Eisenminen, Ausbeute als Schmiedegut

Hand

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Hallo zusammen,

da mir Beiträge aus diesem Forum schon oft geholfen haben, möchte ich mich an dieser Stelle erstmal bei allen bedanken!
: )

Aber natürlich, habe ich auch eine Frage mitgebracht und mir ist klar, dass sie vermutlich nicht genau zu beantworten ist. Ich brauche aber auch nur grobe Daten, um nicht von völlig unrealistischen Werten auszugehen als Laie. Antike wäre mir am liebsten (z.B. Römisches Reich), aber wer dazu etwas aus dem Mittelalter weiß, nur her damit. ^^

Ich wüsste gerne, wie viel Schmiedegut eine Eisenmine jährlich ungefähr liefern konnte (mich interessiert also nicht primär die Erzmenge oder die Verhüttung, sondern die Endprodukte für welche die Mine betrieben wird).
Also ganz praktisch gedacht, wie viele Bewohner/Siedlungen (bzw. deren Handwerker usw.) sind dadurch mit Gebrauchsgütern ca. zu versorgen?

Wenn es um Rüstungsgüter geht: Wie viele Waffen/Rüstungen kann man mit der jährlichen Ausbeute ca. herstellen?
 
Ich bin mir nicht sicher, ob ich deine Frage richtig verstehe, denn wenn ich sie richtig vestehe, dann ist sie unbeantwortbar. Da jede Lagerstätte anders ist, und somit auch jedes Bergwerk, kann man nicht einmal annähernd Angaben darüber machen, wie viel verarbeitbares Erz eine Mine liefern kann. Man könnte allenfalls versuchen - aber selbst das ist ohne Quellen kaum möglich - zu ermitteln, was eine Einzelmine erwirtschaftet haben könnte. Das gälte aber nur für diese, nicht für die zwei Kilometer weiter. Man könnte das also nicht einmal hochrechnen.
 
Man könnte allenfalls versuchen - aber selbst das ist ohne Quellen kaum möglich - zu ermitteln, was eine Einzelmine erwirtschaftet haben könnte. Das gälte aber nur für diese, nicht für die zwei Kilometer weiter. Man könnte das also nicht einmal hochrechnen.

Ja, die Frage ist kaum zu beantworten. Zu "meiner" römischen Stahlhütte in Noricum liest man zum Beispiel:

Analysis of the volume of the slag by means of geophysical data interpretation may provide evidence for the total quantity of ore smelted. However, due to the complex situation on the Semlach‐Eisner site as a result of slag widely dispersed over the investigation area, an estimation of the total volume appears problematic.

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/arp.412


Das war allerdings eine riesige Industrieanlage, die sich über etliche Hektare erstreckte und wohl in erster Linie Top-Qualität für das Militär produzierte. Leichter abschätzen lässt sich, welche Erträge die dezentrale zivile Produktion etwa aus lokalem Raseneisenerz erbringen konnte. Hier könnte man ganz grob schätzen, dass etwa eine germanische Dorfgemeinschaft der Spätantike oder des frühen Mittelalters vielleicht 100 kg Eisen pro Jahr neben ihren sonstigen Arbeiten produzieren konnte. Aber auch das ist sehr über den Daumen gepeilt und vom Einzelfall abhängig.

Noch eine Videoempfehlung zur Verdeutlichung des Arbeitsaufwandes: Eisenverhüttung "ferrum noricum"
 
Vielen Dank für die Antworten! : )

@El Quijote
Dass die Ausbeute auch je nach Lagerstätte stark schwankt, hätte ich vermutlich nicht bedacht. Danke für den Hinweis.

@Divico
Danke für den Schätzwert, so tappt man nicht völlig im Dunkeln.
Bei "Dorfgemeinschaft" gehe ich von so ca. 1000 Leuten aus - oder ist das völlig falsch?

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Liege ich sehr daneben, wenn ich annehme, dass man im Durchschnitt ca 2Kg Eisen für ein Schwert benötigt? Oder ist das zu knapp bemessen, weil das Material verdichtet wird?
 
Danke für den Schätzwert, so tappt man nicht völlig im Dunkeln.
Bei "Dorfgemeinschaft" gehe ich von so ca. 1000 Leuten aus - oder ist das völlig falsch?
Ich fürchte, dass du da nach einem Strohhalm greifst. So verständlich es auch ist, dass du nach einer konkreten Angabe suchst. Die kann dir keiner geben.
 
Ich würde eher von 100 bis 300 ausgehen.
Diese Größenordnung schwebte mir auch vor.

Liege ich sehr daneben, wenn ich annehme, dass man im Durchschnitt ca 2Kg Eisen für ein Schwert benötigt? Oder ist das zu knapp bemessen, weil das Material verdichtet wird?
Eine Spatha, das typische Schwert bis zum frühen Mittelalter, wiegt etwa 1 kg. Allerdings benötigte man zur Herstellung neben recht einfach zu produzierendem Eisen auch Stahl, der meist teuer gehandelt werden musste, z.B. aus Noricum oder sogar aus Mittelasien— und man benötigte sehr viel Wissen und Erfahrung um die unterschiedlichen Materialien miteinander zu verfalten und zu verschweißen. Das konnte gewiss nicht jeder Dorfschmied. Nicht umsonst sind Schwerter die ersten bekannten Markenprodukte im frühen Mittelalter ("Ulfberht").

Der normale Dorfschmied wird daher wohl in erster Linie alltägliche Werkzeuge wie Hacken, Sensen, Äxte etc. hergestellt haben, die sich zum Teil auch kriegerisch nutzen ließen und hier einem schlechten Schwert überlegen waren, zumal jeder Bauer mit der Handhabung vertraut gewesen ist — im Gegensatz zu einem Schwert, dessen Beherrschung jahrelange zeitaufwändige Übung erfordert. Selbst im besten Fall würden daher von den oben spekulierten 100 kg Eisen pro Jahr wohl nur wenige Kilogramm tatsächlich in die Schwertproduktion geflossen sein.
 
Ich würde eher von 100 bis 300 ausgehen.
Diese Größenordnung schwebte mir auch vor.

Danke. : )

Der normale Dorfschmied wird daher wohl in erster Linie alltägliche Werkzeuge wie Hacken, Sensen, Äxte etc. hergestellt haben, die sich zum Teil auch kriegerisch nutzen ließen und hier einem schlechten Schwert überlegen waren, zumal jeder Bauer mit der Handhabung vertraut gewesen ist — im Gegensatz zu einem Schwert, dessen Beherrschung jahrelange zeitaufwändige Übung erfordert. Selbst im besten Fall würden daher von den oben spekulierten 100 kg Eisen pro Jahr wohl nur wenige Kilogramm tatsächlich in die Schwertproduktion geflossen sein.

Ja, das "Schwert" war auch ein recht beliebig gewähltes Beispiel, weil ich hierzu Gewischtsangaben gefunden hatte. Es ging mir einfach um die Verhältnismäßigkeit von eingesetztem Eisen zum Gewicht des Endproduktes.

Ich fürchte, dass du da nach einem Strohhalm greifst. So verständlich es auch ist, dass du nach einer konkreten Angabe suchst. Die kann dir keiner geben.

Keine Sorge, es geht mir ja nicht um eine wissenschaftliche Arbeit oder dergleichen. Und da ich immer wieder auf Themen stoße, bei denen ich überhaupt keine Ahnung habe, sind mir auch die gröbsten Schätzungen schon eine große Hilfe.
Ohne diese, könnte es sein, dass ich mich dermaßen verschätze, dass es einfach völlig unrealistisch wird.
Als Laie könnte man sich ja um den Faktor Hundert, Tausend oder schlimmer verschätzen, ohne es zu merken, wenn man schlicht rät.
 
Ja, das "Schwert" war auch ein recht beliebig gewähltes Beispiel, weil ich hierzu Gewischtsangaben gefunden hatte. Es ging mir einfach um die Verhältnismäßigkeit von eingesetztem Eisen zum Gewicht des Endproduktes.
Sobald die Schlacke einmal aus der Luppe herausgeschlagen war und mehr oder weniger reines Schmiedeeisen vorlag, dann wurde es sicher auch zu 100% verarbeitet, und wenn aus den letzten Resten noch Nägel oder ähnliches Kleinzeug geschmiedet wurde.
 
Demnach war die Metallherstellung getrennt vom eigentlich Schmiedeprozess. Auch örtlich.
Das trifft für die Eisen- und Stahlproduktion im großen Stil in der La-Tène- und Römerzeit wohl zu. So lag etwa der ausgedehnte Hüttenkomplex von Semlach auf 900 m an einem Berghang, sehr wahrscheinlich wegen des stärkeren Windes. Erz und Holzkohle mussten erst bergauf transportiert werden. Die Schmieden hingegen befanden sich im Tal.

Bei den Germanen der Spätantike finden wir aber auch Rennofen und Schmiede innerhalb von Bauernsiedlungen, wie etwa in Salzgitter-Lobmachtersen.

[PDF] Die germanische Siedlung und der Rennofen von Salzgitter-Lobmachtersen
 
Die Schmieden hingegen befanden sich im Tal.
Hier muss ich mich etwas korrigieren, da das erst seit der Mitte des 1. Jahrhunderts gilt, als man unter zunehmendem römischem Einfluss schließlich die Höhensiedlungen aufgab. Zuvor fand ein Teil der Weiterverarbeitung der Hüttenberger Erze wohl in der Stadt auf dem Magdalensberg statt.

Noch ein Literaturtipp:

Th. Stöllner, Der vor- und frühgeschichtliche Bergbau in Mitteleuropa bis zur Zeit der Merowinger. In: C. Bartels/R. Slotta (Hrsg.), Geschichte des deutschen Bergbaues I. Der alteuropäische Bergbau. Von den Anfängen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts (Münster: Aschendorf 2012) 25-110.
 
Weiterhin danke, für die Zusatzinformationen (und auch den Link). : )
Noch eine Korrektur: Mit meiner Schätzung von 100 kg Eisen pro Jahr war ich wohl etwas zu optimistisch.

Für Verhüttungsplätze der vorrömischen Eisenzeit auf dem Teltow südlich von Berlin hat man errechnet, dass während einer Verhüttungskampagne in sechs Ofengängen vielleicht 30 kg Schmiedeeisen erzeugt wurden. Aus der gesamten Schlacke über 300 Jahre Verhüttungstätigkeit ergibt sich allerdings, dass dies nur durchschnittlich etwa alle 5 Jahre geschah.

Bei 300 Jahren Besiedlungsdauer hieße das wiederum, dass nur alle fünf Jahre ein Ofen betrieben wurde. Es dürfte sich hier um eine Vorratsproduktion gehandelt haben.

Aus diesem Modell ergibt sich die Fragestellung, wie die Produktion organisiert war. Da für eine erfolgreiche Eisenverhüttung neben den entsprechenden Kenntnissen und Fertigkeiten, die zudem erst in einem längeren Lernprozess erworben werden müssen, auch langjährige Erfahrung und Routine notwendig sind, erscheint es kaum vorstellbar, dass die Bewohner der Siedlung die Eisenverhüttung allein durchführten. Es ist eher anzunehmen, dass mobile Spezialisten diese und andere Siedlungen des Teltow periodisch aufsuchten und die Eisenerzeugung als Auftragsarbeit leisteten. Die Bereitstellung der in erheblichen Mengen nötigen Rohstoffe in Form von Holzkohle und Raseneisenerz sowie die Beschaffung von Baumaterial für den Rennofen kann dabei nach Absprache schon längerfristig im Vorfeld durch die Bewohner der jeweiligen Siedlungen erfolgt sein. Diese kommen ebenso als Bedienungen der Blasebälge in Betracht. Die Leitung des Ofenbaus und der Eisenverhüttung an sich sowie die primäre Verarbeitung des Luppeneisens dürften bei den Spezialisten gelegen haben. Die am Bedarf orientierte Weiterverarbeitung des Eisens kann später durch einen vor Ort ansässigen Schmied vorgenommen worden sein.

Brumlich, Meyer, Lychatz: Archäologische und archäometallurgische Untersuchungen zur latènezeitlichen Eisenverhüttung im nördlichen Mitteleuropa. Praehistorische Zeitschrift 2012; 87(2): 433–473, p 462f
 
Alles klar; ja das mit den Spezialisten klingt sinnvoll bei solchen Arbeitsvorgängen. Ich danke ein weiteres Mal und notiere mir das gleich. : )
 
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