiet betraf, wozu auch passt, dass davon die Rede ist, dass Vinicius den Krieg an manchen Orten erfolgreich führte, andere erfolgreich verteidigte. Letztlich ist es aber sinnlos, über Ursachen und Hauptbeteiligte und Verlauf zu spekulieren, denn mehr als spekulieren kann man nicht. Über die Kriegsjahre unter Vinicius schreibt Velleius praktisch gar nichts, sondern wird erst mit dem Auftreten des Tiberius ausführlicher, somit lässt sich nicht sagen, wie der Krieg begonnen hat und wer seine Urheber waren.

Woraus leitest Du eine wichtige Rolle der Cherusker ab? Es wird doch lediglich erwähnt, dass sie - neben den Canninefaten, Chattuarieren und Brukterern - von Tiberius nach seiner Ankunft in Germanien unterworfen wurden.

Bei Velleius muss man bedenken, dass er sein Werk dem Enkel jenes Marcus Vinicius widmete, was dagegen spricht, dass er dessen Ruhm zugunsten des Tiberius geschmälert hat. (Man könnte auch annehmen, dass Velleius deswegen so knapp blieb, um eine eher erfolglose Kriegsführung des Vinicius zu verschleiern. Die Gewährung des Triumphes oder der Triumphalinsignien hatte ohnehin noch nie ausschließlich von militärischen Erfolgen abgehangen, sondern auch von politischen Erwägungen.)
Aus dem Text geht auch gar nicht klar hervor, wie weit der Feldzug des Tiberius überhaupt noch der Beendigung des "immensum bellum" diente oder ab wann es sich bereits um einen erweiterten Krieg handelte. Insofern müssen sich der Erfolg des Vinicius und der Feldzug des Tiberius nicht widersprechen. Die Verleihung der Triumphalinsignien setzt aber auch gar nicht voraus, dass Vinicius den Krieg schon komplett beendet hatte, es reichte eine erfolgreiche Kriegsführung.
 
Woraus leitest Du eine wichtige Rolle der Cherusker ab? Es wird doch lediglich erwähnt, dass sie - neben den Canninefaten, Chattuarieren und Brukterern - von Tiberius nach seiner Ankunft in Germanien unterworfen wurden.

Soweit Richtig.
Im Zusammenhang mit dem immensum bellum werden die Cherusker durchaus häufig genannt.
Es wird auch über eine gescheiterte Rückführung abgesplitterter Gruppen des Stammes berichtet. Das hat wohl eine wichtige Rolle gespielt.
 
Im Zusammenhang mit dem immensum bellum werden die Cherusker durchaus häufig genannt.
Da hätten wir wieder das Problem, was man genau unter "immensum bellum" versteht. Velleius Paterculus bezeichnet damit den Krieg des Marcus Vinicius, wobei, wie ich oben schon ausgeführt habe, unklar ist, inwieweit der nachfolgende Krieg des Tiberius noch der Beendigung des immensum bellum diente oder ab wann er darüber hinausging. In einigermaßen direktem Zusammenhang mit dem immensum bellum werden die Cherusker nur mitsamt einigen anderen Stämmen genannt, die Tiberius nach seiner Ankunft in Germanien unterworfen hat.

Überhaupt, wo werden die Cherusker im Zusammenhang mit dem immensum bellum so häufig genannt? Häufig genannt werden sie in Zusammenhang mit der Unterwerfung durch Drusus (Cassius Dio, Livius, Florus, Orosius). Velleius erwähnt sie nach ihrer Unterwerfung durch Tiberius nur noch indirekt (ohne namentliche Nennung) in Zusammenhang mit Arminius. Auch Cassius Dio erwähnt sie nach der Sache mit den Exilanten unter Domitius erst wieder anlässlich des Arminius-Aufstands.

Es wird auch über eine gescheiterte Rückführung abgesplitterter Gruppen des Stammes berichtet. Das hat wohl eine wichtige Rolle gespielt.
Vielleicht, vielleicht auch nicht, zumal sich die Rückführung nicht exakt datieren lässt.

Ganz generell spricht gegen eine überragende Rolle der Cherusker im immensum bellum wohl das Vertrauensverhältnis, das die Römer danach noch führenden Persönlichkeiten dieses Stammes entgegenbrachten. So gesehen kann sich am immensum bellum ohnehin nur ein Teil des Stammes beteiligt haben.
 
Da hätten wir wieder das Problem, was man genau unter "immensum bellum" versteht. Velleius Paterculus bezeichnet damit den Krieg des Marcus Vinicius, wobei, wie ich oben schon ausgeführt habe, unklar ist, inwieweit der nachfolgende Krieg des Tiberius noch der Beendigung des immensum bellum diente oder ab wann er darüber hinausging. In einigermaßen direktem Zusammenhang mit dem immensum bellum werden die Cherusker nur mitsamt einigen anderen Stämmen genannt, die Tiberius nach seiner Ankunft in Germanien unterworfen hat.

Überhaupt, wo werden die Cherusker im Zusammenhang mit dem immensum bellum so häufig genannt? Häufig genannt werden sie in Zusammenhang mit der Unterwerfung durch Drusus (Cassius Dio, Livius, Florus, Orosius). Velleius erwähnt sie nach ihrer Unterwerfung durch Tiberius nur noch indirekt (ohne namentliche Nennung) in Zusammenhang mit Arminius. Auch Cassius Dio erwähnt sie nach der Sache mit den Exilanten unter Domitius erst wieder anlässlich des Arminius-Aufstands.


Vielleicht, vielleicht auch nicht, zumal sich die Rückführung nicht exakt datieren lässt.

Ganz generell spricht gegen eine überragende Rolle der Cherusker im immensum bellum wohl das Vertrauensverhältnis, das die Römer danach noch führenden Persönlichkeiten dieses Stammes entgegenbrachten. So gesehen kann sich am immensum bellum ohnehin nur ein Teil des Stammes beteiligt haben.

Danke für diesen interessanten Beitrag.:winke:

Genau dies sind auch meine Fragen.
Wenn nur ein Teil des Stammes der Cherusker ein Vetrauensverhältnis zu den Römer aufbauten, dann spricht diesees offensichtlich für die Zerissenheit des Stammes - welches auch in der Varusschlacht zum tragen kommt.

Die Rolle des Tiberius bleibt wohl unklar.
Waren seine Feldzüge 4/5 n. Chr. nun Teil des immensum bellum oder nicht? Und wenn ja, warum?

Oder anders:

Konnte M. Vinicius den entsprechenden Aufstand niederschlagen?
Also waren die Feldzüge des Tiberius wohl nur römische Propaganda?

Oder wurde M. Vinicius mit diesen Aufständen nicht fertig und der Germanienkenner Tiberius mußte eingreifen um schlimmeres zu verhindern.

Schwierige Fragen!
 
Und unbeantwortbare Fragen.

Als "immensum bellum" bezeichnet Velleius ausdrücklich nur den Krieg des Marcus Vinicius, über dessen Ursachen, Beteiligte und Verlauf er leider so gut wie gar nichts schreibt. Ausführlicher ist er erst nachher beim Krieg des Tiberius, aber da wir über den Krieg des Vinicius nichts wissen, lässt sich schlicht nicht sagen, inwieweit Tiberius noch auf denselben Kriegsschauplätzen und gegen dieselben Gegner kämpfte, oder ob seine Feldzüge in keinem direkten Zusammenhang mit dem immensum bellum mehr standen.

Es lässt sich ja auch gar nicht sagen, wie "immens" der Krieg des Marcus Vinicius wirklich war. Da Velleius sein Werk dessen Enkel gewidmet hatte, wäre auch denkbar, dass er hinsichtlich der Ausmaße des Krieges ein bisschen übertrieben hat, um den Ruhm des Großvaters zu vergrößern. Ich finde es jedenfalls auffällig, dass Velleius so gut wie gar nichts über diesen ach so gewaltigen Krieg und über Vinicius' Kriegsführung schreibt, nicht einmal irgendwelche Stämme nennt, die er niedergeworfen hat. Das lässt meiner Meinung nach zwei mögliche Schlüsse zu:
a) Der Krieg war gar nicht so bedeutend, weswegen es für Velleius nicht viel zu schreiben gab. Das würde es in weiterer Folge umso unwahrscheinlicher machen, dass Tiberius' Feldzüge noch seiner Beendigung dienten.
b) Der Krieg war schon bedeutend, aber Velleius schreibt deswegen nicht viel, weil Vinicius nicht wirklich erfolgreich war, was Velleius dem Enkel zuliebe eher verschleiern wollte. Dann könnten Tiberius' Feldzüge durchaus noch zur Beendigung gedient haben und notwendig gewesen sein.
Beides ist natürlich nur Spekulation meinerseits. Vielleicht war der Krieg auch wirklich bedeutend und Vinicius durchaus erfolgreich, wer weiß.

Dass Tiberius' Feldzüge nur römische Propaganda waren, glaube ich allerdings nicht. Die Kriege in Germanien wurden schließlich nicht von irgendwelchen Provinzialen oder Söldnern ohne Kontakt nach Rom geführt, sodass man in Rom gar nicht mitbekommen hätte, was in Germanien wirklich vor sich geht. Damals standen noch Römer (wie Velleius selbst) an der Front und die Feldherren waren Konsularen, die natürlich irgendwann heimkehrten und von ihren Kriegserlebnissen berichteten. Der Propaganda wären also, soweit es den Kriegsverlauf betrifft, enge Grenzen gesetzt gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass Tiberius' Feldzüge nur römische Propaganda waren, glaube ich allerdings nicht. Die Kriege in Germanien wurden schließlich nicht von irgendwelchen Provinzialen oder Söldnern ohne Kontakt nach Rom geführt, sodass man in Rom gar nicht mitbekommen hätte, was in Germanien wirklich vor sich geht. Damals standen noch Römer (wie Velleius selbst) an der Front und die Feldherren waren Konsularen, die natürlich irgendwann heimkehrten und von ihren Kriegserlebnissen berichteten. Der Propaganda wären also, soweit es den Kriegsverlauf betrifft, enge Grenzen gesetzt gewesen.

Zu dumm, dass Tacitus' Annalen, abgesehen von einem Epilog auf Augustus, erst mit der Regierung des Tiberius beginnen. Einmal mehr wünschte man sich, dass der Text des älteren Plinius über die Kriege in Germanien erhalten wäre oder eben jener des Aufidius Bassus.
 
Obwohl ich mich deiner kritischen Haltung nicht anschließen würde. Es ist nicht nur derselbe Schauplatz, an dem Vinicius und Tiberius kämpfen und nicht nur durch das "hoc tempus" (Zu dieser Zeit) verknüpft Velleius den Krieg des Vinicius mit dem des Tiberius, an dem er selbst teilnimmt, sondern auch die Einleitung zu dem Ganzen rahmt den immensum bellum: Tiberius wird nach seiner Rückkehr adoptiert und geht im Prinzip sofort nach Germanien, wo drei Jahre zuvor der immensum bellum ausgebrochen ist: "in Germaniam misit, ubi ante triennium sub M. Vinicio, avo tuo, clarissimo viro, immensum exarserat bellum." Und sowohl bei den Cheruskern als auch bei den Chauken verwendet Velleius das Verb recipere, welches natürlich diskutabel ist. Ist es mehr im Sinne von 'aufnehmen' gemeint oder mehr im Sinne von 'erneut unterwerfen'? Für letzteres würde der folgende Satz bei den Chauken sprechen: "omnis eorum iuventus infinita numero, immensa corporibus, situ locorum tutissima, traditis armis una cum ducibus suis saepta fulgenti armatoque militum nostrorum agmine ante imperatoris procubuit tribunal." Die gesamte Jugend in ihrer unzählbaren Größe übergab ihre Waffen und fiel vor dem Befehlshaber nieder.
 
Woraus leitest Du ab, dass es derselbe Schauplatz ist? Zum Schauplatz des Krieges des Vinicius macht Velleius doch gar keine näheren Angaben, sondern spricht nur generell davon, dass Tiberius nach "Germania" gesandt wurde, wo vor drei Jahren der "gewaltige Krieg" ausgebrochen war.

Dass ein zeitliches Naheverhältnis bestand, ist klar, beweist aber noch nicht die Identität der Kriegsschauplätze und -gegner. (Genau genommen wird trotz des unbestreitbaren zeitlichen Naheverhältnisses nicht einmal ausdrücklich gesagt, dass Tiberius der unmittelbare Nachfolger des Vinicius war, denn von Vinicius heißt es nur, dass er drei Jahre vor der Entsendung des Tiberius dort war, als der "gewaltige Krieg" ausbrach, und dann zumindest für eine Weile diesen Krieg führte. Es wäre also möglich, wenn auch wohl nicht sehr wahrscheinlich, dass zwischen den beiden noch ein anderer Befehlshaber vor Ort war. Es ist nicht einmal gesagt, dass der "gewaltige Krieg" wirklich mindestens die drei Jahre dauerte, die zwischen seinem Ausbruch und der Entsendung des Tiberius vergingen, sondern Velleius schreibt nur, dass er drei Jahre vor der Entsendung ausbrach.)

Als Beleg dafür, dass Tiberius noch im immensum bellum kämpfte, könnte man allenfalls den begeisterten Empfang werten, den die Soldaten dem Tiberius bereitet haben sollen, als würden sie sich in äußerster Not befinden und sei er ihre letzte Hoffnung, jedoch ist da mit Velleius offensichtlich wieder einmal der Lobhudler durchgegangen.

Das "recipere" verstehe ich durchaus im Sinne von "erneut unterwerfen", allerdings beweist das meiner Meinung nach nicht unbedingt, dass die Cherusker und Chauken am immensum bellum beteiligt waren. Germanien war schließlich noch keine fest organisierte und befriedete Provinz, sondern eine Ansammlung von Stämmen, die von Drusus oder anderen Feldherrn besiegt und durch Verträge an Rom gebunden worden waren. Wenn der Feldherr wieder weitergezogen war, werden sich die Bindungen durchaus wieder gelockert haben, sodass es später notwendig werden konnte, sie erneut zu unterwerfen. Gerade an den Cheruskern sieht man sehr gut, wie lose ihre Untertanenschaft war: Obwohl sie bereits von Drusus unterworfen worden waren, hatte Domitius Schwierigkeiten mit der Rückführung der cheruskischen Exilanten. Ein paar Jahre später war dann vielleicht eine militärische Machtdemonstration durch Tiberius erforderlich, um sie im Gehorsam zu erhalten.

All das spricht natürlich nicht gegen Eure Vermutungen. Natürlich kann man Velleius auch problemlos und schlüssig dahin interpretieren, dass Vinicius drei Jahre lang den immensum bellum führte, dann von Tiberius abgelöst wurde, der ihn fortsetzte und u. a. die am Krieg beteiligten Cherusker und Chauken (erneut) unterwarf. Ich halte lediglich diesen Schluss nicht für erwiesen. Velleius gibt einfach viel zu wenig Informationen über den immensum bellum, um irgendetwas über ihn aussagen zu können außer dass er drei Jahre vor der Entsendung des Tiberius zur Zeit des Vinicius ausbrach und Vinicius ihn dann zumindest halbwegs passabel führte.
 
Woraus leitest Du ab, dass es derselbe Schauplatz ist? Zum Schauplatz des Krieges des Vinicius macht Velleius doch gar keine näheren Angaben, sondern spricht nur generell davon, dass Tiberius nach "Germania" gesandt wurde, wo vor drei Jahren der "gewaltige Krieg" ausgebrochen war.
Genau daraus, aus dem ubi.

Genau genommen wird trotz des unbestreitbaren zeitlichen Naheverhältnisses nicht einmal ausdrücklich gesagt, dass Tiberius der unmittelbare Nachfolger des Vinicius war, denn von Vinicius heißt es nur, dass er drei Jahre vor der Entsendung des Tiberius dort war, als der "gewaltige Krieg" ausbrach, und dann zumindest für eine Weile diesen Krieg führte.
Von einem Ende des Krieges ist aber nirgendwo die Rede.
Als Beleg dafür, dass Tiberius noch im immensum bellum kämpfte, könnte man allenfalls den begeisterten Empfang werten, den die Soldaten dem Tiberius bereitet haben sollen, als würden sie sich in äußerster Not befinden und sei er ihre letzte Hoffnung, jedoch ist da mit Velleius offensichtlich wieder einmal der Lobhudler durchgegangen.
Ein weiterer Nexus. Wie du schon richtig sagst, ist das zwar pure Lobhudelei, die nichts anderes besagen soll, als dass Tiberius bei den Soldaten beliebt ist und an allen Ecken und Enden des Reiches gedient hat und sich so diese Beliebtheit bei den Soldaten redlich erworben hat, aber es ist ein Nexus.

Das "recipere" verstehe ich durchaus im Sinne von "erneut unterwerfen", allerdings beweist das meiner Meinung nach nicht unbedingt, dass die Cherusker und Chauken am immensum bellum beteiligt waren.
Wenn du recipere also als 'erneut unterwerfen' verstehst, dann müssen die Stämme doch - aus römischer Sicht wenigstens, wie das aus deren Innensicht aussah ist eine andere Sache - schon unterworfen gewesen sein. Auch das schließt sich damit an den immensum bellum an.
 
Genau daraus, aus dem ubi.
"Germania" ist aber schon eine recht vage Ortsangabe - es sei denn, es hätte sich wirklich das ganze römische Germanien erhoben, was es umso erstaunlicher machen würde, dass das dann nirgendwo sonst erwähnt wird.

Von einem Ende des Krieges ist aber nirgendwo die Rede.
Müsste es das?

Wenn du recipere also als 'erneut unterwerfen' verstehst, dann müssen die Stämme doch - aus römischer Sicht wenigstens, wie das aus deren Innensicht aussah ist eine andere Sache - schon unterworfen gewesen sein.
Selbstverständlich.

Auch das schließt sich damit an den immensum bellum an.
Warum kann es sich nicht um einen neuen Aufstand gehandelt haben?

Alles, was Du schreibst, ist vollkommen plausibel. Ich finde nur merkwürdig, dass zwar der Krieg ach so gewaltig gewesen sein soll, aber trotzdem
- Velleius nichts weiter über ihn schreibt, als dass Vinicius ihn an verschiedenen Orten glücklich geführt habe. Keine bekriegten Stämme, keine Gefechte, keine näheren Ortsangaben, nichts. Und das, obwohl dieser Vinicius der Großvater des Mannes war, dem Velleius sein Werk widmete. Wenn man annimmt, dass der Krieg tatsächlich bereits unter Vinicius drei Jahre dauerte und so gewaltig war, dass Tiberius entsandt werden musste, um ihn zu beenden, ist das schon eine sehr magere Darstellung, vor allem verglichen mit der recht ausführlichen Schilderung der Operationen des Tiberius. Klar wollte Velleius den Tiberius verherrlichen, aber dasselbe Motiv hätte er auch hinsichtlich des Vinicius gehabt. Drei Jahre gewaltiger Krieg, und Velleius handelt ihn in gerade einmal zwei relativ nichtssagenden Sätzen ab?
- Cassius Dio diesen Krieg des Vinicius überhaupt nicht erwähnt, was schon etwas erstaunlich ist, wenn der Krieg so gewaltig war und von Vinicius drei Jahre lang geführt wurde. Cassius Dio schreibt in 55,13 nur lapidar, dass in Germanien ein Krieg ausgebrochen sei und Augustus deshalb den Tiberius entsandt habe. Das kann man natürlich so interpretieren, dass mit dem Krieg noch der Krieg des Vinicius gemeint sei, aber wohl auch, dass es um einen neuen Krieg gehe. Immerhin passt es nicht ganz zusammen, dass Augustus es erst nach drei Jahren Vinicius-Krieg für notwendig befunden habe, den Tiberius zu entsenden, zumal die Kriegsführung des Vinicius nicht so komplett desaströs gewesen sein kann (sonst hätte er nicht die ornamenta triumphalia erhalten), dass Tiberius unbedingt als Krisenfeuerwehr benötigt wurde - und wenn sie so desaströs gewesen wäre, hätte Augustus wohl nicht drei Jahre gewartet. Umgekehrt, wenn Vinicius erfolgreich war, wozu dann nach drei Jahren noch den ungeliebten Tiberius entsenden? Allerdings muss Vinicius, wenn es sich um denselben Krieg handelte, doch recht erfolglos gewesen sein, denn Tiberius hatte in Germanien nach seiner Ankunft einiges zu tun, was wiederum die Frage aufwirft, wieso Augustus drei Jahre lang der Erfolglosigkeit des Vinicius tatenlos zugesehen haben soll. Das alles macht es für mich eher wahrscheinlich, dass der Krieg, zu dem Tiberius geschickt wurde, ein neuer war, der damit begann, dass sich die Canninefaten, Cherusker etc. erhoben.
- auch Florus den angeblich so gewaltigen Krieg des Vinicius nicht erwähnt, sondern in seiner Darstellung der Kriege in Germanien nach der Unterwerfung durch Drusus gleich den Arminius-Aufstand schildert.
- auch Orosius nach der Unterwerfung durch Drusus erst wieder den Krieg des Tiberius und dann den Varus-Aufstand erwähnt.
- auch Sueton keinen Vinicius-Krieg erwähnt, sondern es eher so (Tiberius 16) schildert, als sei Tiberius nach Germanien geschickt worden, um die Unterwerfung abzuschließen ("pacandae Germaniae"), nicht um in einen brenzligen gewaltigen bereits seit Jahren dauernden Krieg zu ziehen.

Wenn ich also nicht etwas übersehen habe, gibt es außer Velleius keinen einzigen Beleg dafür, dass ein dreijähriger gewaltiger Krieg unter Vinicius stattgefunden habe. Wenn der Krieg so gewaltig war, bereits unter Vinicius drei Jahre dauerte und schließlich die Entsendung des Tiberius erforderlich machte, warum fand ihn dann niemand erwähnenswert? Oder war es vielleicht doch so, dass Velleius den Umfang des Krieges des Vinicius leicht aufgebauscht hat? Wenn ja, wäre naheliegend, dass der Krieg des Vinicius doch gar nicht so bedeutend war und der Krieg, dessetwegen Tiberius entsandt wurde, bereits ein neuer Aufstand war.

All meine Überlegungen sprechen natürlich nicht zwingend gegen Deine Interpretation, ich finde lediglich einiges recht merkwürdig.

Unterm Strich kann ich mich nur Deinem Bedauern in #7 anschließen.
 
"Germania" ist aber schon eine recht vage Ortsangabe
Das ist richtig. Durch das ubi wird aber ein klarer Bezug hergestellt.

Von einem Ende des Krieges ist aber nirgendwo die Rede.
Müsste es das?
Das wäre doch mindestens zu erwarten.
Auch das schließt sich damit an den immensum bellum an.
Warum kann es sich nicht um einen neuen Aufstand gehandelt haben?
Dann müsste man eine entsprechende Formulierung erwarten. Etwa "Tantum quod ultimam imposuerat *immenso bello *Vinicius manum..." (frei nach Vellius Paterculus. Original: "Tantum quod ultimam imposuerat Pannonico ac Delmatico bello Caesar manum..." VP, HR II, 117)

Alles, was Du schreibst, ist vollkommen plausibel. Ich finde nur merkwürdig, dass zwar der Krieg ach so gewaltig gewesen sein soll, aber trotzdem
- Velleius nichts weiter über ihn schreibt, als dass Vinicius ihn an verschiedenen Orten glücklich geführt habe. Keine bekriegten Stämme, keine Gefechte, keine näheren Ortsangaben, nichts. Und das, obwohl dieser Vinicius der Großvater des Mannes war, dem Velleius sein Werk widmete.
Das ist in der Tat ein Argument dafür, dass Vinicius nicht so erfolgreich war, wie die Verleihung der ornamenta denken ließe. Umso mehr müsste man doch annehmen, dass es Tiberius war, der den immensum bellum beendete.

- auch Florus den angeblich so gewaltigen Krieg des Vinicius nicht erwähnt, sondern in seiner Darstellung der Kriege in Germanien nach der Unterwerfung durch Drusus gleich den Arminius-Aufstand schildert.

Und Florus lässt damit eine Lücke von 18 Jahren.

- auch Orosius nach der Unterwerfung durch Drusus erst wieder den Krieg des Tiberius und dann den Varus-Aufstand erwähnt.
- auch Sueton keinen Vinicius-Krieg erwähnt, sondern es eher so (Tiberius 16) schildert, als sei Tiberius nach Germanien geschickt worden, um die Unterwerfung abzuschließen ("pacandae Germaniae"), nicht um in einen brenzligen gewaltigen bereits seit Jahren dauernden Krieg zu ziehen.

Orosius spricht von einem 3 Jahre anhaltenden Krieg, den Tiberius beendete und danach von der Habgier Varus', als Quelle nennt er immer wieder Sueton.
"Hanc historiam Suetonius Tranquillus plenissime explicuit,"
"sicut Suetonius adtestatur" (hier den fraglichen Zeitraum betreffend).
Sprich: Orosius ist nicht als unabhängige Quelle zu behandeln.

Allerdings kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass Orosius nicht mehr ganz durchgeblickt hat, da er erst Tiberius' Unterwerfung Germaniens nach seiner Unterwerfung Pannoniens erwähnt und dann die Varusschlacht.
 
Dann müsste man eine entsprechende Formulierung erwarten.
Das hängt davon ab, wie man die ganze Stelle interpretiert.
Du liest sie offenbar so: Tiberius wurde nach Germanien geschickt, wo seit drei Jahren ein gewaltiger Krieg tobte, in dem Vinicius (halbwegs) glücklich gekämpft hatte und den jetzt Tiberius beenden sollte.
Diese Lesart ist durchaus möglich und plausibel, aber ich tendiere eher zu dieser: Tiberius wurde nach Germanien geschickt, wo drei Jahre davor ein Krieg ausgebrochen war, in dem Vinicius glücklich gekämpft hatte.
Ich lese das mit dem Vinicius-Krieg nicht als Grund für die Entsendung des Tiberius, sondern als beiläufige Erwähnung: Velleius wollte seinem Freund zuliebe erwähnen, dass dessen Großvater in Germanien erfolgreich Krieg geführt hatte, und nutzte die Gelegenheit, das an dieser Stelle unterzubringen. In den vorangehenden Kapiteln hätte es nie so richtig gepasst, weil dort nicht von Germanien die Rede war, und der Krieg des Vinicius offenbar doch nicht spektakulär genug war, um ihn eigens und ausführlich zu behandeln.

Das ist in der Tat ein Argument dafür, dass Vinicius nicht so erfolgreich war, wie die Verleihung der ornamenta denken ließe. Umso mehr müsste man doch annehmen, dass es Tiberius war, der den immensum bellum beendete.
Dann macht aber die Verleihung der ornamenta triumphalia nicht wirklich Sinn: Tiberius wird nach Germanien geschickt, weil Vinicius nach drei Jahren Kriegsführung immer noch nicht Herr der Lage geworden war, und der relativ erfolglos heimkehrende Vinicius bekommt die ornamenta zugesprochen? Man könnte natürlich vermuten, dass dadurch die Erfolglosigkeit des Vinicius verschleiert werden sollte, allerdings wäre sie ohnehin offenkundig gewesen, wenn Augustus es für nötig hielt, seinen frischgebackenen Adoptivsohn nach Germanien zu entsenden.

Eher Sinn ergibt das ganze meiner Meinung nach folgendermaßen:
Drei Jahre vor der Entsendung des Tiberius brach in Germanien ein Aufstand einiger Stämme aus, den Vinicius in einem mehrmonatigen Feldzug niederschlug, wofür ihm nach seiner Rückkehr nach Rom die ornamenta verliehen wurden. Die Verleihung wäre dann gerechtfertigt gewesen, weil Vinicius ja erfolgreich war, aber der Feldzug wäre nicht so spektakulär gewesen, dass sich Velleius breit über ihn auslassen konnte, weswegen er ihn lieber mit der Formulierung "immensum bellum" aufpolierte.
Später brach dann ein neuer Aufstand aus, zu dessen Niederwerfung Tiberius abgeschickt wurde.

Und Florus lässt damit eine Lücke von 18 Jahren.
... in denen nach Auffassung von Florus offenbar nichts vorgefallen ist, was wichtig/spektakulär genug war, um von ihm erwähnt zu werden.

Orosius spricht von einem 3 Jahre anhaltenden Krieg, den Tiberius beendete und danach von der Habgier Varus', als Quelle nennt er immer wieder Sueton.
"Hanc historiam Suetonius Tranquillus plenissime explicuit,"
"sicut Suetonius adtestatur" (hier den fraglichen Zeitraum betreffend).
Sprich: Orosius ist nicht als unabhängige Quelle zu behandeln.

Allerdings kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass Orosius nicht mehr ganz durchgeblickt hat, da er erst Tiberius' Unterwerfung Germaniens nach seiner Unterwerfung Pannoniens erwähnt und dann die Varusschlacht.
Seine Darstellung ist tatsächlich leicht verworren, wenngleich ich eher glaube, dass Orosius die Niederschlagung des Pannonischen Aufstands durch Tiberius mit dessen früheren Feldzügen in Pannonien 12-9 v. Chr. vermengte.

Den "dreijährigen Krieg" allerdings würde ich (nach dem Wortlaut des Orosius) auf Tiberius' Germanienkrieg 4-6 n. Chr. oder (nach den historischen Vorgängen) noch eher die Niederschlagung des Pannonischen Aufstands 6-9 n. Chr. beziehen. Orosius schreibt, dass ein äußerst großer und schrecklicher Krieg mit 15 Legionen drei Jahre lang geführt wurde, der schlimmste seit den Punischen Kriegen. Vinicius hatte wohl kaum 15 Legionen, aber die Angabe passt halbwegs zu Tiberius im Pannonischen Aufstand (siehe Velleius 2,113), der von den Römern tatsächlich als enorme Bedrohung wahrgenommen wurde, zumal sie ernsthaft damit rechneten, die Aufständischen könnten in Italien einfallen und auf Rom marschieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es lässt sich ja auch gar nicht sagen, wie "immens" der Krieg des Marcus Vinicius wirklich war. Da Velleius sein Werk dessen Enkel gewidmet hatte, wäre auch denkbar, dass er hinsichtlich der Ausmaße des Krieges ein bisschen übertrieben hat, um den Ruhm des Großvaters zu vergrößern. Ich finde es jedenfalls auffällig, dass Velleius so gut wie gar nichts über diesen ach so gewaltigen Krieg und über Vinicius' Kriegsführung schreibt, nicht einmal irgendwelche Stämme nennt, die er niedergeworfen hat. Das lässt meiner Meinung nach zwei mögliche Schlüsse zu:
a) Der Krieg war gar nicht so bedeutend, weswegen es für Velleius nicht viel zu schreiben gab. Das würde es in weiterer Folge umso unwahrscheinlicher machen, dass Tiberius' Feldzüge noch seiner Beendigung dienten.
b) Der Krieg war schon bedeutend, aber Velleius schreibt deswegen nicht viel, weil Vinicius nicht wirklich erfolgreich war, was Velleius dem Enkel zuliebe eher verschleiern wollte. Dann könnten Tiberius' Feldzüge durchaus noch zur Beendigung gedient haben und notwendig gewesen sein.
Beides ist natürlich nur Spekulation meinerseits. Vielleicht war der Krieg auch wirklich bedeutend und Vinicius durchaus erfolgreich, wer weiß.

Ich stimme dir durchaus zu. Allerdings möchte ich auch folgendes anmerken:

zu a):
Hier stellt sich die grundsätzliche Frage, warum Paterculus von einem immensum bellum schreibt, wenn dieser Krieg allerdings nicht bedeutend war. Warum sollte er das tun?

zu b)
Diese Möglichkeit halte ich für absolut wahrscheinlich.
Warum auch sonst ist Tiberius nach Germanien geschickt worden?
Vieleicht konnte Vinicius den Aufstand auch durchaus niederschlagen, aber die entsprechenden Stämme nicht unterwerfen so das diese Aufgabe dem Tiberius überlassen wurde. Vieleicht war Vinicius ein Feuerwehrmann, der den Brand durchaus erfolgreich bekämpft hat und Tiberius hat ihn dann schließlich glöscht.
Die Beendigung dieses Krieges könnte oder sollte auch ein Privileg des Tiberius sein. Nach seiner Adoption durch Augustus war dies vieleicht eine willkommene Gelegenheit den Tiberius nach seinem Exil wieder ins rechte Licht zu rücken. Vinicius war es nicht gegönnt diesen Krieg entsprechend zu beenden. Der Nachfolger des Augustus mußte stattdessen ins Rampenlicht gehoben werden. Vinicius bekam die Insignien und dadurch durchaus eine Anerkennung. Der große Sieger aber war Tiberius. Und Paterculus hat dies entsprechend ausgeschmückt.

Vieleicht...:fs:

Auf jeden Fall wird die Entsendung des Tiberius nach Germanien wohl gute Gründe gehabt haben. Und dieser brauchte dann auch schließlich zwei Jahre für die Durchführung seiner Aufgaben. Und von einem neuerlichen Aufstand unmittelbar nach dem immensum bellum gibt es nunmal keine Hinweise.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier stellt sich die grundsätzliche Frage, warum Paterculus von einem immensum bellum schreibt, wenn dieser Krieg allerdings nicht bedeutend war. Warum sollte er das tun?
Seinem Freund Vinicius zu Gefallen, um den Ruhm von dessen Großvater zu erhöhen. Je gewaltiger der Krieg, umso größer die Verdienste dessen, der ihn erfolgreich geführt und sich dabei die ornamenta triumphalia verdient hat.

Diese Möglichkeit halte ich für absolut wahrscheinlich.
Warum auch sonst ist Tiberius nach Germanien geschickt worden?
Vieleicht konnte Vinicius den Aufstand auch durchaus niederschlagen, aber die entsprechenden Stämme nicht unterwerfen so das diese Aufgabe dem Tiberius überlassen wurde. Vieleicht war Vinicius ein Feuerwehrmann, der den Brand durchaus erfolgreich bekämpft hat und Tiberius hat ihn dann schließlich glöscht.
Die Beendigung dieses Krieges könnte oder sollte auch ein Privileg des Tiberius sein. Nach seiner Adoption durch Augustus war dies vieleicht eine willkommene Gelegenheit den Tiberius nach seinem Exil wieder ins rechte Licht zu rücken. Vinicius war es nicht gegönnt diesen Krieg entsprechend zu beenden. Der Nachfolger des Augustus mußte stattdessen ins Rampenlicht gehoben werden. Vinicius bekam die Insignien und dadurch durchaus eine Anerkennung. Der große Sieger aber war Tiberius. Und Paterculus hat dies entsprechend ausgeschmückt.
Das alles kann natürlich gut sein. Die Frage ist nur, wieso der dreijährige umfangreiche Krieg des Vinicius sonst nirgendwo erwähnt wird - außer eben bei Velleius, der ein Motiv hatte, ihn als bedeutender darzustellen als er (vielleicht) wirklich war.

Dass Tiberius für seine Aufgabe noch zwei Jahre brauchte, spricht allerdings nicht dafür, dass er nur noch Reste aufräumen musste, nachdem Vinicius schon die Hauptarbeit erledigt hatte. Falls Vinicius allerdings eher erfolglos war, stellt sich wieder die Frage, wieso er dann die ornamenta erhielt.

Auf jeden Fall wird die Entsendung des Tiberius nach Germanien wohl gute Gründe gehabt haben. Und dieser brauchte dann auch schließlich zwei Jahre für die Durchführung seiner Aufgaben. Und von einem neuerlichen Aufstand unmittelbar nach dem immensum bellum gibt es nunmal keine Hinweise.
Das ist letztlich Interpretationssache. Cassius Dio schreibt nur knapp, dass ein Krieg in Germanien ausgebrochen war und Tiberius deshalb entsendet wurde. Natürlich kann damit auch ein Krieg gemeint sein, der schon drei Jahre davor ausgebrochen war und immer noch andauerte. Oder ein Krieg, der gerade eben erst ausgebrochen war.
 
Tw. Zustimmung.:winke:

Paterculus war eine Art "Hofschreiber" für Tiberius.
Er selbst war bei den Feldzügen 4/5 n.Chr. dabei.
Er wird also wissen, worüber er berichtet.
Allerdings werden seine (Paterculus) Beschreibungen bezügl. Tiberius auch schöngefärbt sein.

Die Frage ist weiterhin, ob Tiberius nur den Triumpf einheimste, oder ob er entscheident in diese Feldzüge eingreifen mußte. Die zweijährige Dauer dieser Feldzüge spricht eher für letzteres.
 
Zuletzt bearbeitet:
Paterculus war eine Art "Hofschreiber" für Tiberius.
Er selbst war bei den Feldzügen 4/5 n.Chr. dabei.
Er wird also wissen, worüber er berichtet.
Ich unterstelle Velleius NICHT, Fakten verfälscht zu haben. Dass Vinicius einen Krieg geführt hat und dafür die ornamenta erhielt, steht für mich außer Frage. Ich bezweifle auch nicht Velleius' Darstellung der Feldzüge des Tiberius, soweit es die Fakten betrifft. Ich habe nur gewisse Zweifel an den ausschmückenden Bewertungen, die Velleius vornimmt - sei es, indem er immer wieder die enorme Popularität des Tiberius bei Volk und Armee (und sogar bei Augustus!) betont *, sei es, mit welchem Adjektiv er den Krieg des Vinicius bezeichnet.

Was das "triennium" betrifft, glaube ich Velleius auch, dass er die Wahrheit geschrieben hat. Die Frage ist nur, wie er es gemeint hat.
Ob Velleius mit "triennium" gemeint hat, dass der "gewaltige Krieg" des Vinicius drei Jahre (vom Ausbruch bis zur Ankunft des Tiberius) dauerte, oder ob es sich um eine simple Zeitangabe handelte: "drei Jahre vor der Ankunft des Tiberius hatte Vinicius einen bedeutenden Krieg geführt" - ob "triennium" also als Zeitdauer oder als Datierung zu verstehen ist, ist eben Gegenstand unserer Diskussion. Rein vom Text her ist beides möglich.

* Ich gehe allerdings nicht einmal zwingend davon aus, dass Velleius die Beliebtheit des Tiberius wissentlich schöngefärbt hat. Da er jahrelang unter ihm gedient hat - und ein fähiger und erfolgreicher Feldherr war Tiberius zweifellos - könnte es durchaus sein, dass Velleius tatsächlich ein begeisterter Anhänger von ihm war und annahm, dass andere das auch so sehen müssten.

Die Frage ist weiterhin, ob Tiberius nur den Triumpf einheimste, oder ob er entscheident in diese Feldzüge eingreifen mußte. Die zweijährige Dauer dieser Feldzüge spricht eher für letzteres.
Sehe ich auch so - sofern man davon ausgeht, dass Tiberius noch den "gewaltigen Krieg" beendete und keinen neuen führte.
 
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Für einen "neuen" Krieg gibt es in der Tat keinen direkten Hinweis. Ich finde es eben nur seltsam, dass niemand außer Velleius es für erwähnenswert gehalten haben soll, dass Tiberius in einen schon seit drei Jahren dauernden großen Krieg geschickt wurde.

Ob es aber auf einen "alten" Krieg des Tiberius überhaupt einen Hinweis gibt, hängt davon ab, wie man bei Velleius die Passage mit dem triennium interpretiert. Bei allen anderen Autoren, die den Krieg des Tiberius erwähnen, gibt es jedenfalls keinen Hinweis auf eine dreijährige Vorgeschichte (allerdings auch nicht wirklich etwas, was ausdrücklich dagegen spricht).
 
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