Der Rassebegriff biologisch und politisch

Mit der Definition hat das nichts zu tun. Man muss sich damit nicht beschäftigen, weil wegen der Unwissenschaftlichkeit der Begriff als rein polemisch, irrational und zweckdienlich nur für Missbrauch angesehen wird:

Die Irrationalität des Begriffs und damit seine Anfälligkeit für pseudowissenschaftliche Theorien von der Höherwertigkeit und der Minderwertigkeit bestimmter Gruppen hat Dürig eindringlich formuliert:: ‚Rasse‘ iSd Art. 3 Abs. 3 ist also ein ‚polemischer‘ Begriff, dh er antwortet auf den kulturell-sozial bestimmten Rassenbegriff, aus dem ein Überlegenheitsanspruch hergeleitet wurde. Diese Ableitung war, wie dargelegt, vom naturwissenschaftlichen Standpunkt ‚irrational‘. Folgerichtig ist auch das Rassenmerkmal des Art. 3 Abs. 3 in diesem Sinne ‚irrational‘.

Diese ursprüngliche Intention ist nicht mehr/kaum noch bewusst.

Wir haben eine neue Wahrnehmung/Perzeption der Formulierungen.
 
@silesia,
so wie ich das verstehe entstammt das einem Kommentar (Maunz / Dürig), der u.a. dadurch notwendig ist,
dass die Verfassung selbst den "irrationalen" Begriff der Rasse in eine Reihe mit gänzlich rationalen Begriffen (Geschlecht, Abstammung, Sprache) stellt.
Die "Irrationalität" wäre dann auch unkommentiert erkennbar, wenn man den Begriff "Rasse" im GG umgehen würde, wie es Heribert Prantl vorschlägt:
"Niemand darf aus rassistischen Beweggründen benachteiligt werden." So könnte die neue Formulierung lauten.
Das Wort "Rasse" gehört nicht ins Grundgesetz

Denn es unbefriedigend, wenn man hier einen Kommentar (im Genannten mehr als 15.000 Seiten) braucht, der im Gegensatz zum GG nicht festgeschrieben ist.
 
so wie ich das verstehe entstammt das einem Kommentar (Maunz / Dürig), der u.a. dadurch notwendig ist,
dass die Verfassung selbst den "irrationalen" Begriff der Rasse in eine Reihe mit gänzlich rationalen Begriffen (Geschlecht, Abstammung, Sprache) stellt.
Gänzlich rational sind die anderen Begriffe nicht. Abstammung und Herkunft lassen sich fast genauso leicht dekonstruieren wie Rassezugehörigkeit. Ebensogut ließe sich die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht oder einer Sprachgemeinschaft dekonstruieren.
Hinzu kommt, dass der Rassebegriff in seiner Entstehung auch nie als rein biologisch-naturwissenschaftlich bestimmt war oder vesrtanden wurde, sondern immer auch die Religions- und Kulturzugehörigkeit eine wesentliche Rolle, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle spielte.

Für den juristischen Umgang mit dem Rassebegriff in der westdeutschen Nachkriegszeit darf die Rechtsprechung zur Entschädigung bzw. Nichtentschädigung der im Nationalsozialismus als "Zigeuner" verfolgten Sinti und Roma gelten. So entschieden bundesdeutsche Richter in den 1950er und 1960ern, die "Zigeuner" seien nicht aus rassistischen Gründen verfolgt gewesen, sondern vielmer als Kriminelle "Asoziale" - d.h. zurecht verfolgt und nicht aus rassisch-ideologischen Gründen.
https://www.bpb.de/apuz/33275/ns-verfolgung-von-zigeunern-und-wiedergutmachung-nach-1945

Der Fall zeigt meines Erachten die unterschiedliche Wertung von Diskriminierung zwischen irrationalen und rationalen Merkmalen. Die damaligen Richter hielten die Verfolgung der "Zigeuner" für rational begründet, "Asozialität" und "Wandertrieb" hielten sie für die tatsächliche Merkmale und eben nicht für rassistische Zuschreibungen.
Dass die entsprechenden Urteilsbegründungen in der Rückschau selbst als rassistisch gelten, ändert natürlich die Bewertung vollkommen.

"Niemand darf aus rassistischen Beweggründen benachteiligt werden."
Ein ideologischer Beweggrund setzt eine subjektive Entscheidung voraus. Auch strukurellen Rassismus war diese Formulierung kaum anwendbar.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hab jetzt nicht die ganze Diskussion hier durchgelesen. Auf die Gefahr hin, den Gesprächsfaden dieses Threads rüde zu unterbrechen, eine einfache Frage. Im Grundgesetz-Artikel 3 heißt es ja:
"Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, ... benachteiligt oder bevorzugt werden..."
Warum kann man "seiner Rasse" nicht einfach ersatzlos streichen? Wenn jemand nicht wegen seiner Abstammung benachteiligt werden darf, kann er doch gar nicht mehr wegen seiner "Rasse" benachteilgt werden (ob es die gibt oder nicht), damit ist das doch eigentlich überflüssig, oder?
 
Ich hab jetzt nicht die ganze Diskussion hier durchgelesen. Auf die Gefahr hin, den Gesprächsfaden dieses Threads rüde zu unterbrechen, eine einfache Frage. Im Grundgesetz-Artikel 3 heißt es ja:
"Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, ... benachteiligt oder bevorzugt werden..."
Warum kann man "seiner Rasse" nicht einfach ersatzlos streichen? Wenn jemand nicht wegen seiner Abstammung benachteiligt werden darf, kann er doch gar nicht mehr wegen seiner "Rasse" benachteilgt werden (ob es die gibt oder nicht), damit ist das doch eigentlich überflüssig, oder?
Ich würde meinen, weil das vorraussetzen würde, dass ein wie auch immer gearteter "Rassebegriff" stringent rein auf die Abstammung zielen würde.
Machen wir mal ein Gedankenexperiment:

Wie wäre im NS wohl eine Person behandelt worden, die nach NS-Abstammungskriterien ohne Probleme ihren Ariernachweis bekommen hätte und dann aus irgendwelchen persönlichen Überzeugunen oder, sagen wir heiratstaktisches Überlegungen zum Judentum konvertiert ist?

Davon ausgehend, dass das Judentum vom NS als "Rasse" definiert wurde, müsste diese Person damit ja dieser Rasse zugerechnet worden sein, ohne dass es da eine abstammungstechnische Verbindung gibt.
 
Ich hab jetzt nicht die ganze Diskussion hier durchgelesen. Auf die Gefahr hin, den Gesprächsfaden dieses Threads rüde zu unterbrechen, eine einfache Frage. Im Grundgesetz-Artikel 3 heißt es ja:
"Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, ... benachteiligt oder bevorzugt werden..."
Warum kann man "seiner Rasse" nicht einfach ersatzlos streichen? Wenn jemand nicht wegen seiner Abstammung benachteiligt werden darf, kann er doch gar nicht mehr wegen seiner "Rasse" benachteilgt werden (ob es die gibt oder nicht), damit ist das doch eigentlich überflüssig, oder?

Ich denke auch Abstammung wird nicht reichen. Ein Mensch kann ja von Deutschen abstammen und selbst Deutscher aber zugleich dunkelhäutig sein. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wird er wegen seiner Hautfarbe irgendwann diskriminiert werden. Die Abstammung interessiert da keinen.
 
Davon ausgehend, dass das Judentum vom NS als "Rasse" definiert wurde, müsste diese Person damit ja dieser Rasse zugerechnet worden sein, ohne dass es da eine abstammungstechnische Verbindung gibt.

Wenn Rassismus nichts mit Verwandtschaft zu tun haben muss, weiss man doch überhaupt nicht mehr, was Rassismus sein soll und der Begriff ist nicht mehr zu gebrauchen.
 
Wie oben erklärt, sind Diskriminierung wegen Abstammung und Rassismus zwei paar Schuhe.
Wenngleich Überschneidungen nicht ausgeschlossen sind, was allerdings unbedeutend ist:

Beispiel zur Abstammung: Diskriminierung wegen unehelicher Geburt.
Dass dies mit Rassismus nichts zu tun hat, muss wohl nicht weiter erklärt werden.
 
Ich würde meinen, weil das vorraussetzen würde, dass ein wie auch immer gearteter "Rassebegriff" stringent rein auf die Abstammung zielen würde.
Machen wir mal ein Gedankenexperiment:

Wie wäre im NS wohl eine Person behandelt worden, die nach NS-Abstammungskriterien ohne Probleme ihren Ariernachweis bekommen hätte und dann aus irgendwelchen persönlichen Überzeugunen oder, sagen wir heiratstaktisches Überlegungen zum Judentum konvertiert ist?

Davon ausgehend, dass das Judentum vom NS als "Rasse" definiert wurde, müsste diese Person damit ja dieser Rasse zugerechnet worden sein, ohne dass es da eine abstammungstechnische Verbindung gibt.
So wie ich das verstehe, war nicht die Religionszugehörigkeit ausschlaggebend für die Diskriminierung, sondern eine willkürliche Zuordnung zu einer "Rasse", die als solche mit Absicht unklar definiert war, sich jedoch häufig auf kirchliche Aufzeichnungen stützte.
Es gab auch den Begriff "weißer Jude", der nicht auf die Abstammung zielte, sondern auf eine Geisteshaltung die als "jüdisch" eingestuft wurde.
Ein sehr prominentes Beispiel hierfür ist Heisenberg, der Himmler selbst, schließlich erfolgreich, um eine Entlastung bemühen musste.
Heisenberg hatte es gewagt der "Deutschen Physik" zu widersprechen, und die Relativitätstheorie des "Juden" Einstein für zutreffend darzustellen. Damit war sein Leben in Gefahr.

Das Muster ist willkürlich und fast beliebig.
Es kann letztlich auf jeden angewandt werden.
Und wenn es gelingt eine postulierte Gruppe von Menschen unwidersprochen zu terrorisieren, dann kann man es alsbald mit allen machen.
 
Wie oben erklärt, sind Diskriminierung wegen Abstammung und Rassismus zwei paar Schuhe.

Beispiel zur Abstammung: Diskriminierung wegen unehelicher Geburt.
Dass dies mit Rassismus nichts zu tun hat, muss wohl nicht weiter erklärt werden.

Diskriminierung wegen Abstammung deckt halt beides ab: Diskriminierung unehelicher Kinder und Diskriminierung von, beispielsweise, Menschen aus Afrika. Das scheint mir zumindest logisch.
 
So wie ich das verstehe, war nicht die Religionszugehörigkeit ausschlaggebend für die Diskriminierung, sondern eine willkürliche Zuordnung zu einer "Rasse", die als solche mit Absicht unklar definiert war, sich jedoch häufig auf kirchliche Aufzeichnungen stützte.
Es gab auch den Begriff "weißer Jude", der nicht auf die Abstammung zielte, sondern auf eine Geisteshaltung die als "jüdisch" eingestuft wurde.
Ein sehr prominentes Beispiel hierfür ist Heisenberg, der Himmler selbst, schließlich erfolgreich, um eine Entlastung bemühen musste.
Heisenberg hatte es gewagt der "Deutschen Physik" zu widersprechen, und die Relativitätstheorie des "Juden" Einstein für zutreffend darzustellen. Damit war sein Leben in Gefahr.

Das Muster ist willkürlich und fast beliebig.
Es kann letztlich auf jeden angewandt werden.
Und wenn es gelingt eine postulierte Gruppe von Menschen unwidersprochen zu terrorisieren, dann kann man es alsbald mit allen machen.
Geltungsjude – Wikipedia

In der genannten Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz wird die Gruppe der später sogenannten Geltungsjuden im § 5(2) definiert:

Als Jude gilt auch der von zwei jüdischen Großeltern abstammende jüdische Mischling,
a) der […] der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört …
b) der beim Erlass des Gesetzes mit einem Juden verheiratet war […],

c) der aus einer Ehe mit einem Juden […] stammt, die nach dem […] 15. September 1935 geschlossen ist (Anm.: Dadurch war eine Umgehung durch Eheschließung im Ausland unmöglich / für Österreich galt ein anderer Stichtag)
d) der aus dem außerehelichen Verkehr mit einem Juden […] stammt und nach dem 31. Juli 1936 außerehelich geboren wird.
Zugegeben, mit dem "Ariernachweis" lag ich gerade ins Kraut geschossen etwas daneben.
Nur, wenn man sich das anließt, war, mindestens, was "Mischlinge" angeht, den Nazis eben nicht allein die Abstammung entscheidend für eine rassistische Qualifizierung als "Jude", sondern lediglich notwendiges Kriterium.

Wenn aber die Abstammung allein nicht hinreichend ist (gemessen an historischen Beispielen) und somit nicht deckungsgleich mit der Konstruktion rassischer Zugehörigkeit, ergibt sich dadurch, dass "Herkunft" das Kriterium "Rasse" nicht automatisch mit abdeckt.


Wenn Rassismus nichts mit Verwandtschaft zu tun haben muss, weiss man doch überhaupt nicht mehr, was Rassismus sein soll und der Begriff ist nicht mehr zu gebrauchen.

Es ist jedenfalls, wenn man historische Beispiele, wie oben die Kategorie des "Geltungsjuden" heranzieht, nicht zwangsläufig deckungsgleich gewesen, in den entsprechenden historischen Ausführungen.

Darüber hinaus ist der "Rassebegriff" ja schon auch etwas älter, als das 20. Jahrhundert und gerade bei im 19. Jahrhundert gängigen "Rassevorstellungen", spielen da noch ganz massiv vermischungen religiöser und pseudobiologistischer Kategorien mit hinein.
 
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Diskriminierung wegen Abstammung deckt halt beides ab: Diskriminierung unehelicher Kinder und Diskriminierung von, beispielsweise, Menschen aus Afrika. Das scheint mir zumindest logisch.

Ist es aber nicht. Es kann sich überschneiden, muss es aber nicht.

Rassismus wird rechtlich nicht nur auf Diskriminierung wegen Abstammung ("natürliche biologische Beziehungen zu Vorfahren") bezogen, sondern zielt auf alle weiteren irrationalen "Gruppierungen" ab.

Dass sich Rassisten gerne auf Abstammungsmodelle beziehen, wie man an dem Nazi-Rassenwahn ablesen kann, macht das Kriterium Abstammung nicht rechtlich brauchbar für Untersagung.

Würde man das für genügend halten, müsste man im Urteil den rassistischen Konzepten folgen und zubilligen, dass diese irgendwie gearteten natürlich-gegebenen Abstammungskonzepten folgen würden. Dem folgt man gerade nicht.

Alle Konventionen zählen daher neben Abstammungsdiskriminierung (biologisch nachvollziehbarer Diskriminierung) auch Rassediskriminierung (biologisch nicht nachvollziehbare, unwissenschaftliche/irrationale Diskriminierung) auf.
 
Wenn aber die Abstammung allein nicht hinreichend ist (gemessen an historischen Beispielen) und somit nicht deckungsgleich mit der Konstruktion rassischer Zugehörigkeit, ergibt sich dadurch, dass "Herkunft" das Kriterium "Rasse" nicht automatisch mit abdeckt.

Eben.

Genau deshalb arbeiten international die Menschenrechtskonventionen (zB CERD) bzgl. untersagter Diskriminierung neben Abstammung mit auch mit dem Rassebegriff.
 
Geltungsjude – Wikipedia
In der genannten Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz wird die Gruppe der später sogenannten Geltungsjuden im § 5(2) definiert:

Als Jude gilt auch der von zwei jüdischen Großeltern abstammende jüdische Mischling,
a) der […] der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört …
b) der beim Erlass des Gesetzes mit einem Juden verheiratet war […],

Insoweit unter dem Nationalsozialismus neben der Abstammung auch noch die Religionszugehörigkeit eine Rolle spielte, war das nach Artikel 3 des Grundgesetzes auch noch eine Benachteiligung aufgrund des Glaubens.

Wenn es einen Rassismus auch ohne den Bezug zu Verwandtschsftsverhältnissen und Abstammung gibt, kann es im Einzelfall schwer sein, ihn zu erkennen. Bei den Nazis ist der Fall natürlich klar. Ansonsten muss man sich wohl auf Fachleute verlassen.
 
Nach dem Konzept der "Entartung" innerhalb der NS-Rassenlehre wurden auch Menschen unabhängig von ihrer Abstammung im Namen der Rassenhygiene verfolgt. Dies betraf Menschen, die aufgrund ihrer Abstammung zwar die kruden Kriterien für "deutschblütig" und "arisch" erfüllten, aber psychische Erkrankungen oder als "asozial" aufgefasste Verhaltensweisen aufwiesen, die als Erbkrankheiten verstanden wurden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn Rassismus nichts mit Verwandtschaft zu tun haben muss, weiss man doch überhaupt nicht mehr, was Rassismus sein soll und der Begriff ist nicht mehr zu gebrauchen.
Insoweit unter dem Nationalsozialismus neben der Abstammung auch noch die Religionszugehörigkeit eine Rolle spielte, war das nach Artikel 3 des Grundgesetzes auch noch eine Benachteiligung aufgrund des Glaubens.

Wenn es einen Rassismus auch ohne den Bezug zu Verwandtschsftsverhältnissen und Abstammung gibt, kann es im Einzelfall schwer sein, ihn zu erkennen. Bei den Nazis ist der Fall natürlich klar. Ansonsten muss man sich wohl auf Fachleute verlassen.

Die Aspekte Glauben und Abstammung greifen so auch nicht, weil sie, wenn man sich an den NS hält, nicht grundsätzlich ausschlaggebend waren, sondern nur in bestimmten Konstellationen.

Wie aufgezeigt, konnte ein Bekenntnis zum jüdischen Glauben ausschlaggebend für eine Klassifizierung als "Geltungsjude", während aber bei einer Abstammung von mehr als 2 als "jüdisch" klassifizierten Großeltern, eine Nichtzugehörigkeit zur jüdischen Glaubensgemeinschaft, eine Kategorisierung der betroffenen Person als "jüdisch" nicht verhinderte.
Das Problem, wenn man sich den NS anschaut, was den Rassismus gegenüber als jüdisch eingstuften Personen angeht, ist, dass je nach Lagerung des Falls entweder auf pseudobiologische oder religiöse oder soziale Motive (b, die Ehe mit einer als "jüdisch" eingestuften Person als Kriterium) zurückgegriffen und mit diesen durcheinander argumentiert wurde, ohne eines davon wirklich stringent anzuwenden.

Die Regelung im Fall von Geltungsjuden zeigt auf, das Herkunft nicht zwangsläufig ausschlaggebend war, das Beispiel einer sich nicht zum jüdischen Glauben bekennenden Person mit 3 jüdische Großelternteilen, zeigt auf, dass auch religiöse Zugehörigkeit kein scharfes Trennkriterium war und die Unterschiedliche Behandlung jüdisch-stämmiger Menschen und "Deutschblütiger", im Fall einer Ehe mit einer jüdischen Person, zeigen auch, dass soziale Konstellationen da kein scharfes Messer hinsichtlich einer sauberen Trennung darstellten.

Insofern wurden im NS Personen weder orriginär wegen ihrer Abstammung, noch wegen ihrer Religion per se rassistisch so klassifiziert, wie sie klassifiziert wurden, sondern auf Grund bestimmter Konstellationen, die sich aus diesen Kriterien ergeben konnten.

Deswegen deckt weder "Herkunft", noch "Religionszugehörogkeit" die Thematik "Rasse", wie man sie aus historischen Erfahrungen schonmal hatte, erschöpfend ab.
 
Nach dem Konzept der "Entartung" innerhalb der NS-Rassenlehre wurden auch Menschen unabhängig von ihrer Abstammung im Namen der Rassenhygiene verfolgt. Dies betraf Menschen, die aufgrund ihrer Abstammung zwar die kruden Kriterien für "deutschblütig" und "arisch" erfüllten, aber psychische Erkrankungen oder als "asozial" aufgefasste Verhaltensweisen aufwiesen, die als Erbkrankheiten verstanden wurden.

Kommen auf der anderen Seite auch noch die Volkslisten 3 und 4 hinzu, die das Konzept der Abstammung ja mitunter auch ad absurdum führten.
 
Nach dem Konzept der "Entartung" innerhalb der NS-Rassenlehre wurden auch Menschen unabhängig von ihrer Abstammung im Namen der Rassenhygiene verfolgt. Dies betraf Menschen, die aufgrund ihrer Abstammung zwar die kruden Kriterien für "deutschblütig" und "arisch" erfüllten, aber psychische Erkrankungen oder als "asozial" aufgefasste Verhaltensweisen aufwiesen, die als Erbkrankheiten verstanden wurden.

Das ist wohl ein Argument, muss ich zugeben.
 
Mit der Definition hat das nichts zu tun. Man muss sich damit nicht beschäftigen, weil wegen der Unwissenschaftlichkeit der Begriff als rein polemisch, irrational und zweckdienlich nur für Missbrauch angesehen wird:

Die Irrationalität des Begriffs und damit seine Anfälligkeit für pseudowissenschaftliche Theorien von der Höherwertigkeit und der Minderwertigkeit bestimmter Gruppen hat Dürig eindringlich formuliert:: ‚Rasse‘ iSd Art. 3 Abs. 3 ist also ein ‚polemischer‘ Begriff, dh er antwortet auf den kulturell-sozial bestimmten Rassenbegriff, aus dem ein Überlegenheitsanspruch hergeleitet wurde. Diese Ableitung war, wie dargelegt, vom naturwissenschaftlichen Standpunkt ‚irrational‘. Folgerichtig ist auch das Rassenmerkmal des Art. 3 Abs. 3 in diesem Sinne ‚irrational‘.

Diese ursprüngliche Intention ist nicht mehr/kaum noch bewusst.

Wir haben eine neue Wahrnehmung/Perzeption der Formulierungen.

dazu aktuell:
Christine Lambrecht: Justizministerin will Begriff "Rasse" im Grundgesetz ersetzen - DER SPIEGEL - Panorama
 
Wie oben erklärt, sind Diskriminierung wegen Abstammung und Rassismus zwei paar Schuhe.
Wenngleich Überschneidungen nicht ausgeschlossen sind, was allerdings unbedeutend ist:

Beispiel zur Abstammung: Diskriminierung wegen unehelicher Geburt.
Dass dies mit Rassismus nichts zu tun hat, muss wohl nicht weiter erklärt werden.

Da muss ich dir widersprechen. Auch nichteheliche Kinder stammen von Vater und Mutter ab. Die Diskriminierung nichtehelicher Kinder (die zum Glück sehr nachgelassen hat) hat moralische und religiöse (Vor-)Urteile als Grundlage und nicht die Abstammung. Deshalb wurde für juristische und amtliche Zwecke das zu sehr nach unehrlich klingende Adjektiv unehelich durch nichtehelich ersetzt.
Grund für die Abwertung wegen "Unehrenhaftigkeit" ist nicht, dass die Eltern Ganoven sind, sondern die fehlende Ehe zwischen beiden. "Stützen der Gesellschaft" konnten es sich uU leichter "richten", aber die moralische Verurteilung war grundsätzlich die gleiche.

"Abstammung" ist im Zusammenhang mit Diskriminierung die leichter "objektivierbare" Variante der "Rasse". Die Nazis haben zwar dauernd von "arischem" und "nichtarischem" Blut gefaselt. Weil sich das aber bekanntlich nicht durch einen Bluttest unterscheiden lässt, griffen sie für ihre "Ariernachweise" auf die amtlich dokumentierte Abstammung zurück.
 
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