König Salomo - hat er wirklich gelebt?

Das kommt mir etwas zu konstruiert vor. Gerade die Eliten werden doch am ehesten einigermaßen Ahnung von der Geschichte ihrer Reiche gehabt haben. Wieso sollten sie plötzlich an ein einstiges gemeinsames Reich glauben, von dem sie nie zuvor gehört haben?

Außerdem soll David dem Stamm Juda entstammt sein. Die "gemeinsame Identität" hätte sich also darauf beschränkt, dass die Vorfahren der Eliten aus dem Norden einst Untertanen des Südens waren.

Finkelstein/Silberman begründen Ihre Thesen detalliert, sorgfältig, durch Einbeziehung archäologischer Erkenntnisse, interdisziplinär. Forabel lässt sich mE höchstens ein Ergebnis zusammenfassen, nicht aber der Weg dorthin.

Die Verschriftlichung der Erzählungen von der Geschiche liegt erheblich später. Wie sieht es inzwischen mit Archäologie aus: sind irgendwelche Schriftquellen vor dem 7. Jhdt in der Region bekannt? Dazu:

"At the time of the writing of Chronicles, the northern kingdom was no more than a vague memory, having been destroyed by the Assyrians four centuries before. Yet the continuing political and religious power of Samaria was of great concern to the leaders of Yehud. Archaeological surveys in the highlands of Samaria have noted a substantial continuity of settlement from the end of the Assyrian period through the succeeding centuries. The discovery of an archive of inscribed fourth-century BCE papyri in a cave on the desert fringe of Samaria has revealed the complexity of political and social life and legal activity in the province during the later Persian period."

Wie umfangreich die "Ahnung" von Eliten des Nordreiches aus ihren Legenden tatsächlich war, wissen wir nicht. Wir kennen nur den Ansatz der Religionseinheit, sozusagen als Wurzel des Nation Building, die Legende vom Großreich mit politischer Bedeutung, Machtfaktor der Region. Offenbar war die angebotene verschriftlichte Alternative höchst attraktiv, und wird ihren tieferen Sinn und Zweck gehabt haben, jedenfalls hat sie auch überdauert.

Es dürfte sich ähnlich verhalten wie beim Beispiel Delphi: die Kontextualisierung solcher Legenden sollte aus den zeitlichen, zeitgenössischen Umfeld ihrer tatsächlichen Verwendung erfolgen, nicht aus ihren rückdatierten Inhalten.
 
Das kommt mir etwas zu konstruiert vor. Gerade die Eliten werden doch am ehesten einigermaßen Ahnung von der Geschichte ihrer Reiche gehabt haben. Wieso sollten sie plötzlich an ein einstiges gemeinsames Reich glauben, von dem sie nie zuvor gehört haben?

Außerdem soll David dem Stamm Juda entstammt sein. Die "gemeinsame Identität" hätte sich also darauf beschränkt, dass die Vorfahren der Eliten aus dem Norden einst Untertanen des Südens waren.

Die Entstehung des Mythos vom vereinten Königreich muss man sich eher als langwierigen Prozess vorstellen. Das wurde sicher nicht von heute auf morgen als neue Wahrheit ausgerufen. Ich hab' das in meinem vorigen Kommentar sicherlich auch viel zu knapp dargestellt.

Vermutlich war es so, das die 1. Generation der israelischen Migranten in Juda sich noch gar nicht so stark in ihr neues Umfeld integrierten. Wahrscheinlich sehnten sie sich zurück nach ihrem Leben im Nordreich und haben die Zeit der Omridendynastie im Rückblick zu einer Art "goldenem Zeitalter" überhöht. Da die nachfolgenden Generationen immer mehr den Bezug zum untergegangenen Königreich Israel verloren, konnten die judäischen Herrscher dieses "goldene Zeitalter" nach und nach zu dem vereinten Königreich unter Salomo umdeuten, wie wir es aus dem AT kennen.

Der Vorteil der sich für das judäische Herrscherhaus aus dieser Mythenbildung ergab ist dabei nur allzu offensichtlich, denn man konnte daraus natürlich prima einen Herrschaftsanspruch auf die Gebiete des Nordreiches ableiten.

Sicherlich ist bei diesem Szenario noch eine ganze Menge Spekulation dabei, aber es passt jedenfalls besser zu den archäologischen Befunden als die biblische Darstellung der Ereignisse.

Da meine Wiedergabe der finkelsteinschen Thesen wiederum arg verkürzt und nur aus dem Gedächtnis erfolgte, empfiehlt sich für alle Interessierten die Lektüre des Buches Das vergessene Königreich von Israel Finkelstein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Problem der Theorie liegt darin, dass die unterschiedlichen Versionen der ersten Bücher der Bibel, die zu einem Werk verbunden wurden, Konflikte bewahrt, die erst durch ein geeintes Königreich wirklich Sinn erhalten.
Aber da ich mich mit der Theorie des 'erfundenen' Königreichs nicht wirklich beschäftigt habe, will ich sie hier nicht für unmöglich erklären. Allerdings wird sie kaum der Existenz eines geeinten Reichs widersprechen können. Eben weil es kaum Quellen gibt.
Ich nehme an, schlussendlich werden wir davon ausgehen müssen, dass es hier zwei gleichberechtigte Möglichkeiten gibt und es wieder einmal auf die persönliche Wertung ankommt.
Aber vor dem endgültigen Verdikt, werde ich mal etwas lesen.;)
 
Das Problem der Theorie liegt darin, dass die unterschiedlichen Versionen der ersten Bücher der Bibel, die zu einem Werk verbunden wurden, Konflikte bewahrt, die erst durch ein geeintes Königreich wirklich Sinn erhalten.
Aber da ich mich mit der Theorie des 'erfundenen' Königreichs nicht wirklich beschäftigt habe, will ich sie hier nicht für unmöglich erklären. Allerdings wird sie kaum der Existenz eines geeinten Reichs widersprechen können. Eben weil es kaum Quellen gibt.

Laut Finkelstein sind es insbesondere die archäologischen Befunde zur Art und Dichte der Besiedelung der verschiedenen Gebiete, die ein geeintes Königreich höchst unwahrscheinlich erscheinen lassen.
 
Wie kommt man von der Dichte der Besiedlung eigentlich darauf ob das alles ein Staat ist oder nicht. Ich meine wenn man Sibirien in paar Jahrhunderten untersucht, wird da auch kaum Bevölkerung zu finden sein.

Damit meine ich nicht das ich David/Salomon für historische Personen halte, aber ganz ausschließen würde ich es auch nicht.
 
Und die Uneinheitlichkeit wird ja von der Bibel berichtet. Auch wird der Leser, der sich nicht von der Propaganda täuschen lässt, von mehr Kultstätten als dem Tempel in Jerusalem erfahren.
Aber das heißt ja noch nicht, dass alles so gewesen sein muss. Insbesondere klingt Israel Finkelstein definitiv nicht nach antisemitischen Verschwörungstheorien, sondern nach Archäologe. Schon, da das Problem der Zuordnung von geschriebener und gefundener Geschichte immer wieder neu gelöst werden muss - denken wir an die Troja-Debatte -, sollte man seine und Silbermans Ideen zur Kenntnis nehmen.
Auf der anderen Seite darf man natürlich den Standpunkt der Philologisch, der Ethnologisch und der Politisch/Soziologisch ausgerichteten Historikern nicht beiseite schieben.
Bei meiner obigen eher politisch/soziologisch/rechtlichen Beschreibung könnte man ohne Probleme die ethnologischen Phänomene, die in der Bibel ebenfalls glaubhaft geschildert werden, in den Vordergrund rücken: Von einzelnen starken Männern über Auseinandersetzungen zu institutionalisierter Macht. Oder philologisch die Schichten der Bibel analysieren. Daraus erhielte man allerdings vorwiegend Argumente zu später aktuellen Themen. Doch wird z.B. auch die Pluralität von Kultstätten deutlich.
Finkelstein liefert einen archäologischen Standpunkt. Ohne die Ergebnisse der anderen 'Richtungen' zu berücksichtigen kann dieser nicht bestehen.

Und neue Erkenntnisse über Altbekanntes gewinnt man durch die Betrachtung unter neuen Aspekten immer noch recht einfach.

An den Universitäten bemüht man sich den Umgang auch mit ethnologischen und archäologischen Daten zu vermitteln. Dennoch herrscht dort noch eine große Teilung der Fachwelt, wie aus der schon erwähnten Troja-Debatte deutlich wird.

Daher sollte man auch innovative Vorschläge von Archäologen genauso wenig grundsätzlich ablehnen wie Interpretationsvorschlägen zu Funden von Seiten der Historiker oder Erklärungen der Ethnologen zu problematischen Berichten.

Allerdings heißt das noch lange nicht, dass neue Aspekte Wahrheit begründen.

Auch wenn es vielen hier nicht gefällt: Sobald man nur noch anhand der persönlichen Einstellung, resp. danach entscheidet, was einem ohne weitere Begründung als realistisch erscheint, oder danach was Mommsen oder Aristoteles gesagt haben, haben wir wissenschaftlich mehrere gleichberechtigte Möglichkeiten.
 
Aber da ich mich mit der Theorie des 'erfundenen' Königreichs nicht wirklich beschäftigt habe,
Finkelstein liefert einen archäologischen Standpunkt. Ohne die Ergebnisse der anderen 'Richtungen' zu berücksichtigen kann dieser nicht bestehen.

Mit Verlaub: Solltest du dich nicht vielleicht etwas besser informieren, ehe du dich lang und breit über vermeintlich verfehlte Ansätze auslässt?

Finkelstein/Silberman begründen Ihre Thesen detalliert, sorgfältig, durch Einbeziehung archäologischer Erkenntnisse, interdisziplinär. Forabel lässt sich mE höchstens ein Ergebnis zusammenfassen, nicht aber der Weg dorthin.

Es ist eine Weile her, seit ich mich mit Finkelsteins Buch beschäftigt habe, fand die Argumentation aber durchaus schlüssig.
 
Da hast Du mich falsch verstanden, ich wollte sagen, dass man den Ansatz eben nicht von vornherein verwerfen kann.
Dabei habe ich Kriterien angegeben, bei denen ich gespannt bin, wie Finkelstein sie einbindet, ohne deren Berücksichtigung ich mich aber auch schwertun werde, ihm zuzustimmen.
Und die Forderung ist doch so selbstverständlich, dass man ihre Erfüllung erwarten kann. Damit ist sie auch kein Fall für den Konjunktiv. Ich hatte nicht erwartet, dass es missverständlich ist.
Sich Kriterien zur Bewertung ins Gedächtnis zu rufen, bevor man etwas liest ist doch normal, ja geradezu notwendig bei etwas reißerisch aufgemachten Texten.

Mein einziger bisher genannter Kritikpunkt, der aber keiner genaueren Kenntnisnahme der Theorie bedarf, -geäußert in Anschluss an das erste Zitat- ist der Zweifel am Genügen der Quellen zu einem wirklichen Beweis. Aber auch das ist doch eher ein Aspekt, den man beim Lesen im Auge behalten muss.

Die Formatierung des ersten Absatzes von Post #26 ist übrigens nicht vorhanden. Aufgrund meines schlechten Zugangs kämpfe ich zu Hause teilweise mit gewaltigem Ruckeln. Solche Dinge gehen dann unter. Der erste Satz der 3. Zeile gehört zum Abschnitt davor und bezieht sich auf die traditionellere Sicht. Allerdings geht es auch aus dem Text hervor.

Danach sage ich, dass man ihn zur Kenntnis nehmen muss und plädiere für eine ausgewogene Sichtweise.

Ich werfe ihm definitv nicht lang und breit eine verfehlte Sichtweise vor.
 
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Vom hebraistischen Standpunkt her gibt es da meines Wissens eigentlich nichts in dieser Richtung. Normalerweise sind hebräische Namen sprechende Namen. Das ist bei David - meines Wissens - explizit nicht der Fall, der Name nimmt also durchaus eine Sonderstellung ein.

Die Theorie leitet sich von dem Begriff 'dâvìdum' aus Mari ab, der einen militärischen Befehlshaber bezeichnet.

Da später Amurriter auch in Kanaan gesiedelt haben (und in der Bibel als Amoriter erwähnt werden), sei der Begriff in die Region gelangt.

Ich berichte diese Theorie nur, bewerte sie nicht. Eine interessante Möglichkeit ist sie allzumal, wenn man akzeptieren kann, dass der Begriff Jahrhunderte überlebte, was nicht ungewöhnlich wäre. Allerdings wäre auch ein Bedeutungswandel nicht ungewöhnlich, z.B. von General zu Räuber.

Wie auch immer man dazu steht, gehört der Aspekt zur Frage nach der Existenz von David und Salomon.
 
Wie kommt man von der Dichte der Besiedlung eigentlich darauf ob das alles ein Staat ist oder nicht. Ich meine wenn man Sibirien in paar Jahrhunderten untersucht, wird da auch kaum Bevölkerung zu finden sein.

Welchen sibirischen Staat meinst Du damit?
Um das Khanat Sibir archäologisch zu untersuchen, muss man jedenfalls nicht noch ein paar Jahrhunderte warten, sondern allenfalls bis zum nächsten Sommer (die nötigen finanziellen Mittel mal vorausgesetzt).

Eventuell ist es ja nicht unmöglich, das ein nur sehr dünn und z.T. auch sehr heterogen besiedeltes Gebiet, dessen Ausdehnung größer als das heutige Israel/Palästina ist, von einem damals noch sehr kleinen Bergdorf namens Jerusalem aus regiert wird. Sehr wahrscheinlich ist das aber, wie schon gesagt, wohl eher nicht.
 
Welchen sibirischen Staat meinst Du damit?
Um das Khanat Sibir archäologisch zu untersuchen, muss man jedenfalls nicht noch ein paar Jahrhunderte warten, sondern allenfalls bis zum nächsten Sommer (die nötigen finanziellen Mittel mal vorausgesetzt).

Russland herrscht doch über ganz Sibirien obwohl es sehr dünn besiedelt ist.
 
Ich denke Zoki55 meint das heutige Russland.

Stadt müssen wir wohl schon sagen, wenn wir überhaupt heutige Begriffe benutzen wollen. Schließlich hatte die Siedlung Mauern.

Und das von dort nicht das ganze Gebiet regiert wurde, hatte ich schon gepostet.

Und der Grund Jerusalem auszuwählen lag, wie ebenfalls erwähnt, nicht in seiner Größe. Was gab es denn noch an Orten im Kerngebiet des Reiches? Also Orte, die nicht direkt angegriffen werden konnten, aber erlaubten sich schnell in alle Teile des Reiches zu begeben.

Die strategische Situation und die Geographie wird in Chaim Herzog, Mordechai Gichon, Die Biblischen Kriege, München 1998 (Original unter "Battles of the Bible") recht gut beschrieben. Einige Dinge, wie die Einnahme Jerichos sind natürlich hoffnungslos veraltet, die Autoren gehen da zu sehr von der Bibel aus. (Böse Zungen behaupten, dass da der israelische Expräsident Herzog Propaganda verbreitet.) Aber bei den Schilderungen zum Reich und den Reichen wird es besser. Die Stärke liegt wie gesagt in der Beurteilung von Geographie und Strategie. Wegen der Mängel sollte man es trotz des günstigen Preises erst in einer Leihbibliothek suchen. Wer sich für Militärgeschichte interessiert, wird je nach Ausgabe die Abbildungen schätzen.
 
Die exaktere Datierung der archäologischen Funde belegt nach Finkelstein, dass die frühesten Funde, welche auf ein entwickelteres Staatswesen hindeuten, sämtlich aus der Omriden-Zeit (9.Jhd.) stammen. In Jerusalem gibt es nichts aus dem 10. Jhd., der traditionellen Regierungszeit von David und Salomon.
Finkelstein beschreibt den Aufstieg Tizras, die Verlegung der Hauptstadt nach Samaria durch Omri, das zentrale Heiligtum in Schilo. Alles zu einer Zeit, als Jerusalem noch völlig unbedeutend war.
Die Konflikte mit Damaskus und schließlich Assur führten zum Zusammenbruch des Reiches und zum Aufstieg Jerusalems, getragen von größeren Flüchlingswellen.
 
Durch ägyptische Schriftfunde ist Jerusalem schon seit dem 19. Jh.v.Chr. als politisches Zentrum belegt, da die Stadt als solches verflucht wird. Die Tradition der Siedlung ist durch die Verwendung der Namensform 'Urusalem' ("Stadt/Palast des (Gottes) Salem") statt 'Jerusalem' ("Gründung des (Gottes) Salem") bis hin zu Sanherib belegt.

Dass die Stadtmauer aus dem 12. Jh. stammt ist meines Wissens unstrittig. Damit ist aber ein "entwickelteres" Staatswesen für Jerusalem schon vor der jüdischen Eroberung nachgewiesen. Für ein solches Gemeinschaftsprojekt bedarf es einer gewissen Organisation. (Z.B. Roman Herzog, Staaten der Frühzeit, München 1988, damit wir bei den Präsidenten bleiben. Aber die Soziologie und die Ethnologie hat dazu sicher mehr und auf Jerusalem passenderes geschrieben als die Rechtskunde. Doch geht es mir hier um den Beleg für das Grundsätzlichere. Und da bietet die Herzogsche Frage, wie man Leute für solche Projekte motiviert, also Unfreiheit schafft, auch eine Parallele zur Biblischen Schilderung von dem Problem der Schaffung, bzw. Reorganisation solcher Strukturen unter Salomo.)

Daher gehe ich davon aus, dass es auf die Definition von 'entwickelt' ankommt. Niemand hat behauptet, dass David und Salomo ein modernes Staatswesen geschaffen haben. Dass es selbst nach der Biblischen Schilderung auch kein 'zentralisiertes' war, wie oft formuliert wird, habe ich schon betont. Das Buch soll heute geliefert werden, ich werde beim Lesen darauf achten. Soweit mir bekannt ist, thematisiert Finkelstein diese Frage durchaus, was eben einer der Gründe ist, dass man seine Theorie nicht so einfach vom Tisch wischen kann, sondern ernst nehmen muss.

Die Datierung einer "Groß-Stein-Struktur" in das 10. Jh. ist umstritten. Wie die Benennung zeigt, ist auch die Funktion nicht klar, weshalb man sie sowieso nicht hinsichtlich eines Staatsaufbaus deuten kann.

Aber die zur Verwaltung eines Reiches üblichen Strukturen findet man in Jerusalem auf dem 'Dreschplatz' der Davidstadt, wo auch der Tempel errichtet wurde, oder, nach anderer Interpretation, dort wo später die Festung Antonia stand, oder dazwischen. Und das ist nun ein Punkt, bei dem ich schon vor der Lektüre gespannt bin, wie Finkelstein darlegt, dass man Spuren von einer Staatsverwaltung hätte finden müssen. Schließlich reden wir von Flächen, auf denen jede Grabung untersagt ist, bzw. wo seit der Zeit des Herodes massive Eingriffe bis hin zu Planierungen und absichtlichen Zerstörungen jeden Grabungserfolg unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Meines Wissens bestanden die Öffentlichen Bauten in den kleineren Staaten jener Zeit aus Palast, damit zusammenhängendem Tempel, Stadtmauern und Anlagen zur Wasserversorgung. Freie Plätze lagen oft vor den Mauern und Gericht wurde in Kanaan bei den Stadttoren gehalten. Natürlich bestand ein Palast nicht nur aus Halle und Wohnräumen des Herrschers. Räume für Frauen, Lager, Waffenkammer, Schreibstube, etc. machten einen solchen zu einer komplexeren Anlage.

Dennoch wurde in Jerusalem von dem Genannten alles nachgewiesen, was den Berichten nach in Zonen lag, die der Untersuchung zugänglich sind: Wasserversorgung (wohl nur erweiterte natürliche Höhlungen im Fels, wie ich letztes Jahr irgendwo las) und Mauern.

Auch hier bin ich gespannt, wie Finkelstein die bauliche Organisation damaliger kleinerer Herrschaftssitze in Kanaan schildert. Er nutzt dafür natürlich gesicherte Befunde. Aber zeigt er nur Parallelen und baut Analogien auf, oder ist mittlerweile tatsächlich ein fester Typus erarbeitet worden. Denn hier ist die oben genannte 'Typologie' ja schon ziemlich alt und beruft sich im Ursprung auf allgemeine Notwendigkeiten und Analogien. Somit sind es eher Mindestforderungen als die Schilderung eines festen Typs.

Schon von Amts wegen ist Finkelstein berufen, hier Auskunft zu geben.
 
Russland herrscht doch über ganz Sibirien obwohl es sehr dünn besiedelt ist.
Russland ist aber ein hochentwickelter Staat, zu dem neben dünn besiedelten Gebieten u.a. auch einige Millionenstädte gehören, und der über recht effiziente staatliche Strukturen verfügt. Daher ist es für einen Vergleich mit dem früheisenzeitlichen Israel, Palästina, Kanaan bzw. der südlichen Levante (wie immer man die Gegend auch nenen will) sicherlich kein sonderlich gut geeignetes Beispiel.
 
Stadt müssen wir wohl schon sagen, wenn wir überhaupt heutige Begriffe benutzen wollen. Schließlich hatte die Siedlung Mauern.
Okay, da stimme ich Dir zu. Das "kleine Bergdorf" war vielleicht dann doch etwas zu überspitzt formuliert.


Das Buch soll heute geliefert werden, ich werde beim Lesen darauf achten. Soweit mir bekannt ist, thematisiert Finkelstein diese Frage durchaus, was eben einer der Gründe ist, dass man seine Theorie nicht so einfach vom Tisch wischen kann, sondern ernst nehmen muss.

Da wünsche ich Dir ein angenehmes und erhellendes Lesevergnügen. Wobei ich sagen muss, das man Finkelsteins Schreibstil durchaus als staubtrocken chrakterisieren kann. Für einen Archäologen im heiligen Land ist das aber sicherlich ganz passend.
Ich glaube ich werde, wenn ich am Wochenende etwas Zeit habe auch noch mal einiges genauer nachlesen, da ich so ein dunkles Gefühl habe Finkelstein vielleicht nicht in allen von mir angeführten Punkten vollkommen korrekt wiedergegeben zu haben.
 
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Durch ägyptische Schriftfunde ist Jerusalem schon seit dem 19. Jh.v.Chr. als politisches Zentrum belegt, da die Stadt als solches verflucht wird. Die Tradition der Siedlung ist durch die Verwendung der Namensform 'Urusalem' ("Stadt/Palast des (Gottes) Salem") statt 'Jerusalem' ("Gründung des (Gottes) Salem") bis hin zu Sanherib belegt.
Meine semitistischen Kenntnisse sind, da ich kein Semitist bin und nur recht oberflächliche Kenntnisse des Arabischen und des Hebräischen habe, zu basal für eine definitive Aussage. Ich beobachte jedoch, dass der Radikal w/u im Arabischen häufig mit j/y im Hebräischen korrespondiert. Bsp. arab. w-l-d hebr. y-l-d 'Kind', 'geboren werden'. Ein Semitist könnte da sicherlich mehr zu sagen, welches die ältere bzw. jüngere bzw. vom Gros der semitischen Sprachen abweichende Form ist.
 
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El Quijote, dass ist auch die Erklärung, die ich im Kopf hatte. Da meine Semitisch-Kenntnisse noch geringer sind, war sie bei mir auf Jerusalembeschränkt. Und da ich aus gleichem Grund nicht ohne nachzuschlagen posten wollte, habe ich diese Übersetzungen von Wikipedia übernommen. Für die Tradition des Namens ist die Frage, ob im Hebräischen nur eine andere Lautung oder auch eine andere Bedeutung vorliegt uninteressant.

So, jetzt halte ich das Buch in Händen. Da als Anmerkungen nur Kurzreferenzen vorkommen, muss ich davon ausgehen, dass es nur für Fachleute geschrieben ist. Jeder andere gibt ja auf, wenn er sowas endlich am Ende des Buches gefunden hat. Die Beobachtung ist durchaus wichtig, denn im Gegensatz zu einem populärwissenschaftlichen Buch, können wir davon ausgehen, dass nicht vereinfacht wird. (Ja, jetzt bin ich polemisch, aber ihr wisst ja: Solche Anmerkungen halte ich für eine ganz grobe Unhöflichkeit.)
Ansonsten ist das Buch äußerlich von der guten Qualität, wie man es vom C.H.Beck-Verlag gewohnt ist.
Laut Inhaltsverzeichnis geht es aber um das Nordreich Israel und anscheinend nur am Rande um das vereinigte Königreich, wie es auch der erste Absatz der Einleitung sagt.
 
Ich bin auf Facebook auf einen Artikel in der Aargauer Zeitung von 2018 aufmerksam geworden:

König David ist laut Forschern ein Mythos: Doch nun wurde eine Festung gefunden

Zwar geht es im Artikel um König David, aber bei Salomon sieht die außerbiblische Quellenlage genauso schlecht aus.

Bei Ausgrabungen im Tel Qeifaya, das mit dem biblischen Shaarayim (Doppeltor) identisch sein könnte, wurden Hinweise gefunden, dass es sich dabei um eine israelitische Stadt handeln könnte.

Zum einen wurde eine hebräische Inschrift auf einer Scherbe gefunden, die als königlicher Befehl zum Bau der Befestigung interpretiert wird. Zum anderen fehlen die Knochen nicht-reiner Tiere, wie Schweine. In anderen Fundkontexten finden sich diese durchaus.

Hier noch ein weiterer Artikel zu dem Thema:

Are these ruins of biblical City of David?

Eine Inschrift, die den Namen eines der biblischen Könige David oder Salomon nennt, liegt zumindest bisher aus dieser Ausgrabungsstätte nicht vor.
 
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