Was wurde im Mittelalter gegessen?

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Hatte vor, heute mal etwas bei „Gargantua und Pantagruel“ betreffs Essen im Mittelalter zu stöbern. Da liest man ja viel übers essen.
Ich meine >François Rabelais< seine 5 Bände, die ja 1532, 1534, 1545, 1552 und 1564 erschienen sind.

In der DDR wurden diese bei „Rütten & Loening Leizig“ herausgegeben. Ich habe da die 1. Auflage 1970 als Lizenzausgabe vom „Winkler-Verlag München“.
Aber dann sagte ich mir, in dieser Zeit hatte man möglichererweise eine ganz andere Bezeichnung/Namen für diese und jene Speise. So z.B. 1. Buch, Kapitel 38: „Wie Gargantus sechs Pilgrime im Salat aß“.

Und so habe ich mich mal im Netz etwas umgeschaut.

Da gibt es doch auf der „Karl Franzens Uni" in Graz einen Verein der sich mit kulinarischen des Mittelalter beschäftigt. Sein Name „KuliMa“.
Man kann auch mit diesen Verein in Kontakt treten:

Universitätsverein ‘KuliMa – Kulinarisches Mittelalter Graz’
c/o Mag. Dr. Helmut W. Klug
Karl-Franzens-Universität Graz
Zentrum für Informationsmodellierung

Elisabethstraße 59/III
A-8010 Graz

Und man kann sogar diesen Verein beitreten.

In Mai d.J. gab es auch eine interessante Vortragsreihe.
 
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Ich kann „Das Mittelalter-Kochbuch“ von Hannele Klemettilä empfehlen. Neben den interessanten Texten enthält es zahlreiche Abbildungen und am Ende Kochrezepte zum Nachkochen. Klar, die meisten Rezepte stammen aus dem Spätmittelalter, denn aus der Zeit davor gibt es wenig Schriftliches.

[Mod: regelwidrige Händler- und Preisbewerbung gelöscht]
 
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Das mit dem Knecht und Abt, @hatl, musst du Hannele Klemettilä, immerhin eine promovierte Historikerin, selbst fragen. :D

Ich nehme an, sie hat diese Angabe, also was ein Knecht im Kloster Indersdorf zu essen bekam, aus der Literatur – immerhin finden sich im Literaturverzeichnis des o.g. Buches ca. 100 Autoren/Bücher.
 
Ich nehme an, sie hat diese Angabe, also was ein Knecht im Kloster Indersdorf zu essen bekam, aus der Literatur – immerhin finden sich im Literaturverzeichnis des o.g. Buches ca. 100 Autoren/Bücher.

Auch ohne Kenntis des Literaturverzeichnisses lässt sich anhand der Jahreszahl 1493 die Quelle ohne weiteres identifizieren, es handelt sich um das "Ehaltenbuch" mit der Speiseordnung "Vermerckt die speiß, brot und gewonhait als man es dan pflegt zu halten im Pauhof zu allen zeiten knechten diern dreschern etc. und andern".
Natürlich gab es Unterschiede in der Rangordnung; der "Knappenweck" war ein Roggenbrot, der "Herrenweck" hingegen ein Weißbrot. Nur an bestimmten Feiertagen bekamen auch die Knechte (nebst der Fleischration) einen "Herrenweck".

Unter den 19 Dienern, die von der Herrenküche mitverpflegt wurden, wurden am Martinstag vier Gänse aufgeteilt, damit kamen sie besser weg als ihre 44 Kollegen vom Bauhof, die sich sieben Gänse teilen mussten.

Vor Beginn der Fastenzeit wurde an Fastnacht nochmal ordentlich geschlemmt. Was die "Herren" an Geflügel und Wildpret nicht wegputzen konnten, wurde der gehobenen Dienerschaft aufgetischt.

Die Mahlzeiten für die Herren waren jedenfalls so bemessen, dass sicher kein Abt auf die Idee kam, sich nach der Mahlzeit noch zu den Knechten an den Tisch zu setzen, um deren Rationen aufzufuttern. Die Fastenzeit galt allerdings auch für die Herren, da war Fleisch verboten. (Lediglich Stockfisch wird erwähnt.)

Karl-S. Kramer, Gesindetermine und -verehrungen im Einflußfeld religiöser Feiern, Segnungen und Umgänge im Kloster Indersdorf - Nach dem Ehaltenbuch von 1493 und dem Rituale Oeconomicum von 1768, in: Ingolf Bauer (Red.), Frömmigkeit. Formen, Geschichte, Verhalten, Zeugnisse, München 1993
 
Zitat aus dem Link von @FrankRupp Mahlzeiten:

In Siegburg fand 1569 am Dienstag und Godestag nach Pfingsten ein Scheffenessen statt, an welchem der Schulteis mit seinem Gerichtsschreiber und dem Untervogt so wie die beiden Bürgermeister und 5 Scheffen teilnahmen. Dieselben verzehrten laut Nachweis der Stadtrechnung: 31 Pfund teures Fleisch, kost 22 Mark 4 Albus, dazu 47 Pfund Kalbfleisch, a Pfund 10 Heller, 38 Pfund Hammelfleisch, a Pfund 21 Heller, 16 Pfund Lammfleisch, a Pfund 5 Stüber, Grob- und Weißbrot für 10 Mark 11 Albus, Eier für 2 Albus, Butter und Käse für 10 Mark, Kraut für 3 Mark, 10 Hühner zu 9 Mark, und Mois, Peterzilie und Ohlig für 1 Mark.

An Getränken wurden verabreicht 16 Viertel Wein zu 37 Mark und 2 Albus, ferner Bier für 17 Albus. Der Wirt ließ sich seine Mühe mit 8 Mark bezahlen. – 1574 wurde pro Kopf nur für 8 Albus verzehrt, dieweill alle dingen disser Zit zum theuersten gefallen, dagegen an Getränken verbraucht LXII Quart Weins, facit LXXI mark 1 albus nebst so und so viel Bier.


Dazu meine Frage: Was verstand man unter teures Fleisch? Weil nicht gesondert aufgeführt, müsste es sich um Rind- oder Schweinefleisch handeln, aber vielleicht weiß jemand das genauer.

Wein war wohl sehr teuer, wenn 4 Liter 37 Mark kosteten, was wesentlich mehr war als 22 Mark für 15 Kilo teures Fleisch.

Diese Rechnerei mit verschiedenen Währungen (Mark, Albus, Stüber und Heller) und krummen Umrechnungseinheiten musste auch damals ein Wanhsinn sein. Warum kam man erst so spät, zum Teil erst im 20 Jahrhundert, auf wesentlich einfacheres Dezimalsystem?
 
So blöd das auch klinkt, viel Fleisch auf dem Tisch gab es eher in der Zeit nach großen Katastrophen wie der Pest oder dem Mongolensturm, als Europa richtig besiedelt war, kam wohl alles Land unter dem Pflug und wurde nicht als Weide genutzt.
 
Dazu meine Frage: Was verstand man unter teures Fleisch? Weil nicht gesondert aufgeführt, müsste es sich um Rind- oder Schweinefleisch handeln, aber vielleicht weiß jemand das genauer.
Ich würde sagen teures Fleisch ist sowas, was wir heute noch essen. ;)

Eines sollte man beim Thema Fleisch bedenken. Wir leben in einer Überflussgesellschaft. Heute kommt hier fast nur edles Fleisch in den Handel und auf den Tisch. Der moderne Deutsche isst fast nur noch die Filet-Stücke von jungen Tieren oder irgendwelche fein gekutterten Würste. Rindfleisch ist das Fleisch von zweijährigen Rindern und eben nicht das Fleisch alter Kühe und Ochsen. Genauso muss man Hammelfleisch von Lammfleisch unterscheiden und das Suppenhuhn vom "Hähnchen". Das Fleisch, das heute in Europa in den Handel kommt, stammt fast ausschließlich von Masttieren, die jung geschlachtet wurden. Die ausgedienten Legehühner und ausgedienten Milchkühe gehen fast komplett in den Export bzw. in die Tierkörperbeseitigung. Die Fleischqualität ist hier so gering, dass es nur noch als Suppenfleisch oder Sauerbrauten verwendet werden kann - eben nichts mehr für den Gourmet-Griller des 21. Jahrhunderts. Im Mittelalter (und damals im 20. Jahrhundert) war das noch anders. Dort wurden auch noch die ausgesonderten Milchkühe für den heimischen Markt als Suppenfleisch verwertet. Auch Schweine- und Hühnerfüße wurden gegessen, der Rüssel, die Innereien - eben alles.

als Europa richtig besiedelt war, kam wohl alles Land unter dem Pflug und wurde nicht als Weide genutzt.
Und die Tiere, die den Pflug gezogen haben, bestehen auch aus Fleisch. Alte Ochsen, Kühe und Pferde waren lange Zeit eine wichtige und die billigste Fleischquelle.
 
Zuletzt bearbeitet:
Heute kommt hier fast nur edles Fleisch in den Handel und auf den Tisch.
Wird häufig behauptet. Unattraktives Fleisch kommt aber nach wie vor auf den Tisch, nun halt verpackt in Wurstwaren und Fertiggerichten, damit der stolze Grillierer an seiner Verwöhntheit glauben kann.

Auch Schweine- und Hühnerfüße wurden gegessen, der Rüssel, die Innereien - eben alles.
So ›fortschrittlich‹ sind wir jetzt auch nicht, um dies ins ferne Mittelalter zu verorten.

Das Fleisch, das heute in Europa in den Handel kommt, stammt fast ausschließlich von Masttieren, die jung geschlachtet wurden.
Die Bevorzugung von Jungtieren für die Schlachtung ist ein modernes Phänomen und hat einerseits mit größerem Profit und andererseits mit der fehlenden Bereitschaft zu tun, Zeit fürs Kochen aufzuwenden, wofür sogar auch der geringere Geschmack in Kauf genommen wird. Früher hat man das Fleisch eingelegt, eingegraben, geklopft, was auch immer.


EDIT: paar Infos zur Ernährung im MA bei HLS.
 
I

Und die Tiere, die den Pflug gezogen haben, bestehen auch aus Fleisch. Alte Ochsen, Kühe und Pferde waren lange Zeit eine wichtige und die billigste Fleischquelle.

Das gilt freilich für die reichen Bauern, die armen Bauern hatten ihre Kinder und ihre Frau als Lasttiere und sie selber waren hinter dem Pflug, was kräftetechnisch nicht mal so dumm war.

Dieser Fetisch der Mitteleuropäer werde ich nie verstehen, warum ausgerechnet Flügel und Keule vom Huhn in Afrika landen und die dortige Landwirtschaft zerstören. Ich esse aus Fitnessgründen auch weißes Fleisch, aber ohne viel würzen schmeckt es nach gar nichts, da sind mir Keulen und Flügel hundertmal lieber.

Habe in einem alten Kochbuch gelesen ein Rezept, Gans mit Honig übergossen, dies könnte ganz lecker sein.
 
Ich würde sagen teures Fleisch ist sowas, was wir heute noch essen.
Wird häufig behauptet. Unattraktives Fleisch kommt aber nach wie vor auf den Tisch, nun halt verpackt in Wurstwaren und Fertiggerichten
...nicht nur verquirlt in Wurstwaren, sondern auch als Schnitzel, Steak, Kotelett, Geschnetzeltes usw.: das massenhaft produzierte "Supermarktfleisch", das wegen seines niedrigen Preises massenhaft gekauft wird, ist alles andere als hochwertiges oder teures Fleisch. (schrumpft in der Pfanne, saftet zu sehr usw.)
 
Die Bevorzugung von Jungtieren für die Schlachtung ist ein modernes Phänomen....
Da wäre ich mir nicht so sicher, die Archäozoologen, die sich u.a. mit Knochenabfällen befassen, berichten durchaus anderes. Es gab auch schon in Antike und Mittelalter spezialisierte Betriebe, eine ganzheitliche Nutzung der Tiere war nicht immer und überall gegeben.

...ist alles andere als hochwertiges oder teures Fleisch. (schrumpft in der Pfanne, saftet zu sehr usw.)
Ich glaube, da hast du Maglor falsch verstanden. Maglor bezog sich auf die verkauften Fleischstücke: eben die sprichwörtlichen Filetstücke. Du beziehst dich auf Zuchtbedingungen. Das Perverse an unserer heutigen Fleischwirtschaft ist ja, dass selbst Veganer den Fleischkonsum mitbezahlen. Und zwar über ihre Wasserrechnung. Durch die Massenproduktion von Fleisch kommt mehr Gülle auf die Wiesen und Felder, als diese aufnehmen können, das ganze geht ins Wasser und muss dann in der Trinkwassergewinnung aufwendig und teuer geklärt werden
 
Ich glaube, da hast du Maglor falsch verstanden. Maglor bezog sich auf die verkauften Fleischstücke: eben die sprichwörtlichen Filetstücke.
Jein, denn da war auch das zu lesen:
Heute kommt hier fast nur edles Fleisch in den Handel und auf den Tisch. Der moderne Deutsche isst fast nur noch die Filet-Stücke von jungen Tieren oder irgendwelche fein gekutterten Würste.
Das trifft sicher nicht auf alle zu, denn sonst gäbe es nicht massenhaft billiges/billigstes Fleisch in den Supermärkten - und es wird massenhaft gekauft.
 
Wein war wohl sehr teuer, wenn 4 Liter 37 Mark kosteten
Wieso 4 Liter? Anno 1569 wurde in Siegburg sicherlich nicht nach Litern gerechnet.
Das ist zwar nicht "meine" Gegend und "meine" Zeit, aber verschiedenen Orts bedeutet "Viertel" soviel wie "ein Viertel Eimer". Das können gern um die 10 Liter sein.
Zehn Pfund Fleisch und ein Huhn nebst diversen Beilagen spült man nicht mit ein, zwei Gläschen Wein runter.
 
Bestimmte Fleischsorten, die vor ein paar Jahrzehnten noch normal waren und die es auch "im Mittelalter" schon gab, haben aktuell auf dem deutschen Markt keine Chance, weil die meisten Kunden nur mageres, weiches Fleisch ohne Knochen möchten. Über diese Geschmacksverirrung und die wirtschaftlichen Folgen kann ich mich auch nur ärgern.


Was jetzt Qualität und was Ramsch ist, ist Ansichtssache.

Sehr gut erklärt wird das Problem in diesem Kommentar zum deutschen Suppenhuhn:
https://www.agrarzeitung.de/nachrichten/agrarspitzen/Armes-Suppenhuhn-66546
Viele Fleischgerichte sind jedenfalls fast schon Geschichte.
 
Ich würde sagen teures Fleisch ist sowas, was wir heute noch essen.
Nun, teuer ist heute Kalbsfleisch, was aber in dem Dokument extra als nicht teures Fleisch genannt wurde.

Auch Innereien vom Kalb sind heute teuer: 1 kg Leber kostet z.B. gerne 25 € und mehr, nur bei Discountern gibt es Kalbsleber für weniger, aber die gibt es dort nur ab und zu.

Wieso 4 Liter? Anno 1569 wurde in Siegburg sicherlich nicht nach Litern gerechnet.
Gut, aber wenn ein Viertel ein 4. Teil von irgendeinem Maß war und ist, dann hätte man anstelle von 16 Viertel Wein auch z.B. schreiben können: 4 Eimer Wein.

Allerdings wären wir dann auch nicht schlauer, weil die Maße für Eimer auch stark variieren.

In dem Dokument wird an anderer Stelle geschrieben:

Sonntag Morgens holt der Schulteis in Begleitung der beiden Spielleute die Scheffen vom Friedhofe (Kirchhofe) ab, woselbst er ihnen 1 Quart Wein, 1 Quart Bier, 2 Micken Weck und 2 Micken Brod auf einem Teller, worauf Salz liegt, darbieten muß, mit der Frage, ob es genüge.

1 Quart würde zwischen 0,6 und 1,9 Liter entsprechen, je nachdem, welches Maß man nimmt.

Aber ob Quart dem o.g. Viertel entspricht, wage ich zu bezweifeln.
 
Gut, aber wenn ein Viertel ein 4. Teil von irgendeinem Maß war und ist, dann hätte man anstelle von 16 Viertel Wein auch z.B. schreiben können: 4 Eimer Wein.
Auch heutzutage kommt es noch vor, dass der Wirt "vier Halbe" abrechnet statt "zwei Liter".

Aber ob Quart dem o.g. Viertel entspricht, wage ich zu bezweifeln.
Mir ist das Quart geläufig als Viertel eines Viertels.

Das würde bedeuten, dass 1574, als eine große Teuerung herrschte, das Quart Wein fast doppelt so teuer war wie 1569. Gesoffen wurde also fast gleich viel, beim Essen hat man aber wohl sehr gespart.
 
In Spanien rechnen Winzer bis heute mit Viertel und Achteln, arroba < رُبْع rubʿ und azumbre < ثُمُن ṯumun. Das Symbol für das arroba kennen wir im Übrigen alle, weil es von ITlern seinem ursprünglichen Gebrauch entfremdet wurde: @
 
Vor vielen Jahren (also fast noch im Mittelalter ;) ), als die Erlebnisgastronomie blühte, tafelte ich einmal in London in einem Restaurant, wo angeblich mittelalterliches Essen aufgetischt wurde. Das Ganze fand in einem Gewölbe in der Nähe des Towers statt. Man wurde von Henry VIII. durch den Abend geführt, Ritter gaben einen Schwertkampf zum Besten etc.
Das Menü bestand aus:
Ye potted spiced mete (Fleischpastete)
Thikke soupe in bowles (Suppe mit Lauch und soeben entdeckten Kartoffeln)
Fishes baked with fyne sauce (Mackerel taken from ye surround seas of this olde island)
Joints of chikyn (Huhn)
Anne Boleyn's baked apple flan (Dessert)
dazu Wein und Ale soviel man wollte.
Da es das Lokal mittlerweile nicht mehr gibt, kann ich auch seinen Namen verraten: Beefeater club by the tower of London.
Wie authentisch die Speisen waren, kann ich nicht beurteilen, es war aber ein unterhaltsamer Abend.

Spannend ist die Kontroverse um den Spitznamen Beefeater für die Towerwächter (Yeoman Warders).
Die These, dass Yeomen als Langbogenschützen eine besondere Rindfleisch-Diät erhielten, scheint mir gewagt. Im Wikipedia Artikel wird auch keine Quelle dafür angegeben.
Yeoman Warders – Wikipedia
 
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