Ortsnamenkunde

Apropos Eiger: Wenn der Name erst in der Neuzeit auf den Gipfel übertragen worden wäre, würde mich das nicht im Geringsten wundern. Der Mont Blanc hieß noch im 18. Jahrhundert "Montaigne Maudite", die Zugspitze hieß noch bis um 1600 "Scharte", und das Matterhorn hieß im 16. Jh. "Augstalberg". Darunter lag das Mattertal - offensichtlich haben die Matten der Siedlung Zermatt, dem Tal und erst spät dem Berg den Namen gegeben.
Das ist ein gutes Argument — und es mag schon so sein, dass diese Bergnamen tatsächlich von den Namen der Wiesen stammen, im Fall Matterhorn sogar ganz sicher, wohl über den Umweg über den Ortsnamen Zer Matt, 'bei der Wiese'.

Nebenbei, was denkst Du über den romanischen Namen Cervin(us), stammt der eher vom Hirschen oder vom Nacken?

Einen großen Unterschied zwischen Matterhorn und Jungfrau sollten wir aber nicht übersehen. Die Jungfrau und ihre Begleiter sind im auch schon in der Antike recht dicht besiedelten Schweizer Mittelland (Aventicum, Brenodurum, Salodurum) bei günstigem Wetter weithin zu sehen und somit den Menschen immer präsent gewesen, insbesondere wenn nach getaner Arbeit die besonders eindrucksvolle Abendsonne auf sie fiel.

Das Matterhorn hingegen wurde die längste Zeit nur von Ziegenhirten und eiligen Reisenden über den allerdings auch zu Römerzeiten schon begangenen Theodulpass (ins Aostatal, daher der ältere Name Augsttalberg) wahrgenommen.
 
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Nebenbei, was denkst Du über den romanischen Namen Cervin(us), stammt der eher vom Hirschen oder vom Nacken?
Vielleicht weder - noch. Dia älteste mir bekannte Namenform auf der Carta Generale de stati di Sua altezza reale des italienischen Kartographen Borgonio (1680) ist "Monte Servino".
 
Vielleicht weder - noch. Dia älteste mir bekannte Namenform auf der Carta Generale de stati di Sua altezza reale des italienischen Kartographen Borgonio (1680) ist "Monte Servino".
Aha. Dazu lese ich in der englischen Wikipedia:

The French name Cervin, from which the Italian term Cervino derives, stems from the Latin Mons Silvanus (or Mons Sylvanus), where silvameans forest; this was corrupted to Selvin and then Servin. The change of the first letter "s" to "c" is attributed to Horace Bénédict de Saussure,[10] who thought the word was related to "deer" (French: cerf and Italian: cervo).[11]

Damit wäre der Übeltäter für den volksetymologischen Wechsel von 's' zu 'c' bekannt.
 
Einen großen Unterschied zwischen Matterhorn und Jungfrau sollten wir aber nicht übersehen. Die Jungfrau und ihre Begleiter sind im auch schon in der Antike recht dicht besiedelten Schweizer Mittelland (Aventicum, Brenodurum, Salodurum) bei günstigem Wetter weithin zu sehen und somit den Menschen immer präsent gewesen
... was nichts daran ändert, dass wir in der "Jungfrau" eine so unzweifelhaft deutsche Namenform vor uns haben, dass wir seit der Antike mindestens einen Namenswechsel annehmen müssen.

Das Vernünftigste, was ich im Internet bisher dazu gefunden habe; ist das hier:

https://www.google.de/url?sa=t&sour...FjAJegQIARAB&usg=AOvVaw0ritK4aZGdAQONg8dtDtKp
 
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Aha. Dazu lese ich in der englischen Wikipedia:

The French name Cervin, from which the Italian term Cervino derives, stems from the Latin Mons Silvanus (or Mons Sylvanus), where silvameans forest; this was corrupted to Selvin and then Servin. The change of the first letter "s" to "c" is attributed to Horace Bénédict de Saussure,[10] who thought the word was related to "deer" (French: cerf and Italian: cervo).[11]


Damit wäre der Übeltäter für den volksetymologischen Wechsel von 's' zu 'c' bekannt.
Wobei ich den Wiki-Angaben (wie meistens) nicht restlos traue. Das missing link ist hier die "korrumpierte" Form Selvin, für die mir ein Beleg fehlt.
 
Wobei ich den Wiki-Angaben (wie meistens) nicht restlos traue. Das missing link ist hier die "korrumpierte" Form Selvin, für die mir ein Beleg fehlt.
Man müsste halt schauen, wie es sich in der Romania der fraglichen Region mit der Entwicklung des Vokalismus verhält und ob/wann dort Rhotazismus des -l- vorkommt.
 
Weder benötigten die Griechen indische Hilfe für die Bildung ihrer -polis-Namen noch benötigten die Inder griechische Hilfe für die Bildung ihrer -pur-Namen.

Offensichtlich benötigten aber die Kelten indische Hilfe. Mir ist gerade ein sagenhafter Schmarren unter die Augen gekommen:

Karl Burkhardt aus Oberscherli stellte «neue und bahnbrechende Erkenntnisse» zur Etymologie der drei Orte in Aussicht.
...
Falsch liege, wer in Bremgarten einen einfachen Beerengarten vermute. In Indien gebe es die Stadt Bramapur und Brama heisse in indischer Sprache Gott, ergo könne es sich bei Bremgarten nur um einen Göttergarten handeln.
Haben es die Kelten so gewollt? | NZZ
 
Schon bei Konrad Kretschmer, Historische Geographie von Mitteleuropa, München/Berlin 1904, heißt es:

"Auf keinem Gebiet hat der Dilettantismus so viel Unheil gestiftet und die wissenschaftliche Arbeit erschwert als gerade auf dem der geographischen Namenkunde. Das Übereinstimmen eines geographischen Namens mit 1 - 2 Buchstaben irgend eines anderen Wortes der Sprache genügte manchem schon, und falls der sachliche Inhalt des Wortes sich dem Namen nicht anpassen wollte, mußte eine lebhafte Phantasie nachhelfen. Hierbei übersahen viele, daß auch die ehemalige Fassung der Namen zu berücksichtigen ist. Einen Namen wie Bodensee kann man nicht erklären, wenn man nicht weiß, daß der See nach einer kaiserlichen Pfalz im Mittelalter Bodmansee geheißen hat."

Historische Geographie von Mitteleuropa


Ich habe schon mal in anderem Zusammenhang (Sekten des 19. Jahrhunderts) einen Aufsatz von Karl Hohensinner verlinkt und zitiert. Wissenschaftliche Forschung tut sich schwer, sich in der Öffentlichkeit gegenüber einem ins Kraut schießenden Dilettantismus zu behaupten.

Immer mehr Personen erstellen Stammbäume, meist eine Form von Ahnenreihen. Irgendwann wollen sie Namenbedeutungen wissen. Sind ihnen keine wissenschaftlichen Zugänge möglich, so greifen sie meiner Erfahrung nach gerne nach keltophiler esoterischer Literatur. Wenn dies nur im privaten Rahmen geschieht, so mag das noch angehen, aber sehr oft wird schreiender Unsinn in die sogenannten „Heimatbücher“ (auch „Ortschroniken“ genannt) vorgeführt und in hoher Auflage unters Volk gebracht. Hier werden besonders Flurnamen in esoterischer Weise gedeutet. Man will „Kultplätze“ und „Kraftplätze“ orten.
...
Wie ich aus leidvoller Erfahrung weiß, ist die Autorenschaft meist, was das Kulturwissenschaftliche betrifft, beratungsresistent.
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Letztendlich wird das Förderverhalten von Gebietskörperschaften, zum Beispiel einer Ortsgemeinde oder eines Bundeslandes, beeinflusst und Politikern esoterischer Unsinn eingeflößt. Es kommt schließlich zur paradoxen Situation, dass Laien von Förderstellen gebeten werden, über wissenschaftliche Forschungen Gutachten zu erstellen, anstatt dass die Wissenschaft Gutachten über die Förderbarkeit von Laientätigkeit erstellt.
...
Was hier dem universitär Gebildeten wie eine Schrulligkeit überdrehter Heimatkundler erscheinen mag und möglicherweise nur ein herablassendes Lächeln entlockt, entfaltet eine gesellschaftliche Breitenwirkung, welche möglicherweise bereits stärker ist als die Rezeption akademischer Schriften. Es ist anzunehmen, dass dieser Unsinn seinen Weg in die Schulen findet.
...
Soweit ich es einschätzen kann, ist der Zenit dieser Entwicklung noch nicht erreicht. Das Buch von Inge Resch-Rauter ist nur ein Beispiel von mehreren. Auch der im 19. Jahrhundert tätige und bis in den Nationalsozialismus sehr einflussreiche deutschvölkische Esoteriker Guido von List steht wieder hoch im Kurs. Viele seiner Vorstellungen und Deutungen finden sich in der aktuellen esoterischen Literatur mehr oder weniger verhüllt wieder. Das Internet ist voll von Beiträgen und Angeboten, durch welche die deutschvölkische Esoterik propagiert und wiederbelebt wird.


https://stifterhaus.at/fileadmin/user_upload/Downloads/Aufsatz_Flurnamen_2015.pdf
 
Na, na, bitte nicht so hochnäsig – denn oft werden auch wissenschaftlichen Erkenntnisse von einst ad acta gelegt, z.B. wenn die gleichen Fakten neu gedeutet. Dann heißt es: Im Gegensatz zu früher ist man heute der Meinung, dass …

Eine wissenschaftliche „Erkenntnis“ wird oft so lange vertreten, bis sein Urheber stirbt – und wenn er ein Professor war, dauert das noch länger, weil seine Schüler seine Meinung weiter verteidigen.

Will sagen: Kaum ein Wissen ist wirklich von Dauer und irren ist menschlich, denn alle – also auch Laien - produzieren nach besten Wissen und Gewissen. Hoffentlich.
 
Na, na, bitte nicht so hochnäsig – denn oft werden auch wissenschaftlichen Erkenntnisse von einst ad acta gelegt

Wem sagst Du das? Ich kann mich gut an eine Ortsnamen-Diskussion erinnern, in der Dich auf Erkenntnisse berufen hast, die längst ad acta gelegt wurden. Wallfahrtsort, ein Jahrtausende altes Kontinuum?

Eine wissenschaftliche „Erkenntnis“ wird oft so lange vertreten, bis sein Urheber stirbt – und wenn er ein Professor war, dauert das noch länger, weil seine Schüler seine Meinung weiter verteidigen.
Sturköpfe gibt es überall. Ich kenne indes genug Beispiele, auch aus der Sprachwissenschaft, wo ein Wissenschaftler eine Hypothese aufgibt, weil sie nicht mehr zu halten ist. Und Schüler von Professoren bemühen sich in aller Regel, sich mit eigenen Forschungsergebnissen zu profilieren. Durch bloßes Nachbeten angestaubter Hypothesen verschafft man sich keine Reputation.

Bei alldem gilt aber:

Wissenschaftliche Erkenntnisse kann man nur durch wissenschaftliche Methoden gewinnen.

Es kommt zwar vor, die Wissenschaft einen neuen Anstoß durch einen intuitiven Geistesblitz erhält. Ein solcher Geistesblitz des Gelehrten Bedřich Hrozný lieferte z. B. den Schlüssel zur Übersetzung der bislang unverständlichen hethitischen Sprache.
Es ist aber immer nur strenge wissenschaftliche Methodik, die es am Ende erlaubt, zwischen Geistesblitzen und Hirnfürzen zu unterscheiden. Das gilt für "Laien" (die mitunter auch methodisch blitzsauber arbeiten) wie für "Professoren" (die mitunter auch Stuss zusammenlabern.)
 
"Der keltische Stamm der Laianken hat in Lienz, dessen Ortsname sprachwissenschaftlich auf den Namen des Stammes zurückgeführt werden kann, seine Spuren hinterlassen". las ich neulich:
Lienz: Klosterfrauenbichl gab auch heuer wieder faszinierende Funde frei - osttirol-heute.at

Das kam mir (um es mal "sprachwissenschaftlich" auszudrücken) doch etwas spanisch vor. Im grundsoliden Deutschen Ortsnamenbuch lese ich unter dem Stichwort Lienz:
"Der Name der Stadt, die an einer Krümmung der Drau liegt, w vor der Einmündung der von Norden kommenden Isel, ist auch so zu deuten, zu idg. *lonk- (zur idg Wurzel *lenk-/lonk 'biegen, krümmen') mit Suffix -īna über rom. *Loncīna und slaw. *Lǫčina entsteht ahd. *Luonzîna '(etwa) bogenförmig gekrümmte Gegend', mit Umlaut später Lüenz(e), das dann zur heutigen Form führt." Ein Zusammenhang mit den Laianken wird nicht einmal hypothetisch erwogen.

Die Rekonstruktion *Luonzîna scheint mir angesichts von Formen wie Luenzina, Luonzen etc. gut begründet, wie das nach sprachwissenschaftlichen Verfahren auf die Laianci zurückgeführt werden kann, ist mir schleierhaft.
Alles, was ich finde, ist das hier:
"Aufgrund ihres Namens sind sie [die Ambidravi] zweifellos als Bewohner des Drautales ausgewiesen. In Frage käme folglich das Drautal in Kärnten, weniger wahrscheinlich in Osttirol, wo als Nachbarn der im Pustertal lokalisierten Saevates - wegen der Ähnlichkeit ihres Stammesnamens mit dem modernen Ortsnamen Lienz? - die Laianci angesiedelt werden."
Das Umland Teurnias -Bevölkerungszusammensetzung und Siedlunsgeschichte , vgl. Archäologische Forschungen in Teurnia

Also mal wieder nur eine oberflächliche Namensähnlichkeit...
 
Da müsstest du dich aber auch mit Gerald Grabherr und Barbara Kainrath von der Uni Insbruck auseinandersetzen, die wollen nämlich in Lienz auf dem Klosterfraunebichl ein von der vorrömischen Eisenzeit bis in die römische Kaiserzeit kontinuierlich benutztes Stammesheiligtum der Laianken erfasst haben.
 
Da müsstest du dich aber auch mit Gerald Grabherr und Barbara Kainrath von der Uni Insbruck auseinandersetzen, die wollen nämlich in Lienz auf dem Klosterfraunebichl ein von der vorrömischen Eisenzeit bis in die römische Kaiserzeit kontinuierlich benutztes Stammesheiligtum der Laianken erfasst haben.
So steht es im verlinkten Text zu meinem ersten Zitat. Dass in Lienz die Laianken wohnten, wird da mit dem Hinweis auf "Sprachwissenschaft" und Ortsname begründet, und Sprachwissenschaftler sind die beiden leider nicht.
 
So steht es im verlinkten Text zu meinem ersten Zitat. Dass in Lienz die Laianken wohnten, wird da mit dem Hinweis auf "Sprachwissenschaft" und Ortsname begründet, und Sprachwissenschaftler sind die beiden leider nicht.
In deren eigenen Artikel auf der Seite der Uni Innsbruck steht's eben leider auch.
 
Nun habe ich die These in einem Aufsätzchen von 1904 gefunden. Da heißt es:
"... ließe sich Luenzina wohl aus Laiancina herleiten. Nur verlange man nicht eine lautgesetzliche Begründung, wie aus -aian- im Verlaufe von mehr als 1000 Jahren im Munde der Römer, Slaven und Deutschen -uen-, -ien- geworden ist."
Beiträge zur Tirolischen Namenforschung : Hintner, Val. (Valentin), 1843- : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive

Wenn für eine "Herleitung" auf wissenschaftliche Begründungen verzichtet werden muss, dann ist es halt keine wissenschaftlich begründbare Herleitung.
 
"Der Name der Stadt, die an einer Krümmung der Drau liegt, w vor der Einmündung der von Norden kommenden Isel, ist auch so zu deuten, zu idg. *lonk- (zur idg Wurzel *lenk-/lonk 'biegen, krümmen') mit Suffix -īna über rom. *Loncīna und slaw. *Lǫčina entsteht ahd. *Luonzîna '(etwa) bogenförmig gekrümmte Gegend', mit Umlaut später Lüenz(e), das dann zur heutigen Form führt."

Gerade habe ich vor mir: Eberhard Kranzmeyer, Einige Osttiroler Ortsnamenprobleme, in: Lienzer Buch - Beiträge zur Heimatkunde von Lienz und Umgebung, Innsbruck 1952

Da schreibt er:
"Für die Deutung ist allein Luonzîna maßgebend. Die beliebte sprachliche Ableitung von Laianci, dem Namen eines Volksstammes, der zur Römerzeit in unserer Gegend gewohnt hatte, scheitert leider an lauthistorischen Hindernissen. Dann bleiben vor allem zwei Erklärungsmöglichkeiten übrig, eine jüngere aus dem Slawischen und eine ältere aus dem Keltischen. Sachlich ist die zweite die bessere Auslegung. - Altslaw. lončina würde als Ableitung von lonka (die Sumpfwiese) soviel wie 'die Gegend der Sumpfwiesen' bedeuten. Diese Deutung würde zwar insoweit zum Landschaftsbild passen, als es unmittelbar vor Lienz an der Drau tatsächlich solche 'saure' Wiesen gibt; vor der Drauregulierung dürften diese Mooswiesen einen viel größeren Umfang gehabt haben als heute. Indessen ziehen sich solche Sumpfwiesen in ähnlicher Breite die Drau entlang flußabwärts bis weit nach Kärnten hinein. Sie fallen daher dem Wanderer, der von Osten die Drau aufwärts kommt, nicht auf. Diesen Weg müssen aber die einwandernden Slowenen tatsächlich gezogen sein. Dür sie waren daher die nassen Lienzer Talböden kaum eine besondere Merkwürdigkeit
[...]
Ein eigenständiges altslowenisches lončina könnte nicht nur als die Sumpfwiesengegend oder als Lehnform aus dem Romanischen, sondern auch als usnere gekrümmte Gegend verstanden werden, sofern man es nämlich vom aaltslawischen Wort lonku , das ist der Bogen, ableitet; dieses lonku gehört ebenfalls zur vorhin erwähnen indogermanischen Wortwurzel lenq."
[Die unterstrichenen Buchstaben n und u sind im Originaltext hochgestellt.]
 
Wo ich gerade mit römisch-alemannischer Siedlungskontunuität in Bayerisch-Schwaben beschäftige, finde ich die Geschichte des Namens von Schwabmünchen erwähnenswert:

Die römische Töpfersiedlung Rapis wurde laut Wiki Anfang des 5. Jahrhunderts aufgegeben, der Name geriet in Vergessenheit.
Im 6. Jahrhundert gründeten Alemannen eine neue Siedlung, die im 10. Jahrhundert als Mantahinga erwähnt wird und demach auf die Leute eines Dorfhäuptlings Manticho zurückgeht.
Nun wurde etwa gleichzeitig nur ca. 20 km entfernt, aber auf der rechten Seite des Lech, eine zweite Siedlung desselben Namens gegründet.
Die Namen änderten ihre Lautung im Lauf der Jahrunderte (Mantechingen > Menchingen), blieben aber stets gleichlautend. Um die Siedlungen voneinander zu unterscheiden, nannte man den links, auf der "schwäbischen" Seite des Lechs liegenden Ort "Schwabmenching(en)", den rechts, auf der "bayerischen" Seite des Lechs liegenden Ort "Bayermenching(en)".
Im 16./17. Jahrhundert entwickelte sich die Aussprache auseinander: Aus dem bayrischen Menching wurde Merching, aus dem schwäbischen Menching wurde Menchen.

Das Bayer-Merching war nun unverwechselbar geworden und konnte seinen ersten Namensbestandteil wieder abstoßen.

Im Falle des Schwab-Menchen entstand dagegen eine neue Verwechslungsgefahr: Es war nun mit der bayerischen Hauptstadt München gleichlautend (das -ü- wird in der schwäbischen Aussprache zu -e-), weswegen der "Schwab"-Zusatz nach wie vor unverzichtbar war. Und damit auch Nichtschwaben wissen, womit man Schwabmenchen nicht verwechseln darf, wurde die amtliche Schreibweise Schwabmünchen gebräuchlich.
 
Zum Thema "Alt(en)dörfer" und "Alt(en)städte":

In manchen Fällen hatten diese Orte einen Namen, der dann auf eine später gegründete Siedlung überging

Direkt neben Nofels liegt der Ort Altenstadt, der früher Feldkirch hieß. Die deutsche Bezeichnung Feldchiricha/Feldchirichun ist bereits im 9. Jahrhundert nachweisbar. Nach der Gründung der neuen Stadt (Markt- und Stadtrechte vor 1218), auf die der alte Name Feldkirch übertragen wurde, wurde die alte Siedlung "Altenstadt" genannt.

Dasselbe ist der Fall bei Altenstadt bei Schongau. Hier lässt sich der Prozess urkundlich ziemlich genau verfolgen. Die ursprüngliche Siedlung wird im 11. und 12. Jahrhundert urkundlich als Scongova/Sconingaw/Scongowe/Schongev erwähnt. Im frühen 13. Jahrhundert wurde zwei Kilometer entfernt eine neue Siedlung gegründet; die meisten Bürger zogen um, einige Bauern blieben am alten Ort wohnen. Nun wird in Urkunden zwischen dem "alten" und dem "neuen" Schongau unterschieden: 1253 ad veterem civitatem Schongau, 1289 in antiqua ciuitate Schongaw, 1311 ze der Alten Stat zu Schongav (mit kleinem e über dem v), 1345 in der alten und der niwen stat ze Schongaw (mit kleinem e über dem w), daneben heißt es schon 1312 einfach ze der Alten Stat, 1474 ist daraus ein selbständiger Name Altenstatt geworden.

Ein ähnlich gelagerter Fall:

Im Fall Altendorf (Schwyz) ist das sogar nachweisbar, denn das Dorf hieß ursprünglich Ratprechtswilari > Rahprehteswilare. Nun entstand aber am anderen Ufer des Sees ein gleichnamiges Dorf (das heutige Rapperswil), so dass man die alte Siedlung zur Unterscheidung Altenrahprehteswilare genannt hat. Das war manchen wohl zu umständlich, so setzte sich die einfachere Bezeichnung Altendorf durch.

Es kann auch sein, dass Reste einer früheren Besiedlung zur Benennung einer neuen Siedlung Anlass gaben. Das wird im Fall von Altenstadt im Wetteraukreis vermutet. Als hier die fränkischen Neusiedler wohl im 6./7. Jahrhundert (erste urkundliche Erwähnung 767) ankamen, dürften die Ruinen des römischen Limeskatells noch sichtbar gewesen sein.

(Und dann gibt es noch "Alt"-Namen, die ursprünglich nichts mit "alt" zu tun haben, nachweisbar im Fall Altshausen, das im 11. Jahrhundert noch Al(e)shusen hieß.)
 
Zum Thema "Alt(en)dörfer" und "Alt(en)städte":
Im nebenan diskutierten Fall Altdorf in Uri erklärt sich der Name dadurch, dass der namentlich unbekannte antike Hafenort verlandete und Fischer und Fährleute dem Seeufer folgend immer weiter nach Norden zogen — zurück blieb das alte Dorf, dessen Namen man längst vergessen hatte.
 
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