Paulus ein herodianischer Prinz?

Und für den "Landpfleger" Felix ist Paulus eine derart wichtige Person, dass er, Felix, laut AG-23 200 Soldaten, 200 Schützen und 70 Reiter abkommandiert, die diesen Paulus nach Caesarea geleiten, um ihn vor "den Juden" zu schützen.

Spricht das eher für einen Zelt- oder Teppichmacher, oder für einen Herodianer?

Herodes' Nachkommen verfügten übrigens von Geburt an über römisches Bürgerrecht. Herodes Agrippa wurde in Rom am Kaiserhof gemeinsam mit Claudius und Cligula erzogen.
 
Herodes' Nachkommen verfügten übrigens von Geburt an über römisches Bürgerrecht. Herodes Agrippa wurde in Rom am Kaiserhof gemeinsam mit Claudius und Cligula erzogen.
Es war nicht Herodes Agrippa dem Paulus vorgeführt wurde, sondern dessen Sohn Agrippa II. Dieser war zwar auch in Rom am Kaiserhof aufgewachsen aber nicht mehr unter Caligula, wie sein Vater. Woher weißt Du, dass die jüdischen Vasallenkönige das römische Bürgerrecht besaßen ? Ist das irgendwo nachlesbar ?

Wäre Paulus ein Mitglied der Königsfamilie gewesen, wäre es doch sonderbar, dass das im Neuen Testament nirgends erwähnt wird. Das hätte man doch als einen Triumph für die Christen ansehen können, wenn sich sogar ein Verwander der Christenverfolgersippe zu Christus' Glauben bekannt hätte. Wenn schon erwähnt wird, dass Paulus zunächst das Christentum bekämpfte , weshalb sollte dann die Zugehörigkeit zum Königshaus verschwiegen werden ?
 
Es war nicht Herodes Agrippa dem Paulus vorgeführt wurde, sondern dessen Sohn Agrippa II.

Das ist klar, da habe ich mich missverständlich ausgedrückt.

Woher weißt Du, dass die jüdischen Vasallenkönige das römische Bürgerrecht besaßen ? Ist das irgendwo nachlesbar ?
Zum Beispiel in Baltruschs Herodes-Biographie. Caesar verlieh dieses Recht an Antipater.

Wäre Paulus ein Mitglied der Königsfamilie gewesen, wäre es doch sonderbar, dass das im Neuen Testament nirgends erwähnt wird. Das hätte man doch als einen Triumph für die Christen ansehen können, wenn sich sogar ein Verwander der Christenverfolgersippe zu Christus' Glauben bekannt hätte. Wenn schon erwähnt wird, dass Paulus zunächst das Christentum bekämpfte , weshalb sollte dann die Zugehörigkeit zum Königshaus verschwiegen werden ?
Da ist was dran. Oder war diese Zugehörigkeit zum verhassten Herodes doch eher als Makel anzusehen für den Gründer einer neuen Glaubensrichtung?


Noch ein paar interessante Beziehungen des Paulus zum Kaiserhaus übrigens:

Im Philipperbrief nennt er mehrfach seinen Gehilfen Epaphroditus. Nun war aber dies der Name von Neros Sekretär und Josephus' Gönner und Mentor. Später auch Sekretär Domitians, von diesem hingerichtet, wobei auch Flavius Clemens verschwand.

Im Korintherbrief bestätigt Paulus seine Kontakte zu Senecas Bruder Gallio.

Festus schickt in nach Rom, um direkt vor den Kaiser zu treten, ein Ding der Unmöglichkeit für einen Normalsterblichen.

Josephus nennt einen Saul, der nach Korinth zu Nero reist, um über den Aufstand Bericht zu erstatten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Beispiel in Baltruschs Herodes-Biographie. Caesar verlieh dieses Recht an Antipater.
Ja, so ist es z. b. in Ios.: ant. 14, 8, 3 (137) ausgesagt.

Da ist was dran. Oder war diese Zugehörigkeit zum verhassten Herodes doch eher als Makel anzusehen für den Gründer einer neuen Glaubensrichtung?
Ob das ein Argument sein kann? Der Apostel hatte sich vom Saulus zum Paulus gewandelt. Laut Apg. hatte ihn der Anblick der Steinigung eines Christen noch freudig erregt. Er wandelte sich dann aber vom Christenverfolger zum Apostel Christi. Für den Verfasser der Apg. gewissermaßen ein Beweis für die umkrempelnde und neu-machende Kraft Gottes. Warum sollten andere ursprüngliche Makel des Saulus verheimlicht worden sein?

Noch ein paar interessante Beziehungen des Paulus zum Kaiserhaus übrigens:
[...]
Josephus nennt einen Saul, der nach Korinth zu Nero reist, um über den Aufstand Bericht zu erstatten.
Iosephus erwähnt in seinen beiden Hauptwerken einen gewissen Saul (Σαῦλός) zum einen als königlichen Verwandten, zum anderen als hochgestellte Persönlichkeit um die Zeit des Jüdischen Aufstands:

Jüdischer Krieg II 17, 4 (418f):
Da nun die Vornehmen [um 66 n. Chr.] merkten, daß die aufrührerische Bewegung ihnen bereits über den Kopf gewachsen war, suchten sie in der Besorgnis, die Römer möchten ihren Zorn zuerst an ihnen selbst auslassen, jede Schuld von sich abzuwälzen. Sie schickten deshalb sowohl an Florus als an Agrippa Gesandte, von denen die Ersteren einen gewissen Simon, den Sohn des Ananias, zum Führer hatten, während unter den Letzteren hervorragende Männer aus der Verwandtschaft des Königs (προσήκοντες τῷ βασιλεῖ κατὰ γένος), wie Saulus, Antipas und Kostobar, sich befanden.

Jüdischer Krieg II 20, 1 (556ff):
Nach der Niederlage des Cestius verließen viele angesehene Juden die Stadt, wie der Seemann schwimmend das sinkende Schiff verlässt. Unter anderen flohen auch Kostobar und Saulus in Gemeinschaft mit Jakims Sohn Pbilippus, einem Kriegsobersten des Königs Agrippa, aus der Stadt und begaben sich zu Cestius. Ein gewisser Antipas aber, der mit den Genannten im Königspalast belagert worden war, verschmähte die Flucht und wurde später, wie ich noch berichten werde, von den Aufständischen umgebracht. Cestius schickte nun den Saulus und dessen Begleiter auf ihre Bitte nach Achaja zu Nero, teils um ihre eigene Not dort zu schildern, teils um die Schuld für den Ausbruch des Krieges auf Florus zu wälzen. Indem er nämlich Neros Zorn gegen letzteren wachrief, hoffte er die ihm selbst drohende Gefahr verringern zu können.

Altertümer 20, 9, 4 (214):
Ebenso hatten Kostobar und Saulus je eine Rotte verbrecherischer Menschen in Dienst genommen. Diese beiden stammten aus königlichem Geschlecht und standen ihrer Verwandtschaft mit Agrippa wegen in hohem Ansehen, waren aber übermütig und gewalttätig und auf die Ausplünderung der Schwächeren erpicht.

Mir fehlt allerdings das Moment, aus dem man schließen könnte, dass der Saulus bei Iosephus mit dem Saulus/Paulus identisch war.
 
Mir fehlt allerdings das Moment, aus dem man schließen könnte, dass der Saulus bei Iosephus mit dem Saulus/Paulus identisch war.


Natürlich ist dieses Moment sehr vage. Die Verbindung ist die Nennung des Ananias, und die Erwähnung Sauls als handelnder Person bei der Steinigung des Stephanus.
Ebenso aber die anderen oben genannten Verbindungen des biblischen Paulus zum römischen Establishment.
Ein weiterer Mosaikstein dabei könnten seine Grüße an alle im Haushalt des Aristobulos sein, wieder ein Name, der mit den innersten Kreisen der Herodianer in Verbindung steht.
 
Laut englischer Wiki wurde das römische Bürgerrecht an die Einwohner von Tarsus im Jahre 66 v. Chr. vergeben:
Für mich ist das nicht nachvollziehbar; ich habe zumindest keine Ahnung, woraus sich das ergeben soll.

Allerdings könnte die Jahreszahl durchaus in die richtige Richtung weisen, wie Paulus' Familie das Bürgerrecht erlangt haben könnte: Ich könnte mir vorstellen, dass sie es von Pompeius im Zuge von dessen Ostaktivitäten gegen die Piraten und gegen Mithridates oder auch in Palästina erhalten hat. Gerade Pompeius war nämlich anscheinend recht großzügig mit der Vergabe des Bürgerrechts für geleistete Dienste. Z. B. erhielt der Großvater des Historikers Pompeius Trogus das Bürgerrecht für seine Dienste im Kampf gegen Sertorius, ebenso Lucius Cornelius Balbus (der es als erster eingebürgerter Provinziale sogar zum Konsul brachte). Vielleicht haben sich also auch Paulus' Vorfahren irgendwie um Pompeius verdient gemacht, aber das ist jetzt nur Spekulation.
Vielleicht haben seine Vorfahren das Bürgerrecht aber auch einfach gekauft wie der "Oberst", wobei dieser Missstand allerdings erst in der Kaiserzeit eingerissen zu sein scheint.

Römischer Bürger und hundertprozentig jüdische Familie widerspricht sich zumindest ein wenig.
Eigentlich nicht. Im "Jüdischen Krieg" (2,14,9) erwähnt Flavius Iosephus sogar Männer jüdischer Herkunft, die dem Ritterstand angehörten. In den "Jüdischen Altertümern" (14,10) zitiert er mehrere römische Erlässe aus der späten Republik, in denen Juden mit römischem Bürgerrecht erwähnt werden.

Verdächtig in dieser Hinsicht ist unter anderem AG 13, wo Manahen, der Herodes Antipas nahestand, als einer seiner Gefährten genannt wird.
Auch einige Paulusbriefe enthalten Hinweise auf diese Beziehungen, ebenso die Umstände und Folgen seiner Flucht aus Jerusalem.

*Auch die Grüße an "Herodian" in Römer 16.
Abgesehen davon, dass der Gegrüßte Herodion hieß, war nicht jeder, der Herodes, Herodian oder Herodion hieß, ein Angehöriger der Herrscherfamilie. Z. B. erwähnt Cicero mehrmals einen Gelehrten in Athen namens Herodes, bei dem auch Ciceros Sohn studierte. Dass dieser Herodes mit den Herodeern verwandt war, wird man wohl ausschließen können.

In den jüdischen Altertümern (20.9.4) erwähnt Josephus übrigens im Umfeld des Ananias einen Saulus, den er zur königlichen Familie und zum Freundeskreis Agrippas zählt. Der gleiche Saulus, der bei der Steinigung des "Stephanus" erwähnt wird, und den die hohe Priesterschaft nach Damaskus schickt?
Das passt chronologisch nicht, da der Saulus in den Altertümern in der Zeit erwähnt wird, als Albinus als Procurator von Florus abgelöst wurde und Jesus ben Gamaliel Hohepriester wurde, also 63/64 n. Chr. - somit etwa zur Zeit von Neros Christenverfolgung, als sich Paulus längst als Gefangener in Rom befand.

Und für den "Landpfleger" Felix ist Paulus eine derart wichtige Person, dass er, Felix, laut AG-23 200 Soldaten, 200 Schützen und 70 Reiter abkommandiert, die diesen Paulus nach Caesarea geleiten, um ihn vor "den Juden" zu schützen.

Spricht das eher für einen Zelt- oder Teppichmacher, oder für einen Herodianer?
Nicht Felix kommandierte sie ab, sondern der "Oberst" Claudius Lysias. Der wollte vielleicht nicht riskieren, dass ein römischer Bürger in seinem Gewahrsam von wütenden Juden gelyncht wird. Das wäre ihm karrieremäßig vielleicht schlecht bekommen.

Im Philipperbrief nennt er mehrfach seinen Gehilfen Epaphroditus. Nun war aber dies der Name von Neros Sekretär und Josephus' Gönner und Mentor. Später auch Sekretär Domitians, von diesem hingerichtet, wobei auch Flavius Clemens verschwand.
Paulus erwähnt in Phil 2,24, dass er den Epaphroditus nach Philippi schickte, und in 4,18, dass ihm von Epaphroditus Gaben der Philipper überbracht wurden. Ein einflussreicher kaiserlicher Freigelassener macht doch nicht den Laufburschen für Paulus.

Im Korintherbrief bestätigt Paulus seine Kontakte zu Senecas Bruder Gallio.
Wo in welchem der beiden Korintherbriefe steht das? Ich finde nur die Stelle in Apg 18,12, wo Paulus vor Gallio angeklagt wurde, als dieser Prokonsul von Achaia war.
 
Wenn dann Teppichmacher. Aber wie glaubhaft erscheint dies?
In AG 18,3 geht er dem gleichen Handwerk nach wie die Teppichmacher.
In Apg. 18,3 werden Aquila und Priscilla als σκηνοποιοὶ bezeichnet. Darin stecken das Wort σκηνή, das ein Zelt (oder eine Hütte oder Bude) bezeichnet, und das Wort ποιέω=machen. "Zeltmacher" ist somit eine adäquate Übersetzung, während "Teppichmacher" nicht passt.
 
In Apg. 18,3 werden Aquila und Priscilla als σκηνοποιοὶ bezeichnet. Darin stecken das Wort σκηνή, das ein Zelt (oder eine Hütte oder Bude) bezeichnet, und das Wort ποιέω=machen. "Zeltmacher" ist somit eine adäquate Übersetzung, während "Teppichmacher" nicht passt.

Ich hatte in der Lutherübersetzung, Fassung von 1912 nachgesehen. Die Revision von 1984 hat das schon korrigiert. Mein Fehler.
 
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