Zeitgeschichte: Mauerfall 1989

Vermutlich diejenigen, die unter dem Staat am meisten gelitten haben oder sich - ganz subjektiv - unfrei fühlten.
Meine Sympatie hatten die Leute, die das ihren Kindern angetan haben nicht . Auch nicht diejenigen, die ihre Kinder mit einem selbstgebastelten Ballon in Lebensgefahr brachten. Für Erwachsene, die den Entschluss nur für sich getroffen haben, hatte ich Verständnis und wäre ich 89 nicht Familienvater gewesen, hätte ich es auch über Ungarn versucht. Die ich persönlich kenne, die damals über die Botschaft abgehauen sind, waren keine direkt Verfolgten, sondern in erster Linie Wohlstandsflüchtlinge.
 
Nein, auch wenn das DDR Regime nicht meine Zuneigung hatte, einen gewissen Stolz hatte ich auch und nach dem 9.11. gab es keinen Grund mehr, sich der Wahnsinnigen Masse an Zonenflüchtlingen anzuschließen.
So ging es mir damals auch und ich fand das äußerst beschämend, dass man sich 100,- DM schenken lassen musste . Mir wäre damals ein Umtausch lieber gewesen . Wir waren das auch gar nicht gewöhnt Geld für nichts zu bekommen( Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld gab es nicht in der DDR). Ich fühlte mich da wie ein Bettler.
 
Die ich persönlich kenne, die damals über die Botschaft abgehauen sind, waren keine direkt Verfolgten, sondern in erster Linie Wohlstandsflüchtlinge.

Ihr urteilt aber ganz schön hart über eure Landsleute. :heul:

Ich will mir als Wessi kein Urteil darüber erlauben. Aber allein der Ruf des Goldes kann doch nicht die Ursache dafür sein, dass sich Tausende der Flucht- und sogar Lebensgefahr an den waffenstarrenden Grenzen aussetzten!?

Wie dem auch sei: Ich bewundere auf jeden Fall den Mut dieser Leute, denn dass das Regime untergehen würde, konnte seinerzeit niemand ahnen.
 
Aber allein der Ruf des Goldes kann doch nicht die Ursache dafür sein, dass sich Tausende der Flucht- und sogar Lebensgefahr an den waffenstarrenden Grenzen aussetzten!?
Der Ruf des Goldes hat schließlich auch Menschen in wurmstichigen, kleinen Segelschiffen ins Unbekannte über den Ozean fahren lassen. Die menschliche Habgier hat wahrscheinlich zu größeren Umwälzungen in der Weltgeschichte geführt als jedes hochmoralische Motiv, auch wenn man die schnöde Gier immer in große und edle Worte verpackte.;)
 
Das ist sicher differenziert zu sehen.
Klar, auch ich bin der Meinung, es waren in der überwiegenden Zahl wirtschaftliche Gründe.
Aber am Beispiel der beiden Jungs Christian und Martin Gauck die 1987 kurz vor Weihnachten ausreisen durften, bezweifle ich wirtschaftliche Gründe. Hier ging es wohl vorrangig um Ausbildungsmöglichkeiten die ihnen in der DDR verwehrt worden. Wobei m.W. solche Zugeständnisse der DDR Oberen nicht die Regel waren.
 
Warum einer die DDR legal oder auch illegal verlassen hatte, hat - meiner Erfahrung nach - sowohl vielfältige als auch ganz individuelle Gründe. Wirtschaftliche Gründe spielten eher eine geringe Rolle. Es ging vor allem um Freiheit! Frei zu leben, sich frei zu entwickeln und zu entfalten, die Freiheit zu haben, sein Leben selber zu bestimmen, anstatt von irgendwelchen Parteibonzen vorschreiben zu lassen, was man zu tun hat, oder insbes. auch nicht zu tun hat, etc. Der eine hat das in der DDR so akzeptiert, sich sozusagen arrangiert, der andere - wie meine Wenigkeit - konnte diese muffige "Enge" in der DDR nicht ertragen. Dem blieb dann nur der Weg in den Westen.

Ich persönlich hatte mit 18 Jahren einen Ausreiseantrag gestellt (der etwa 2 Jahre später genehmigt wurde - das war 1978), aus oben genannten Gründen, aber auch, weil ich Komposition studieren wollte. In der DDR wurde mir ein Studium verwehrt, da ich nicht bereit war, mich bei der NVA an Waffen ausbilden zu lassen, um dann in einem möglichen Verteidigungsfall die sowieso verhasste DDR auch noch militärisch verteidigen zu müssen. Bei dem Gedanken lief mir der kalte Schweiss runter :mad:
 
Was hast Du am Abend des 9. November 89 gemacht?
Zu dieser Zeit, 9. Nov. 1989, hab ich in Los Angeles bzw. Santa Monica (Kalifornien - USA) gelebt, der Zeitunterschied zu Deutschland beträgt 9 Stunden. Als die Leute in Berlin auf der Mauer tanzten, war es in LA später Nachmittag/früher Abend, ich hatte zunächst gar nichts davon mitbekommen. Erst am nächsten Vormittag (da war es in Berlin schon wieder Abend ;)), als beim Frühstück das TV Gerät lief, sah ich die Bilder und konnte kaum glauben, was ich da sah. Anrufen bei den Verwandten in der DDR, also Mutter, Vater, Schwester, etc., ging nicht, die hatten alle kein Telefon zu Hause. Ich glaube, es vergingen ein-zwei Tage, bis meine Mutter von Bekannten in Westberlin aus nach LA anrufen konnte und aus erster Hand berichtete ...
 
Ihr urteilt aber ganz schön hart über eure Landsleute. :heul:

Ich beziehe mich auf die Flüchtlinge, die sich in den Botschaften drängten und mehr oder weniger ohne Risiko das Land verlassen haben.

Vor den Leuten, die die DDR noch unter Einsatz ihres Lebens verlassen haben, habe ich großen Respekt, nur das hier nichts falsch verstanden wird.
 
Ich beziehe mich auf die Flüchtlinge, die sich in den Botschaften drängten und mehr oder weniger ohne Risiko das Land verlassen haben.

Vor den Leuten, die die DDR noch unter Einsatz ihres Lebens verlassen haben, habe ich großen Respekt, nur das hier nichts falsch verstanden wird.
Dem schließe ich mich vollkommen an wobei die Gaucksöhne, die Ralf nannte , ihr Leben mit einer offiziellen Ausreise auch nicht riskierten.
 
Dem schließe ich mich vollkommen an wobei die Gaucksöhne, die Ralf nannte , ihr Leben mit einer offiziellen Ausreise auch nicht riskierten.

Das vermag auf den ersten Blick so sein, aber wenn man in der DDR einen Ausreiseantrag gestellt hatte, war man für das Regime auch "Vogelfrei" und das Leben wurde noch schwerer in der Zone.
 
Das vermag auf den ersten Blick so sein, aber wenn man in der DDR einen Ausreiseantrag gestellt hatte, war man für das Regime auch "Vogelfrei" und das Leben wurde noch schwerer in der Zone.
Scheint bei den Beziehungen von Papa Gauck nicht so gefährlich gewesen zu sein. Die beiden konnten nach der Ausreise sogar wieder zu Besuch in die DDR kommen und er konnte sie auch im Westen besuchen.
 
Aus dem Artikel 27 Der Verfassung der DDR:

„Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und öffentlich zu äußern. (…) Niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.“

Wie das mitunter gehandhabt wurde, kann man hier nachlesen.
 
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