Wie sahen germanisch/nordische Heiden das Christentum?

PostmodernAtheist

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Als großer Fan von historischen Romanen fand ich es immer sehr interessant wie dort die Einstellung von Heiden gegenüber dem Christentum dargestellt wird. Dabei lässt sich vielleicht eine Tendenz fest stellen, dass oft das Christentum eher belächelt wird. Ist diese Haltung realistisch oder eher unserem modernen, kritischen Blick geschuldet? Die Friesen haben ja anscheinend einen Nagel in die Bibel des Bonifatius getrieben, wie um sie zu "bannen". Das scheint ja schon dafür zu sprechen, dass man auch den christlichen Gott durchaus fürchtete. Wie sieht ihr das?
 
Problem: Wir haben zwar eine Menge literarischer Zeugnisse, wie Christen das kontinental- oder nordgermanische Heidentum sahen, aber mit originalen Zeugnissen kontinental- oder nordgermanischer heidnischer Autoren über das Christentum sieht es schlecht aus. (Wohl max. ein paar Skaldenfragmente. Snorri Sturluson zitiert ein paar Fragmente mit Erwähnungen des Christentums, die aber offenbar von bereits christlichen Skalden stammen.)
Was wir über heidnische Reaktionen auf das Christentum wissen, wissen wir wiederum aus christlichen Quellen über die Heiden.
 
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Problem: Wir haben zwar eine Menge literarischer Zeugnisse, wie Christen das kontinental- oder nordgermanische Heidentum sahen, aber mit originalen Zeugnissen kontinental- oder nordgermanischer heidnischer Autoren über das Christentum sieht es schlecht aus. (Wohl max. ein paar Skaldenfragmente.)
Was wir über heidnische Reaktionen auf das Christentum wissen, wissen wir wiederum aus christlichen Quellen über die Heiden.

Ja, das ist wirklich schade...ist klar, dass es wenige bis gar keine authentische Zeugnisse gibt. Aber ist es deshalb allein der Fantasie des Autoren überlassen?
 
Naja da es weder Päpste, noch Bischöfe, noch eine einheitliche Lehre in den heidnischen Religionen gab, wird die Frage zu beantworten unmöglich sein. Heidnische Systeme so wie der Hinduismus (nein ich halten Hinduismus nicht für Heidentum hat aber einige Pararellen) Wir denken selbst die heidnischen Religionen einfach zu judeo-christlich-islamisch und geben diesen Religionen einen Charakter den diese nie hatten.

Ich such dir mal einen Text von irgendeinem Byzantiner raus, der schreibt woran Bulgaren und Serben glauben. Sie glauben an den Vater Svarog (Dabog: übersetzt derGott) welcher einen Sohn zeugt zu Weinachten, der heißt Svarozic (kleiner Svarog oder Svarod zugehörig), deswegen brennen die Serben bis heute einen Teil eines Baumes (ja bis heute, ich habe selbst solche Badnjaks auch angezündet), um zu zeigen das Svarog geboren ist und Freude bringt, dieser Baumteil nennt man auch Veseljak (Glücksbringer).
 
Ja, das ist wirklich schade...ist klar, dass es wenige bis gar keine authentische Zeugnisse gibt. Aber ist es deshalb allein der Fantasie des Autoren überlassen?
Du hast in Deinem Eingangsbeitrag ja schon auf eine "Tendenz" hingewiesen. Bereits im 19. Jhdt. neigten manche Historienromanschreiber aus einer völkisch-romfeindlichen antiklerikalen Haltung heraus dazu, das ("original-germanische") Heidentum zu verklären und das (fremde) Christentum (zumindest das katholische; und ein protestantisches gab es zur Zeit der Missionierung ja noch nicht) herabzusetzen. Auch heute ist eine christentumskritische Haltung verbreitet.
 
Dann musst du auf christliche Quellen der Zeit zurückgreifen, die berichten wie sich "Heiden" verhalten haben. Willibald von Mainz berichtet z.B. in seiner "Vita sancti Bonifatii" auch von der Fällung der Donareiche in Nordhessen und dass dort angeblich auch Friesen, neben anderen Nicht-Christen, anwesend gewesen seien sollen. Dabei darf man natürlich die Quellenkritik nicht vergessen.
 
Wir haben wenig schriftliche Aussagen, und vor allem nicht von Nichtchristen.

War das Christentum anfangs im römischen Reich eine Religion der Nicht-Eliten, war es bei Langobarden, Merowingern und Franken anders.

Das Christentum war dort die Religion der Herschenden. Eine wichtige Ursache war sicher auch die Schriftgebundenheit der christlichen Lehre, die bei einer geringen Schriftkundigkeit der ländlichen Bevölkerung eine Rolle spielte. Kapellen und Altäre finden sich in Zentren, auf Herrschaftssitzen. Christliche Grabbeigaben finden sich zunächst in Gräbern der Eliten.

Ich glaube nicht dass das Christentum belächelt, aber von vielen Menschen als Bedrohung des überlieferten Glaubens erlebt wurde.

Zugleich waren die Tradition der Loyalität und Gefolgschaft innerhalb der Eliten ein wichtiger Grund für die Übernahme des Glaubens.
 
Dann musst du auf christliche Quellen der Zeit zurückgreifen, die berichten wie sich "Heiden" verhalten haben. Willibald von Mainz berichtet z.B. in seiner "Vita sancti Bonifatii" auch von der Fällung der Donareiche in Nordhessen und dass dort angeblich auch Friesen, neben anderen Nicht-Christen, anwesend gewesen seien sollen. Dabei darf man natürlich die Quellenkritik nicht vergessen.

Hm, wie verhielten sich denn dort die Heiden im Durschnitt?? Sehr unterwürfig/doof?

Mir ist die Story mit den Taufhemden bekannt, wo ein Nordmann meint er hätte bei seiner ersten Taufe ein hübscheres Taufkleid bekommen. Oder ein Angelsachse, der sich darüber beschwerte, dass seine Hostie zu dunkel ist.

Dazu kommen aber auch immer Berichte von Aufständen und natürlich brutale Märtyrertode.

Interessant ist auch die Anekdote über den Friesenherrscher, der mit halben Fuß im Taufbecken anmerkt, er würde sich nie taufen lassen, wenn er nicht im Himmel mit seiner Familie vereinigt wird.
 
Hm, wie verhielten sich denn dort die Heiden im Durschnitt?? Sehr unterwürfig/doof?
Wir wissen nicht, wieviele echte "Heiden" anwesend waren, wieviele "echte" Christen und wieviele Chatten eine synkretistische Relgion praktizierten und sowohl heidnische Götter anbeteten und gleichtzeitig (sonntags) den christlichen Glauben praktizierten. Für Nicht-Christen dürfte die Fällung der Donareiche eine Machtdemonstration des "neuen Gottes" gegenüber der althergebrachten Religion gewesen sein. Es wird angenommen, dass fränkisches Militär die Fällung der Eiche sicherte.
Man könnte also vermuten, dass Heiden bei diesem Ereignis hilflos daneben standen, wie ein Symbol des alten Glaubens vernichtet wurde. Mit der Gründung eines Bistums in unmittelbarer Nähe sollte die Stärke des christlichen Gottes gegenüber der "alten Religion"demonstriert werden. Wie lang es bei einzelnen gedauert hat bis man endgültig ausschließlich christlich war, ist nicht dokumentiert.

Wie hat sich jemand der DDR-Grenztruppen verhalten als die Mauer fiel?
 
Wir wissen nicht, wieviele echte "Heiden" anwesend waren, wieviele "echte" Christen und wieviele Chatten eine synkretistische Relgion praktizierten und sowohl heidnische Götter anbeteten und gleichtzeitig (sonntags) den christlichen Glauben praktizierten. Für Nicht-Christen dürfte die Fällung der Donareiche eine Machtdemonstration des "neuen Gottes" gegenüber der althergebrachten Religion gewesen sein. Es wird angenommen, dass fränkisches Militär die Fällung der Eiche sicherte.
Man könnte also vermuten, dass Heiden bei diesem Ereignis hilflos daneben standen, wie ein Symbol des alten Glaubens vernichtet wurde. Mit der Gründung eines Bistums in unmittelbarer Nähe sollte die Stärke des christlichen Gottes gegenüber der "alten Religion"demonstriert werden. Wie lang es bei einzelnen gedauert hat bis man endgültig ausschließlich christlich war, ist nicht dokumentiert.

Wie hat sich jemand der DDR-Grenztruppen verhalten als die Mauer fiel?

Hab mich missverständlich ausgedrückt. Klar kenn ich die Bonifatius Story. Welche gibt es denn noch die nicht genannt wurden?
 
Dann recherchier zur Christanisierung in Skandinavien, wenn es dir um "Germanisch/Nordische Heiden" geht. Aber auch dort wirst du wohl auf christliche Quellen angewiesen sein, die es dann quellenkritisch zu interpretieren gilt.

Nen bestimmten Grund warum ihr keine weiteren Beispiele nennen wollt? Ich nehme auch gerne Quellen zu anderen Heiden, hab nur germanisch/nordisch geschrieben weil ich sonst wohl zu hören gekriegt hätte, dass kann man nicht sagen weil ich nicht genug zwischen den einzelnen Religionen differenziere :D
 
Da man die vermutlich für die Eucharistie hergestellten Friesenkannen/Tatinger Ware auch immer wieder unter heidnischen Grabbeigaben findet und da es offensichtlich Schmuckwerkstätten gab, in denen zeitgleich Thors Hammer und Kreuze hergestellt wurden, wird es wohl ein Nebeneinander von Christentum und Heidentum gegeben haben. Heiden kauften die zinnfolienverzierte Tatinger Ware, Schmuckhersteller bedienten christliche und heidnische Bedürfnisse (wobei ich auch schon mal der These begegnet bin, dass das Symbol, dass heute als Thors Hammer bekannt ist, eigentlich ein christliches Symbol war - ich enthalte mich dazu einer Stellungnahme).
 
Da man die vermutlich für die Eucharistie hergestellten Friesenkannen/Tatinger Ware auch immer wieder unter heidnischen Grabbeigaben findet und da es offensichtlich Schmuckwerkstätten gab, in denen zeitgleich Thors Hammer und Kreuze hergestellt wurden, wird es wohl ein Nebeneinander von Christentum und Heidentum gegeben haben. Heiden kauften die zinnfolienverzierte Tatinger Ware, Schmuckhersteller bedienten christliche und heidnische Bedürfnisse (wobei ich auch schon mal der These begegnet bin, dass das Symbol, dass heute als Thors Hammer bekannt ist, eigentlich ein christliches Symbol war - ich enthalte mich dazu einer Stellungnahme).

Das bezweifelt ja keiner. Aber wie friedlich war dieses nebeneinander? Vermutlich war die Gesellschaft eher gespalten, oder?
 
Olaf I. Tryggvason führte das Christentum in Norwegen ein, und er tat das zeitweilig mit Gewalt. Die Chronisten Adam von Bremen und Saxo Grammaticus gaben Olaf den Beinamen Krakaben (Krähenbein), weil er sich trotz seines missionarischen christlichen Eifers auf alte heidnische Art aus Vogelknochen die Zukunft deuten ließ.
 
Wenn man das Heidentum auf alle Heiden ausdehnt und nicht nur die nordischen Varianten berücksichtigt, finden sich sehr wohl Stellungnahmen von Heiden zu Christen. Das sind aber meist hochgelahrte Schriften. Herausragend und in vielen Auszügen trotz Bücherverbrennungen immer noch vorhanden sind:
I.A. waren die Heiden gegen die Christen, weil sie den Zorn der Götter fürchteten: Sie verweigerten die Opfer, damit verweigerte sie den Göttern die Ehre - und das musste die gesamte Stadt erdulden, z.B. fiel kein Regen mehr. Mehr darüber: Lane-Fox, Pagans and Christians, p. 425f
Dass der christlich/jüdische Gott sehr wohl auch gefürchtet wurde, belegt Titus auf seinem Streifzug durch Judäa, der dort den jüdischen Gott als einheimischen fürchtete (freilich nur als lokale Macht).
 
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