Hochmittelalter - Fragen rund um ein Romanprojekt

Nun, Dein Niemand hat x Pfund Pfeffer dabei. Das war nun im MA nicht verboten, per se ist das ja schon mal Eigenbedarf ...

Sowas trägt man ja bequem im Mantelsack an den Stadtwachen vorbei. Solange dieser Pfeffer nicht auf dem Markt angeboten wird oder überhaupt als Handelsware erkannt wird, ist noch alles schön und kein Vergehen.

Wird diese Ware jedoch angeboten und es wurde kein Marktzins o.ä. entrichtet, war unser Niemand die Ware oder das erhaltene Geld los. Aber solane der Marktvoigt keine Anklage erhoben hat, braucht der Gute auch nichts zahlen.
 
Nur Geldstrafe? Das erscheint mir okay für einen Händler, aber für einen niemand?
Sobald er versucht de Pfeffer zu verkaufen, ist er - bei Umgehung des Marktzolls je nach dem wann er erwischt wird, wahlweise Ware oder Geld los. Über ggf. weitere Strafen entscheidet dann das Marktgericht.

Möglich, aber Venedig besaß als einzige Stadt ein Fernhandlungsmonopol im gesamten HRR. Auch in Konstantinopel hatte Venedig seine Niederlassung, dazu ein Privileg, im gesamten byzantinischen Reich Handel zu sehr günstigen Konditionen treiben zu dürfen. Pfeffer wurde im Hochmittelalter aus Indien durch arabische Händler an die Mittelmeerküste angeleifert, von wo es per (venezianische) Schiffe nach Venedig gelangte – und von dort in das gesamte Reich. Dazu ein Zitat aus Wikipedia
Das stimmt zwar alles so, nur darfst du auch nicht vergessen, dass das Mittelmeerraum und insbesondere die Adria im Hochmittelalter nicht gerade ein friedliches und beschauliches Örtchen waren. Zunächst wäre hier der Dauerzwist zwischen Venedig und Genua um die Vormachtstellung. Ab den 1020ern herrschte zwischen der venezischen Dogenfamilie und dem HRR genauso wie dem oströmischen Reich eher eine unterkühlte Stimmung, weswegen man sich gerne gegenseitig das Leben schwer machte. Hinzu kommen die Normannen, die in Italien sukzessive ihr Gebiet erweitern. Byzanz hat deutliche Gebietsverluste an der östlichen Mittelmeerküste an die Türken, zeitgleich haben nun auch die Normannen ein Auge auf Byzanz geworfen und greifen von Westen an. Darum kümmert sich dann wiederum Venedig, wofür sie das Handelsprivileg von Alexios I. erhielten, so wie du das auch entsprechend zitierst. Nachdem dann aber die normannische Gefahr gebannt war, war das Handelsprivileg dann doch nicht mehr so ernst gemeint, so dass Venedig Byzanz erstmal mit Hilfe der Kreuzfahrer des 1. Kreuzzugs unter Druck setzte, das Handelsprivileg zu verlängern (frei nach dem Motto: je schneller ihr verlängert, desto schneller fahren sie weiter über den Bosporus). Mit dem Nachfolger von Alexios I. wird das ohnehin schon sehr "geschäftliche" Verhältnis zum byzantinischen Reich endgültig zum Konflikt: Mitte des 12. Jahrhunderts müssen alle Venezianer Konstantinopel verlassen. Und weil ein Kaiser, mit dem man es sich verscherzt hat eben nicht reicht, tritt Venedig noch in die Lega Lombarda ein. Erst mit dem vierten Kreuzzug zum ende des Hochmittelalters hin errichtet Venedig die für den Fernhandel bedeutendsten Mittelmeerstützpunkte.

Darüber habe ich noch nicht endgültig entschieden. Eine mögliche Variante: Er wird den Pfeffer in München an einem Händler verkaufen, der es dann seinem Bestand einverleibt und mit größerem Gewinn weiterverkauft, als wenn er ihn selbst importierte.
Ein Händler hätte vermutlich ein Thema damit Diebesgut zu kaufen, das ihm ggf. seine eigenen Preise ruiniert, vielleicht eher ein Kramer? Muss es unbedingt München als Ort des Geschehens sein? München war im Hochmittelalter gerade mal so gegründet und boshaft formuliert noch nichts weiter als eine Zollstation mit Bordell, Kloster sowie Markt- und Münzrecht. In alteingesessenen Städten in dem Gäu wie Salzburg, Augsburg, Landshut, Ingolstadt, Regensburg usw. wäre definitiv ein besserer Gewinn zu holen.

Fondaco dei Tedeschi (die Niederlassung deutscher Händler in Venedig) wurde 1228 erstmal urkundlich erwähnt, aber es ist klar, dass deutsche Händler dort schon vorher tätig waren.
Klar waren sie das, das bestreitet auch keiner. Die großen Nürnberger (und auch Augsburger und Regensburger) waren halt erst im späten HoMi und im SpäMi in Venedig, weil sie bis dahin einfach anderweitig gewinnoptimierter Arbeiten konnten. Die kleinen Kaufleute, die ihre Waren vor Ort kauften und sie über die Alpen transportierten waren auch bereits im HoMi in Venedig, hatten allerdings deutlich kleiner Gewinnspannen. Diejenigen Kaufleute, die aber ohne Zwischenhändler direkt von den Türken kauften, wählten eher den Landweg, schlicht weil er sicherer war und mehr Gewinn abwarf. Für den Handel über Venedig hätten sie mit verhältnismäßig leeren Fuhrwerken nach Venedig fahren müssen, da Venedig genug andere Möglichkeiten hatte, seine Bedarfe günstig zu decken, sie waren nicht auf die Lieferungen der transalpinen Kaufleute angewiesen. Dort hätten sie zitternd darauf warten müssen, wie viel ihrer bereits bezahlten Ware sicher im Hafen ankommt und wie viel davon die Schwimmkerze auf der Adria mimt. Und wären vermutlich mit erneut nicht vollbeladenen Fuhrwerken wieder zurückgefahren. Nach Prag fuhren die Nürnberger mit vollgepackten Fuhrwerken, verkauften dort, luden ihre Waren auf, verkauften ebenfalls alles was nicht auf die Fuhrwerke passte (die Handelsbilanz Prags im Hochmittelalter war grundsätzlich negativ, also ein richtig feiner Absatzmarkt zum ordentlich Geld machen; Geld war nämlich da in Prag) und fuhr dann mit vollen Fuhrwerken und vollem Geldbeutel wieder zurück.

Die Idee zum Roman habe ich aus der Zeit vor dem Schengener Übereinkommen, als ich mich über die Wartezeiten an den Grenzen zu Österreich und Italien, sowie über die Mautgebühren in diesen beiden Ländern ärgerte. Einmal wurden wir an der deutschen Grenze – aus Italien kommend – für fast eine Stunde festgehalten: Ein Zöllner im Overall und Gummihandschuhen durchsuchte das Auto und durchwühlte unser Gepäck nach Schmuggelgut: u.a. zählte er genau nach, wie viel italienischen Kaffee, Zigaretten und Wein wir dabei hatten. Lächerlich.
Ok, verstehe, dann muss der Weg über die Alpen sein. Ich weiß jetzt nicht mehr wirklich für welche Variante du dich entschieden hast, wie dein Protagonist an die zwei Sack Pfeffer kommt; wie gesagt, stehlen find ich schwierig, was die Glaubwürdigkeit betrifft, derart kostbare Güter wurden strengstens bewacht. Ggf. findest du aber auf Grundlage der machtpolitischen Irrungen rund um Venedig eine Möglichkeit ihn an den Pfeffer kommen zu lassen. Strandgut find ich auch problematisch. Gabs zwar sicher bei dem Dauerhickhack in der Adria, aber dazu müsste dein Protagonist zum einen gebildet genug sein, um zu wissen dass sein Fundstück Pfeffer ist und zum anderen müsste mit Salzwasser durchfeuchteter Pfeffer noch genießbar sein (das lässt sich aber in einer Versuchsreihe testen).
 
Die kleinen Kaufleute, die ihre Waren vor Ort kauften und sie über die Alpen transportierten waren auch bereits im HoMi in Venedig, hatten allerdings deutlich kleiner Gewinnspannen. Diejenigen Kaufleute, die aber ohne Zwischenhändler direkt von den Türken kauften, wählten eher den Landweg, schlicht weil er sicherer war und mehr Gewinn abwarf.
Die Gewinnspannen waren so riesig, dass sich der Handel über Venedig lohnte. Von ihren Herkunftsländern bis nach Venedig oder Genua hatte sich der Wert der Gewürze verdreißigfacht. In Mitteleuropa verdoppelte sich der venezianische Preis noch einmal.
 
Die Gewinnspannen waren so riesig, dass sich der Handel über Venedig lohnte. Von ihren Herkunftsländern bis nach Venedig oder Genua hatte sich der Wert der Gewürze verdreißigfacht. In Mitteleuropa verdoppelte sich der venezianische Preis noch einmal.
Nicht mehr? ich hatte mit mehr gerechnet, habe selbst aber keine Zahlen zum hochmittelalterlichen Pfefferhandel über Venedig. Lediglich zum spätmittelalterlichen Pfefferhandel über Venedig habe ich eine Aussage bei Hansjörg Küster ("Wo der Pfeffer wächst") gefunden, danach hätten die transalpinen Händler das 600fache aufgeschlagen (Erlös nicht Gewinn, aber dennoch). Hast du eine Quelle und eine Zeitangabe für deine Zahlen?
 
Hast du eine Quelle und eine Zeitangabe für deine Zahlen?
Einen Link kann ich nicht setzen, da das auch eine kommerzielle Seite eines Gewürzkontores ist. Die schreiben von 600 % Aufschlag mit denen die Portugiesen billiger waren als die Venezianer. Bei einem Einkaufspreis von 1000 wären das 7000 (laut Onlinerechner prozentuelle Zunahme), bei den Venezianern wäre das dreißigfache von 1000 = 30 000 gewesen. Wenn sich die 30 000 in Deutschland verdoppelten wäre das 60 000 gewesen.
 
Wegen der größeren Sicherheit, haben Venezianer laut wikipedia ihre Waren per Schiffskonvois transportiert – Zitat:

Spätestens in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts verkehrten Mude genannte Schiffskonvois meist zweimal pro Jahr, im Frühjahr und im August oder September. Dabei nahmen je 30 bis 50 Schiffe teil. Anfangs waren die Schiffe, die in die Romania (das Gebiet des Byzantinischen Reiches) fuhren, kleiner, dafür ihre Zahl größer: meistens neun oder zehn Galeeren.
Ich habe mich entschieden: Die Geschichte wird in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert spielen, d.h. zur Zeit des Staufenkaisers Friedrich dem II. Über die Zeit habe ich die meiste Literatur – u.a. Kantorowicz und einige Bücher über Venedig und Padua. Die Umgebung Venedigs war in der Zeit in der Hand von Ezzelino da Romano, der ein Freund Friedrichs war – er heiratete sogar eine uneheliche Tochter Friedrichs. Und München muss sein, weil ich hier wohne und nicht nur die Landschaft, sondern auch die lokale Geschichte gut kenne. Bin übrigens Gründungsmitglied des Vereins NordOstKultur München.

Zu den Preisen bzw. Gewinnspannen: Die Preise für den Pfeffer waren für den Endverbraucher horrend – man sprach davon, dass er mit Gold aufgewogen wurde. Wenn man bei dem Link oben weiter liest, kommt man zu dieser Stelle:

Die Teilnahme an den Mude erfolgte durch Ersteigerung eines Teils des Schiffsraums. Diese Incanti waren öffentlich, aber nur wer die vollen Bürgerrechte „de intus et de extra“ besaß, konnte daran teilnehmen. Dazu musste man mindestens 25 Jahre in Venedig wohnen und Bürgen beibringen. Allein die Pacht für den Schiffsraum konnte leicht tausend Dukaten überschreiten. Das ist allerdings eine vergleichsweise geringe Investition, wenn man bedenkt, dass die Mude aus Beirut oder Alexandria im 15. Jahrhundert Waren für bis zu 200.000 Dukaten trugen.
Mit dem Einsatz von 1000 Dukaten (+ ? für die Ware) konnte man also das 200-fache einfahren. Gut, dass war im 15. Jahrhundert, aber ich denke, auch im 13. Jahrhundert hat man nicht wesentlich schlechter verdient – selbst wenn es nur das 100-fache war, wäre das immer noch gut.

Zur Glaubwürdigkeit: 2 oder 3 kg Pfeffer von einer Schiffsladung abzuzweigen, war sicher möglich, schließlich gibt es Schwund nicht erst seit heute. :D Selbst wenn der Dieb gefasst würde, konnte immer noch sein, dass die Ware nicht gefunden wird, z.B. weil sie jemand an sich nahm, den niemand verdächtigen würde. etc. Ich meine, sowas in einem Roman zu konstruieren, wird mir keine Schwierigkeit bereiten.

Zur möglichen Strafen: Die überwiegende Meinung scheint mir hier zu sein, dass ein Schmuggler von der sog. Obrigkeit wenig zu befürchten hatte.

[FONT=&quot]Danke allen für die Informationen.[/FONT]
 
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Das ist in dem Wikipedia-Artikel nicht ganz richtig geschildert. Um ein Kommando über eine der staatlichen Galeeren ersteigern zu können, genügte es nicht Bürger Venedigs zu sein. Man musste zwingend dem venezianischen Adel angehören.
Einen Sack Pfeffer abzuzweigen dürfte nicht leicht gewesen sein, da die von der Muda heimkehrenden Schiffe zuerst am Zoll anlegen mussten und dort gründlichst gefilzt wurden. Ehe nicht die Zölle bezahlt waren, konnte nicht entladen werden. Mit absoluter Pedanterie wurden selbst die Eintauchtiefen der Schiffe gemessen und wenn sie überladen waren, musste der Patron für jeden Zoll, den sie zu tief im Wasser lagen eine gehörige Summe als Strafe bezahlen. Fehlende Fracht dürfte auch geahndet worden sein. Der venezianische Staat verstand bei der Umgehung seiner Vorschriften keinen Spaß.
 
Einen Sack Pfeffer abzuzweigen dürfte nicht leicht gewesen sein, da die von der Muda heimkehrenden Schiffe zuerst am Zoll anlegen mussten und dort gründlichst gefilzt wurden. Ehe nicht die Zölle bezahlt waren, konnte nicht entladen werden.
Die Frachtpapiere könnte man schon am Ursprungsort manipulieren und zur verzollen war nur, was im Hafen bzw. Dogana da Mar ankam, über anderes konnte Dogana kein Wissen haben. Es müsste möglich gewesen sein, den Sack vor der Einfahrt in den Hafen verschwinden zu lassen – z.B. während der Reise auf ein „zufällig“ in der Nähe befindliches Boot werfen. Außerdem bin ich mir sicher: Auch in jener Zeit gab es in Venedig (Wirtschafts)Kriminalität. :D

PS: Zu Deiner Bemerkung hinsichtlich Adel und Schiffskommando: Der Artikel in Wikipedia spricht von der Ersteigerung des Laderaums, für die man mindestens 25 Jahre Bürger Venedigs sein musste, nicht vom Schiffskommando.
 
Ich habe mich entschieden: Die Geschichte wird in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert spielen, d.h. zur Zeit des Staufenkaisers Friedrich dem II.
Oh wunderbar, das macht einiges dann doch leichter. :D Ich schau am Wochenende mal, was ich für dich zum Thema Zollstellen, Strafen usw. finde. Die Mude kannst dann ja quasi als große Innovation verkaufen.

Bin übrigens Gründungsmitglied des Vereins NordOstKultur München.
Anderer Stadtbezirk (der mitm Schloss), anderer Verein (der von dene mitm Schloss). :D

Mit dem Einsatz von 1000 Dukaten (+ ? für die Ware) konnte man also das 200-fache einfahren. Gut, dass war im 15. Jahrhundert, aber ich denke, auch im 13. Jahrhundert hat man nicht wesentlich schlechter verdient – selbst wenn es nur das 100-fache war, wäre das immer noch gut.
Nicht ganz, ein Teil des Frachtraums einer der Galeeren konnte bis zu 1000 Dukaten kosten, die gesamte Muda, also die Summe aller Galeeren transportierte auf der Rückfahrt Waren im Wert von bis zu 200.000 Dukaten (= Einkaufswert). Das Wiki-Zitat sagt nichts über Gewinne aus, lediglich über Kosten und Geldeinsatz. ;)

Das ist in dem Wikipedia-Artikel nicht ganz richtig geschildert. Um ein Kommando über eine der staatlichen Galeeren ersteigern zu können, genügte es nicht Bürger Venedigs zu sein. Man musste zwingend dem venezianischen Adel angehören.
Die Mude wurden von der Republik Venedig organisiert, und unter der Kommandatur der Republik Venedig geführt, lediglich der Frachtraum wurde versteigert.

die von der Muda heimkehrenden Schiffe
Zunächst: die Muda = ein Schiffskonvoi, die Mude = mehrere Schisffskonvois, bzw. die Organisationsform des Levantehandels der oberitalienischen Stadtstaaten; Muda bedeutet übrigens Mauser, quasi eine sprechende Bezeichnung im Zusammenhang mit den zunächst üblichen Verkehrszeiten der Mude im Frühjahr.

Vielleicht mal kurz ganz grundsätzlich zu den Mude (ich konzentriere mich mal auf die Anfangszeit in Venedig, weil Dion explizit dazu ja auch die Informationen braucht), der Wiki-Artikel ist leider arg knapp und oberflächlich, was natürlich zu Mutmaßungen hinreißen lässt:
Die Republik Venedig stellte 2-4 Galeeren zur Verfügung, der Laderaum der Galeeren wird vom Senat öffentlich versteigert (ital. öffentliche Versteigerung = Incanto). Der Senat legt zudem bereits vor der Versteigerung fest, wann Abfahrt ist, welche Route befahren und wie lange in welchen Häfen angelegt wird; zudem wurde festgelegt, welche Güter in welcher Menge verladen werden dürfen. Die glücklichen Laderaumersteigerer, üblicherweise Handelskonsortien, ernennen einen Vertreter (Patrone), der während der jeweiligen Muda dabei ist (die Mitfahrt eines Vertreters eines jeden Ersteigerers war zwingende Teilnahmevoraussetzung) um sich um den Laderaum zu kümmern. Der Senat stellt ansonsten die Besatzung sowie die Offiziellen der Republik: neben dem Kommandeur, der den Oberbefehl über die gesamte Muda hatte und als Vertreter der Republik Venedig fungierte und an den Senat natürlich entsprechend Bericht zu erstatten hatte (Capitano), gab es einen Navigator (Ammiraglio) und einen Schreiber (Scrivano). Das Anwerben und bezahlen von Ruderern, Bogenschützen, dem Schiffsarzt usw. also alles was nicht Matrose war, oblag den Patrone jeweils für die gemeinsame Galeere. Die erste Muda - und damit wohl die einzige die aufgrund deines Zeitschnitts für dich in Frage kommt Dion - war die Muda delle Tana e di Romania (so wurde sie allerdings erst später genannt, um sie von den anderen Mude zu unterscheiden), die Konstantinopel und Tanais ansteuerte. Selbstverständlich fuhren die Mude nicht leer in den Osten, Ziel war es natürlich auch Waren zu verkaufen. Die "Dauerüberwachung" durch den venezianischen Senat über die Schiffsoffiziellen hatte aber auch Vorteile: die Abfertigung wieder zurück im Heimathafen ging deutlich schneller. Lademaßüberschreitungen gab es nicht, die Lademengen waren ja fix und wurden beim Beladen des Schiffs akribisch überwacht. Kurzum: beim Löschen wurde nicht nochmal nachgewogen; zur Erhebung der Umschlag- und ggf. Lagergebühren (DAS ist mit "Zoll" im Wikiartikel gemeint - Einfuhrzölle kannte man zur der Zeit noch nicht) wurden die Ladelisten des Scrivano genutzt. Wenn was an Ware verschwand, merkte es der Händler im ungünstigsten Fall erst, wenn er verkaufen wollte (sollte er zwischendurch nicht nachwiegen - Stückgut und ähnliches mal ausgenommen), also im Zusammenhang mit der Marktzollerhebung, bzw. beim Verpacken in kleinere Bündelungen.
 
@Lili
ist vielleicht unübersichtlich geworden, zitiert hab ich dich wegen wiki, das ich auch für eine fragwürdige Informationsquelle halte.

und das mit dem Überbordwerfen betrifft die entsprechende Idee von Dion, der Hinweis auf 1204 ist darauf bezogen dass der Roman im frühen 13Jh spielen soll.
@Dion: Als Jurist hat mich das Thema dieses Threads interessiert und deshalb hab ich das mit dem Hund dazugeschrieben, wenn du gestattest.^^ Kanns auch wieder löschen^^
 
PS: Zu Deiner Bemerkung hinsichtlich Adel und Schiffskommando: Der Artikel in Wikipedia spricht von der Ersteigerung des Laderaums, für die man mindestens 25 Jahre Bürger Venedigs sein musste, nicht vom Schiffskommando.
Wenn Du Deine Handlung am Beginn des 13. Jh. spielen lässt, solltest Du von einem Segelschiff ausgehen. Die großen Handelsgaleeren fahren erst ab dem Anfang des 14.Jh. auf den Routen. 1290 laufen die ersten Großgaleeren, ursprünglich als Kriegsschiffe konzipiert vom Stapel und werden erst später für Handelszwecke eingesetzt. Seit den dreißiger Jahren des 14. Jh. werden Handelsgaleeren vom Staat verpachtet. (Quelle: Andre' Zysberg, Venedig und die Galeeren )
 
Wenn Du Deine Handlung am Beginn des 13. Jh. spielen lässt, solltest Du von einem Segelschiff ausgehen...
wenn schon keine Galeeren dann Dromonen, den Vorläufern der Galeeren, das waren aber auch Ruderschiffe. Reine Segelschiffe gabs in Europa erst ab dem 15. Jh, und da hauptsächlich in Ländern mit Atlantikverkehr. Vorher konnten die Schiffe nicht kreuzen, dh. bei schlechtem Wind wären sie hilflos gegen den nächsten Felsen geknallt, dh weiter, für seriösen Verkehr völlig ungeeignet.
 
wenn schon keine Galeeren dann Dromonen, den Vorläufern der Galeeren, das waren aber auch Ruderschiffe. Reine Segelschiffe gabs in Europa erst ab dem 15. Jh, und da hauptsächlich in Ländern mit Atlantikverkehr. Vorher konnten die Schiffe nicht kreuzen, dh. bei schlechtem Wind wären sie hilflos gegen den nächsten Felsen geknallt, dh weiter, für seriösen Verkehr völlig ungeeignet.
Segelschiffe gab es seit den Griechen und Römern als Handelstransporter im Mittelmeer und auch das ganze Mittelalter hindurch. Dromonen waren ebenso wie Galeeren Kriegsschiffe ohne nennenswerten Laderaum und unter dem Namen schon nicht mehr im 13. Jh. üblich. Die Bezeichnung Galeere ist ab dem 11. Jh. gebräuchlich. Das venezianische Handelsschiff des Mittelalters fuhr mit einem oder zwei Lateinersegel. Erst die Handelsgaleeren des 14. Jh. besaßen einen Laderaum, der aber, gegenüber dem eines Rundschiffes relativ klein war und deshalb nur für Luxusgüter verwendet wurde. Die Kosten der Galia grossa waren erheblich höher als die eines Handelsseglers, da sie eine sehr große Besatzung besaßen. Dafür boten sie mehr Tempo und Sicherheit, was sie für Gewürze und kostbare Stoffe rentabel machte. Selbst diese Großgaleeren wurden ,anders als die flacheren Kriegsgaleeren überwiegend gesegelt.
Bild. Zweimaster, mittelalterl. Handelssegler 13. Jh. nach einem Relief am schiefen Turm gezeichnet.
 

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Hinweis der Moderation

Wir haben in Absprache mit Dion die Beiträge rund um sein Romanprojekt zu diesem Thread zusammengefasst.
 
Nachdem ich es war, die die Galeere ins Spiel gebracht hat: ich habe meinen Schnellüberblick mit Hilfe eines italienischen Buches zum mittelalterlichen Handel der oberitalienischen Städte geschrieben (Benvenuti: Le Repubbliche Marinare - Amalfi, Pisa, Genova, Venezia). Dort stand "Galea" also Galeere, vereinzelt auch Galea Bastarda, nachdem ich zwar weiß, was "Bastarda" heißt, mir der Zusammenhang aber nicht klar war, was Bastarda hier heißen soll habe ich es in der Vermutung, "sicherlich ein bestimmter Galeerentyp" einfach weggelassen und habe weiter nur mit Galeere übersetzt.
 
Dort stand "Galea" also Galeere, vereinzelt auch Galea Bastarda, nachdem ich zwar weiß, was "Bastarda" heißt, mir der Zusammenhang aber nicht klar war, was Bastarda hier heißen soll habe ich es in der Vermutung, "sicherlich ein bestimmter Galeerentyp" einfach weggelassen und habe weiter nur mit Galeere übersetzt.
Deine Übersetzung als Galeere ist vollkommen korrekt. Eine Galea Bastarda war nichts weiter als eine große Galeere . Die normale Galeere wurde Galea sottile (leichte Galeere) genannt. In späteren Jh. wurden die Flaggschiffe eines Galeerengeschwaders als Bastarda bezeichnet.
Die Bastarda wurde aber erst am Beginn des 14. Jh. als Handelsschiff eingesetzt ,bis dahin waren ausschließlich gesegelte Rundschiffe, wegen ihres großen Laderaumes für Handelsfahrten gedacht.
Die erste ausführliche Beschreibung von Handelsgaleeren lieferte Michael von Rhodos (Michalli da Ruodo), der 1401 als Ruderer auf einer venez. Galeere anheuerte und sich in über 40 Jahren zum Schiffsführer einer Flandern-Galeere hocharbeitete.
In seinem Manuskript lieferte er auch ein paar ,wenn auch ungelenk gezeichnete Bilder der Schiffe.
Bild 1 zeigt eine Romania-Galeere welche für die Handelsroute ins schwarze Meer vorgesehen war. Bild 2 eine Flandern-Galeere die Route Venedig-London- Brügge gebaut wurde. Das Bild 3 zeigt eine künstlerisch bessere Darstellung einer Handelsgaleere von Vittore Carpaccio.
Bild 4 ist wieder von Michael von Rhodos und zeigt ein Handels-Segelschiff, eine Cocca.
Die Schiffe Anfang des 15. Jh. unterschieden sich, bis auf das Heckruder noch nicht wesentlich von Schiffen des 14. Jh.
 

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Ich habe heute etwas für dich gefunden Dion, das du vielleicht brauchen kannst, was Entfernungen, Orientierung, Zölle und Herbergen betrifft. Eventuell ist dir der Codex Calixtus ein Begriff. Der fünfte Teil des Werkes ist quasi ein mittelalterlicher Reiseführer für den Jakobsweg. Er beschreibt zwar nur die vier französischen Hauptrouten bis nach Santiago, ich denke aber, dass sich darin trotzdem einiges Grundsätzliches finden lässt. Leider habe ich keine fachliche Literaturempfehlung für dich dazu; mir fiel heute lediglich ein Fernwanderführer in die Hand, der die heutigen Strecken nach dem Codex Calixtus rekonstruiert. Mit der Info kannst du aber hoffentlich fachlich Hochwertigeres auftreiben.
 
Es gibt vom Reclam-Verlag eine deutsche Ausgabe des Codex Calixtinus. Interessanter dürfte aber der Pilgerführer des kölschen Ritters Arnold von Harff sein, der Meilen- bzw. Leugenangaben gibt und der sich über Zölle und Zollbetrug in Spanien ärgert.
 
Danke für die Hinweise, Lili und El Quijote. Mit Codex Calixtinus kann ich wenig anfangen, aber das Buch des Ritters Arnold von Harff scheint mir interessant, wenn auch schwer zu verstehen.
 
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