Päpstin Johanna

[FONT=&quot]Solche Abstände sind normal, schließlich wählte Ratzinger den Namen Benedikt auch erst nach 200 Jahren wieder. Aber eine Pause von 500 bzw. mehr als 600 Jahren ist schon bemerkenswert.

Wie definiert sich die Normalität des Abstandes zwischen der Wahl desselben Papstnamens? Warum sind 200 Jahre normal und 500 Jahre nicht?

Gibt es auch eine Päpstin Coelestina, Urbana oder Innozenzia? Auch beliebte Papstnamen, die schon länger nicht verwendet wurden.
 
Bitte achte demnächst darauf, dass du meine Aussagen nicht verfälschst. Dies hast du nämlich durch die eigenmächtige Kürzung meines Beitrages gemacht.
Ich erläutere also nochmal für dich:
Jean de Mailly und Stephan de Bourbon berichteten zuerst über die Legende, das heißt sie schreiben auf, dass heißt: (Zitat aus dem Duden) "jemanden einen Sachverhalt, ein Geschehen sachlich und nüchtern darstellen, mitteilen". Die beiden Mönchsbrüder haben also ohne Wertung darber geschrieben, dass es eine Geschichte gibt, die sich erzählt wird, in der es um eine namenslose Päpstin geht, welche irgendwann um das Jahr 1100 es, als Mann verkleidet, geschafft hatte Papst zu werden.

Dann nehme ich mal Stellung zu deine 6-Schritte-Beweisführung zur "Existenz Johannes" (siehe Beitrag #173, welcher von dir stammt, in dem du schreibst, dass die Existenz Johannas nicht ungewöhnlich ist)
Bei deiner Ausgangsthese (Punkt 1) stimme ich dir erst mal so zu, dass eine theoretische Existenz einer Päpstin, vielleicht mit dem Namen Johanna und wahrscheinlich im 9.-10. Jahrhundert, eventuell mögich sein könnte. Aber auf jedenfall ist das für eine Untersuchung der Johanna-Legende eine mögliche Ausgangsthese von der man eine Überprüfung des Wahrheitsgehalt der Legende beginnen kann. Aber auch auch nur wenn man auch die Möglichkeit in Betracht zieht, dass man die Ausgangsthese im Fazit widerlegt.
Zu Punkt 2: Ich füge eine kleine Berichtigung deiner Aussage hinzu: Mönche haben die frühesten schriftliche Beweise hinterlassen, welche eine Ursprungversion einer Päpstin-Legende bezeugen.
Zu Punkt 3: Falsch. Die "Kirche" hat auch geschrieben, dass die Erde der Mittelpunkt des Sonnensystems ist und dass die Erde um 6000-7000 Jahre alt ist. Das ein Mönch etwas aufschreibt, was man sich erzählt heißt nicht, dass es richtig ist.
Zu Punkt 4: Ja die Kirche sah es 250 Jahre als wahr an, dass es eine Päpstin Johanna gab, welche 170/370 Jahre vorher geherrscht hatte. Als dann erste kritische Historiker ab 1500 auftauchten, erkannte man dass es nur eine Legende war. Wieder sage ich dir, dass aufgrund schlechter Quellenlage es viele historische Fehler gibt, die man aber erst später entdeckte. Nebenbei: Wenn die Katholische Kirche damals die Möglichkeit einer weiblichen Päpstin akzeptierte, vielleicht tut sie das in Zukunft ja wieder.:grübel:
Zu Punkt 5:Nicht ganz richtig. Ab der Zeit der Reformation, war die ganze Welt in vielerlei Hinsicht in Aufruhr. Unter anderem entwickelten sich auch kritische Geschichtsforscher, wie David Blondel, Florimond de Raemond oder Onofrio Pavino, welche die Legende widerlegten.
Zu Punkt 6: Wenn einer in der Kirche was erzählt, kann man nicht sagen, dass die Kirche etwas in die Welt gebracht hatte (nach deinem Punkt 5). Im Mittelalter und davor und danach gibt es viele verschiedene Strömungen im Christentum und in der Papstkirche und vorallem auch im frühen Mittelalter gab es viele antirömische Gruppierungen. Ein Anhänger antirömischer Strömungen war auch Liutprand von Cremona, welcher auch die Morazia-Legende mit verbreitete. Es gibt Theorien, dass er bei der Verbreitung der Päpstin-Legende mithalf.

Wenn mit heutigen Möglichkeiten an die Legende herangegangen wird, kann man sie einfach als Unwahrheit überführen.
Punkt 1: Photios I., welcher keine Päpstin beschreibt, obwohl er die Papstkirche gerne diskrediert, jedoch schreibt er ohne irgendwelche Auffäligkeiten nach dem Tode Leo IV. an Benedikt III..
Punkt 2: Leo IV. starb am 17. Juli 855, das Datum des 29.09.855 ist das offizielles Weihdatum Benedikt III. Wenn man jetzt behauptet, dies wäre erlogen, der liegt falsch. Denn es gibt Münzen von Benedikt III. und Kaiser Lothar, welcher am 28.09.855 starb. Das heißt davor muss Benedikt III. schon als Papst gewirkt haben. Die Diskrepanz der Münze und seinem Weihdatum lässt sich mit den Wirren um den Gegenpapst Anastasius III. erklären, welcher Benedikt gefangen nahm. Zudem gibt es eine Charta für die Abtei Corvey, welche er am 7.10.855 erließ.
Punkt 3: Alle Erzählungen über Johanna entstehen Jahrhunderte nach ihrer "Existenz". Viele "Belege" sind Fußnoten, welche später in Werke hineingeschrieben wurden sind. Kein Zeitgenosse erwähnt Johanna. Alle "Indizen" (P.P.P.P.P., und das Nichtbenutzen der Gasse) haben einen älteren oder logistischen Ursprung.
Die Legende der Päpstin ist eine unwahre Geschichte, was auch heute von allen respektablen Geschichtswissenschaftlern so gesehen wird.
q.e.d.
 
Zu Ravenik, El Quijote und Anthropos: Bitte pocht nicht so sehr auf die genauen Daten, ich habe mich da vielleicht verrannt. Diese Daten sind zwar wichtig, aber so wichtig auch wieder nicht, dass damit eine Beweisführung für oder wider eine Päpstin zusammen fallen müsste. Deswegen habe ich das auch gar nicht in meine 6-Punkte Aufstellung genommen.

Wirklich wichtig ist nur, dass es eine Legende gibt, die vom 11. bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht. Diese Legende haben im 13. Jahrhundert zuerst Dominikaner aufgeschrieben, und das sicher nicht, um der Kirche zu schaden, sondern weil sie die Legende für wahrscheinlich hielten. In der Folge tat das für ein paar Jahrhunderte auch die Führung der Kirche. Erst als der Lebenswandel dieser Führung (wie sicherlich bekannt, hurte sie herum, verkaufte Posten und Ablässe, ernannte Minderjährige zu Kardinälen, etc.) ins Gerede kam und zu einer ernsten Bedrohung der Kirche wurde, versuchte man entgegen zu steuern. U.a. wurde die Behauptung, in dieser verkommenen Kirche sei es sogar möglich gewesen, eine Frau auf dem Stuhl Petri zu installieren, zurückgewiesen.

Ich bin bei meiner Recherche für einen Roman, der im Hochmittelalter spielen soll, durch einen Hinweis in diesem Forum auf den Bericht des Ritters Arnold von Harff gestoßen, der auf seiner Rom-Pilgerfahrt die Bilder der Päpstin Johanna Päpstin Johanna in den Kirchen Santa Sabina (all’Aventino) und (Basilica) San Clemente (al Laterano) gesehen hatte.

Da das der Stand der Dinge damals war, wird diese Legende in meinem Roman vorkommen, d.h. als wahr gelten. Das wird also historisch korrekt sein. Dennoch werden sich wahrscheinlich Korinthenkacker finden und Anstoß daran nehmen. Sei’s drum.
 
Wie ich schon geschrieben habe:
Zwischen 13. und Ende 15. Jhd hielt man die Geschichte um die Päpstin für wahr und wenn du einen Roman schreibst, welcher in der Zeit von Mitte 13 Jhd. bis Ende 15. Jhd spielt wäre es auch nicht inkorrekt, wenn Figuren in dem Roman behaupten würden, dass es eine Päpstin Johanna gab. Aber seit ca 1500/1600 ist die Legende widerlegt und deshalb kann man in einem Geschichtsforum nicht pauschal behaupten, dass es eine Päpstin Johanna gab. Denn Geschichte sind nun mal auch exakte Daten und deine Beweisführung fällt nun mal zusammen, denn in den 2-monatigen Zeitraum zwischen dem Tode Leos und der Weihe Benedikts, kann es keine Herrschaft von 2 Jahren 5 Monaten und 4 Tage einer Päpstin Johanna gegeben haben.
Zu den "Korinthenkackern" die Anstoß daran finden sollten, wenn du deinen Roman im angegeben Zeitraum spielen lässt: Diese lägen dann falsch, denn für die damalige Zeit hat man die Geschichte der Päpstin akzeptiert.

Zu den vorhanden Bildnissen der Päpstin: Du hast die Büste Johannas in der Kathedrale von Siena vergessen, welche Papst Klemens VIII. in eine Büste von Zacharias umändern ließ. Damit hättest du noch einen Beweis, dass die Papstkirche zwischen 1250 (wahrscheinlich noch ein paar Jährchen früher) und 1500/1600 eine Existenz eines weiblichen Papstes nicht widerlege.
 
Da sie meine Frage auch gleich mitverschoben haben, sie aber doch hier her gehört, bitte um Verständnis, wenn ich sie nochmals stelle.

Hat eigentlich hier jemand den Roman "Die Päpstin Johanna" von Ludwig Achim von Arnim gelesen?
 
Ich habe eine Aufstellung der Päpste von Petrus bis Woytila aus Lexika erarbeitet und sie in einem anderen uninteressanten Forum veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass es um 844 so einen Papst Johanna gegeben haben könnte, der (die) nämlich vom Nachfolger Sergius zu einer milden Klosterstrafe verurteilt wurde.

Gregor IV...................844 Gregor IV., Papst 827-844, Römer, † Januar 844 Rom; um die​
Missionierung des Ostens und des Nordens bemüht.​
(Johann 844) Johannes (VIII.), Gegenpapst 844. Sergius II. verurteilte ihn zu einer
milden Klosterhaft.
Sergius II……………847 Sergius II., Papst 844-847, Römer, † 27. 1. 847; ohne Beachtung​
der kaiserlichen Rechte gewählt, von Kaiser Lothar I. deshalb erst nach Leistung des Treueids​
bestätigt. Die Plünderung Roms durch die Sarazenen (846) konnte er nicht verhindern.
 
Mir ist nicht ganz klar, wieso man einen als Frau erkannten Papst als Mönch Johannes ins Kloster hätte stecken sollen.

Die Klosterstrafe besteht ja im Grunde genommen darin, eine unliebsame Person ins Kloster wegzuperren. Beispielsweise taucht im Kloster auf der Reichenau kurz nach Widukinds Taufe ein Mönch dieses Namens auf, der über Jahre in der Klosterhierarchie nicht aufsteigt, gleichzeitig verschwindet der Herzog aus dem Licht der Geschichte. Althoff meint, dieser Mönch sei der Herzog. Bei den Liudolfingern taucht der Name fortan nur noch bei nachgeborenen Söhnen auf, die alle für den geistlichen Stand vorgesehen waren. Berühmteste Bsp. der Geschichtsschreiber Widukind von Corvey.

Althoffs Beobachtung ist nicht unwidersprochen geblieben, aber die Proargumente überwiegen imho die Contraargumente.
 
Mich hat eigentlich interessiert, was hier mit MILDER Klosterstrafe gemeint war. Das es bei einer Klosterstrafe um Wegsperren geht, ist ohnehin klar.

Die Angabe um den Gegenpapst Johannes, über den offensichtlich nichts Konkretes bekannt ist, könnte zumindest eine Erklärung sein, warum z. B. eine Donna Cross ihren Päpstin-Roman in dieser Zeit spielen lässt.

Falls davon ausgegangen wird, dass dieser Papst Johannes in Wirklichkeit die Päpstin war, lassen sich auch Erklärungen finden, warum er / sie ins Kloster gesteckt wurde, zudem die Angabe "milde Klosterstrafe" Raum für Spekulationen zulassen dürfte.
 
Es gibt den ein oder anderen Fall eines abgesetzten Königs, den man zunächst blendete (wer blind war, konnte nicht regieren) und dann ins Kloster steckte. Da Johannes VIII. offenbar schlicht ins Kloster gesteckt wurde, ohne dass ihm ein körperliches Leid von Seiten seines Gegners Sergius - der ihm sogar das Leben gerettet haben soll - zugefügt wurde, wird das wohl die milde Klosterstrafe gewesen sein.
 
Teresa,die lange Abstinenz des Papstnamens Johannes in den Papstlisten hat andere Gründe:
Johannes XXII (Jacques Arnaud Duèze de Cahors) war der erste Papst, der ausschließlich in Avignon residierte.Und die Avignoneser Päpste und insbesonders Johannes als Begründer der" französischen" Papsttradition galten besonders bei den Italienern als personae non gratae. Dante, und mit ihm die meisten Italiener , sah in Papst Johannes XXII. einen Verderber der Kirche und warf ihm Nepostismus und Simonie vor.

Zur Johanna-Legende- die kam erstmals in der Zeit der Auseinandersetzung zwischen Kaiser- und Papsttum auf und wurde von der kaiserlichen Partei verbreitet, um den Papst zu diskreditieren.Angeblich sollte die Päpstin ja aus dem Raum Ingelheim,Bingen stammen
Und da hätte ich rein spekulativ natürlich ,einen heißen Kandidaten für die geistige Vaterschaft, nämlich den Mainzer Erzbischof Christian von Buch, der kaiserlicher Parteigänger war und dem und dessen Umfeld auch der sogenannte "Brief des Priesterkönigs Johannes " zugeschrieben wird. Der Mann hatte also Phantasie, bediente sich populärer Mythen und war Heerführer und Politiker genug um so eine Story zu lancieren und da sie den Ursprung in seinem unmittelbaren Einflussbereich hatte,auch entsprechende "Beweise" zu fingieren. ( Bevor einer schreit: Das ist natürlich nur Spekulatius.Belege dafür gibt es natürlich nicht :D )
 
Es gibt den ein oder anderen Fall eines abgesetzten Königs, den man zunächst blendete (wer blind war, konnte nicht regieren) und dann ins Kloster steckte. Da Johannes VIII. offenbar schlicht ins Kloster gesteckt wurde, ohne dass ihm ein körperliches Leid von Seiten seines Gegners Sergius - der ihm sogar das Leben gerettet haben soll - zugefügt wurde, wird das wohl die milde Klosterstrafe gewesen sein.

Dem schließe ich mich an! Es gab immerhin schlimmere Strafen für Gescheiterte. Ich wollte mit meinem Einwurf eigentlich auch nur die Möglichkeit aufzeigen
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Mich hat eigentlich interessiert, was hier mit MILDER Klosterstrafe gemeint war.
eine für die rohen Zeiten damals milde Strafe für untaugliche Merowinger-Thronaspiranten war, dass man ihnen eine Tonsur schor und sie anschließend zu einem wohlversorgten (!) Dasein in einem begüterten Kloster verurteilte. (das betrifft zwar direkt die späte Merowingerzeit, aber danach - also 9.-11. Jh - wurde das nicht schlimmer (eher im Gegenteil: da ließ es sich später immer besser in Klöstern leben - allerdings waren die dorthin "verurteilten" strikt abgeschnitten von politischen Bestrebungen, also wohlversorgt kaltgestellt))
 
War jemand von euch schon mal in den Vatikanischen Museen? Also, da ist ein Stuhl ausgestellt, der in der Sitzfläche ein Loch hat. Der wurde noch bis ins 19. Jahrhundert zur "Papastprobe" bei den Praeferiti verwendet.... Was da abgetastet wurde, kann man sich ja denken. Also wozu so ein Stuhl, wenn es keinen spezifischen Anlaßgab, soeinen einzuführen.


Ein Ammenmärchen.

Wird aber immer wieder gerne erzählt.

Wahrheitsgehalt: Null.
 
Den Stuhl gibts, Linde. Und ich zitiere mich selbst - aus dem Jahr 2004. Kinder, wie die Zeit vergeht.....

Lili hat nicht unrecht, die Legende um den Stuhl existiert, der Stuhl selber steht in den Vatikanischen Museen (im "Kabinett der Masken"). Die Sache mit der "Untersuchung" ist aber ein - wenn auch ausgezeichnetes - Gschichterl aus späterer Zeit.
Lucentini (hat den wahrscheinlich besten Führer über Rom verfasst) schreibt über den Stuhl folgendes:
"Im Mittelalter mußten sich die neugewählten Päpste vor ihrer possesio-Prozession auf einen Marmorstuhl mit einem Loch setzten; es handelte sich dabei um eine luxoriöse antike Toilette bzw. ein Bidet, das man in römischen Bädern gefunden und wohl für einen Thron gehalten hatte. Auf diesem Stuhl sitzend, verteilten die Päpste Geld an die Leute.....
....bis ins Jahr 1503 wurde der Stuhl verwendet; damals untersagte Papst Julius II diesen Brauch".
 
Kann sein - aber der beweist nicht die Existenz einer "Päpstin Johanna".

Mich wundert, dass hier in einem doch seriösen (?) Forum auch nur eine einzige Person an dieses Märchen glaubt.

Glaubt denn da noch jemand dran?

Den Stuhl gibts wohl, das Gschichterl mit der "Untersuchung" ist wohl ein Märchen und die Story von der Päpstin Johanna erst recht.
 
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