Wallfahrtsort, ein Jahrtausende altes Kontinuum?

Du erwähntest Pantheon in Rom und Parthenon in Athen – auf diesen Deinen Beitrag bezog ich mich.

Das bedeutet ja nicht, dass die Leute nicht fähig gewesen wären, diese Gebäude zu demolieren.

Ich weiß nicht, wie Du auf diese These kommst.

Es gibt ja auch viele Beispiele für kleine Tempel, die in Kirchen umgewandelt wurden. Die Größe spielt offensichtlich keine Rolle:

Die eingangs gestellte Frage, ob möglicherweise nur Tempel einer bestimmten Größenordnung verwendet wurden, lässt sich ebenfalls verneinen: Die kleinste Fläche stellt die Cella des sog. Oratoriums des Phalaris mit 31,54 m² dar, der flächenmäßig größte Tempel ist das Pantheon mit einer Grundrissfläche von etwa 1.979 m². Die Tabelle 1 stellt einen Überblick über das Ausmaß der Flächen der Tempel dar. Es lässt sich auch hier kein bevorzugter Rahmen einer bestimmten Größenordnung feststellen, da die Streuung zu groß ist.
Tempel-Kirchen-Umwandlungen in Italien: Eine Analyse direkter Umwandlungen zum besseren Verständnis dieser speziellen Wiederverwendung von Tempeln für Kirchen | Angelika Kellner - Academia.edu
 
Es gibt ja auch viele Beispiele für kleine Tempel, die in Kirchen umgewandelt wurden. Die Größe spielt offensichtlich keine Rolle
möglicherweise spielte in der Spätantike und im Frühmitelalter eine Rolle, wie der aktuelle Zustand der Baulichkeit war? Die Trierer Palastaula war wohl, ebenso wie das Pantheon in Rom, in sehr gutem Zustand, als man beschloß, diese Bauwerke umzufunktionieren.
 
Wie sehen eigentlich die Belege für eine Kultstätte des Altertums auf dem Andechser Berg aus?
Da sieht es mager aus – zumindest im Internet. Es gibt nur Behauptungen wie diese:
Der 711 m hohe Berg war bereits im Altertum eine religiöse Kultstätte. Die Wallfahrt nach Andechs ist älter als das Kloster selbst und war mit der von Trier und Aachen die bedeutendste im Spätmittelalter.
Quelle: https://de.wikivoyage.org/wiki/Andechs

Aber bei der Suche nach Quellen ist mir etwas aufgefallen: Die Legenden über die Entstehung der Wallfahrten sind an beiden Orten (Sacro Monte della Beata Vergine del Soccorso in Ossuccio und dem heiligen Berg Andechs) ähnlich:

Zitate zu Andechs:
Im Jahre 1388 fand, ebenfalls der Legende nach, eine Maus den sogenannten Heiltumsschatz, den angeblich die Grafen von Andechs vor ihrem Ende in der Nikolauskapelle versteckt hatten.
Quelle: Wallfahrerverein Friedberg - Geschichte

Im Jahr 1248 starb das letzte männliche Mitglied des Andechs Geschlechtes. In den unruhigen Zeiten war die [Kapelle] erhalten geblieben, allerdings waren die Reliquien abhanden gekommen. Nichtsdestotrotz kamen Pilger auf den Burgberg. Im Jahr 1274 erhielt sogar eine blinde Frau aus dem nahen Widdersberg ihr Sehvermögen wieder, so wird berichtet.
Quelle: Wallfahrtskirche Andechs

Zitat zu Ossuccio:
Hier fand ein taubstummes Hirtenmädchen, als es gerade seine Herde an dem Ort weidete, wo laut Plinius dem Jüngeren in der Antike der Tempel der Göttin Ceres gestanden hatte, eine Statue der Muttergottes mit Kind.
Quelle: 30Giorni | Die liebliche Muttergottes aus weißem Marmor (von Giuseppe Frangi)

Das Auffallende dabei:

1. Beide “Finderinnen” konnten nicht sprechen / befragt werden.
2. In Andechs gingen die Wallfahrten trotz der inzwischen verschwundenen (christlichen) Reliquien noch 140 Jahre weiter.
 
2. In Andechs gingen die Wallfahrten trotz der inzwischen verschwundenen (christlichen) Reliquien noch 140 Jahre weiter.
Und was schlussfolgern wir daraus?
Das kann man sich doch denken: Es waren nicht die Reliquien, weswegen die Menschen nach Andechs pilgerten, sondern der Ort selbst. Das deutet auf eine alte Tradition, die womöglich nichts mit dem Christentum zu tun hatte. Ähnliches fand auch in Ossuccio statt, wofür wir allerdings einen schriftlichen Beweis haben, dass da schon zu Ehren der Ceres gepilgert wurde. In Andechs fehlt Solches, aber die Umstände sind schon sehr ähnlich, zumal beide Orte als „Heilige Berge“ bezeichnet werden, d.h. es wird kein Bezug auf die (christliche) Reliquien genommen.
 
2. In Andechs gingen die Wallfahrten trotz der inzwischen verschwundenen (christlichen) Reliquien noch 140 Jahre weiter.

Was sind eigentlich die Belege dafür?

Da sieht es doch auch recht düster aus.

Die Einträge im Andechser Missale stammen wohl aus den Jahren nach 1388 und enthalten ziemlich plumpe Urkundenfälschungen. Eduard Hlawitschka* schreibt die Einträge den Geistlichen zu, die um 1390/91 auf dem Berg die Fundstelle betreuten:

Diese fratres et capellani bzw. monachi waren natürlich bestrebt, wie die ermittelten Tendenzen der Einträge offenbarten, nicht nur - in Vertiefung des herzoglichen Wunsches nach einem Benediktinerkloster - das VORHANDENSEIN eines schon zu Zeiten Graf Bertholds von Andechs errichteten Benediktinerklosters zu behaupten und sich somit - zur besseren Förderungswürdigkeit - als in einer langen Tradition stehend darzustellen, sondern sich auch die Besitzungen, Rechte und Einkünfte der ausgestorbenen Andechser Grafen und Herzöge zu sichern und Wallfahrten zum Hl. Berg mitsamt Zinszahlungen und Kerzenstiftungen als alte Tradition erscheinen zu lassen.
* Andechser Anfänge: Beiträge zur frühen Geschichte des Klosters Andechs, St. Ottilien 2000
 
Das kann man sich doch denken: Es waren nicht die Reliquien, weswegen die Menschen nach Andechs pilgerten, sondern der Ort selbst. Das deutet auf eine alte Tradition, die womöglich nichts mit dem Christentum zu tun hatte.
Wenn es keine Belege (Quellen) für diese angenommene "alte Tradition" gibt, die offenbar weniger an der jeweils aktuellen Religion als an der magischen (?) Örtlichkeit interessiert ist, dann wird es sehr schwierig, diese angenommene Tradition aus dem Bereich der Spekulation oder Wunschvorstellung heraus zu holen... ;)

ohne eine spätantike oder frühmittelalterliche Quelle, die eindeutig sagt "boah, Andechs, voll der Magische Ort, lasset uns wallfahren", wird sich dort keine "Wallfahrt-Kontinuität" überzeugend darstellen lassen. (und wenn dem doch so gewesen wäre, dann fragt man sich, warum die Quellen schweigen...)
 
Woher kommt eigentlich die Angabe, die Andechser Reliquien seine verschwunden? Ich finde dazu nichts. Stattdessen finde ich Angaben, wo sie aufbewahrt sein sollen.
 
Woher kommt eigentlich die Angabe, die Andechser Reliquien seine verschwunden? Ich finde dazu nichts.

Zuverlässig bezeugt ist die Geschichte seit der 'Auffindung' der Reliquien im Jahr 1388.

Alles, was vorher gewesen sein könnte, bleibt im Dunkeln.

Alle Behauptungen über die Vorgeschichte der Reliquien, wie man sie z. B. hier lesen kann, gehen auf das erwähnte Andechser Missale zurück.

Dazu Hartmut Kühne:
Über die Genese der Eintragungen des Missale ist man in der Forschung noch nicht zu einem abschließenden Urteil gelangt. Sicher ist, daß es sich bei den Eintragungen um eine komplexe und sukzessiv entstandene Fälschung handelt, deren grobe historiographische Irrtümer heute leicht festzustellen sind;
...
Sicher ist, daß die Texte im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts, also nach der Entdeckung von 1388 und wohl auch nach der Überführung des Schatzes nach München, in das Missale eingetragen und von einer Partei veranlaßt wurden, die ein Interesse an der Rückkehr der Reliquien in die Andechser Kapelle hatte.
...
Sowohl über den Initiator der Fälschung als auch über die Herkunft des 1388 entdeckten Schatzes konnte also bisher keine rechte Klarheit gewonnen werden. Damit muß auch die Frage offenbleiben, ob es sich bei dem Fund des Jahres 1388 um die Entdeckung von Reliquien aus der Zeit der Andechser Grafen oder um die 'Lancierung' einer unmittelbar zuvor zusammengetragenen Kollektion handelt, die in der Absicht, sie wunderbarerweise auffinden zu lassen, vor der Entdeckung des Franziskaners Dachauer dort deponiert wurde.
Dass man sich in Andechs das Etikett "älteste Wallfahrt in ganz Bayern" nicht nehmen lässt - Fälschung hin oder her - ist ja irgendwo verständlich. :still:
 
In Andechs fehlt Solches, aber die Umstände sind schon sehr ähnlich, zumal beide Orte als „Heilige Berge“ bezeichnet werden, d.h. es wird kein Bezug auf die (christliche) Reliquien genommen.
Seit wann gibt es denn im Falle Andechs' die Bezeichnung Heiliger Berg?
 
Seit wann gibt es denn im Falle Andechs' die Bezeichnung Heiliger Berg?
https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Andechs sagt: Bis 1425 kamen auch die noch fehlenden Reliquien nach Andechs zurück. Damals entstand auch der heute noch gebräuchliche Name Heiliger Berg.

Aber ich habe vor etlichen Jahren irgendwo gelesen – leider finde ich das entsprechende Buch bzw. die Notiz nicht -, dass der Name Anedese in bretonischer (keltischer?) Sprache so etwas wie „Berg der Göttin“ bedeuten könnte. Das passt zu der Gottesmutter Maria, derentwegen u.a. noch heute nach Andechs gepilgert wird.

Natürlich gibt es gegen diese Deutung Einwände, aber jeder, der nach Andechs kommt, wird einsehen, dass an einem so herrlich und exponiert gelegenen Platz nicht erst die Christen ein Heiligtum errichteten und "ausreichend" Reliquien hinbrachten.

Manche der Reliquien hätte angeblich der Graf Rasso von Dießen (Dießen ist ein Ort nahe Andechs, wohin diese Grafen übersiedelten und sich dann Grafen von Andechs nannten) schon im 10.Jh. von einer Pilgerfahrt nach Jerusalem über Konstantinopel und Rom nach Hause gebracht. Er wurde „in Rom von Papst Agapit II. ehrenvoll empfangen (ab Agapito II. summo pontifice perhonorifice susceptus est), reich mit Reliquien beschenkt und endlich mit dem apostolischen Segen entlassen.“
Quelle: RI II,5 n. ?230, Agapit II., (951 Mitte), Rom : Regesta Imperii

Dann gab es nochmal einen Zuwachs an Reliquien – Zitat: „demnach brachte Leo IX. 1052 für Heinrich III. drei Hostien, die der Kaiser später als Heiltum mit sich führte, dann in Bamberg unterbrachte: [Leo IX] ... 1052 transiens secum tres hostias ad imp. Hainricum detulit, duas, quas s. Gregorius, terciam, quam divinitus iussus consecravit. Quas ... imp. Hainricus in terris suis circumferri ... fecit ... Bamberge permanserunt. Neben diesem aus der Lagerung folgenden Bezug zu Bamberg nennt Barth einen weiteren: lt. einer Andechser Chronik (München, StBibl., 4 Inc. s.a. 589d., 1595 fol. 10f., 20) wurden in Andechs drei Hostien verehrt, die: s. Otto Bischoff zu Bamberg schickt seinem Vatter Bertholdo [v. Andechs] ... deren zwo Bapst Gregorius geweyhet und consecrirt, die dritt aber, daran der heiligst nam Jhesus blutfarb noch heutigen tags erscheinet hat Bapst Leo consecriert.“
Quelle: Papstregesten 1024-1058, 2. Lfg. 1046-1058 : Regesta Imperii

Dass viele der Reliquien heute als unecht angesehen werden, störte die damalige Bevölkerung nicht - und heutige übrigens auch nicht, denn diese 3 Hostien werde heute noch alljährlich dem Volk gezeigt.

Wir wissen, dass sehr, sehr viele Reliquien, die aus der Christuszeit stammen sollen, Fälschung sind. Aber die Nachfrage nach solchen Reliquien war im Mittelalter offenbar sehr stark, so dass der Markt das Gewünschte eben lieferte. Das Volk verlangte wohl nach Beweisen für die Existenz und des Märtyrertodes Jesu, und weil es so viel Holz vom wahren Kreuz und Nägeln gar nicht geben konnte wie verlangt, musste auf Knochen und sonstigen Zubehör der außergewöhnlichen Menschen, die man zu Heiligen erklärte, ausgewichen werden.

Die Menschen verlangen nach „handfesten“ Beweisen – ist diesem Forum nicht anders :winke: -, sonst glauben sie den Erzählungen nicht oder nur halb, was praktisch – vielfach nur im Geheimen - das Bleiben bei ihrem alten Glauben bedeutete. Und tatsächlich gibt es seit der Spätantike bis in das späte Mittelalter (das sind 1000 Jahre) Berichte von Bischöfen, dass das Volk immer noch heidnischen Sitten anhängt, was zu entsprechenden Verboten führte. So hatte z.B. Bischof Remedius von Chur in seinen um 800 verfassten Capitula Remedii die heidnischen Bräuche in seinem Bistum ausdrücklich verboten. Später wandte sich die Inquisition diesem Thema – siehe die Bulle "Ad abolendam" des Papstes Lucius III. aus dem Jahre 1184, mit der dies seinen Anfang nahm.
 
Aber ich habe vor etlichen Jahren irgendwo gelesen – leider finde ich das entsprechende Buch bzw. die Notiz nicht -, dass der Name Anedese in bretonischer (keltischer?) Sprache so etwas wie „Berg der Göttin“ bedeuten könnte. Das passt zu der Gottesmutter Maria, derentwegen u.a. noch heute nach Andechs gepilgert wird.

Man findet auch diese Angabe:
Andechs

Erstmals ist diese Gemeinde im Landkreis Starnberg um 1.000 herum als Anadehsa belegt. Um 1100 herum ähnelt der Ort schon dem heutigen Ortsnamen mit Andehs sehr, wenige Jahre später hat sich dann das „c“ eingeschlichen und der Ort hatte seinen heutigen Namen. Ursprünglich kommt er von einem romanischen Alpenwort, das Eibe bedeutet. Übersetzt heißt Andechs so viel wie: Bergkuppe inmitten eines Eibenwaldes.

In diese Argumentation spielt wohl taxus mit hinein. Das mit dem eingeschlichenen <c> ist natürlich Unfug, da das lediglich eine graphische Konvention ist.
Ähnlich Bauer:
Flurnamen und Siedlungsnamen wie Daxet, Taxet, Taxa und Andechs (Lk Starnberg; 1068: Anadehsa »über einem Eibenwald«) enthalten ein romanisches Wort für Eibe.
Greule meint noch etwas anderes:
Zu den keltischen Bergnamen kann man auch den Namen des heiligenBerges der Bayern, nämlich Andechs (a.1068 Anadehsa) zählen: Er enthält das keltische Verstärkungspräfix and(e)- und vielleicht *ak-s-ia als Benennung für eine Anhöhe (> kelt. *Andaksia, ahd. *Andehsa)​
 
Das Volk verlangte wohl nach Beweisen für die Existenz und des Märtyrertodes Jesu
Wohl kaum.

und weil es so viel Holz vom wahren Kreuz und Nägeln gar nicht geben konnte wie verlangt
Was sollte denn ein Holzsplitter oder ein Nagel "beweisen"?

Holzsplitter und Nägel gab es damals schon genug.

Von anderen "wahren Reliquien" ganz zu schweigen:
Nicht nur am 1. Januar und nicht nur in Antwerpen, sondern an mehr als einem Dutzend Orten in Europa wurden im reliquienseligen Mittelalter einst Vorhäute Jesu verehrt. Dass es sich bei den meisten um fromme Fälschungen gehandelt haben muss, liegt auf der Hand. Doch die Sehnsucht der Menschen nach einer echten, wahrhaftigen Reliquie vom echten, wahrhaftigen Körper Jesu war groß. Und die Vorhaut des Heilands war nun einmal die einzige Leibreliquie, die es dem biblischen Zeugnis zufolge nach der Himmelfahrt Christi auf Erden geben konnte.

Am intensivsten war die Vorhautverehrung in Frankreich (wo man sich auch im Besitz einiger Nabelschnüre des Heilands glaubte). »Praeputia Christi« gab es in Besançon, Boulogne, Compiègne, Conques, Fécamp, Langres, Le Puy, Coulombs, Metz, Nancy und Paris, doch die berühmteste nannte die Abtei von Charroux bei Poitiers ihr Eigen. Karl der Große höchstpersönlich soll sie den Mönchen von Charroux vermacht haben. Sehr zum Verdruss der Römer, die dasselbe von ihrer noch älteren Vorhaut behaupteten. Auch im spanischen Santiago de Compostela zog es Jakobspilger aus ganz Europa vor den Vorhaut-Altar: Dabei wären deutsche Pilger schon in Hildesheim fündig geworden.
»Das Ringlein ist weich« · Die Vorhaut Christi. Vom Niedergang einer Reliquie

und weil es so viel Holz vom wahren Kreuz und Nägeln gar nicht geben konnte wie verlangt, musste auf Knochen und sonstigen Zubehör der außergewöhnlichen Menschen, die man zu Heiligen erklärte, ausgewichen werden.
Das hat einen anderen Hintergrund.
Ein paar Basisinformationen:
Reliquie ? Wikipedia



s. Otto Bischoff zu Bamberg schickt seinem Vatter Bertholdo [v. Andechs]
Auch diese Mitteilung geht auf das Andechser Missale zurück. Dabei handelt es sich um eine ziemlich stümperhaft gefälschte "Urkunde":
Hlawitschka schrieb:
Aber schon daran, daß hiebei der 1052 bei Kaiser Heinrich III. in Bamberg weilende Papst Leo IX. mit Kaiser Heinrich II., dem schon 1024 verstorbenen Gründer der Bamberger Domkirche, als Empfänger des Gregorssakramentes zusammengebracht wird und daß zum Jahre 1102 ein König Konrad gesetzt wird, ist ersichtlich, daß der Verfasser des Stückes keine klaren historischen Kenntnisse hatte und daß er gewiß nicht der Bamberger Bischof war, der über die Lebenszeit seiner Vorgänger sicherlich besser informiert war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei der näheren Suche nach historischen Spuren in meinem Beitrag vom 19.04.2015, 15:43 erwähnten Vierbergelauf – eine um 1500 erstmals beschriebene Wallfahrt über den Magdalensberg, Ulrichsberg, Veitsberg und Lorenziberg rund um St. Veit – bin ich auf Folgendes gestoßen:

Die Grabungen zeigten, dass der Ulrichsberg seit dem 9. Jh. v. Chr. besiedelt war. Für die römische Zeit konnten zahlreiche Nutz- und Wohnbauten und eine frühchristliche Kirche festgestellt werden. Schon vor der Grabung vermutete Egger aufgrund gefundener Weiheinschriften der Göttin Isis Noreia, sowie des Gottes Casuontanus ein gemeinsames Heiligtum am Gipfel.

Und zu der Kirche auf dem Magdalensberg:

Im Jahr 1970 wurde im Zuge der Kircheninnenraumrenovierung eine Notgrabung auf dem Gipfel des Berges unternommen. An der Stelle der heutigen Filialkirche konnte ein Heiligtum attestiert werden (FÖ 9, 1969–70: 275).

Und zu den 2 Kirchen auf dem Hemmaberg, der allerdings nicht zu Vierbergelauf gehört:

Unter spätantiken Befunden konnten kaiserzeitliche Gebäude, eine bronzezeitliche Bestattung, mittelbronzezeitliche Keramik und eine spätlatènezeitliche Scherbenkonzentration auf dem Hemmaberg festgestellt werden (FÖ 22, 1983: 239; FÖ 24/25, 1985/86: 280).
(…)
Neben der Kirchenanlage kamen zahlreiche profane Gebäude zu Tage, die als Versorgungs- und Unterkunftsbauten für Pilger dienten.
(…)
Die gleichzeitige Errichtung zweier Kirchenanlagen deutet auf zwei Christengemeinden hin. Die Errichtung fällt in die Zeit, als noricum mediterraneum dem Ostgotenreich Theoderichs angegliedert war. Das spricht für katholische und arianische Christen nebeneinander (GLASER 1993: 177–184). Neben den christlichen sakralen Bauten weist ein Weihealtar für den keltischen Gott Iouenat auf ein einheimisches Heiligtum hin. Glaser meint, es könnte sich bis zumindest 400 n. Chr. auf dem markanten ebenen Plateau des Hemmaberges befunden haben (GLASER 1996: 54).


Quelle: https://www.academia.edu/1285482/En...räsentation_ab_dem_20._Jahrhundert_in_Kärnten
Alle Hervorhebungen sind von mir.

Und zu Hemmaberg heißt es bei Museum Globasnitz | adfontes : Der Hemmaberg ist ein Ort, zu dem Menschen schon im Altertum gepilgert sind, um die Quelle zu finden, die ihrem Leben Sinn gibt. Und weiter in dem dazugehörigen Prospekt http://www.museum-globasnitz.at/files/21384_adfontes_zweispr_sc.pdf heißt es: Die Grotte in diesem Berg bot Unterschlupf und die Wasserquelle schenkte Leben. Hier wurde die Gottheit IOUENAT verehrt. Wer den Berg mit offenen Augen und offenem Herzen betritt, wird erkennen, dass der Schöpfer hier mit Schönheit nicht gegeizt hat. Im Mittelalter hieß der Berg noch Jaun-Berg, so auch das Dorf und die Gegend: Jauntal (Podjuna). Das Volk singt seiner Heiligen auf diesem Berg: „Hema v Slovenjah cuva podjunski svet ...” (Hemma in Slovenjach wacht über das Jauntal ...)

Man beachte die Ähnlichkeit: IOUENAT – Jaun, Jaun-Berg, Jauntal.
 
Dass zu keltischen Höhensiedlungen auch Heiligtümer gehörten, ist nicht weiter verwunderlich. Kultstätten gehören nun mal zur Infrastruktur einer größeren Siedlung. Ebenso ist nicht weiter verwunderlich, dass Kirchen bevorzugt an hohen Orten gebaut wurden und ebensowenig, dass ein einmal für eine Siedlung ausgewählter Platz wieder besiedelt würde, wenn nicht sowieso von einer Siedlungskontinuität auszugehen ist.
I.d.R. werden solche Plätze ja deshalb ausgewählt, weil sie begünstigende Faktoren haben. Der Nachweis einer keltischen Siedlung am Ort einer späteren Wallfahrtsstätte reicht dementsprechend nicht aus. Auch nicht der Nachweis einer kontinuierlichen Besiedlung.
Dass die Kirche aus synkretistischen Motiven auf der einen, aus die fremde Religion zu unterdrückenden Motiven auf der anderen Seite alte Kultplätze besetzt hat, ist auch keine Neuigkeit...
Man müsste also die Kontinuität einer Wallfahrt nachweisen, etwa durch die Kontinuität von Votivgaben. Oder durch der katholischen Kirche eigentlich fremde Rituale, die etwa durch bis heute lebendige Praktiken oder durch Eigentümlichkeiten in einem archäologischen Befund nachgewiesen werden könnten.
 
Man müsste also die Kontinuität einer Wallfahrt nachweisen, etwa durch die Kontinuität von Votivgaben. Oder durch der katholischen Kirche eigentlich fremde Rituale, die etwa durch bis heute lebendige Praktiken oder durch Eigentümlichkeiten in einem archäologischen Befund nachgewiesen werden könnten.
Das ist klar. Ich habe den Vierbergelauf erwähnt, weil es dazu eine Theorie gibt, er könnte noch aus der Keltenzeit stammen. Und die Hemmaberg Wallfahrt ist auch stark keltenverdächtigt, weil u.a. der Name des keltischen Gottes Iouenat dort noch in den Orts- und Landschaftsnamen (Jaun, Jaun-Berg, Jauntal) weiter existiert.

Ich werde in diesem Sommer versuchen, da vor Ort weiter zu „forschen“, weil es dort vielleicht Informationen bzw. Literatur gibt, die sonst nirgendwo (mehr) bekannt, geschweige denn erhältlich sind.
 
Das ist klar. Ich habe den Vierbergelauf erwähnt, weil es dazu eine Theorie gibt, er könnte noch aus der Keltenzeit stammen.

Wozu in dem von Dir verlinkten Wiki-Artikel zu lesen ist:

Obwohl Fachleute heute die Kelten-Theorie ablehnen, ist sie in der Bevölkerung noch sehr verbreitet. Hauptgrund dafür ist, dass dieser vermeintlich heidnische Ursprung des Laufes in den Volksschulen gelehrt wurde und Georg Grabers Ansichten in Lehrerkreisen lange unangreifbar waren, da dieser Landesschulinspektor war. Auch wurde diese Theorie durch Bertl Petreis populäres Buch „Jahrtausende ziehen mit uns“ gestärkt.
Vierbergelauf ? Wikipedia
 
Wozu in dem von Dir verlinkten Wiki-Artikel zu lesen ist:
Obwohl Fachleute heute die Kelten-Theorie ablehnen, ist sie in der Bevölkerung noch sehr verbreitet. Hauptgrund dafür ist, dass dieser vermeintlich heidnische Ursprung des Laufes in den Volksschulen gelehrt wurde und Georg Grabers Ansichten in Lehrerkreisen lange unangreifbar waren, da dieser Landesschulinspektor war. Auch wurde diese Theorie durch Bertl Petreis populäres Buch „Jahrtausende ziehen mit uns“ gestärkt.
Ja, das habe ich auch gelesen. Leider wird es da nicht gesagt, warum die Fachleute die Kelten-Theorie heute ablehnen. Man muss schon etwas mehr dazu sagen, als nur zu kolportieren, Georg Grabers Ansichten wären lange Zeit unangreifbar, weil dieser Schulinspektor war.
 
Zurück
Oben