Gold- und Bernsteinfunde in Bernstorf, Bayern

Dion

Aktives Mitglied
Gestern war ich bei einer Veranstaltung, in der einer der Finder, der Hobbyarchäologe Manfred Moosauer, einen fast 2-stündigen Vortrag über Bernstorf hielt. Zunächst, wie er durch Erzählungen - „Es geht eine Sage, dass zwischen Tünzhausen, Bernstorf und Kranzberg eine versunkene Stadt liegt.“ - seiner Patienten, er war Arzt unweit des Bernstorfs, hellhörig geworden ist und wie er erst versucht habe, die Kiesabbaufirma davon abzubringen, dort weiter Kies abzubauen. Wie er bei den zuständigen Behörden – im Landkreis Freising und in München – kein Gehör bekommen hatte, bis er mit Hilfe des Prof. Dr. Rüdiger Krause von der Goethe-Universität Frankfurt einen kurz befristeten Kiesabbaustopp erwirken konnte.

Als der Bauer, dem das Gelände gehört, Wald abholzen ließ und die dabei verwendeten Maschinen das Erdreich durchwühlten, wurden auch Münchner Behörden alarmiert, die auf die Schnelle eine Firma beauftragten, die mit einem Bagger und ein paar Arbeitslosen anrückte, um zu retten, was noch zu retten war, weil der Kiesabbau ja bald weiter gehen sollte. Und in diesem Baggeraushub fand er, Moosauer, mit Traudl Bachmaier und noch ein paar freiwilligen Helfern im Lehmklumpen ein paar Goldbleche. Bei weiteren Ausgrabungen, diesmal unter der Leitung des Landesamts für Denkmalpflege, fand sich weiteres Gold und auch Bernstein mit Inschriften in Linear B Schrift.

Laut der ersten Analysen hätten die Goldfunde folgende Reinheitsgrade aufgewiesen:

Fund AV 98,6 %
Fund RV 98,36 %
Anhänger 98,92 %

3 Jahre später aber hätte Prof. Ernst Pernicka, spezialisiert auf die Archäometrie, diesen Funden einen Reinheitsgrad von 99,9 % bescheinigt, was nur heute mit der Methode der Elektrolyse erreichbar sei – und somit diese Funde eine Fälschung. Und wie nicht anders zu erwarten, fand sich bald auch jemand, der die Echtheit der Bernsteinstücke von Bernstorf bezweifelte mit der Begründung, solche Gravuren gäbe es sonst nirgendwo.

Dazu nahm Moosauer wie folgt Stellung:

Die Messmethode Pernickas ist eine zerstörungsfreie, d.h. es wird nicht das Material selbst untersucht, sondern nur dessen Verhalten in bestimmter Versuchsanordnung. Mykenische Funde, die laut Moosauer mit denen aus Bernstorf zu vergleichen sind, will Pernicka nicht untersuchen, weil die im Kunsthandel gewesen sind, und solche Funde untersuche er grundsätzlich nicht.

Aber jemand hat das mit mykenischen Funden nach derselben (Pernickas) Methode gemacht und siehe da, auch die weisen 99,9 % Reinheit auf. Das ist für Moosauer der Beweis, dass Pernickas Methode nichts tauge, er würde das demnächst publizieren.

Moosauer verwahrte sich dagegen, irgendetwas gefälscht zu haben, vor allem aber erboste ihn die Unterstellung, seine Mitarbeiterin bei den Ausgrabungen, Traudl Bachmaier, hätte als Zahnarzttochter Gelegenheit gehabt, unbemerkt an Zahngold zu kommen.

Er vermutet hinter der Kampagne gegen ihn Neid, schließlich sei Pernicka seit 2006 Grabungsleiter in Troja, da kämen die Funde mit solcher Bedeutung wie die in Bernstorf ungelegen, schließlich soll an dem Primat der griechisch-trojanischen Kultur in Europa niemand rütteln. Das beweisen auch Äußerungen von Archäologen, die von Anfang an an der Echtheit der Funde gezweifelt hätten – weil es nicht sein kann, was nicht sein darf.

[FONT=&quot]Was meint ihr dazu?[/FONT]
 
Wenn man dies hier liest:
Bernstorfer Goldschatz - rger unter Archologen - Mnchen - Sddeutsche.de

Da überwiegen doch wohl die Zweifel. 99,99 Reinheitsgrad allein reicht schon, aber die Umstände die im obigen Artikel vom jetzigen Präsidenten der niedersächsischen Denkmalpflege gemacht werden, deuten m.M. zwingend auf eine Fälschung hin.
Tja, das Problem ist halt, dass Stefan Winghart, jetzt Präsident der niedersächsischen Denkmalpflege, damals der verantwortliche Archäologe im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, den Kiesabbau wegen der angeblich geringen Bedeutung des Platzes Bernstorfs nicht stoppen wollte, während Prof. Dr. Rüdiger Krause von der Uni Frankfurt an die Bedeutung Bernstorfs glaubte und sich hinterher durch Funde bestätigt sah.

Mich wundert es nicht, dass die beiden Herren auch jetzt an ihren Standpunkten von damals beharren.
 
Gibt es denn eine ordentliche Grabungsdokumentation der einzelnen Schnitte? Die entsprechenden Profil- und Flächenzeichnungen und Fotografien? Mit einer solchen ordentlichen Grabbungsdokumentation könnte Mossauer nicht die Echtheit seiner Stücke beweisen aber wenn sie fehlte, würde das an der Echtheit der Stücke schon kratzen.

Das Problem ist natürlich, dass man auch in echte archäologische Fundorte theoretisch gefälschte Artefakte einbringen könnte. Sprich, ich nehme mir die Fälschung mit in die Grabung und "wasche" sie ein wenig in der Fundschicht, in der ich sie gefunden haben will. Der Archäometer würde mir zwar die Fälschung nachweisen können, aber auf den ersten Blick würde das echt erscheinen.

Archäologen arbeiten ja auch viel vergleichend. Das kommt auch ein wenig in dem verlinkten Artikel heraus, wonach Winghart sagt, dass er grinsende Gesichter im Bernstein, also das Wahrzeichen der Fundstelle Bernstorf, nicht kenne. Es wäre in der Tat angesagt, mal zu schauen, ob in Siedlungen aus der gleichen Zeit, die derselben Kultur zuzuordnen sind, formensprachlich ähnliche Stücke zu finden sind oder ob es sich in Bernstorf um formensprachliche Unikate handelt.
 
3 Neuner in der Oberfläche alten Goldes sind nun mal machbar. Die Oberflächen verarmen je nach Boden auch schon mal an Legierungselementen, so das am Ende eine Kupfer-Silber-Goldlegierung eine fast reine Goldoberfläche hat. Es kommt immer drauf an, ob sauer oder basisch oder wechselnd gelagert wird.
 
Eine ordentliche Dokumentation gibt es nicht. Die späteren Finder wollten an dem Tag gar nicht graben, sie waren gekommen, weil sie gehört hatten, der Wald würde abgeholzt und der Bagger würde beim Ausreißen der Wurzelstöcke alles durchwühlen. In einem solchen ausgerissenen Wurzelwerk fanden sie dann das Gold. Leider hatte niemand eine Kamera dabei, die Handys waren 1998 noch ohne Fotofunktion. Aber Moosauer war nicht allein, es gibt Zeugen.

Ich habe mich gestern ein wenig durch die verschiedene Berichte durchgewühlt und festgestellt, dass Prof. Ernst Pernicka schon sehr genau bei seiner Analyse war (EP 393 Pernicka Echtheit Bernstorf in Gold und Silber 2014.pdf). Mag die von ihm verwendete Methode (Laserablation und Plasmamassenspektrometrie: Mit Laserstrahl wird eine mit bloßen Auge nicht sichtbare Menge Gold von der Oberfläche des untersuchten Stücks verdampft und mittels Heliumgases ins Spektrometer gebracht und dort analysiert) gut sein, aber es kann doch sein, dass andere Proben von dem selben Fundstück andere Ergebnisse bringen würden. Konkret: Ich glaube nicht, dass ein mehrere Gramm schweres Goldblech überall die gleiche Verteilung der Elemente aufweist. Ich schätze, auch deshalb werden jetzt neue Analysen des Goldes durchgeführt.

Das zweite Problem dürfte die Annahme Pernickas sein, das Bernstorfer Gold sei wegen seiner Reinheit ein durch Elektrolyse gewonnenes, schließlich sei die Zementation, mit der sich ähnliche Reinheit erzielen lässt, erst seit dem 6. vorchristlichen Jahrhundert belegt, das Bernstorfer Gold soll aber um 1600 v.Chr. stammen.

Laut wikipedia wird die Zementation wie folgt durchgeführt:
Das Gold wird in Form feiner Körnchen oder dünner Bleche mit Eisensulfat, Kochsalz und Ziegelmehl erhitzt. Hierbei bildet sich Silberchlorid, welches schmilzt und vom Ziegelmehl aufgesaugt wird, während das Gold nicht angegriffen wird.
Kochsalz und Ziegelmehl dürften zur Zeit Bernstorfs vorhanden sein. Und auch Eisensulfat (ein Salz) kommt in der Natur vor: Als Melanterit, das u.a. durch Verwitterung von Pyrit (Katzengold) entsteht.

Somit wären auch die alten Bernstorfer (oder andere in jener Zeit) theoretisch bzw. technisch in der Lage gewesen, Gold dieser Reinheit herzustellen.
 
Hi,

seit längerer Zeit lese ich hier mit, heute habe ich mich angemeldet.

Erstmal ein herzliches "Grüss Gott" an alle Fories. Wie man an meiner Grußformel schon sieht lebe ich in Bayern, allerdings im schwäbischen Teil.

Die Funde von Bernstorf beschäftigen mich schon eine ganze Weile. Bei der ganzen Diskussion über die Echtheit frage ich mich immer "wer soll die Fälschung bezahlen"? Die Funde haben eine Gesamtgewicht von 89,6 Gramm was heute ca. 1150,- € kosten würde. 1998 war der Goldpreis niedriger, sicherlich hätte das Gold für die Funde trotzdem ca. 1100,- DM gekostet. Das ist nur der Goldpreis.

Quelle klick mich

Die Bearbeitung damit es aussieht wie es aussieht würde sicher noch ein vielfaches des Goldpreises kosten. Sowas macht doch kein Hobbyist, noch dazu wenn immer die Gefahr besteht das die Fälschung erkannt wird.

Wäre der Fund von Archäologen gemacht worden, bestünden wohl keine Zweifel an der Echtheit. Leider ist auch nichts dokumentiert, es gibt lediglich die Aussage von ein paar Leuten, daß es an einer herausgerissenen Baumwurzel gehangen hat.

Das ist natürlich mager und für die Diskussion über die Echtheit nicht förderlich.

Trotzdem wer sollte so eine Fälschung fabrizieren und bezahlen? Ein "anerkennungsgeiler" Hobbyarchäologe? Da habe ich erhebliche Zweifel.

Wir alle kennen die Fakten um den Piltdown-Menschen, vor Fälschungen ist man also nie sicher. Trotzdem haben die unbekannten Fälscher nicht soviel investiert wie zur Fälschung der Bernstorf Funde notwendig wäre.

mfg Hans
 
Als Beispiel mal die Analysen verschiedener Waschgolde aus thüringischen Flüssen:
Bergbaugeschichte :: Goldsuche Thüringen

Das Waschgold der Schwarza dürfte nach einer Verarbeitung und langer Lagerung im Boden sicher 99,9 % Gold in der Oberfläche haben. Und ja, es ist durch Elektrolyse so rein geworden :)). Im Boden findet nämlich auch eine Art Elektrolyse statt. Die Lagerungsbedingungen von Bernstorf mit denen von Mykene oder gar "Troja2 zu vergleichen, da klappen sich mir als Hüttenmann die Fußnägel hoch. In Bernstorf lag das Zeug ganz sicher nicht im Trockenen, die Lagerung in saurem Boden ist für die letzten Jahrzehnte anzunehmen usw.
 
Hi Wilfried,

habe mir Deinen Link angeschaut, da kommen die aber nicht auf 99.9 % sondern auf um die 95% oder verstehe ich da was falsch?
 
Das verstehst Du richtig, die kommen im Mittel der Probe auf 95%. Nun ist das ja nicht so, das man so Gold aus Flittern einfach durch Klopfen zu Blechen verarbeiten kann, es muß doch erschmolzen werden und zu Barren gegossen. Bei dem Geschäft wird das Gold homogenisiert und das Silizium (Oxid) sowie einige andere Elemente werden noch durch Abbrand usw aus der Schmelze entfernt.

Wird nun ein so gefertigtes Blech über sehr lange Zeiträume (und 3000 jahre + sind in der Metallurgie lange) den verschiedensten Wässern ausgesetzt, so lösen die aus der Oberfläche die unedlen Legierungsbestandteile heraus, das reine Gold bleibt zurück und wird von den Erdbewegungen "poliert".
Man ht also im Kern so 95%, an der Oberfläche aber 99,9%. Ist die Probe sehr dünn, hat man eben im Kern irgendwann auch 99,9%
 
Dem steht natürlich entgegen, dass die Reinheit von 99,9 % bisher bei keinem anderen Artefakt dieses Alters nachgewiesen werden könnte, sondern erst ab dem Frühmittelalter auftaucht. So einfach kann es also nicht sein.
 
Dem steht natürlich entgegen, dass die Reinheit von 99,9 % bisher bei keinem anderen Artefakt dieses Alters nachgewiesen werden könnte, sondern erst ab dem Frühmittelalter auftaucht. So einfach kann es also nicht sein.
Das ist nicht ganz richtig: In dem von mir angegebenem Dokument (EP 393 Pernicka Echtheit Bernstorf in Gold und Silber 2014.pdf) sagt Pernicka, dass es 9 prähistorische Goldobjekte mit Reinheit 99,9% gebe. Er sagt weiter – Zitat:„Von diesen stammen 5 aus Spanien und datieren in zweite Hälfte des 1.Jts. v. Chr. Zwei stammen aus Susa und zwei weitere vom Griff eines Schwertes, das sich im Dänischen National Museum in Kopenhagen befindet und aus Dendra auf der Peloponnes stammen soll. A. Perea u.a. (2010) haben an ca. 170 prähistorischen Goldobjekten mehr als 1600 Analysen mit Rasterelektronenmikroskop durchgeführt. Nur ein einziges Objekt der Periode III wies durchgehend ähnlich hohe Goldgehalte auf (Punico, Iberico meseta, Castreno; ca. 550 – 100 v.Chr.). Insofern wäre es sehr erstaunlich, wenn ein ganzes Ensemble von Goldobjekten der mitteleuropäischen Spätbronzezeit, wie jenes von Bernstorf, aus höchstreinem Gold bestehen sollte.“

Das ist nichts als Vermutung. Ich meine, bis man die Himmelsscheibe von Nebra gefunden hat, hat auch niemand gedacht, so etwas könnte es so weit im Norden Europas geben bzw. hergestellt worden sein.
 
Das ist nicht ganz richtig: In dem von mir angegebenem Dokument (EP 393 Pernicka Echtheit Bernstorf in Gold und Silber 2014.pdf) sagt Pernicka, dass es 9 prähistorische Goldobjekte mit Reinheit 99,9% gebe.

Danke für die Korrektur. Pernicka stellt das allerdings in Relation:
Unter den 2.800 Analysen prähistorischer Goldobjekte von Hartmann sind nur neun mit einer Reinheit von 99,9 %.
Das sind also 3,21 Promille bzw. 0,321 % an Goldartefakten, die eine solche Reinheit aufweisen können. Das ist - abgesehen vom Blutgehalt im Alkohol - eine extrem unerhebliche Zahl...
 
Trotzdem wer sollte so eine Fälschung fabrizieren und bezahlen? Ein "anerkennungsgeiler" Hobbyarchäologe? Da habe ich erhebliche Zweifel.

Wenn du RTL und solche Sender schaust siehst du viele "anerkennungsgeile" Leute die bereit sind sich zu blamieren . Andere geben richtig viel Geld für Gesangsstunden aus das sie ihre Chancen bei "Deutschland sucht den Superstar" verbessern damit sie durchkommen. Wer es nicht kann, der kann es nicht. Es gibt die Bereitschaft für 5 Minuten Ruhm viel Geld auszugeben.
 
Schon klar, El Quijote, die Statistik spricht eindeutig dagegen. Aber es ist wie mit Schwänen: Solange man nur weiße Schwäne sieht, denkt man, es gebe nur weiße, aber schon das Auftreten eines einzigen schwarzen widerlegt das. Darauf spielte auch mein gestriger Hinweis auf die Himmelsscheibe von Nebra, denn die Konsequenz aus jener Entdeckung war die Neubewertung der Bronzezeit in Mitteleuropa.

Um nicht einen falschen Eindruck zu vermitteln: Ich habe auch meine Zweifel, ob in Bernstorf alles mit rechten Dinge zuging. Tatsache ist jedoch, dass Bernstorf eine sehr große Siedlung war, was „gelernte“ Archäologen sehr lange bezweifelten. Es weht ein Hauch von Schliemann über Bernstorf, das ist nicht von der Hand zu weisen.

Ich halte viel von Sagen. Weil sie meistens einen wahren Kern haben. Weil die (lokale) Geschichte in ihnen weiter lebt, ohne aufgeschrieben worden zu sein. Typisch zum Beispiel der Name einer Höhle in der fränkischen Schweiz: Jungfernhöhle. Zitat aus Wikipedia: „Der Name ist an eine lokale Sage angelehnt. Danach sollen einst drei Jungfern ohne Köpfe in der Höhle gewohnt haben und dort umgebracht worden sein.“ Und weiter: Gefunden wurden „Skelett- und Schädelreste von mindestens 40 Menschen, 10 bis 11 Erwachsene (darunter 9 zumeist jüngere Frauen), 4 bis 5 Jugendliche sowie 23 Säuglinge und Kinder. Eine Radiokohlenstoffdatierung ergab ein Alter von 6.150 +/- 65 Jahren.“

Demnach hat sich das Wissen darüber von der Jungsteinzeit bis heute in der lokalen Bevölkerung erhalten. So wie eben in der Nähe von Bernstorf: „Es geht eine Sage, dass zwischen Tünzhausen, Bernstorf und Kranzberg eine versunkene Stadt liegt.“

Ich finde, man sollte solchen Sagen mehr Aufmerksamkeit schenken. Hätten Archäologen dieser Bernstorfersage geglaubt und die Entdeckung aus dem Jahr 1904 des Heimatforschers Josef Wenzl nicht ignoriert, Bernstorf, die größte bekannte bronzezeitliche Befestigung nördlich der Alpen, stünde heute ganz anders da.
 
Tatsache ist jedoch, dass Bernstorf eine sehr große Siedlung war, was „gelernte“ Archäologen sehr lange bezweifelten. Es weht ein Hauch von Schliemann über Bernstorf, das ist nicht von der Hand zu weisen.

Bezweifelten das die "gelernten" Archäologen tatsächlich oder ist das die Darstellung von Moosauer, der sich zum David gegen den Goliath der akademischen Archäologie stilisiert?!

Es weht ein Hauch von Schliemann über Bernstorf, das ist nicht von der Hand zu weisen.
Vielleicht weht ja mehr Schliemann über Bernstorf als du meinst... Schliemann hat sich selbst zum unverstandenen Wiederentdecker Troias, der es allen gezeigt hat, stilisiert. Tatsächlich hatte es aber in Hirsalik vor allem von britischer Seite schon Ausgrabungen vor Schliemann gegeben und der Link zu Troja war ebenfalls schon hergestellt worden. Schliemann hat es aber mit seinen Erinnerungen zumindest im deutschen Bewusstsein nachhaltig geschafft, seine Rolle bei der Entdeckung des Tells von Hirsalik und der Zuordnung dieses zu Troja zu überhöhen. Dabei wissen wir bis heute nicht, ob es sich wirklich um Troja handelt, lediglich, dass der Tell schon seit der klassischen Antike mit Troja in Verbindung gebracht wurde.


Typisch zum Beispiel der Name einer Höhle in der fränkischen Schweiz: Jungfernhöhle. Zitat aus Wikipedia: „Der Name ist an eine lokale Sage angelehnt. Danach sollen einst drei Jungfern ohne Köpfe in der Höhle gewohnt haben und dort umgebracht worden sein.“ Und weiter: Gefunden wurden „Skelett- und Schädelreste von mindestens 40 Menschen, 10 bis 11 Erwachsene (darunter 9 zumeist jüngere Frauen), 4 bis 5 Jugendliche sowie 23 Säuglinge und Kinder. Eine Radiokohlenstoffdatierung ergab ein Alter von 6.150 +/- 65 Jahren.“

Demnach hat sich das Wissen darüber von der Jungsteinzeit bis heute in der lokalen Bevölkerung erhalten.

Das ist etwas zu positivistisch. Wieso muss diese Sage denn bis in die Jungsteinzeit zurückgehen? Warum kann sie nicht beispielsweise in 17. Jhdt. enstanden sein, als ein paar Kinder beim Spielen auf menschliche Knochen stießen? Ich sage nicht, dass dem so war, ich will nur sagen: Die Existenz einer Sage, die einen wahren Kern hat, was keineswegs ein Naturgesetz ist, und ihr zuzuordnende archäologische Funde müssen keineswegs aus der gleichen Zeit stammen. Man nennt das fachwissenschaftlich Ätiologie. Die Ätiologie oder ätiologische Legende ist eine Geschichte, welche sich Menschen ausdenken, um einen Sachverhalt, beispielsweise ein Naturphänomen oder eben Knochenfunde in einer Höhle zu erklären. Die Pseudoetymologie hat dazu Überschneidungen. Wenn etwa ein Ortsname erklärt werden soll und man dazu nicht mehr erkannte Namensbestandteile verwendet. Das ist z.B. bei Magdeburg geschehen, im SpätMA hat man den Ortsnamen als Jungfrauenburg übersetzt und schließlich hat sich im 16. Jhdt. die Legende gebildet, dass Kaiser Tiberius selbst Magdeburg als Parthenopolis (Jungfrauenburg) gegründet habe. Diese Legende hat sich auch im Stadtwappen niedergeschlagen, welches eine junge Dame mit dem Jungfernkranz in der Hand über den Zinnen einer Burg zeigt. Auch das ist also die Erklärung eines Sachverhalts, wenn auch die Erklärung im Kern falsch, eben eine ätiologische Legende ist.

Ich finde, man sollte solchen Sagen mehr Aufmerksamkeit schenken. Hätten Archäologen dieser Bernstorfersage geglaubt und die Entdeckung aus dem Jahr 1904 des Heimatforschers Josef Wenzl nicht ignoriert, Bernstorf, die größte bekannte bronzezeitliche Befestigung nördlich der Alpen, stünde heute ganz anders da.
Dass die Archäologie die Fund ignoriert habe, ist ja zunächst einmal eine Behauptung. Fakt ist, Archäologie kostet Geld und Archäologen können nicht einfach hier und dort Grabungen anstrengen. Das müssen sie nämlich a) vor dem Besitzer des Grundes und b) vor dem Steuerzahler rechtfertigen.

Das Versäumnis in Bernstorf ist, dass hier Kies abgebaut wurde, ohne, dass ein bekanntes Bodendenkmal die notwendige Dokumentation erfahren hat. Nach dem bayrischen Schatzregal müsste das eigentlich, wenn ich da recht informiert bin, eine Ordnungswidrigkeit sein; die Finanzierung der Grabungen hätte, zumindest dort, wo das Bodendenkmal durch den Kiesabbau gestört wurde, durch den Grubenbetreiber gewährleistet werden müssen (Verursacherprinzip). Die Frage ist nun, ob hier der Betreiber der Grube mit oder ohne behördliche Genehmigung den archäologischen Befund gestört hat, bzw. ob überhaupt jemand, der entscheidungsbefugt war, von dem Bodendenkmal wusste, also dass das freistaatliche Landesdenkmalamt überhaupt eine Chance hatte.

Mit der Frage allerdings, ob es sich bei den Gold- und Bernsteinfunden um bronzezeitliche Artefakte oder rezente Fälschungen handelt, hat das allerdings nichts mehr zu tun. Die Anlage an sich wird ja von niemandem in Frage gestellt.

_____________________________

Kommen wir zurück zum Streit Pernicka/Winghart vs. Mossauer/Gebhart/Krause.
Wenn es keine Zweifel an der Echtheit der Fund gäbe, hätten Pernicka und Winghart keine Gründe gehabt, solche zu äußern. Sie müssen sich beide nicht auf Kosten eines Hobbyarchäologen renommieren: Pernicka ist die Koryphäe auf dem Gebiet der Archäometrie in Deutschland, Winghart genießt als Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege ebenfalls sehr viel Achtung. Gebhardt und Krause allerdings müssten, wenn es sich um Fälschungen handelt, zugeben, dass sie darauf hereingefallen sind. Man denke an den Stern-Kujau-Skandal.
Insofern, rein wenn man das ganze mal nach dem Prinzip des Cui bono? betrachtet, spräche mehr für die Position Pernicka, weniger für die Position Mossauer.

Das heißt nicht, dass dem so ist und ich will hier Mossauer absolut kein Unrecht tun; ich kann auch mangels archäometrischer/naturwissenschaflicher Bildung überhaupt nichts zu den archäometrischen Daten sagen. Aber es kommen eine Reihe von Indizien (Indizien, nicht Beweisen!) zusammen, die für die Fälschung und gegen die Echtheit sprechen:

- keine Funddokumentation, seltsame Fundumstände
- Wahrscheinlichkeit der Goldreinheit im Promillebereich
- die Urheber des Fälschungsvorwurfs können mit diesem nichts gewinnen, die haben alles erreicht, was man in der Archäologie und an Renommee erreichen kann, Pernicka kann durch diesen Vorwurf, wenn er sich denn als falsch erweist allenfalls Glaubwürdigkeit und Renommee einbüßen, wenn er sich also nicht sicher wäre, hätte er besser geschwiegen.
- die Verteidiger gegen den Fälschungsvorwurf müssen dagegen um ihr Renommee fürchten, wenn sich der Vorwurf bewahrheiten sollte.
- Mossauer selbst kann diverse lautere wie unlautere Gründe gehabt haben, die Fälschungen zu produzieren: Wie bei friloo und Stefan70 angedeutet Selbstdarstellungssucht oder einfach die Hoffnung, dass der Raubbau an dem Bodendenkmal gestoppt würde und endlich systematische Grabungen möglich würden. In letzterem Fall wäre die Fälschung sicher das falsche Mittel, aber zumindest konnte der Befund vor einer weiteren Zerstörung gerettet werden. (Es handelt sich hierbei wohlgemerkt um Szenarien, warum Mossauer gefälscht haben könnte, über die reale Person Mossauer, die ihre Verdienste als Arzt, Naturschützer, Hobbyarchäologe und Lokalpolitiker hat, erlaube ich mir ganz ausdrücklich kein Urteil.)
 
Das Argument der Reinheit und das es so wenige reine Goldfunde überhaupt gibt, zieht nicht.
Das Gold von Bernstorf lag nun mal einige Jahre/Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte in biologisch aktiven Bodenschichten und war somit auch eine zeitlang Wässern mit wechselndem PH-Wert ausgesetzt. Das führt nun mal bei mehr oder minder edlen Metallen zum Verarmen an unedleren Legierungsbestandteilen. Über diese Thematik sind allerdings schon etliche Habilitationen geschrieben worden, ob bei Gold weiß ich nicht. Solch eine Exposition ist allerdings eher selten, da Goldfunde nun mal in ariden Gegenden doch deutlich häufiger sind.

Also , das Reinheitsargument beweist weder die Fälschung noch widerlegt sie diese. Eher die doch äußerst aufwändige Gestaltung der Stücke und ihre Zahl. Das ganze ist nicht mal so eben hergestellt, da sind eventuell mehrere Künstler sehr lange dran
 
Zu der Problematik Sagen/Archäologie, El Quijote, will ich diesem Thread nichts mehr sagen. Vielleicht in einem gesonderten, nur dem Thema gewidmeten Thread – falls es ihn noch nicht gibt.

Zu dem Streit um die Echtheit der Bernstorferfunde: Moosauer spielt hier keine Rolle mehr, denn wie Du schon richtig sagst, es stehen sich jetzt Kapazitäten der Archäologie gegenüber, die alle ihren Ruf verteidigen müssen (hierbei möchte ich Pernicka herausnehmen, weil der nur seine Arbeit getan hat, und aufgrund seiner Erfahrung daraus logische Schlüsse gezogen hat, die er später in moderater Form auch publizierte).

Wirklich gegenüber stehen sich nur Gebhart/Krause auf der einen Seite, und Winghart auf der anderen.

Winghart war in jener Zeit dafür verantwortlich, dass der Kiesabbau nicht gestoppt wurde, weil er nicht daran geglaubt hatte, dass Bernstorf etwas Bedeutendes war. Das hat sich als Irrtum erwiesen und durch den späteren Goldfund wurde dieser Irrtum noch größer. Er hat also ein Interesse daran, diesen Goldfund zu deskreditieren.

Zu den Gebhart/Krause ist nur zu vermelden, dass sie sich in dieser Geschichte stets so verhalten haben, wie sich für Archäologen gehört: Sie gingen an die Sache unvoreingenommen heran und wirkten auf die Behörden, um den Kiesabbau zu stoppen, was dann schließlich auch gelang. Damit konnte zumindest ein Teil der Anlage gerettet werden, schließlich war bis zu diesem Zeitpunkt die prähistorische Siedlung schon zu 60% unwiederbringlich zerstört.

Es ist hervorzuheben, dass die Hobbyarchäologen Moosauer und Bachmeier nur den ersten Goldfund machten, die Mehrzahl der Fundstücke aber durch Mitarbeiter der Prähistorischen Staatssammlung, des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und freiwillige Helfer fachgerecht geborgen wurden. Siehe dazu auch Der Goldfund von Bernstorf.
 
El Quijchote, habe ich.
Das Gold von Bernstorf lag nun mal einige Jahre/Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte in biologisch aktiven Bodenschichten und war somit auch eine zeitlang Wässern mit wechselndem PH-Wert ausgesetzt. Das führt nun mal bei mehr oder minder edlen Metallen zum Verarmen an unedleren Legierungsbestandteilen. Über diese Thematik sind allerdings schon etliche Habilitationen geschrieben worden, ob bei Gold weiß ich nicht. Solch eine Exposition ist allerdings eher selten, da Goldfunde nun mal in ariden Gegenden doch deutlich häufiger sind.
 
Zurück
Oben