Die Griechen im Atlantik

hier ein wenig Latein (die Autoren freuen sich bestimmt über korrigierende Hinweise zur Temepraturangabe):

Patterson/Dietrich/Holden, Andrews:
Two millennia of North Atlantic seasonality and implications for Norse colonies
PNAS 2010, S. 5306-5310.

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falls jemand Interesse an Literatur zum Nordatlantik im Kontext der Wikinger-Fahrten hat, bitte per PN:

Hegedüs et. al., Could Vikings have navigated under foggy and cloudy conditions by skylight polarization? On the atmospheric optical prerequisites of polarimetric Viking navigation under foggy and cloudy skies
PRSocA 2007

Thirslund, Sailing directions of the North Atlantic Viking age (from about the year 860 to 1400)
JoNav 1997

Power, Climatological Analysis of Old Norse Sailing Directions for North Atlantic Routes,
JoNav 2002

Sanchez, Ocean changes in the North Atlantic over the Late Holocene:
A multi-proxy approach, Dissertation 2012

Moreno-Chamarro et. al., Assessing reconstruction techniques of the Atlantic Ocean circulation variability during the last millennium,
Climdyn 2017

Perner et. al., Interaction between warm Atlantic-sourced waters and the East Greenland Current in northern Denmark Strait (68 ̊N) during the last 10 600 cal a BP
JoQS 2016

Olsen/Andersen/Knudsen, Variability of the North Atlantic Oscillation over the past 5,200 years
Nature Geoscience 2012

Moffa-Sanchez et. al., Surface changes in the eastern Labrador Sea
around the onset of the Little Ice Age
Paleooceanography 2014

Surge/Barrett, Marine climatic seasonality during medieval times (10th to 12th centuries) based on isotopic records in Viking Age shells from Orkney, Scotland
Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 2012

Wanamaker et. al., Surface changes in the north Atlantic meridional overturning circulation during the last millennium,
Nature Communications 2012

Cunningham et. al., Reconstructions of surface ocean conditions from the northeast Atlantic and Nordic seas during the last millennium,
The Holocene 2013

Knudsen, Eiriksson, Bartels-Jonsdottirs, Oceanographic changes through the last millennium off North Iceland: Temperature and salinity reconstructions based on foraminifera and stable isotopes,
Marine Micropaleontology 2011

Graham et. al., Support for global climate reorganization during the ‘‘Medieval Climate Anomaly’’
ClimDyn 2011

Marzochi et. al., The North Atlantic subpolar circulation in an eddy-resolving global ocean model
Journal of Marine Systems 2015

Staines-Urias/Kuijpers/Korte, Evolution of subpolar North Atlantic surface circulation since the early Holocene inferred from planktic foraminifera faunal and stable isotope records
Quaternary Science Reviews 2013

Born/Leverman, The 8.2 ka event: Abrupt transition of the subpolar gyre toward a modern North Atlantic circulation
Geosystems 2010

Eiriksson et. al., Variability of the North Atlantic Current during the last 2000 years based on shelf bottom water and sea surface temperatures along an open ocean/ shallow marine transect in western Europe,
The Holocene 2006

Ogilve/Barning/Jennings, North Atlantic climate c. AD 1000:
Millennia-reflections on the Viking discoveries of Iceland, Greenland and North America
The Weather 2000
 
Warum wir in anderen Threads über die Bedeutung eines Wortes in der Lateinischen Sprache seitenlang diskutiert? Gleichzeitig darf man dann nicht über ungenaue Wortwahl reden? Danke.
Falls hier nur ungenaue Wortwahl ein Missverständnis verursacht hat, dann brauchen wir kein Latein. ;)
Probieren wir es doch mit Formeln. T1-T2 ist halt etwas anderes als T1/T2. Beim ersten kann man Kelvin oder Celsius nehmen, beim zweiten ist Celsius höchstwahrscheinlich schlicht falsch.
 
Patterson/Dietrich/Holden, Andrews:

Two millennia of North Atlantic seasonality and implications for Norse colonies

PNAS 2010, S. 5306-5310.
Vielen Dank für den Hinweis – ich darf vielleicht daraus zitieren (Fettschreibung von mir):

Subsequently, a bivalve at ∼ 130 B.C. recorded the highest temperature of the entire 2,000-year record at 13.0 °C. The interval from ∼230 B.C. to A.D. 40 was one of exceptional warmth in Iceland, coinciding with a period of general warmth and dryness in Europe known as the Roman Warm Period, from ∼200 B.C. to A.D. 400 (23). On the basis of δ18O data, reconstructed water temperatures for the Roman Warm Period in Iceland are higher than any temperatures recorded in modern times.

Das bedeutet, dass die Temperaturen im Nordatlantik in dem für dieses Thema wichtigen Zeitraum gleich bzw. höher waren als zu der Zeit, als Wikinger in Amerika ankamen. Da die Griechen bzw. Römer genauso hochseetaugliche Schiffe besaßen wie die Wikinger, wäre es also auch für sie möglich gewesen, an der Ostküste Nordamerikas zu kommen.
 
Da die Griechen bzw. Römer genauso hochseetaugliche Schiffe besaßen wie die Wikinger,
Hochseetauglich ist auch nur ein Wort; es ist eine Sache auf einer seit Urzeiten bekannten Route im Sommer mit Rückenwind nach Indien zu treiben und im Winter mit Rückenwind wieder zurück aber eine ganz andere Sache sich auf gut Glück durch das unbeständige Atlantikwetter zu quälen; nachgebaute Wikingerschiffe haben die Welt umsegelt, die nachgebaute Trirema ist ein paar Mal bei Schönwetter durch den Piräus gerudert worden, sie war dann zwar sogar in England, allerdings nicht auf eigenem Kiel, sondern transportiert, was über die "Hochseetauglichkeit" wohl einiges aussagt.
 
Da die Griechen bzw. Römer genauso hochseetaugliche Schiffe besaßen wie die Wikinger, wäre es also auch für sie möglich gewesen, an der Ostküste Nordamerikas zu kommen.
...da fragt man sich natürlich konsterniert, wie die hochseetaugliche Marine der (späten) Römer es hingekriegt hatte, sich von den barbarischen Vandalen im Mittelmeer plattmachen zu lassen...
Vermutlich müssen die hochseetauglichen Römer maritime Esel gewesen sein, da sie z.B. Britannien nicht in Wikingermanier heimsuchten... Und wozu bauten die einen litus saxonicus, wenn sie doch die Piraten mit ihren hochseetauglichen Schiffen hätten erlegen können?
Oder umgekehrt sind die raubkriegerischen Erfolge der Wikinger ein purer Zufall, da ja jeder dasselbe hätte machen können?
 
Hochseetauglich ist auch nur ein Wort; es ist eine Sache auf einer seit Urzeiten bekannten Route im Sommer mit Rückenwind nach Indien zu treiben und im Winter mit Rückenwind wieder zurück aber eine ganz andere Sache sich auf gut Glück durch das unbeständige Atlantikwetter zu quälen; nachgebaute Wikingerschiffe haben die Welt umsegelt, die nachgebaute Trirema ist ein paar Mal bei Schönwetter durch den Piräus gerudert worden, sie war dann zwar sogar in England, allerdings nicht auf eigenem Kiel, sondern transportiert, was über die "Hochseetauglichkeit" wohl einiges aussagt.

Schön auf den Punkt gebracht!

Man könnte sich außerdem fragen, warum vielleicht mit Ausnahme des östlichsten Mittelmeers die Segelsaison in der übrigen Badewanne im Herbst eingestellt wurde?

Was die Entwicklung der Segel zwischen Spätantike und Wikinger eigentlich bedeutet?

Was es auf dem Atlantik heißt, gegen den Wind zu kreuzen?

Wie man das Rechenresultat für die Crew bewertet, gegen atlantische Strömungen zu rudern, abgesehen von der übrigen "nassen" Konstruktion knapp über Surfbrettniveau?

Die Intention der Angabe oben war es, darauf hinzuweisen, dass in der Literatur für die Wikinger die Kombination aus nautischem Potenzial und günstigen klimatischen Umständen für die "atlantische Expansion" sorgte. Wenn man daraus die Formeln warm=warm oder je wärmer, je weiter macht, und den ganzen "Rest" ausblendet, geraten die zu Kurzschlüssen.
 
...da fragt man sich natürlich konsterniert, wie die hochseetaugliche Marine der (späten) Römer es hingekriegt hatte, sich von den barbarischen Vandalen im Mittelmeer plattmachen zu lassen...
Wobei anzunehmen ist, dass die Vandalen keine wesentlich anderen Schiffe verwendeten, als die spätantiken Römer. Die Vandalen wurden ja erst in Karthago zu Piraten (aus römischer Sicht) bzw. einer Seemacht.
 
Hochseetauglich ist auch nur ein Wort; es ist eine Sache auf einer seit Urzeiten bekannten Route im Sommer mit Rückenwind nach Indien zu treiben und im Winter mit Rückenwind wieder zurück aber eine ganz andere Sache sich auf gut Glück durch das unbeständige Atlantikwetter zu quälen; nachgebaute Wikingerschiffe haben die Welt umsegelt, die nachgebaute Trirema ist ein paar Mal bei Schönwetter durch den Piräus gerudert worden, sie war dann zwar sogar in England, allerdings nicht auf eigenem Kiel, sondern transportiert, was über die "Hochseetauglichkeit" wohl einiges aussagt.
Schön auf den Punkt gebracht!
Nichts ist hier auf den Punkt gebracht worden, denn der Vergleich der Wikingerschiffe mit Triremen ist nicht statthaft. Die Römer besaßen zu jener Zeit auch Handelsschiffe, die genauso hochseetauglich waren wie später die Schiffe der Wikinger.

Man könnte sich außerdem fragen, warum vielleicht mit Ausnahme des östlichsten Mittelmeers die Segelsaison in der übrigen Badewanne im Herbst eingestellt wurde?
Das mag für Handelsschifffahrt gegolten haben, aber an eine Forschungsreise – und die des Pytheas war so eine – werden andere Ansprüche gestellt. Auch heute noch.

Was die Entwicklung der Segel zwischen Spätantike und Wikinger eigentlich bedeutet?

Was es auf dem Atlantik heißt, gegen den Wind zu kreuzen?

Wie man das Rechenresultat für die Crew bewertet, gegen atlantische Strömungen zu rudern, abgesehen von der übrigen "nassen" Konstruktion knapp über Surfbrettniveau?
Auch Wikinger besaßen keine besseren Schiffe und auch nichts anderes als Rahsegel. Deshalb haben sie die gleichen Schwierigkeiten beim Segeln gegen den Wind gehabt wie die Römer. Trotzdem haben Wikinger Grönland besiedelt und die Ostküste Nordamerikas erreicht.

Die Intention der Angabe oben war es, darauf hinzuweisen, dass in der Literatur für die Wikinger die Kombination aus nautischem Potenzial und günstigen klimatischen Umständen für die "atlantische Expansion" sorgte. Wenn man daraus die Formeln warm=warm oder je wärmer, je weiter macht, und den ganzen "Rest" ausblendet, geraten die zu Kurzschlüssen.
Welchen Rest habe ich ausgeblendet?

Fazit: Wenn die Kenntnisse der Navigation, die Ausrüstung und die klimatische Verhältnisse zur jener Zeit annähernd gleich waren wie die zu Zeiten der Wikinger, dann wäre es möglich gewesen, dass auch annähernd Gleiches erreicht wurde.
 
Auch für Forschungs- und Militäroperationen galten die Regeln von Winden, Strömungen und Gezeiten, im Herbst/Winter ruhte die Seefahrt. Seefahrten und Entdeckungsreisen erfordern nicht nur Know How in Astronavigation, Schiffsbau, Takelung Ladung und Seemannschaft, sondern auch ein Antriebsziel, einen Anreiz, die Reise zu unternehmen. Sicher, die Phönizier segelten durch den Atlantik bis zu den britischen Inseln. Da gab es Zinn zu holen. Die antike Seefahrt war im wesentlichen Küstenschifffahrt. Eine Atlantiküberquerung war aber dann doch noch eine andere Qualität. Bis die Wikinger durch die Plünderung von Lindisfarne die Bühne der Weltgeschichte betraten, wird man von früheren Fischzügen und Handelsfahrten ausgehen können, in denen skandinavische Seefahrer Erfahrungen und Selbstvertrauen erwerben konnten.

Für Fahrten ins Blaue hinein auf den Atlantik und nach Nordamerika fehlten Anreize, die Gegend war unbekannt, es lagen weder lohnende Angriffsobjekte in unmittelbarer Reichweite, es gab weder potenzielle Handelspartner noch Objekte, wo es Beute zu holen gab.
 
Die Römer besaßen zu jener Zeit auch Handelsschiffe, die genauso hochseetauglich waren wie später die Schiffe der Wikinger.
Die Römer besaßen zu keiner Zeit Schiffe in der Qualität der Wikingerschiffe.

Das mag für Handelsschifffahrt gegolten haben, aber an eine Forschungsreise – und die des Pytheas war so eine – werden andere Ansprüche gestellt.
Jetzt ist wieder der arme Pytheas dran, das hatten wir schon, wie hätte der durch die Straße von Gibraltar kommen sollen?

Trotzdem haben Wikinger Grönland besiedelt und die Ostküste Nordamerikas erreicht.
Neben der geografischen Lage ist das in der Psyche begründet, die einen waren ein Volk von Seefahrern, die anderen ein Volk von, äh, Landwirten, auf die Schnelle fällt mir überhaupt kein römischer Held oder keine Heldentat ein die mit Seefahrt zu tun haben, Julius und die Piraten zeigt ja auch dass man eigentlich klugerweise gar kein Schiff besteigen sollte.
 
Ich will hier nicht Dion das Wort reden, jedoch ist die römische Schifffahrt recht heterogen. Folgt man der römischen Historiographie, schauten sich die Römer die Kriegsschifffahrt bei den Karthagern ab, erfanden den "Raben" und machten aus dem Seekrieg einen Landkrieg auf See. Wir wissen, dass das so nicht stimmt. Wir sollten auch nicht dem römischen Narrativ folgen, von der Bauern- und Soldaten-Nation Rom gegen die Händler- und Seefahrernation Karthago. Und wenn du Gaius Julius und die Piraten ansprichst, dann musst du auch Pompeius ansprechen. Vater Gn. Pompeius Magnus bekämpfte und besiegte z.Zt. der ausgehenden Republik die Piraten (zu einem Großteil, indem er sie in Gegenden ansiedelte, wo sie wirtschaften konnten und sich damit ein Klientel sicherte), Sohn Sextus, der im Bürgerkrieg Octavian - also den späteren Augustus bekämpfte - wurde in dessen Propaganda als Pirat verkauft. Ob die Stelle im Monumentum Ancyranum mit den praedonis sich darauf bezieht, ist mir unklar.
 
Ich will hier nicht Dion das Wort reden, jedoch ist die römische Schifffahrt recht heterogen. …
Danke trotzdem. :D

Die Römer besaßen zu keiner Zeit Schiffe in der Qualität der Wikingerschiffe.

Jetzt ist wieder der arme Pytheas dran, das hatten wir schon, wie hätte der durch die Straße von Gibraltar kommen sollen?
Dass Phönizier und Karthager Gibraltar passierten, ist eine Tatsache. Karthager kamen bis zu den Kanarischen Inseln, die wahrscheinlich dadurch auch den Griechen und den Römern bekannt wurden. Sie haben offenbar dazu fähige Schiffe gehabt, warum also sollte das später (siehe Eröffnungsbeitrag) nicht mehr möglich sein?

Carolus hat in diesem Thread bereits am 13. Februar 2018 darauf hingewiesen, dass es damals auch Segelschiffe gab.

Durch diesen Hinweis angeregt, habe ich noch am gleichen Tag, diese Angaben gefunden und auch gleich in diesem Thread publiziert. Da steht es unter anderem – Zitat:

Lückenhaft sind wir informiert über das Aussehen griechischer Handelsschiffe. Es waren auf alle Fälle Segelschiffe, manche konnten sich bei Windstille durch Ruder fortbewegen. Meistens jedoch wurden sie bei Windstille von Beibooten in Schlepptau genommen davon auch die Bezeichnung „Holkadas“. Segelschiffe wurden in Griechenland auch“strongyla ploia“ genannt, „Runde Schiffe“.
Das 15 m lange Frachtschiff aus Kyrenia hatte nach den archäologischen Kleinfunden nur 4 Mann an Bord, verfrachtete aber ca.150 Tonnen Gut.


Das größte bisher gefundene Handelsschiff der Wikinger hatte eine Tragfähigkeit von etwa 30 Tonnen, und die Kriegs- bzw. Langschiffe waren in ihrer Seetüchtigkeit beschränkt. Es handelte sich überspitzt formuliert um Schönwetterschiffe. Durch zahlreiche Repliken wurde aber die Hochseetauglichkeit der Wikingerschiffe bewiesen, so beispielsweise 1893, als man ein Rennen zwischen einem Nachbau des Gokstad-Schiffes, der „Viking“, und einem Nachbau der Santa Maria, mit der Columbus Amerika entdeckte, zur Weltausstellung in Chicago quer über den Atlantik veranstaltete. (Zitat aus Wikipedia.)

Zur Motivation Massalias, Forschungsreisen zu unternehmen, sagt Biturigos am 20. Februar 2018 in diesem Thread u.a. Folgendes:

… alles dies spricht dafür, dass griechische Händler, Diplomatische Delegationen und Forscher (wie Poseidonios, der eines seiner Hauptwerke Über den Okeanos und seine Probleme nannte, von dem leider nur Fragmente erhalten sind -man könnte diesen Titel als bewusste Anlehnung an Pytheas Hauptwerk Über den Ozean interpretieren) sich weitläufig in Gallien und an seinen Küsten bewegen konnten. Dies könnte dazu geführt haben, dass das Interesse am Atlantik gewachsen ist, und auch an seiner ökonomischen Erschließung und Erforschung - alles Weitere hätte die Kräfte Massalias und seiner Stützpunkte überfordert.

Biturigos zitiert in seinem Beitrag vom 25. Februar 2018 Plutarch:

"Demetrios sagte, von den Inseln in der Nähe von Britannien seien viele einsam und abgeschieden, und einige davon seien nach Gottheiten oder Heroen benannt. Er selbst sei im Auftrag des Kaisers zu Erkundungs-und Aufklärungszwecken zur nächstgelegenen Insel gesegelt, die nur wenige Einwohner besaß, welche bei den Britanniern alle als heilig und unverletzlich galten. .... Dort gebe es auch eine Insel, auf welcher der in seinem Schlaf von Briareus bewachte Kronos gefangengehalten werde."

Ich erwähne das, weil der von mit fetthervorgehobene Satz darauf hindeutet, dass im Atlantik weniger gerudert denn gesegelt wurde, wenn selbst die „nächstgelegene Insel“ so erreicht wurde. Und zweitens gab es zumindest in der Kaiserzeit Erkundungs- und Aufklärungsfahrten, was eine mögliche Motivation darstellt, Reisen ins sogenannte Blaue zu unternehmen.
Auch ein weiteres Zitat, das Biturigos in dem gleichen Beitrag bringt, zeigt, dass Griechen durchaus wussten, um was es sich beim Atlantik handelte – Zitat:

Strabon beginnt seine Geographika mit einer Hommage an Homer als ersten Erdbeschreiber und Weltweisen, und betrachtet die Erde als Gesamtes, und besonders den Ozean.
In Buch 1, Kap.1,8 schreibt er: "Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass der Atlantische Ozean ein Doppelmeer sei, durch so schmale, die Durchfahrt hindernde Landengen geschieden, sondern er ist vielmehr ein zusammenfließendes und zusammenhängendes Ganzes. Denn die, welche eine Umschiffung versuchten und dann umkehrten, sagen nicht, daß sie durch ihnen in den Weg tretendes und die Fortsetzung der Fahrt verhinderndes Festland zurückgestoßen worden sind, sondern durch Mangel und Verlassenheit, während das Meer nichtdestoweniger die Durchfahrt verstatte."
Leider nennt Strabon hier nicht,von welchen Expeditionen er spricht. Dies klingt aber nicht nach Küstenschiffahrt, oder täusche ich mich?

Dem letzten Satz bzw. der letzten Frage Biturigos schließe ich mich an.
 
Es gab diverse Versuche Afrika zu umrunden, einer davon, vom Roten Meer ausgehend, soll erfolgreich gewesen sein, Hanno, von Karthago aus Gibraltar passierend, kam bis etwa Zentralafrika, vielleicht bis zur Mündung des Kongo, er berichtet (mutmaßlich) von Gorillas und von Vulkanen.
 
Ich möchte kurz, da das Thema sich in verschiedene Teilfragen aufgegliedert hat, auf die Frage kurz eingehen, was "die Griechen" hier insbesondere die akademische Elite, vom Ozean dachte und wusste, und zwar vor der römischen Okkupation. Aufschlußreich fand ich da zwei Kapitel bei Johne, "Die Römer an der Elbe", in denen er diese Thematik kurz anschneidet. Aristoteles hatte die Auffassung, von der Kugelgestalt der Erde ausgehend, dass zwischen den Säulen des Herakles und Indien nur ein einziges Meer anzunehmen ist (Arist.de caelo 298a 15; Über den Himmel"). Eratostehnes hat es dann pointiert ausgesprochen, dass alleine die Größe des Atlantik es verhindere, auf demselben Breitengrad von der iberischen Halbinsel bis nach Indien zu segeln (in Strabon Geographie 1,4,6, siehe Eratostehnes von Kyrene, München 2002). Poseidonios von Apameia schloss sich diesen Auffassungen an, er hat aus seinen Messungen des Erdumfangs den Schluss gezogen, dass Gallien Indien gegenüber liegen müsse (FGr Hist II A 87 Nr.100).
Diese kurzen Zitate umreißen , dass der atlantische Ozean im geographischen Horizont einer gebildeten Schicht als Objekt der wissenschaftlichen Erforschung kein ferner mythischer Weltenstrom mehr war, auf dem Herakles die Hesperiden suchte, oder Odysseus durch die Polarnacht fuhr (Od.11,12-19).
Xenophon von Lampsakos berichtete (100 v.Chr.) von einer ungeheuer großen "königlichen Insel" Basilea drei Tagesreisen von der skythischen Küste entfernt (Plin.nat.hist.4,95), womit wahrscheinlich Skandinavien oder präziser das südliche Schweden gemeint war (Helgoland, ebenso Basilea genannt, war laut Plinius eine Tagesreise von der Skythenküste entfernt, Plin. nat hist. 37,35f und Diod.5,23,1).
Sind diese einzelnen Botschaften auf Küstenschifffahrt zum Erwerb von Bernstein bis in die Ostsee zurückzuführen sein, wie Johne spekuliert?
Hatte die massaliotische Schiffahrt Einfluss auf die keltische Schiffsbauweise?
Dr. Ronald Bockius, Hauptkonservator und Leiter des Kompetenzbereichs Antike Schiffahrt im RGZM, stellt dazu Überlegungen an.
Literatur:
Spuren griechisch-etruskischen Knowhows im keltischen Schiffbau? In: H. Kelzenberg, P. Kießling u. St. Weber (Hrsg.), Forschungen zur Vorgeschichte und Römerzeit im Rheinland. Festschr. H.-E. Joachim. Bonner Jahrb., Beih. 57 (Bonn 2007) 253-267.Ein Text von Bockius als Leseprobe:Jahrbuch Der Schiffbautechnischen Gesellschaft
Schulz, Abenteurer der Ferne -Die großen Entdeckungsfahrten und das Weltwissen der Antike, Klett Cotta, 2016
Johne, Die Römer an der Elbe, 2006, Kap. 1 und 2
 
Rein theoretisch wäre vom einem 880 m hohen Punkt aus (höchster Berg der Färöer) ein 2110 m hoher Punkt (höchster Berg in Südostisland) zu sehen, wenn diese Punkte nicht mehr als 304,67 km auseinander sind. So rechet es dieser Rechner hier aus:
Sichtweite berechnen: Entfernung bis zum Horizont

Laut dem Rechner wäre es demzufolge so, das man "nur" 180km ausserhalb der Sichtweite der Färöer sein muss um theoretisch Island sehen zu können. Ich habe aber keine Ahnung über Schifffahrt, besonders jene der Antike, um einzuschätzen ob nun 180km weg von der Küste viel oder wenig ist.
 
Die Römer besaßen zu keiner Zeit Schiffe in der Qualität der Wikingerschiffe.
Du vergleichst hier Äpfel mit Birnen. Zur Zeit der Wikinger galten ihre Schiffe, im Vergleich zu denen anderer Völker des achten bis 11. Jh. als hervorragend. Die antike Schifffahrt befand sich aber schon einmal in einem weit fortschrittlicheren Stadium als die, welche nach dem Untergang des Reiches entstand. Die Qualität des römischen Schiffbaues ist u.A. an den Schiffen des Nemisees erkennbar. Sicher waren die Wikinger mutige und waghalsige Seefahrer aber die Schiffe waren nicht besser als die antiker Hochkulturen.. Die Römer bauten Holzschiffe in 100-Meter-Größenordnungen ,was Holzschiffe erst wieder in der Epoche der englischen Teeklipper ,im 19. Jh. zu Stande brachten. Es ist auch nicht überliefert, dass die Normannen gewaltige Frachten transportierten. Die Römer besaßen große Getreidefrachter, mit einer Laderaumtiefe von 13 Metern. Das große Schiff, welches Caligulas Obelisken von Ägypten holte, muss eine Ladekapazität von 1335 t gehabt haben, denn neben dem 496 t wiegenden Obelisken führte es 839 t Linsen, als Ballast im Rumpf hatte. Das größte, bekannte Frachtschiff der Wikinger trug gerade mal 30 Tonnen und war 22 Meter lang. Römische Schiffe waren unter der Wasserlinie, mittels Bleiblechen hervorragend gegen Wurmfraß gesichert.
Seit der Kaiserzeit befuhren römische Handelsschiffe den indischen Ozean, von Aden aus bis zur indischen Malabarküste und benötigten dafür, den Monsun nutzend 14 Tage. Das bedeutete eine Reise über große Strecken, ohne Landnähe. Strabo berichtet, dass im 1.Jh. Fahrten bis zum Ganges führten.
 
"Qualität" hat sich auf die Seefähigkeit im Nordatlantik bezogen, ich will nicht den Eindruck erwecken irgendwelche technischen Errungenschaften der Römer anzuzweifeln; um die Diskussion abzukürzen, ich tät halt lieber mit einem Wikingerschiff den Nordatlantik befahren als mit irgendeinem mediterranem Gefährt.^^
 
um die Diskussion abzukürzen, ich tät halt lieber mit einem Wikingerschiff den Nordatlantik befahren als mit irgendeinem mediterranem Gefährt.^^
Ich würde den römischen Frachter vorziehen. Da hatten Passagiere wenigstens ein Dach über dem Kopf und wenn sie etwas Geld hatten, sogar eine Einzelkabine sowie warmes Essen. ;) Ob man an Bord eines Wikingerschiffes kochen konnte weiß ich nicht, habe aber Zweifel dass es dafür Platz gab.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eigentlich wollte ich bei meinem Beitrag vom 3.Mai weitermachen. Mir ging es in diesem letzten Beitrag darum, dass eine Erkundungsfahrt in den Atlantik theoretisch keine Fahrt ins Blaue gewesen wäre:
Für Fahrten ins Blaue hinein auf den Atlantik und nach Nordamerika fehlten Anreize, die Gegend war unbekannt, es lagen weder lohnende Angriffsobjekte in unmittelbarer Reichweite, es gab weder potenzielle Handelspartner noch Objekte, wo es Beute zu holen gab.
, sondern eine nach dem Erdumfang und anderen mathematischen Berechnungen Annahme, dass Indien über den Atlantik erreichbar, und damit ein konkretes Ziel einer Forschungsfahrt vor Augen gewesen wäre. Doch dazu später noch mehr.

Galeotto ist dankenswerter Weise noch einmal auf die Schiffsdiskussion ("Hochseetauglichkeit") eingegangen. Ich hatte am 13.Februar auf eine atlantische Schiffsbautradition aufmerksam gemacht, die uns bei Julius Cäsar in seiner Schilderung einer Seeschlacht mit den Venetern das erste Mal in den Quellen lebhaft und detailliert entgegentritt.
Es gibt Vermutungen, dass das römische Reich sehr schnell Schiffstypen und Bauweisen (etwa die Skelettbauweise) von der atlantischen, "keltischen" Schiffsbautradition adaptierte, ein schöner Beleg in den Quellen findet sich wieder bei Julius Cäsar im Bello civili (Lib.III.29.2-3): "Nachdem Antonius seine sämtlichen Truppen ausgeschifft hatte-im Ganzen drei Veteranen-und eine Rekrutenlegion nebst 800 Reitern, so ließ er die meisten Schiffe nach Italien zurückkehren, um das übrige Heer zu Fuß und zu Roß überzusetzen. Die Pontons aber, eine Art gallischer Schiffe (lat. quod est genus navium Gallicarum), behielt er in Lissus zurück..."
Auf einem berühmten Mosaik von Althiburos aus einer nordafrikanischen Villa aus dem 3.Jahrhundert AD, heute im Bardomuseum in Tunis, sind 23 verschiedene römische Schiffstypen abgebildet, darunter auch ein Typ, der mit Ponto gekennzeichnet ist.
(siehe link: Full image )
Dieser Ponto hat schon deutlich römische Züge angenommen, aber zeichnet sich noch durch die atlantische Hochbordigkeit aus. Lucan Phars.IV 130-131 schildert eine amphibische Operation von Julius Cäsar, wobei er mit Lederhäuten bespannte Boote benutzt "In solchen Booten befahren die Veneter den Po, wenn er über die Ufer getreten ist, und überqueren die Britannier den weiten Ozean" . Auch in diesem Zitat spiegelt sich die aufmerksame Wahrnehmung und Adaption fremder Schiffsbautraditionen durch die Römer.
Tacitus schildert später in den Annalen, wie Germanicus seine Flotte vorbereitet (Ann.2,6.), und diese den nautischen Bedingungen der Nordseeküste anpasst. Einige Passagen weiter erwähnt er, dass die mit den Gefahren des Meeres unvertrauten Soldaten das Schiffsvolk bei ihren Tätigkeiten störten, und die Verrichtungen der Erfahrenen unnütz machten (Ann.2,23). Wer war dieses Schiffsvolk? Johne stellt in
"Die Römer an der Elbe" die These auf (S.135-150), dass Tiberius vor seinem Eingreifen in den immensum bellum 4.n.Chr. in Bononia war, der Oberstadt von Gesoriacum, dem Hafen der Moriner in der Provinz Belgica, das heutige Boulogne sur Mer, später Liegeplatz der Classis Britannica, um nicht nur die Flotte zusammenzuziehen und auszurüsten, die im Folgejahr an der Operation in der Elbe zusammen mit dem Landheer agierte, sondern auch eine Forschungs - und Erkundungsfahrt bis zum Kimbernkap (Kap Skagen) zu organisieren und vorzubereiten: mit Hilfe erfahrener gallischer Schiffsleute. Wie weit sind die Römer bei dieser von Plinius und in der Res gestae des Augustus erwähnten Expedition vorgedrungen?
Erwähnen möchte ich hier ein bei Seneca überliefertes Fragment eines Gedichtes des Albinovanus Pedo (ja, genau der Reiterpräfekt des Germanicus 15.n.Chr.), dass eine nicht historisch verifizierbare Ozeanfahrt schildert, die sicher von Phyteas Schilderungen inspiriert ist. Eine Textanalyse von Silke Anzinger mit vielen Hintergrundinformationen hier: http://www.rhm.uni-koeln.de/158/Anzinger.pdf
Ich habe möglichst knapp zusammengefasst darstellen wollen, dass die römische Militärführung sehr rasch auf die effektivisten Ressourcen der unterworfenen Gentes zurückgegriffen hat, um in den ihnen unbekannten nautischen, klimatischen und geographischen Bedingungen handlungsfähig zu sein, und pragmatisch auf das Erfahrungswissen, dass in der atlantischen Schiffbautradition sich entwickelt hat, zu zugreifen, um auch den Ozean zu meistern. Der Oceanos sollte beherrscht werden, diese imperiale Selbstwahrnehmung spiegelt sich meiner Ansicht nach sehr gut in der Gemma Augustea, auf der der Oceanos rechts vom als Jupiter dargestellten Augustus am Bildrand präsentiert wird, neben der Oikumene. gemma augustea
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