Lehnswesen und Grundherrschaft

Ich muss nochmal schauen, aber grundsätzlich mussten bis zum Ende des HRR die Reichsfürsten eine Summe, eine Art Verwaltungsgebühr, für die Wiederbelehnung zahlen. Hatte Kurfürst Friedrich IV. von Brandenburg (Friedrich II. in Preußen), in seiner Ingnorierung kaiserlicher Autorität, das allerdings unterlassen, soll dies von seinem Nachfolger wieder gezahlt worden sein.
Wusste ich doch, dass ich mal was dazu geschrieben hatte: http://www.geschichtsforum.de/413284-post92.html
:cool:

Ansonsten als heißer Tipp, die Threadsammlung: http://www.geschichtsforum.de/f288/sammelthread-das-hrr-der-fr-hen-neuzeit-27090/
 
Wenn ich Timotheus nur leicht korrigieren darf: Der ostfränkische König ist nur sehr selten zum König von Italien bzw. Burgund gekrönt worden - er war es mit der Krönung in Aachen (oder sonst wo) einfach. Karl IV. ist eine Ausnahme wie Friedrich Barbarossa; mehr Könige von Burgund an sich sind meines Wissens nicht gekrönt worden. Was Italien angeht, so verhält sich das da ähnlich.

Und zu Böhmen: In der frühen Neuzeit gehörte Böhmen zwar zum Kurfürstenkollegium, war aber nicht im Reichstag vertreten und auch aus der Kreisverfassung ausgeschlossen. Insofern wurde es nicht als Reichsteil angesehen. In den Jahrhunderten zuvor dürfte das nicht viel anders ausgesehen haben.
 
das Bild ist eh selbsterklärend, ein Adeliger kriegt ein Lehen und ist dafür dem Lehengeber militärisch verpflichtet, weiter gibt er das dann an Bauern, die ihm dafür Abgaben zu leisten haben.
 
Gemeint sein dürfte, dass die adligen Vasallen in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem König bzw. Obervasallen standen, d. h. sie waren ihm "persönlich", als Personen, verpflichtet. Sie schuldeten ihm persönlich Treue und Dienste, er ihnen Treue und Schutz.
Die hörigen Bauern und Leibeigenen hingegen waren ein bloßes "Zubehör" der Güter, die zur Grundherrschaft des adligen Vasallen gehörten. Sie standen in keinem persönlichen Verhältnis zum Grundherrn, sondern gehörten zu seinen Gütern wie die Gebäude und das Vieh, und wurden gegebenenfalls mitsamt dem Boden und dem Rest verkauft oder verschenkt. Diesen Zubehörcharakter kann man rechtlich als "dinglich" bzw. "sachlich" bezeichnen.

So dürfte zumindest die Abbildung zu verstehen sein. Inwieweit sie so stimmt, ist eine andere Frage.
 
Gemeint sein dürfte, dass die adligen Vasallen in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem König bzw. Obervasallen standen, d. h. sie waren ihm "persönlich", als Personen, verpflichtet. Sie schuldeten ihm persönlich Treue und Dienste, er ihnen Treue und Schutz.
Die hörigen Bauern und Leibeigenen hingegen waren ein bloßes "Zubehör" der Güter, die zur Grundherrschaft des adligen Vasallen gehörten. Sie standen in keinem persönlichen Verhältnis zum Grundherrn, sondern gehörten zu seinen Gütern wie die Gebäude und das Vieh, und wurden gegebenenfalls mitsamt dem Boden und dem Rest verkauft oder verschenkt. Diesen Zubehörcharakter kann man rechtlich als "dinglich" bzw. "sachlich" bezeichnen.

So dürfte zumindest die Abbildung zu verstehen sein. Inwieweit sie so stimmt, ist eine andere Frage.

Ausgezeichnet formuliert und auf den Punkt gebracht. Die Abblidung selbst stimmt zum Mindesten für den Schulgebrauch und reicht meiner Ansicht völlig aus, um bei Prüfungsfragen eine korrekte Antwort zu geben. Und für mehr scheint sie auch nicht gedacht zu sein.

Die Realitäten der mittelalterlichen Lehnsverhältnisse waren allerdings viel komplizierter und differenzierter, als das man sie so einfach darstellen könnte. So war die "persönliche Verpflichtung" des Vasallen d.h. des Lehnsmanns, eben auch lediglich an das Lehen gebunden. Ohne Lehen auch keine Verpflichtung. Das Lehen war zudem vererbbar. Starb der Lehnsmann, so ging das Lehen an den rechtmässigen Erben (was nicht einmal unbedingt ein legitimer Sohn sein musste) über, welcher damit natürlich auch die mit dem Lehen verbundenen Dienstverpflichtungen erbte. Der Lehnsherr selbst hatte das zu aktzeptieren, d.h. er konnte beim Tod des Lehnsmanns nicht so ohne weiteres über seinen Besitz verfügen und diesen anderweitig "verleihen". Das ging nur, wenn kein legitimer Erbe vorhanden war.

Dass der hörige Bauer oder der Leibeigene an den Grundbesitz gebunden war, stimmt auch nur bedingt - und zwar insofern, dass es ihm nicht gestattet war, sich woanders niederzulassen oder einfach zu "kündigen". Ein Recht darauf, an seinem Wohnort zu bleiben, hatte er aber nicht und hatte sich auch in dieser Beziehung nach dem Befehl seines Grundherrn zu richten, etwa, wenn der Herr im Rahmen von Kolonisationsarbeiten ihn als Rodungsarbeiter in bislang unbesiedelte Waldgebiete schickte.

Andereseits war der Bauer auch insofern nicht an den Boden gebunden, weil sein Herr ihn auch auf ein anderes Gut schicken konnte, um ihn dort Arbeiten und Abgaben entrichten zu lassen. Zudem kann "Grundherrschaft" und "Lehnsherrschaft" nicht eigentlich als Gegensatz angesehen werden, um so mehr, als nicht nur Landbesitz sondern auch Rechte, etwa die Ausübung der Gerichtsbarkeit in einem bestimmten Gebiet, verliehen wurden. Auch Regalien wurden gelegentlich "verliehen" und nicht immer nur "verkauft" oder "gewährt".

Dazu kommt, dass die auf der Abbildung als "Grundherrschaft" definierte Herrschaft ebenfalls Lehnscharakter hatte. Denn auch der hörige Bauer erhielt das Land, das er zu bearbeiten hatte, "verliehen" (das er allerdings nicht ablehnen konnte). Wenn er starb, musste sein Erbe oder auch lediglich nur sein Nachfolger, abgesehen von der Übernahme der an das Land gebundenen Abgaben, den sogenannten "Todfall", "Hauptfall", "Fall", franz. "mainmorte", ital. "manomarto", bezahlen.

Im weiteren wird in dem Abbild auch Eigenbesitz - das sogenannte "Allod" - unterschlagen. Dieses war mit keinerlei Leistungen oder Abgaben verbunden.

Die Realtität eines Lehnsverhältnis lässt sich auch ansonsten nie so einfach darstellen, wie das in Schulbüchern geschieht. Der König konnte auch Lehen direkt an einen Ritter vergeben ohne Umweg über die "Kronvasallen" (womit der Ritter dann ebenfalls zu einem "Kronvasallen" würde). Die Realtität war auch sonst viel komplizierter: Ein Stück Land konnte auch zur Nutzniessung einem Lehnsmann A übergeben werden, das mit dem Land verbundene Recht der Gerichtsbarkeit aber an den Lehnsmann B. Lehnsmann A wiederum konnte auch als Lehnsherr auftreten und sein Lehen - oder um es noch komplizierter zu machen - einen Teil seines Lehen an Lehnsmann C als Afterlehen weitergeben und einen anderen Teil seines Lehen an Lehnsmann D. Alles mit den Treue-, Gefolgschafts- und sonstigen Dienstverpflichten verbunden.

Hinzu kommt, dass man gewisse Lehen auch verkaufen oder verpfänden konnte. Das hatte dann natürlich zur Folge, dass der Lehnsherr (der ursprüngliche Besitzer des Landes) Lehsanmänner bekommen konnte, die ihm überhaupt nicht in den Kram passten und deren tatsächlich Loyalität höchst zweifelhaft sein konnte. Viel dagegen machen konnte er nicht, da Lehen meist vererbbar und oft auch noch verkäuflich waren, blieb ihm nichts anderes übrig, als den Lehnsmann zu bestätigen. Er konnte höchstens auf das Aussterben der Familien der Lehnsinhaber und Afterlehnsinhaber hoffen, wenn er die freie Verfügungsgewalt über seinen Besitz wieder erhalten wollte.

Also alles viel komplizierter - schon allein durch die gängige Praxis der Mehrfachbelehung. Im Extremfall konnte es so vorkommen, dass ein Lehnsmann zwei miteinander verfeindeten Lehsnherren zu militärischer Gefolgschaft verpflichtet war. Wem sollte er jetzt die Treue halten ?

Über die komplizierten Lehnsverhältnisse hier ein Beispiel aus Hessen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Uttershausen
 
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