Konrad von Marburg

Ugh Valencia

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Konrad von Marburg, geboren zwischen 1180-90 gestorben 1233, war der Beichtvater der Heiligen Elisabeth. Er war Priester und scheint studiert zu haben. Er wurde jedenfalls öfter als "Magister" erwähnt. Ab 1215 wurde er von Papst Innozenz III. beauftragt, Kreuuzugspredigten zu halten und wurde in Thüringen aktiv. Landgraf Ludwig IV. nahm das Kreuz und starb dabei. Konrad war Beichtvater von Ludwigs Witwe Elisabeth, die er aufgrund von Erbauseinandersetzungen überredete, die Wartburg zu verlassen und nach Marburg zu gehen, um dort ein Hospital zu gründen, in dem sie auch arbeitete.
Konrad war ein äußerst strenger "Seelsorger". Er isolierte Elisabeth von ihren Kindern und Freunden. Er peitschte sie aus. Diesen Belastungen war Elisabeth nicht gewachsen und stirbt 1231 mit 24 Jahren.
Konrad leitete daraufhin ein Heiligsprechungsverfahren für Elisabeth beim Papst ein, was auch 1235 zu einem Erfolg führte.
Nach Elisabeths Tod wurde Konrad von Papst Gregor IX. zum Inquisitor ernannt, um gegen (vermeintliche) Häretiker wie Waldenser und Katharer vorzugehen. Das Inquisitorenamt wurde damals neugeschaffen, auch um andere geistliche Gerichte zu umgehen. Konrad scheint von seinen Vollmachten, zu foltern und Verurteilte zu verbrennen, verstärkt Gebrauch gemacht zu haben - auch gegen Geistliche und Adelige.
Die Familie von Sayn, die Pflegeeltern von Elisabeths Kindern, wurden von Konrad als Ketzerfreunde bezichtigt. Die von Sayns erreichten jedoch, dass nicht Konrads Inquisitionsgericht sondern ein Reichsgericht in Mainz für sie zuständig war. Sie wurden dort freigesprochen. Auf der Rückreise von Mainz wurde Konrad kurz vor Marburg erschlagen.

Ich sehe gerade, wir haben Konrads Ordenszugehörigkeit und Teile seines Lebens schon einmal andiskutiert.
Konrad von Marburg - Ordenzugehörigkeit?
Ich hoffe, dieser Faden überschneidet sich nicht zu sehr damit.

Ich finde es erstaunlich, welche Macht ein geistlicher Magister als Seelsorger über einzelne Personen des Hochadels gewinnen konnte, wie man es am Beispiel Elisabeth sehen konnte. Bemerkenswert finde ich, dass es bereits im 13.Jahrhundert tödliche Inquisitionsprozesse und kirchlich legitmierte Folter in Deutschland gab. In späteren "Hexenprozessen" hat die kirchliche Gerichtsbarkeit, so weit ich weiß, diese "Drecksarbeit" gerne weltlichen Gerichten überlassen.
Auch die rechtlichen Kompetenzrangeleien zwischen bischöfflichen Gerichten, päpstlich legitimierten Inquisitionsgerichten und weltlichen (Reichs)Gerichten finde ich sehr interessant, ohne da im Detail durchzublicken. Wenn da jemand mehr Informationen hat, wäre ich dankbar.
 
Ich finde es erstaunlich, welche Macht ein geistlicher Magister als Seelsorger über einzelne Personen des Hochadels gewinnen konnte, wie man es am Beispiel Elisabeth sehen konnte.
Warum? Das soll keine Fangfrage sein. Das Mittelalter war ein unglaublich spirituelles Zeitalter, die Rolle des Klerus als Mittler und Deuter des Gotteswortes unstreitig. Außerdem erleben wir es doch selbst heute, in diesem vermeintlich aufgeklärten Zeitalter, wie sehr sich Menschen irgendwelchen Gurus, Sektenführern, Verschwörungstheoretikern usw. zu unterwerfen bereit sind. Und wie machtlos oftmals ihre Angehörigen sind.
Bemerkenswert finde ich, dass es bereits im 13.Jahrhundert tödliche Inquisitionsprozesse und kirchlich legitmierte Folter in Deutschland gab.
Das Agieren Konrads von Marburg war in großen Teilen die Selbstermächtigung eines charismatischen Fanatikers, gestützt durch seinen Ruf als jemand, der mit den thüringischen Fürsten auf Du und Du war. Dies erhellt auch aus dem Widerstand des Adels und der weltlichen Gerichtsbarkeit. Konrad war, jedenfalls zu seiner Zeit, eine Anomalie.
In späteren "Hexenprozessen" hat die kirchliche Gerichtsbarkeit, so weit ich weiß, diese "Drecksarbeit" gerne weltlichen Gerichten überlassen.
Ja und nein. "Die Inquisition" wird leider gerne mit der Spanischen Inquisition gleichgesetzt, die einen viel größeren Organisationsgrad aufwies. Im Heiligen Römischen Reich indes bestand "die Inquisition" im Mittelalter in der Regel aus genau einem Inquisitor je Diözese, oftmals dem nächstbesten Dominikanerprior, der dieser Arbeit nicht mal notwendigerweise "hauptberuflich" nachging. In einer großen Diözese, oder anlassbezogen, stand ihm ggf. noch ein Visitator zur Seite, der durch den Amtsbezirk reiste und kleinere Vergehen selbst aburteilte.

Was die Vollstreckung der Urteile anging, da griff man sowieso auf den jeweils ansässigen Scharfrichter zurück. Auch im angeblich finsteren Mittelalter gab es Henker und Folterknechte nicht wie Sand am Meer.
 
Das Agieren Konrads von Marburg war in großen Teilen die Selbstermächtigung eines charismatischen Fanatikers, gestützt durch seinen Ruf als jemand, der mit den thüringischen Fürsten auf Du und Du war.
Sowohl seine Aufrufe zum Kreuzzug als auch seine Tätigkeit als erster namentlich bekannter Inquisitor in Deutschland sind auf einen direkten Auftrag des Papstes zurückzuführen. Das geht also über eine Selbstermächtigung hinaus. Wenn ich das richtig sehe, ist er mindestens einmal selbst nach Rom gereist, um sich für die Heiligsprechung Elisabeths einzusetzen. Vorstellbar, dass er bei dieser Gelegenheit auch das Amt des Inquisitors von Papst Gregor IX. erhielt.
Man sollte bei Konrad auch bedenken, dass es noch keinerlei Vorerfahrung mit der Inquisition gab. Diese "Institution" wurde erst während seiner Lebenszeit eingeführt.
 
Konrad von Marburg (um 1180/1190 – 30.07.1233 )

Kann mir jemand erklären was „de Marpurg“ bedeutet?
In der „deutschen Biografie“ lese ich:
„… Seine Benennung >de Marpurg<, die er selbst u. d. Zeitgenossen benutzten, kann höchstens vermutungsweise auf s. Geburtsstadt bezogen werden,..“

Und hier noch ein Link zum sogenannten „Mordstein“:

Konrad von Marburg, ermordet im Weiler Hof Kapelle...

Mordstein erinnert an Conrad von Marburg und das Leiden der heiligen Elisabeth - Marburg - myheimat.de
 
Kann mir jemand erklären was „de Marpurg“ bedeutet?
In der „deutschen Biografie“ lese ich:
„… Seine Benennung >de Marpurg<, die er selbst u. d. Zeitgenossen benutzten, kann höchstens vermutungsweise auf s. Geburtsstadt bezogen werden,..“
Du hättest den Satz weiterlesen sollen. Das Problem ist nicht die Interpretation von de Marpurg, sondern dass nicht klar ist, ob es sich um seinen Geburtsort, seine Wirkungsstätte oder um den Ort seiner Pfründe handelt.
 
Sowohl seine Aufrufe zum Kreuzzug als auch seine Tätigkeit als erster namentlich bekannter Inquisitor in Deutschland sind auf einen direkten Auftrag des Papstes zurückzuführen.
Darum benutzte ich die Formulierung "Agieren". Konrad handelte im päpstlichen Auftrag, beschritt dabei aber in einer Weise (prozess-)rechtliches Neuland, die man nur als Überdehnung seiner Kompetenzen deuten kann.

Es ist meines Erachtens fraglich, ob die Curia Romana den Konrad wollte, den die Geschichte kennenlernte, und es ist auch bemerkenswert, wie sie mit seinem Ende umging. Denn zwar erklärte Gregor IX. die Mörder Konrads für vogelfrei, betrieb aber ihre Bestrafung keineswegs mit Nachdruck, und legte auch sonst erst einmal die Hände in den Schoß, was die Ketzerverfolgung nördlich der Alpen anging.

Man könnte dies so deuten, dass der Papst erfahren hatte, wie sehr Konrad die Gemüter der deutschen Adligen gegen Rom erhitzt hatte, und sich vorsah, sie nicht ins Lager Friedrichs II. zu treiben – andererseits hätten kirchenfeindliche Umtriebe im Stauferreich (bis hin zum Mord an einem "Verteidiger des Glaubens") auch gut in sein anti-friderizianisches Propagandakonzept gepasst.
 
Konrad handelte im päpstlichen Auftrag, beschritt dabei aber in einer Weise (prozess-)rechtliches Neuland, die man nur als Überdehnung seiner Kompetenzen deuten kann.

"Wer den dort als Sachverständigen beigezogenen K. später mit dem selbständigen Aufspüren von Ketzern beauftragt hat, entzieht sich unserer Kenntnis (aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte es der Erzbischof von Mainz gewesen sein), aus einem Brief Gregors IX. an K. vom 12.6.1227 ergibt sich lediglich, daß der Magister schon seit einiger Zeit der Ketzerverfolgung nachging, wofür ihn der Papst ausdrücklich belobigte und ihn aufforderte, sich dazu geeignete Gehilfen auszusuchen. Richterliche Vollmachten waren mit dieser Aufgabe sicher nicht verbunden, das Urteil über die von den Aufspürern (inquisitores) entdeckten Häretiker kam damals noch allein den Bischöfen zu.

Erst im Zusammenhang mit seiner 1231 einsetzenden, ganz Deutschland, Italien und Frankreich umfassenden Antiketzerkampagne, für die er sich die Unterstützung Friedrichs II. gesichert hatte, weitete Gregor IX. (möglicherweise im Anschluß an vorausgehende Maßnahmen des Mainzer Erzbischofs) die Kompetenzen K.s aus und übertrug ihm am 11.10.1231 die volle Gewalt, ohne Zulassung einer Appellation mit Prozessen gegen die Häretiker und ihre Anhänger in Deutschland vorzugehen."
Deutsche Biographie - Konrad von Marburg
 
Man könnte dies so deuten, dass der Papst erfahren hatte, wie sehr Konrad die Gemüter der deutschen Adligen gegen Rom erhitzt hatte, und sich vorsah, sie nicht ins Lager Friedrichs II. zu treiben – andererseits hätten kirchenfeindliche Umtriebe im Stauferreich (bis hin zum Mord an einem "Verteidiger des Glaubens") auch gut in sein anti-friderizianisches Propagandakonzept gepasst.

In der Zeit von 1230 bis etwa 1239 scheinen sich, Gregor IX. und Friedrich II. relativ gut verstanden zu haben. Im September 1230 trafen sie sich zu einem demonstrativen Mahl in Anagni, womit eine Aussöhnung demonstriert werden sollte. Friedrich II. erschien drei Jahre nach Konrads Tod 1236 barfuß und im grauen Gewand in Marburg am Grab von Elisabeth, die Gregor ein Jahr zuvor heilig gesprochen hatte.
In den Jahren, in denen Konrad als Inquisitor tätig war 1231-33, scheinen die Konflikte zwischen Kaiser und Papst, - wenn überhaupt - auf sehr niedriger Flamme geschwelt zu haben.
 
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