Ich war gestern in einem sehr interessanten Vortrag zum Thema "Joß Fritz und Else Schmidin - Widerstand gegen die Obrigkeit" von Prof. Dr. Horst Buszello.
Professor Buszello forscht schon seit vielen Jahren zum deutschen Bauernkrieg und hat auch darüber promoviert. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich mit Joß Fritz. Die Quellen zu Joß Fritz befinden sich überwiegend im Stadtarchiv Freiburg, da Fritz 1513 in Lehen wohnte, was in den 1970ern von Freiburg eingemeindet wurde. Seit 2013 befindet sich in Lehen auch ein Denkmal zum Thema Bundschuh, die Bundschuheiche: https://de.wikipedia.org/wiki/Lehen_(Freiburg_im_Breisgau)#/media/File:Bundschuheiche_Lehen_(Freiburg_im_Breisgau)_jm8917.jpg
Ich muss sagen, dass mir Joß Fritz auch nur verschwommen im Gedächtnis ist. In dem großen Standardwerk von Zimmermann zum Deutschen Bauernkrieg wurde der Bundschuh wohl erwähnt, in der SWR-Doku zur Reformationszeit letztes Jahr kam auch der Name Joß Fritz vor.
Über Joß Fritz weiß man natürlich eigentlich ziemlich wenig. Er taucht erstmals 1502 erstmalig in Untergrombach, in der Nähe von Bruchsal, auf. Seine Eltern dürften ein Michael Fritz und seine Frau Maragarethe sein, die in den 1460er/70er Jahren unter den Einwohnern von Untergrombach erwähnt werden. Ein gewisser Lux Rapp zeigte Joß Fritz damals beim Bischof von Speyer an, da er eine Art Verschwörung, den Bundschuh, gründete. Angeblich wollten die Aufrührer der Obrigkeit Gesetze geben. Anfangs ging man darauf scheinbar nicht ein. Als aber ruchbar wurde, Joß Fritz habe sich mit zwei Söldnern einer Burgbesatzung verschworen, damit die Burg in die Hand der Aufständischen käme, wurde die Obrigkeit aufmerksam. Joß Fritz floh ehe man ihn ergreifen konnte. Sogleich wurde ein kaiserliches Mandat erlassen, welches Joß Fritz und sein Vorhaben verteufelte. Besonders aufmerksam wurde man, weil der Bischof von Straßburg in dem Bundschuh von 1502 eine Wiederauflage des alten Bundschuhs der 1490er vermutete.
1502 wird Joß Fritz als ein junger Bauer beschrieben; es heißt aber auch, er habe sich zu dieser Zeit wie ein Landsknecht gekleidet. Ob er vor 1502 bereits Landsknecht war oder in Söldnerdienste 1502 trat um unterzutauchen, ist nicht bekannt.
1513 taucht Joß Fritz dann in Lehen auf. Er hatte zuvor Else Schmidin geheiratet, die aus Nenzingen bei Stockach stammte. Es sei damals, so Prof. Buszello, üblich gewesen, dass die Gattin den Nachnamen beibehielt. Da Joß Fritz als Feldhüter in Gemeindediensten arbeitete, war er offensichtlich zu dem Zeitpunkt nicht als steckbrieflich Gesuchter in der Gegend von Freiburg bekannt.
In Lehen sammelte Joß Fritz ebenso wie in Untergrombach wiederum Anhänger um sich. Überhaupt stammen von den 47 namentlich bekannten Anhängern des Joß Fritz 24 aus Lehen, 4 aus Wolfenweiler (heute Ortsteil von Schallstadt) und 3 aus Betzenhausen (heute OT von Freiburg), während aus anderen Dörfern nur ein oder zwei Anhänger kamen. Vorerst suchte man Anhänger, wobei die Werbungen in weiter entfernten Gegenden scheinbar erfolglos blieben. Erst im September 1513 kam es zu einer greifbaren Aktion. Die Leute des Bundschuhs trafen sich bei Dunkelheit auf der Hartmatte (heute von Paduaallee überbaut). Hier wurden Anführer gewählt und das weitere Vorgehen abgestimmt. Man plante am 9. Oktober anlässlich der Kirchweih in Biengen eine gemeinsame Aktion. Man wollte sich dort versammeln und durch einen öffentlichen Aufruf weitere Anhänger für ihre Sache gewinnen. Außerdem sollte die Bundschuhfahne aufgerichtet werden und sodann eine Stadt in die Gewalt der Aufständischen gebracht werden. Ob diese Stadt Burkheim, Endingen oder gar Freiburg werden sollte, darüber war man sich auf der Hartmatte noch nicht einig.
Doch es kam garnicht erst zum offenen Aufstand. Kurz zuvor verriet ein gewisser Michael Hanser aus Schallstadt das ganze Unternehmen. Nun stellte der Freiburger Rat endlich eine Beziehung zwischen dem Untergrombacher Joß Fritz und dem Mann in Lehen her. In der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1513 fand eine große Razzia statt, wobei zahlreiche Anhänger des Bundschuhs verhaftet wurden. Joß Fritz und viele Rädelsführer aber entkamen in die Schweiz. Sehr interessant fand ich, dass die Schweizer sozusagen Amtshilfe leisteten. Während andere wie der später noch zu erwähnende Jakob Huser in Basel und anderswo gestellt wurden, blieb alles Streifen und Straßensperren im Falle von Joß Fritz vergeblich. Seine Gattin Else Schmidin aber landete im Freiburger Gefängnis. Sie behauptete, von ihres Mannes Bunschuhverschwörung nichts gewusst zu haben und da man ihr nichts nachweisen konnte, ließ man sie am 26. Oktober 1513 laufen. Sie musste allerdings Urfehde schwören und die Haftkosten bezahlen – obwohl man ihr keine Schuld nachweisen konnte.
Was wurde aus Joß Fritz nach 1513? Im Grunde weiß man darüber garnichts. Alles sind nur Vermutungen. So hieß es, seine Frau Else Schmidin sei später eine Ehebrecherin geworden und hätte es mit zahlreichen Männern getrieben, hätte auf großem Fuß gelebt, aber dennoch angelegentlich Joß Fritz getroffen, der von ihrem Lebenswandel gewusst habe. Dies scheint eine Verleumdung der Else Schmidin durch den Freiburger Rat zu sein, um sie und ihren Mann vor der Öffentlichkeit zu demontieren. Auch dass sich Joß Fritz 1524 als alter Mann am Vorabend des deutschen Bauernkrieges nochmals zu Wort meldete, gehört scheinbar eher ins Reich der Legenden.
Was aber war nun der Bundschuh? Seit 2002 in Untergrombach dem dortigen Bundschuh gedacht wurde, haben Historiker zusehends Probleme damit die Ziele der Verschwörung festzumachen – ja einige gehen soweit zu sagen, dass man darüber garnichts sagen kann. Denn die schriftlichen Quellen stammen einzig und allein aus obrigkeitlicher Feder, v.a. was den Lehener Bundschuh anbelangt, hatte der Freiburger Rat auf das Bild der Organisation den größten Einfluss. Aus der Sicht des Rats galt Fritz als gottloser Mensch, dem vom Teufel sein Tun eingeflüstert wurde, das als „Erzbüberei“ bezeichnet wurde. Seine Anhänger werden vom Rat als Faulpelze diffamiert, die angeblich von der Arbeit anderer leben wollten. Buszello will aber nicht soweit gehen, dass man nichts über die Ziele des Bundschuhs sagen könne. Als charakteristisch stellt er beispielsweise die Fahne des Bundschuhs selbst heraus. Es gibt eine Darstellung von 1514: http://www.thz-historia.de/_pics/1099/_200x220_0_8264462809917356_0_0x-6_ffffff/bundschuh.jpg
Bemerkenswert an der Fahne ist, dass über dem Papstwappen die Krone und im Kaiserwappen der Adler fehlen – es also etwas demoliert wirkt. Die Fahne symbolisiert das Nebeneinander von Kaiser, Papst und göttlicher Ordnung. Überhaupt ist für Buszello sehr wichtig, was er für den Grundartikel der Bundschuh-Bewegung hält. Dieser taucht in den 3 ersten Aussagen von Befragten aus, worin es heißt, dass Joß Fritz und die seinen Gott, Papst und Kaiser anerkennen würden. Erst der Freiburger Rat, so Buszello, habe daraus gemacht, dass Joß Fritz NUR Kaiser, Papst und Gott als ihren Herren anerkennen würden – nicht aber die anderen Obrigkeiten. Der in Basel befragte Jakob Huser aber sagte aus: „daz si unsern herren den keiser und sunst dheinen andern herren haben woltent“. Diese Aussage Husers mag aber bereits auf einer Beeinflussung durch die Freiburger zurück zu führen sein, die zuvor bereits ihre Version den Baslern geschickt hatten. Somit mag man Huser dazu gebracht haben, die Freiburger Variante anzugeben.
Des Joß Fritz Ziele passten offensichtlich ganz in die Zeit. Er habe gemeint, so Buszello, die Welt sei in Unordnung geraten und der Bundschuh würde sie wieder in Ordnung bringen. Dreh- und Angelpunkt ist die göttliche Gerechtigkeit, woran man die Ordnung messen konnte. Durch den von Gott verliehenen Verstand, die Bibel und das Alte Recht würde man die göttliche Gerechtigkeit erkennen. Die übrigen Artikel der Bundschuh-Bewegung hatten auch moderate Ziele: eine Deckelung der Zinsen (wohl ein akutes Problem bei einer häufigen Verschuldung der Bauern), geringere Abgaben und maximal eine Pfründe für jeden Geistlichen, die Gerichtsbarkeit sollte im Dorf stattfinden und nicht an entfernten kaiserlichen Gerichten (sehr interessant, da das Reichskammergericht oder ähnliche Institutionen gerade zu dieser Zeit aufkamen).
Wie ging es nach 1513 mit dem Bundschuh weiter? Prof. Buszello stellt heraus, dass der angebliche Bundschuh von 1517 wohl primär in der Fantasie der Obrigkeit existierte. Die ausführliche Beschreibung von 270 Personen samt Kleidung durch einen Befragten, macht die Sache in seinen Augen um so unwahrscheinlicher.
Was macht den Bundschuh aus? Wirklich besonders ist, dass die Bewegung offenbar eine einzige Führerfigur, Joß Fritz, hatte. Er suchte und fand Anhänger. Gemessen an der Reaktion der Obrigkeit muss man eine große Angst vor der Bewegung gehabt haben. Denn wenngleich Schätzungen von hunderten hingerichteten Bauern übertrieben sein dürften, wurden immerhin 10 bis 13 Mitglieder des Bundschuhs hingerichtet, vier davon in Freiburg. Der Freiburger Rat agierte besonders hart. Der Markgraf von Baden beispielsweise ließ nur eine Person hinrichten. Andere kamen glimpflicher davon. Die Ziele des Bundschuhs sind vergleichbar mit anderen Bewegungen dieser Zeit wie dem Oberrheinischen Revolutionär (https://de.wikipedia.org/wiki/Oberrheinischer_Revolution%C3%A4r ). Ob Fritz diese Schrift kannte, ist unbekannt. Eventuell kann er davon durch den Lehener Pfarrer erfahren haben, der auch im Zuge der Verfolgung der Bundschuh-Bewegung als Anhänger angesehen und immerhin von seinem Posten enthoben wurde.
Auffällig an allen diesen Bewegungen ist, dass sich die Bauern recht moderat verhielten. Wenn es zu Gewalt kam, dann zumeist nur Sachbeschädigung. Dieses disziplinierte Verhalten verschwand erst im Laufe des Bauernkrieges. Auch in der anschließenden Diskussion vertrat Buszello diese Ansicht, als jemand auf Thomas Müntzer beispielsweise verwies und darauf, dass ein gemäßigter Joß Fritz garnicht zum Bauernkrieg passe.
Ich fand den Vortrag interessant, v.a. die Zeugenaussagen und das Abwägen derselben. Es ist klar, dass die Obrigkeit zu der Zeit ohne ordentliche Polizeikräfte oder stehendes Heer sich von der Masse der Bauern (geschätzte 80% der Bevölkerung) eingeschüchtert fanden und entsprechend rigoros war das Vorgehen, welches die Bewegung im Keim ersticken sollte.
Professor Buszello forscht schon seit vielen Jahren zum deutschen Bauernkrieg und hat auch darüber promoviert. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich mit Joß Fritz. Die Quellen zu Joß Fritz befinden sich überwiegend im Stadtarchiv Freiburg, da Fritz 1513 in Lehen wohnte, was in den 1970ern von Freiburg eingemeindet wurde. Seit 2013 befindet sich in Lehen auch ein Denkmal zum Thema Bundschuh, die Bundschuheiche: https://de.wikipedia.org/wiki/Lehen_(Freiburg_im_Breisgau)#/media/File:Bundschuheiche_Lehen_(Freiburg_im_Breisgau)_jm8917.jpg
Ich muss sagen, dass mir Joß Fritz auch nur verschwommen im Gedächtnis ist. In dem großen Standardwerk von Zimmermann zum Deutschen Bauernkrieg wurde der Bundschuh wohl erwähnt, in der SWR-Doku zur Reformationszeit letztes Jahr kam auch der Name Joß Fritz vor.
Über Joß Fritz weiß man natürlich eigentlich ziemlich wenig. Er taucht erstmals 1502 erstmalig in Untergrombach, in der Nähe von Bruchsal, auf. Seine Eltern dürften ein Michael Fritz und seine Frau Maragarethe sein, die in den 1460er/70er Jahren unter den Einwohnern von Untergrombach erwähnt werden. Ein gewisser Lux Rapp zeigte Joß Fritz damals beim Bischof von Speyer an, da er eine Art Verschwörung, den Bundschuh, gründete. Angeblich wollten die Aufrührer der Obrigkeit Gesetze geben. Anfangs ging man darauf scheinbar nicht ein. Als aber ruchbar wurde, Joß Fritz habe sich mit zwei Söldnern einer Burgbesatzung verschworen, damit die Burg in die Hand der Aufständischen käme, wurde die Obrigkeit aufmerksam. Joß Fritz floh ehe man ihn ergreifen konnte. Sogleich wurde ein kaiserliches Mandat erlassen, welches Joß Fritz und sein Vorhaben verteufelte. Besonders aufmerksam wurde man, weil der Bischof von Straßburg in dem Bundschuh von 1502 eine Wiederauflage des alten Bundschuhs der 1490er vermutete.
1502 wird Joß Fritz als ein junger Bauer beschrieben; es heißt aber auch, er habe sich zu dieser Zeit wie ein Landsknecht gekleidet. Ob er vor 1502 bereits Landsknecht war oder in Söldnerdienste 1502 trat um unterzutauchen, ist nicht bekannt.
1513 taucht Joß Fritz dann in Lehen auf. Er hatte zuvor Else Schmidin geheiratet, die aus Nenzingen bei Stockach stammte. Es sei damals, so Prof. Buszello, üblich gewesen, dass die Gattin den Nachnamen beibehielt. Da Joß Fritz als Feldhüter in Gemeindediensten arbeitete, war er offensichtlich zu dem Zeitpunkt nicht als steckbrieflich Gesuchter in der Gegend von Freiburg bekannt.
In Lehen sammelte Joß Fritz ebenso wie in Untergrombach wiederum Anhänger um sich. Überhaupt stammen von den 47 namentlich bekannten Anhängern des Joß Fritz 24 aus Lehen, 4 aus Wolfenweiler (heute Ortsteil von Schallstadt) und 3 aus Betzenhausen (heute OT von Freiburg), während aus anderen Dörfern nur ein oder zwei Anhänger kamen. Vorerst suchte man Anhänger, wobei die Werbungen in weiter entfernten Gegenden scheinbar erfolglos blieben. Erst im September 1513 kam es zu einer greifbaren Aktion. Die Leute des Bundschuhs trafen sich bei Dunkelheit auf der Hartmatte (heute von Paduaallee überbaut). Hier wurden Anführer gewählt und das weitere Vorgehen abgestimmt. Man plante am 9. Oktober anlässlich der Kirchweih in Biengen eine gemeinsame Aktion. Man wollte sich dort versammeln und durch einen öffentlichen Aufruf weitere Anhänger für ihre Sache gewinnen. Außerdem sollte die Bundschuhfahne aufgerichtet werden und sodann eine Stadt in die Gewalt der Aufständischen gebracht werden. Ob diese Stadt Burkheim, Endingen oder gar Freiburg werden sollte, darüber war man sich auf der Hartmatte noch nicht einig.
Doch es kam garnicht erst zum offenen Aufstand. Kurz zuvor verriet ein gewisser Michael Hanser aus Schallstadt das ganze Unternehmen. Nun stellte der Freiburger Rat endlich eine Beziehung zwischen dem Untergrombacher Joß Fritz und dem Mann in Lehen her. In der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1513 fand eine große Razzia statt, wobei zahlreiche Anhänger des Bundschuhs verhaftet wurden. Joß Fritz und viele Rädelsführer aber entkamen in die Schweiz. Sehr interessant fand ich, dass die Schweizer sozusagen Amtshilfe leisteten. Während andere wie der später noch zu erwähnende Jakob Huser in Basel und anderswo gestellt wurden, blieb alles Streifen und Straßensperren im Falle von Joß Fritz vergeblich. Seine Gattin Else Schmidin aber landete im Freiburger Gefängnis. Sie behauptete, von ihres Mannes Bunschuhverschwörung nichts gewusst zu haben und da man ihr nichts nachweisen konnte, ließ man sie am 26. Oktober 1513 laufen. Sie musste allerdings Urfehde schwören und die Haftkosten bezahlen – obwohl man ihr keine Schuld nachweisen konnte.
Was wurde aus Joß Fritz nach 1513? Im Grunde weiß man darüber garnichts. Alles sind nur Vermutungen. So hieß es, seine Frau Else Schmidin sei später eine Ehebrecherin geworden und hätte es mit zahlreichen Männern getrieben, hätte auf großem Fuß gelebt, aber dennoch angelegentlich Joß Fritz getroffen, der von ihrem Lebenswandel gewusst habe. Dies scheint eine Verleumdung der Else Schmidin durch den Freiburger Rat zu sein, um sie und ihren Mann vor der Öffentlichkeit zu demontieren. Auch dass sich Joß Fritz 1524 als alter Mann am Vorabend des deutschen Bauernkrieges nochmals zu Wort meldete, gehört scheinbar eher ins Reich der Legenden.
Was aber war nun der Bundschuh? Seit 2002 in Untergrombach dem dortigen Bundschuh gedacht wurde, haben Historiker zusehends Probleme damit die Ziele der Verschwörung festzumachen – ja einige gehen soweit zu sagen, dass man darüber garnichts sagen kann. Denn die schriftlichen Quellen stammen einzig und allein aus obrigkeitlicher Feder, v.a. was den Lehener Bundschuh anbelangt, hatte der Freiburger Rat auf das Bild der Organisation den größten Einfluss. Aus der Sicht des Rats galt Fritz als gottloser Mensch, dem vom Teufel sein Tun eingeflüstert wurde, das als „Erzbüberei“ bezeichnet wurde. Seine Anhänger werden vom Rat als Faulpelze diffamiert, die angeblich von der Arbeit anderer leben wollten. Buszello will aber nicht soweit gehen, dass man nichts über die Ziele des Bundschuhs sagen könne. Als charakteristisch stellt er beispielsweise die Fahne des Bundschuhs selbst heraus. Es gibt eine Darstellung von 1514: http://www.thz-historia.de/_pics/1099/_200x220_0_8264462809917356_0_0x-6_ffffff/bundschuh.jpg
Bemerkenswert an der Fahne ist, dass über dem Papstwappen die Krone und im Kaiserwappen der Adler fehlen – es also etwas demoliert wirkt. Die Fahne symbolisiert das Nebeneinander von Kaiser, Papst und göttlicher Ordnung. Überhaupt ist für Buszello sehr wichtig, was er für den Grundartikel der Bundschuh-Bewegung hält. Dieser taucht in den 3 ersten Aussagen von Befragten aus, worin es heißt, dass Joß Fritz und die seinen Gott, Papst und Kaiser anerkennen würden. Erst der Freiburger Rat, so Buszello, habe daraus gemacht, dass Joß Fritz NUR Kaiser, Papst und Gott als ihren Herren anerkennen würden – nicht aber die anderen Obrigkeiten. Der in Basel befragte Jakob Huser aber sagte aus: „daz si unsern herren den keiser und sunst dheinen andern herren haben woltent“. Diese Aussage Husers mag aber bereits auf einer Beeinflussung durch die Freiburger zurück zu führen sein, die zuvor bereits ihre Version den Baslern geschickt hatten. Somit mag man Huser dazu gebracht haben, die Freiburger Variante anzugeben.
Des Joß Fritz Ziele passten offensichtlich ganz in die Zeit. Er habe gemeint, so Buszello, die Welt sei in Unordnung geraten und der Bundschuh würde sie wieder in Ordnung bringen. Dreh- und Angelpunkt ist die göttliche Gerechtigkeit, woran man die Ordnung messen konnte. Durch den von Gott verliehenen Verstand, die Bibel und das Alte Recht würde man die göttliche Gerechtigkeit erkennen. Die übrigen Artikel der Bundschuh-Bewegung hatten auch moderate Ziele: eine Deckelung der Zinsen (wohl ein akutes Problem bei einer häufigen Verschuldung der Bauern), geringere Abgaben und maximal eine Pfründe für jeden Geistlichen, die Gerichtsbarkeit sollte im Dorf stattfinden und nicht an entfernten kaiserlichen Gerichten (sehr interessant, da das Reichskammergericht oder ähnliche Institutionen gerade zu dieser Zeit aufkamen).
Wie ging es nach 1513 mit dem Bundschuh weiter? Prof. Buszello stellt heraus, dass der angebliche Bundschuh von 1517 wohl primär in der Fantasie der Obrigkeit existierte. Die ausführliche Beschreibung von 270 Personen samt Kleidung durch einen Befragten, macht die Sache in seinen Augen um so unwahrscheinlicher.
Was macht den Bundschuh aus? Wirklich besonders ist, dass die Bewegung offenbar eine einzige Führerfigur, Joß Fritz, hatte. Er suchte und fand Anhänger. Gemessen an der Reaktion der Obrigkeit muss man eine große Angst vor der Bewegung gehabt haben. Denn wenngleich Schätzungen von hunderten hingerichteten Bauern übertrieben sein dürften, wurden immerhin 10 bis 13 Mitglieder des Bundschuhs hingerichtet, vier davon in Freiburg. Der Freiburger Rat agierte besonders hart. Der Markgraf von Baden beispielsweise ließ nur eine Person hinrichten. Andere kamen glimpflicher davon. Die Ziele des Bundschuhs sind vergleichbar mit anderen Bewegungen dieser Zeit wie dem Oberrheinischen Revolutionär (https://de.wikipedia.org/wiki/Oberrheinischer_Revolution%C3%A4r ). Ob Fritz diese Schrift kannte, ist unbekannt. Eventuell kann er davon durch den Lehener Pfarrer erfahren haben, der auch im Zuge der Verfolgung der Bundschuh-Bewegung als Anhänger angesehen und immerhin von seinem Posten enthoben wurde.
Auffällig an allen diesen Bewegungen ist, dass sich die Bauern recht moderat verhielten. Wenn es zu Gewalt kam, dann zumeist nur Sachbeschädigung. Dieses disziplinierte Verhalten verschwand erst im Laufe des Bauernkrieges. Auch in der anschließenden Diskussion vertrat Buszello diese Ansicht, als jemand auf Thomas Müntzer beispielsweise verwies und darauf, dass ein gemäßigter Joß Fritz garnicht zum Bauernkrieg passe.
Ich fand den Vortrag interessant, v.a. die Zeugenaussagen und das Abwägen derselben. Es ist klar, dass die Obrigkeit zu der Zeit ohne ordentliche Polizeikräfte oder stehendes Heer sich von der Masse der Bauern (geschätzte 80% der Bevölkerung) eingeschüchtert fanden und entsprechend rigoros war das Vorgehen, welches die Bewegung im Keim ersticken sollte.
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