Caput Iuliae/Lupiae fluminis

Mit den "Funden" vom Winfeld wäre ich __äußerst__ vorsichtig... Gefunden hat sie ein Wirt und unter den Funden waren Münzen des Arminius (Arminius Dux mit Suebenknoten).... Davon ist - so ein Zufall! - keine einzige erhalten und es ist auch nie wieder eine ans Tageslicht gekommen... :fs: man könnte das auch für einen Hoax des 17. (meine ich) Jahrhunderts halten.

Irrtum, die angebliche Arminiusmünze stammt leider nicht vom Winfeld. "In pede Montis Harminii effossus", "Am Fuß des Herrmannsbergs ausgegraben" lautet der Vermerk. Also eher Dörenschlucht als Winfeld.

Es sind 5 Münzen abgebildet. Für die zweite ist Waldeck als Herkunft vermerkt, die dritte ist die Arminiusmünze, die fünfte wurde "in campis ad luppiam" ausgegraben, bleiben die Varus-Münze und die Augustus-Münze für das Winfeld, wenn das 'ad Luppiam' nicht als Lippe-Detmold verstanden wird. (Senne geht mitunter auch für "campis ad luppiam".)

Bei der Arminiusmünze kann es durchaus sein, dass eine der Münzen mit Vercingetorix falsch interpretiert wurde. Wenn man etwas sehen will, kommt es recht häufig vor, dass man es sieht, ohne, dass es da ist. Der Schnurrbart lässt mich dies vermuten.

Aber, wie ich schon sagte, nur mit wenn und aber.

Außerdem machte bei einer genügenden Menge an Funden 1 gefälschte Münze noch keinen komplett getürkten Befund.

Somit gehört diese Münze überhaupt nicht zum Befund und kann zudem eine Fehlinterpretation darstellen. Zumal wissenschaftliche Zeichnungen damals noch nicht zum Ziel hatten, darzustellen, was man sieht. Äh- jedenfalls nicht in unserem Sinn. (Immer noch: wenn und aber.)

Es ist aber auf jeden Fall ein gutes Beispiel für das angeblich so große Wissen früherer Zeiten.

Irgendwo habe ich die Abbildung einer Zeichnung zu Waffenfunden. Man erkennt eher aus welcher Zeit die Zeichnung stammt, als dass man die Waffen einordnen kann. Aber da muss man sich nur die Illustrationen der Notitia Dignitatum-Handschriften ansehen. Man wird unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass da jemand Gegenwart und Vorlage miteinander verwoben hat.
 
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Sicher, dass die Kinder genau wussten, dass es Römerschwerter waren? Oder doch eher Beutestücke von '70/71?

Beutestücke von '70/71 können wir schon mal ausschließen, das Buch wurde 1826 veröffentlicht.

Wilhelm behauptet nicht direkt, dass es Römerschwerter waren. Es war außerdem nur ein einziges Schwert, und von dem hat Wilhelm nichts als "ein einfaches bronzenes Beschläge" zu Gesicht bekommen.
 
Natürlich wusste man damals, dass Winfeld vom Gewinnen der Schlacht her seinen Namen hat. Heute wissen wir, dass es von der frühmittelalterlichen Nutzung als Weide stammt, bei der man Gewinn machen konnte.

(Die Funde stammen aus verschiedenen Perioden der etwa 150 Jahre von 1556-1700. Nach Beschreibungen von 1698 waren ein Teil der Münzen wegen der Abbildungen Cäsars und Augustus wertvoll. Die Abbildung der 5 Münzen stammt aus dem 17. Jh.)
 
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Danke!
Dort steht tatsächlich (auch unter Heranziehung des griechischen Originaltextes), dass die Elbe Germanien zweiteilt. Was dort allerdings nicht steht, ist dass die Elbe Germanien in zwei Hälften teilen würde. Nur in diesem Fall müssten beide Teile zumindest annähernd gleich groß sein, was ergeben würde, dass die Elbe ziemlich exakt durch die Mitte rinnt. Zwei Teile allerdings müssen nicht annähernd gleich groß sein. Zum Vergleich: Der Mississippi teilt die USA, fließt aber weder in der Mitte noch teilt er die USA in zwei Hälften.
Doch auch wenn Strabon meinen würde, dass die Elbe exakt durch die Mitte Germaniens fließt, besagt das noch nicht, dass Velleius auch dieser Ansicht sein musste.

Übrigens, wenn man Deine Auslegungen heranzieht und davon ausgeht, dass die Elbe nach Auffassung von Strabon und auch von Velleius ziemlich exakt die Mitte Germaniens darstellte und Tiberius das Winterlager ziemlich exakt in der Mitte Germaniens bei der Quelle oder Mündung des Flusses "Iulia" platzierte, dann müsste der Fluss "Iulia" doch entweder ziemlich nahe am Lauf der Elbe entspringen oder münden. Von Merseburg wäre das ein größeres Stück entfernt.
 
Außerdem sagt Strabon, dass das Land hinter der Elbe unbekannt war. Also kann er sich die Elbe nicht als Mitte vorstellen. Modern ausgedrückt: Die Grenze des bekannten Europas verlief durch Germanien. Weder eine überraschende, noch eine ungewöhnliche Aussage.

Interessant ist, dass die Augusteische Propaganda Germanien teils nur bis zur Elbe reichen lässt. Das ergäbe eine ganz andere Mitte. Doch ich muss zustimmen, dass 'inmitten' bedeutet, dass es nicht am Rand war. Positiv ausgerückt: Mindestens ein gewisses Stück vom Rand entfernt.
 
Guten Morgen Ravenik & ELQ,

von Merseburg habe ich ja auch nichts gesagt. Jedoch kann das Römerlager in Anreppen nicht das gesuchte Winterlager an der IVLIA sein, da die Truppen bereits 4 n. Chr. die Weser überschritten hatten.

Grüße
 
Danach war Tiberius nach Rom zurückgekehrt und im Frühjahr wieder nach Germanien gekommen, wo er ein Winterlager anlegte und als erster überhaupt irgendwo im germanischen Nirgendwo (das ist wohl die in diesem Fall treffendste Interpretation von Germaniam, in cuius mediis finibus) überwinterte.

Vergleichen wir das mit Karl dem Großen: Wie oft hatte der die Sachsen besiegt? Trotzdem musste er so ungefähr alle zwei Jahre die Sachsen erneut besiegen, bis er endlich Widukind habhaft wurde, ihn taufen ließ und ins Kloster steckte.
Da mein Steckenpferd die spanische Geschichte ist: Alfons VI. ritt nach der Eroberung Toledos mit einem Heer bis an die Straße von Gibraltar, wo er sein Pferd bis zum Bauch ins Wasser trieb. Eine symbolische Geste und eine klare Drohung gen Afrika... Er befand sich dabei allerdings mitten im muslimischen Herrschaftsgebiet, hatte die Königreiche Badajoz und Sevilla durchquert. Seine Heeresmacht war groß genug, dass er sich einigermaßen gefahrlos durch al-Andalus bewegen konnte, weil ihn niemand anzugreifen wagen würde, aber er beherrschte das Territorium nicht.

So ähnlich war das auch bei Tiberius und Germanien. Nur, weil er mal die eine oder andere Schlacht gewonnen und auch mal mit der geballten Heeresmacht sich jenseits der Weser aufgehalten hatte, beherrschte er noch lange nicht das Gebiet. Und nur weil er 4 n. Chr. die Weser überschritten hatte, hat er nach seiner Rückkehr aus Rom 5 n. Chr. nicht jenseits der Weser ein Winterlager angelegt.
 
Ich habe in einer Grabung mal einen Helm gefunden, der von den Archäologen für einen Wehrmachtshelm oder Luftschutzhelferhelm gehalten wurde. Nun sind Archäologen eher selten auf die Neuzeit spezialisiert... Ich wies darauf hin, dass die Luftschutzhelferhelme anders (tellerartiger) aussahen und besorgte mir aus einem Museum einen Feuerwehrhelm als Vergleichsstück. Die Feuerwehrhelme sind bis heute den Wehrmachtshelmen in der Form ähnlich bis gleich, lediglich das Nackenleder kommt hinzu und bei den Feuerwehrhelmen der 20er bis 40er Jahre noch eine Art Metallkamm, der von vorne nach hinten läuft. Der aber ist aufgesetzt und eher aus Aluminium(?), denn aus Stahl. Insofern war mein Vorschlag an die Archäologen, das Ding bei aller gebotenen Vorsicht eher als Feuerwehrhelm zu klassifizieren, denn als Luftschutzhelferhelm oder Wehrmachtshelm.


Mit den "Funden" vom Winfeld wäre ich __äußerst__ vorsichtig... Gefunden hat sie ein Wirt und unter den Funden waren Münzen des Arminius (Arminius Dux mit Suebenknoten).... Davon ist - so ein Zufall! - keine einzige erhalten und es ist auch nie wieder eine ans Tageslicht gekommen... :fs: man könnte das auch für einen Hoax des 17. (meine ich) Jahrhunderts halten.
Wenn man schon über das verwendete Material nicht auf die Art des Helmes schließen kann, so kann folgendes grob auf die Verwendung schließen: zwei vorstehende Hörner zum Aufschrauben einer Panzerplatte- Militärhelm 1.WK. Der gleiche Helm ohne Hörner, mit 2 Luftlöchern, umgeben jeweils von einer kleinen Wulst- Wehrmachtshelm 2.WK. Äußerlich identisch, aber mit rundumlaufender, das Helmoberteil von der Krempe trennender Wulst, Krempe oft breiter, dabei Luftlöcher nicht als Einzellöcher, sondern als Lochgruppen vieler kleiner Bohrungen, eingebracht in das glatte Blech- immer zivile Nutzung.
In den Nachkriegsjahren gab es allerdings oft noch zeitweise eine zivile Nutzung militärischer Helme, die sich durch ihr dickes Blech und das hohe Gewicht negativ auszeichneten. Es wurden aber niemals zivile Helme für militärische Zwecke genutzt, da diese keinen Schutz vor Splittern und Kugeln boten. Diese dürften auch im Erdreich einer schnellen Auflösung durch Korrosion erlegen sein.
 
1945 und in den folgenden Jahren lagen in zahlreichen deutschen Wäldern, nicht nur in solchen, "für die sich bis vor kurzem noch niemand interessierte", noch massenhaft Waffen und Munitionsreste herum. Viele ältere Menschen, die als Jugendliche das Kriegsende erlebt haben, können davon noch Geschichten erzählen. Manche endete tragisch.

Siebzig Jahre später ist davon fast nichts mehr zu finden.

In welchen Wäldern findet man beim Spazierengehen heute noch Ausrüstungsgegenstände aus der Zeit der Koalitionskriege und der napoleonischen Zeit? Das ist gerade mal gut 200 Jahre her.

Und wo findet man Waffen und Helme aus dem Dreißigjährigen Krieg? Die müssen ja auch mal an allen Ecken und Enden herumgelegen haben. Der ist noch nicht einmal 400 Jahre her.

Was denkst Du, was nach 1000 Jahren noch an "eindeutig erkennbaren" Ausrüstungsgegenständen herumliegt?
Oberirdisch wird da sicherlich nichts mehr zu finden sein. Ganz anders sieht es aber unter der Erdoberfläche, in Sumpfgebieten und Gewässern aus. Dort ist nur der Substanzverlust durch Korrosion zu berücksichtigen. Leider hat der durch die stark zugenommene Düngung lawinenhaft zugenommen.
 
Außerdem sagt Strabon, dass das Land hinter der Elbe unbekannt war. Also kann er sich die Elbe nicht als Mitte vorstellen. Modern ausgedrückt: Die Grenze des bekannten Europas verlief durch Germanien. Weder eine überraschende, noch eine ungewöhnliche Aussage.

Interessant ist, dass die Augusteische Propaganda Germanien teils nur bis zur Elbe reichen lässt. Das ergäbe eine ganz andere Mitte. Doch ich muss zustimmen, dass 'inmitten' bedeutet, dass es nicht am Rand war. Positiv ausgerückt: Mindestens ein gewisses Stück vom Rand entfernt.

Vellejus II 108
"Es gab nichts mehr in Germanien, was hätte besiegt werden können, außer dem Volk der Marcomannen, das, aus seiner Heimat aufgescheucht, unter der Führung des Marbod in das Landesinnere geflüchtet und nun die vom hercynischen Wald umgebenen Gefilde bewohnte."

Landesinnere!!!
 
Jedoch kann das Römerlager in Anreppen nicht das gesuchte Winterlager an der IVLIA sein, da die Truppen bereits 4 n. Chr. die Weser überschritten hatten.

Woher ist Dir bekannt, dass er bis in den Dezember jenseits der Weser blieb?

Das Anreppener Lager war ja nun definitiv kein 'Sommerlager'. Darüber hinaus war es ein Depot, um das weitere Vorgehen abzusichern. Und es wurde nach der Vegetationsperiode 4 n.Chr. angelegt.

Dies zeigt doch, dass Tiberius an einer besseren Versorgung gelegen war. Dies wird am ehesten auf schlechte Erfahrungen 4 n.Chr. zurückzuführen sein. Schlechte Erfahrungen mit der Versorgung bedeuten, dass er sein Ziel deshalb nicht erreichen konnte. Schon daher liegt nahe, dass er umkehren musste, was ein Grund sein kann, dass Velleius den weiteren Ablauf des Feldzugs verschweigt. Das beredte Schweigen El Quijotes eben. Außerdem wird es bei Versorgungsschwierigkeiten sehr unwahrscheinlich, dass Tiberius seine Legionen im Feindesland verteilte wie einst Cäsar in Gallien.

Nochmal in anderen Worten: Du zweifelst an, dass damals ein Lager in Anreppen gebaut worden sein kann, weil die Truppen woanders waren. Nur wird dies durch die Bauhölzer aus Anreppen wiederlegt: Da das Lager gebaut wurde, muss die Annahme, dass es nicht gebaut werden konnte, falsch sein.

Aber: Das Lager Anreppen zeigt eben als Ausgangspunkt und Versorgungslager, dass weit im Osten operiert werden sollte. Daher können die Operationen des Tiberius nicht so klein gewesen sein, wie mitunter angenommen. Vielleicht kann man sie sich so vorstellen wie die des Germanicus, wie El Quijote schon darstellte. Nur dass Germanicus mit Tacitus einen eloquenteren Fan zum Geschichtsschreiber hatte als Tiberius mit Velleius Paterculus.
 
Vellejus II 108
"Es gab nichts mehr in Germanien, was hätte besiegt werden können, außer dem Volk der Marcomannen, das, aus seiner Heimat aufgescheucht, unter der Führung des Marbod in das Landesinnere geflüchtet und nun die vom hercynischen Wald umgebenen Gefilde bewohnte."

Landesinnere!!!

Germanien als Staat mit festen Grenzen?

Wie auch immer, dies rückt die Elbe kaum weiter in die Mitte.
 
Danach war Tiberius nach Rom zurückgekehrt und im Frühjahr wieder nach Germanien gekommen, wo er ein Winterlager anlegte und als erster überhaupt irgendwo im germanischen Nirgendwo (das ist wohl die in diesem Fall treffendste Interpretation von Germaniam, in cuius mediis finibus) überwinterte.

Ich verstehe die Stelle ein wenig anders.

Seine Pflichten führten Tiberius nach Rom ("in urbem traxit", Perfekt) und im darauffolgenden Frühjahr wieder zurück nach Germanien ("reduxit in Germaniam", immer noch Perfekt), wo er ein Winterlager errichtet hatte ("hiberna locaverat" - Plusquamperfekt!). Und zwar zu dem Zeitpunkt, wo sich von den überwinternden Truppen verabschiedet hatte ("digrediens").

Bei der Interpretation von Germaniam, in cuius mediis finibus bin ich mit Dir soweit einig, dass Wert Velleius auf das "als erster" legte. Dass er sich für den geographischen Mittelpunkt Germaniens interessierte, ist der Stelle überhaupt nicht zu entnehmen.

Dass Velleius behaupten wollte, Tiberius habe überhaupt das erste rechtsrheinische Winterlager errichten lassen, kann ich mir aber auch nicht so recht vorstellen.

Wäre es denkbar, dass Velleius das "ad caput Lupiae" im Blick hatte? Dann hätte Tiberius als erster ein Standlager an der Lippequelle errichten lassen.
 
von Merseburg habe ich ja auch nichts gesagt. Jedoch kann das Römerlager in Anreppen nicht das gesuchte Winterlager an der IVLIA sein, da die Truppen bereits 4 n. Chr. die Weser überschritten hatten.
Das besagt aber nicht, dass das Winterlager jenseits der Weser gelegen haben muss. Velleius II, 105 besagt nur, dass Tiberius die Weser überquerte und auch dahinter operierte, dass sein Feldzug bis in den Dezember dauerte, dass er danach nach Rom zurückkehrte, und dass er vor seiner Abreise erstmals ein Winterlager in Germanien, an der Quelle oder Mündung des Flusses "Iulia", angelegt hatte. Die Stelle besagt aber nicht zwingend, dass das Winterlager jenseits der Weser gelegen haben muss. Das ganze Kapitel ist recht summarisch gehalten, aus ihm lässt sich nicht einmal ableiten, dass Tiberius nach der Überquerung der Weser für den Rest seines Feldzuges nur noch jenseits der Weser tätig war. Umso mehr kann er das Lager irgendwo auf dem Rückmarsch angelegt haben.

Dass Velleius behaupten wollte, Tiberius habe überhaupt das erste rechtsrheinische Winterlager errichten lassen, kann ich mir aber auch nicht so recht vorstellen.

Wäre es denkbar, dass Velleius das "ad caput Lupiae" im Blick hatte? Dann hätte Tiberius als erster ein Standlager an der Lippequelle errichten lassen.
Rein grammatikalisch kann man es sicher so interpretieren, aber inhaltlich glaube ich das nicht. Velleius wollte doch betonen, dass sein Held wieder einmal etwas Spektakuläres getan hatte, nämlich etwas als Erster vollbracht, was vor ihm noch niemand getan oder gewagt hatte. Was aber wirkt spektakulärer? Dass Tiberius als erster an der Quelle oder Mündung irgendeines Flusses (unter dem sich der durchschnittliche Leser ohnehin nichts vorstellen konnte) das Winterlager angelegt hatte? Oder dass er als erster das Winterlager im Inneren Germaniens angelegt hatte? Letzteres würde nämlich implizieren, dass Tiberius der erste war, der Germanien so fest unter seine Kontrolle gebracht hatte, dass das Überwintern in Germanien möglich war; allenfalls auch, dass Tiberius der erste Feldherr mit der nötigen Umsicht und Tatkraft war, um in Germanien ein Winterlager errichten zu können.
 
Ich verstehe die Stelle ein wenig anders.

Seine Pflichten führten Tiberius nach Rom ("in urbem traxit", Perfekt) und im darauffolgenden Frühjahr wieder zurück nach Germanien ("reduxit in Germaniam", immer noch Perfekt), wo er ein Winterlager errichtet hatte ("hiberna locaverat" - Plusquamperfekt!). Und zwar zu dem Zeitpunkt, wo sich von den überwinternden Truppen verabschiedet hatte ("digrediens").
Stimmt, da war ich ein wenig zu flüchtig in der Lektüre.

Bei der Interpretation von Germaniam, in cuius mediis finibus bin ich mit Dir soweit einig, dass Wert Velleius auf das "als erster" legte. Dass er sich für den geographischen Mittelpunkt Germaniens interessierte, ist der Stelle überhaupt nicht zu entnehmen.
Es würde mir auch fernliegen, das zu behaupten.

Velleius wollte doch betonen, dass sein Held wieder einmal etwas Spektakuläres getan hatte, nämlich etwas als Erster vollbracht, was vor ihm noch niemand getan oder gewagt hatte. Was aber wirkt spektakulärer? Dass Tiberius als erster an der Quelle oder Mündung irgendeines Flusses (unter dem sich der durchschnittliche Leser ohnehin nichts vorstellen konnte) das Winterlager angelegt hatte? Oder dass er als erster das Winterlager im Inneren Germaniens angelegt hatte? Letzteres würde nämlich implizieren, dass Tiberius der erste war, der Germanien so fest unter seine Kontrolle gebracht hatte, dass das Überwintern in Germanien möglich war; allenfalls auch, dass Tiberius der erste Feldherr mit der nötigen Umsicht und Tatkraft war, um in Germanien ein Winterlager errichten zu können.

Das ist ein guter Interpretationsansatz. :yes:
 
Der Unterschied ist aber, dass das Dritte Reich erst etwas über siebzig Jahre her ist, noch heute Zeitzeugen leben, es in vielen Familien Fotos von damals gibt, vor allem aber durch die intensive Beschäftigung damit in den Schulen und Medien hinreichend bekannt ist, wie Wehrmachtshelme, Waffen, Uniformen und sonstige Ausrüstungsgegenstände aussahen. (Aber sogar hier sind schon leicht Fehldeutungen möglich, z. B. dass jeder Soldat mit etwas auf dem Kopf, das wie der typische "Wehrmachtshelm" aussieht, mitunter vorschnell als deutscher Wehrmachtssoldat des 2. WK eingestuft wird.)
Zu Thietmars Zeit hingegen war die römische Präsenz in Germanien seit fast einem Jahrtausend vorüber, und ihm standen weder Filme noch Fotos zur Verfügung, nicht einmal Abbildungen in Sachbüchern, denen sich entnehmen ließ, wie die Ausrüstung römischer Soldaten zur Zeitenwende aussah. Irgendwelche Helme und Schwerter haben aber auch andere Völker in den tausend Jahren seit Drusus, Tiberius und Germanicus benutzt.

Mal abgesehen davon, dass es auch in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg alle möglichen Stories darüber gibt, was man gefunden haben will oder passiert ist, obwohl es erst 70 Jahre her ist. Besonders beliebt: Phantasien über unterirdische Geheimprojekte á la Jonastal/Goldzug.
 
Mal abgesehen davon, dass es auch in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg alle möglichen Stories darüber gibt, was man gefunden haben will oder passiert ist, obwohl es erst 70 Jahre her ist. Besonders beliebt: Phantasien über unterirdische Geheimprojekte á la Jonastal/Goldzug.

Salve,
immerhin ist ja wohl durch die Funde die Anwesenheit größerer militärischer deutscher Einheiten belegt.....
Und mit Fantasien und Verschwörungstheorien weise ich darauf hin, dass in diesem Fall ja die - ich nenne sie mal Interpretatoren- die Lippe-Anhänger sind, im Text steht schließlich IULIA.....:cool:
 
Und mit Fantasien und Verschwörungstheorien weise ich darauf hin, dass in diesem Fall ja die - ich nenne sie mal Interpretatoren- die Lippe-Anhänger sind, im Text steht schließlich IULIA.....:cool:

Um nochmal auf die Fakten hinzuweisen:

Ein Fluss "Julia" existiert nicht und wird auch sonst in den antiken Schriften nicht erwähnt.

Ein Fluss "Lippe" existiert, dieser Fluss wird in den antiken Schriften häufig als "Lupia" erwähnt, und als die Römer versuchten, Germanien zu unterwerfen, spielte dieser Fluss auch eine bedeutende Rolle. Einige römische Lager an der Lippe sind archäologisch nachgewiesen.

Soweit die Fakten.

Nun erklär mal bitte die Fantasien und Verschwörungstheorien.
 
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