Und weiter? Wo ist der Themenbezug? Das ist hier schließlich keine Assoziationskette.
Einen Themenbezug bietet das Sujet des Gemäldes, also die ´Reinwaschung´ der Seelen durch das Blut des Gekreuzigten, oder genauer gesagt: dieses Blut in seiner theologischen Bedeutung als notwendiges Medium der Reinwaschung menschlicher Seelen von ihren Sünden. Dieses Dogma hat im Spanien des 15. und 16. Jh. als Legitimation für die Unterdrückung von Juden gedient, womit der Themenbezug hergestellt ist.
Aber der Reihe nach. Das Christentum übernahm vom Judentum den Glauben, dass Blutopfer den sündigen Menschen mit ´Gott´ versöhnen. Während das Judentum zu diesem Zweck seinem Gott eine unbegrenzte Vielzahl von Tieropfern anbot, verdichtete das Christentum den Versöhnungsakt auf das singuläre Opfer des Gottessohnes, der alle Menschen auf einen Schlag von ihrer Sündhaftigkeit befreit.
Umstritten ist in der Theologie, welche Menschen davon überhaupt betroffen sind - nur jene, die bis zum Zeitpunkt der Kreuzigung gelebt hatten, oder auch die nachkommenden Generationen? Hinzu kommt, dass in theologischen Kreisen gegenwärtig heiß diskutiert wird, ob die Sühneopferfunktion des Jesus tatsächlich der vermeintlichen Grundbotschaft des NT entspricht oder nur eine theologische Fiktion ist.
Das ist im Kontext deiner Frage zum Themenbezug aber irrelevant.
Entscheidend für diesen Bezug ist, dass sich im Spanien des 15. Jh. ein auf dem Dogma des "Blutes Christi" basierender Kult um die Reinheit des Blutes (limpieza de sangre) herausbildete, dem das unreine "jüdische Blut" gegenübergestellt wurde, mit dem sich das reine christliche Blut nicht vermischen darf, um nicht mit Sünde beschmutzt zu werden. Zu diesem Zweck wurden die "Blutreinheitsgesetze" erlassen und als Bedingung für die Erlangung höherer Ämter in Staat und Kirche der Nachweis einer reinen christlichen Abstammung gefordert. Wer einen solchen Nachweis nicht erbringen konnte, galt offiziell als unrein ("befleckt", maculado).
Die spanischen zum Christentum zwangskonvertierten Juden wurden im Zuge dieser Entwicklung als "marranos" (Schweine) bezeichnet und sozial stark benachteiligt, die nicht Konvertierungswilligen wurden außer Landes vertrieben. Den "marranos" wurde trotz ihrer Konvertierung unterstellt, im Geheimen ihre jüdischen Kulte zu praktizieren. Sicher trug auch die Angst christlicher Kreise vor gesellschaftlichen Aufsteigern aus den Reihen der Juden zum Erlass der neuen Gesetze bei, die verhindern sollten, dass das Judentum in der christlichen Gesellschaft ökonomische Macht erlangte.
Die Idee der Blutreinheit wurde von den Spaniern auf ihr Kolonialreich ausgeweitet, wo nicht Juden, sondern indigene Völker mit dem Vorwurf, nicht-christliches, also unreines Blut zu haben und daher minderwertig zu sein, konfrontiert wurden. Als Kriterium für Blutreinheit diente aber nach einiger Zeit nicht mehr nur eine christliche Genealogie, sondern zusätzlich der physische Erscheinungstyp: weiß = rein, alles andere = unrein.
Man sieht, wie sich auch hier eine Assoziationskette herausgebildet hat:
* das reine Blut des Gottessohnes
* das reine Blut eines durch Genealogie ausgewiesenen Christen
* das reine Blut eines durch Genealogie ausgewiesenen und weißhäutigen Christen
Die Blutreinheitsgesetze werden heute von Historikern als Vorläufer der NS-Rassegesetze angesehen.
Durch die Vermischung keltischer und orientalischer mit christlichen Ideen entstand im Mittelalter der christliche
Gralskult, wobei der Gral als jener Kelch gedeutet wird, der von Jesus beim Abendmahl verwendet wurde und in den das Blut des Gekreuzigten floss. Bekanntlich hat der Judenhasser Wagner, dessen Musik ich aber überaus schätze, dieses Motiv in seinen Opern verwendet.
Beispiel
Amfortas im´Parsifal´: Er schöpft einerseits Kraft aus der Reinheit des ´Blutes Christi´ im Gral, andererseits leidet er unter einer offenen Wunde, aus der sein Blut austritt, das durch den Sex mit der schönen Jüdin Kundry ´verunreinigt´ wurde.