Tief im Westen, wo die Sonne verstau... untergeht

Muss mich wohl korrigieren: Die These hat sich anscheinend erst Otto Höfler in den 1950er Jahren ausgedacht.
 
So unsinnig war es auch nicht. Die Gebrüder Grimm forschten ja nach Dingen, die ein wahrer Kern hinter Sagen sein konnten. Und die Methodik dabei ist für diesen Thread wichtig:

Es wurden nicht neue Fakten aus den Mythen herausgesponnen wie hier im Thread, sondern bekannte Fakten damit in Verbindung gesetzt und überprüft, ob ein Zusammenhang bestehen könnte. Konjunktiv.

Da wäre es fahrlässig Arminius und Siegfried nicht zu prüfen. Dass die Prüfung dann eher oberflächlich war, lag auch nur zum Teil am Wunsch. Die Beschäftigung damit stand ja noch am Anfang.

(Dennoch ist es nicht einfach zu widerlegen*. Wie ich schon mal ausführlicher schrieb, passt je nach Interpretation Germanicus besser auf Siegfried und Hagen besser auf Arminius, was bedeutet, dass eine Gleichsetzung irrational ist. Da es noch andere mögliche Narrative gibt, ist die Gleichsetzung sogar eher unwahrscheinlich. Schließlich ist da dann noch die Sache, dass es in der Sage ursprünglich 3 getrennte Figuren namens Siegfried gegeben haben soll, von denen später zwei zusammengefügt wurden. Werden diese getrennt, entfällt viel von der Ähnlichkeit. Da die Figuren zudem verschiedenen Schichten der Sage angehören, einige Eigenschaften zwischen den Figuren gewandert sind und auch nachweislich Material anderer Sagen aufgenommen wurde, ist eine Gleichsetzung einfach verfehlt.)

Es folgt nichts aus einem Mythos. Es kann aber sein, dass ein Fakt damit in Verbindung gesetzt werden kann. Dass muss dann aber noch überprüft werden. Schließlich gehört das Ziehen von Verbindungen zu denjenigen unserer Denkmuster, die uns gerne einen Streich spielen. Wenn sich eine Verbindung bestätigt, ergibt sich daraus in seltenen Fällen weiteres. Wird das nicht näher betrachtet, sieht es aus, als sei es eine Folgerung aus dem Mythos. Und meist ist es nur ein Erklärungsansatz, der einfach bisher übersehen wurde.

*Es handelt sich um eine literarische Frage, weshalb eine historische Argumentation weitestgehend unsinnig ist.

(Geschrieben nach Post #60.)
 
Bei Siegfried wäre wohl auch die Frage, welche Elemente überhaupt spezifisch auf die Varusereignisse hindeuten? Natürlich wurde die Nibelungensage im Hochmittelalter überformt und nach dem aktuellen höfischen Geschmack erzählt, so dass wir die älteren Fassungen vermutlich nicht ganz rekonstruieren können. Man kann aber vielleicht annehmen, dass der Grundgedanke von Liebe, Kampf, Treue, Verrat und Tod schon da war, weil er das Lied durchdringt und strukturiert.

Selbst wenn wir also das Werben um Kriemhild und Brunhild, die Hochzeiten, die Frage der Lehnstreue und die Konkurrenz der Königinnen in ihrer Bedeutung gedanklich mindern, spielen kriegerische Ereignisse zwischen großen Heeren doch eher eine untergeordnete Rolle: In der 4. und 5. Aventiure kämpft man gegen die Sachsen und Dänen, wo Siegfried sich heldenhaft im Zweikampf gegen beide Könige der feindlichen Völker durchsetzt. Das wird aber nur noch einmal aufgegriffen, als Hagen Kriemhild überlistet und ihr weismacht, es werde erneut zum Krieg kommen, wo er Siegfrieds verwundbare Seite schützen wolle. Das Gemetzel zwischen Hunnen und Burgunden in der 31-39 Aventiure ist dann eher eine Abfolge von Zweikämpfen und findet größtenteils in einem Burgsaal statt. Und Siegfried ist da natürlich auch schon gar nicht mehr am Leben.

Ich kann da ehrlich gesagt fast gar keine Parallelen erkennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
*
Ich schrieb ja bereits es kommt auf die Message an; wenn es um philosophische Themen ging ,kann von Fantasie die Rede sein, wenn es um Ereignisse ging ,dann hat der frühe Mensch die Geschichten ,in ausschmückenden Bildsprache verpackt, memoriert und so weitertradiert.

Ein Thema das hier im Forum ja oft diskutiert wurde ist die Schlacht der Römer und die Überlieferungen um Arminius herum;was von der Wissenschaft als wahres Ereignis untersucht wird.Die Erzählung der einfachen Menschen die nicht des Schreibens mächtig waren hingegen haben dieses Ereigniss in Form des Siegfriedmythos memoriert.
Als Geschichtsforum sollte man also auch solche Diskussionen zulassen und nicht jedesmal mit Kommentaren alles in den Bereichs der Fantasie(Fantasie-Foren gibt es zu Hauf) stellen.

Ich würd mich ja nicht damit beschäftigen wenn es eine Fantasieerzählung der Neuzeit ist aber ein Mythos ist halt etwas anderes.
Dass es völlig sinnlos ist, bei den Hesperiden einen "wahren Kern" in Nordwestafrika oder auf den Kanaren zu suchen, ergibt sich schon daraus, dass ihre Lokalisierung wechselte und erst einigermaßen final konkret wurde, als das geographische Wissen der Griechen wuchs. Da es von Anfang an fixer Bestandteil des Mythos war, dass sie im äußersten Westen der Welt sitzen, "wanderten" sie immer weiter nach Westen, je weiter sich der geographische Horizont der Griechen nach Westen ausdehnte. Sollten die Hesperiden tatsächlich einen "wahren Kern" haben, müsste man ihn nicht in Nordwestafrika oder auf den Kanaren suchen, sondern dort, wo für die frühen Griechen der äußerste Westen war, also z. B. in Unteritalien oder gar auf den Ionischen Inseln.
 
Geschrieben vor Post #65:

(...)
Ich kann da ehrlich gesagt fast gar keine Parallelen erkennen.

Die älteren überlieferten Versionen stammen aus dem Frühmittelalter. Das Nibelungenlied ist schon eine der späteren Versionen. Das wird in Deutschland immer wieder ignoriert.

Die Veränderungen bis zur Thidreks-Sage, zur 'Prosaedda' und zum Nibelungenlied und anderen späten und noch späteren Versionen sind gut untersucht. Der Großteil dessen, was du schreibst ist nun aber spezifisch für das Nibelungenlied, dass, vereinfacht gesagt, einen heidnischen Stoff für den christlichen Mainstream umsetzt.

Und genau das ist ein weiterer Punkt: Wenn jemand einen Kern finden will, dann muss er oder sie erstmal die älteste Version herausfinden. Wenn die Hesperiden zunächst bei Sizilien gesucht wurden, schließt das den Atlantik aus.

Ich hatte mir jetzt in Post # 63 nicht die Mühe gemacht, einen Beleg zu den Grimms zu suchen, aber Ludwig Schmidt, Die Westgermanen steht im Regal neben meinem Krankenlager. Auf S. 100 weist er die Siegfried-Arminius-Theorie in kurzen Worten zurück, womit sie älter ist, als der oft dafür genannte Höfle der 50er Jahre.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer unbedingt Siegfried/Sigurd mit Arminius gleichsetzen will, weil beide so super Helden waren, sollte schon berücksichtigen, dass in der anscheinend ältesten erhaltenen literarischen Erwähnung des Mythos nicht Siegfried/Sigurd, sondern Sigmund der Drachentöter, also der große Held, war.
 
Der Drachenkampf spielt aber doch im Nibelungenlied gar keine besondere Rolle? Als Hagen dem Hof über den gerade angekommenen Siegfried berichtet und dazu rät, ihn freundlich zu empfangen, erzählt er recht ausführlich über dessen Sieg gegen die Nibelungensöhne Schilbung und Nibelung sowie deren Gefolgsleute - mehr als 700 kühne Krieger, dazu 12 Riesen und der starke Zwerg Alberich. Nach seinem Sieg im Kampf lässt Siegfried den Schatz des Königs wieder in den Berg tragen und beauftragt Alberich, ihm zu Diensten zu sein und den Hort zu bewachen.

Als weitere Heldentat erwähnt Hagen dann noch den Drachenkampf und das Bad in dessen Blut, das Siegfried fast unverwundbar machte. Das ist aber bloß eine einzige Liedstrophe. Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass sich ausgerechnet darin eine jahrtausendealte Erinnerung an einen glorreichen Sieg verbergen soll. Man müsste dann doch erwarten, dass die Sache ein wenig prominenter herausgestellt würde?
 
Naja, der Drachenkampf ist aber zumindest ein verbindendes Element der verschiedenen Variationen des Sigurd/Siegfried-Stoffes. Ob in den nordischen Fassungen, im Nibelungenlied, dem "Hörnenen Siegfried" oder sonstigen Bearbeitungen: Sie haben kaum etwas gemeinsam, aber stets kommt ein Drachenkampf (wenn auch in unterschiedlichen Zusammenhängen und unterschiedlich motiviert) vor. Das legt schon nahe, dass es sich dabei um ein zentrales Motiv handelte.
 
Stimmt, so könnte man das zumindest deuten. Allerdings muss man dann wenigstens annehmen, dass den Autoren des Nibelungenliedes nicht mehr klar war, wie zentral dieses Motiv einmal gewesen sein mochte - oder dass sie es aus anderen Gründen für unbedeutend hielten. Außerdem taucht das Motiv mit Kriemhild und Brynhild meines Wissens in verschiedenen Variationen ebenfalls immer wieder auf, oder? Ich bin aber gewiss kein Experte für die Liederedda oder andere Teile der nordischen Sagenwelt, die Siegfried beinhalten, könnte mich also sehr gut auch irren.
 
Ich bin heute nicht so schnell. Geschrieben nach Post #68:
Das Nibelungenlied hat wenig bis nichts damit zu tun, wie ich eben erklärte.

Ich nutze die alte These hier nur, um mit einem anderen Thema aufzuzeigen, wieso das mit den Hesperiden und Co nicht funktioniert. Die eigentlichen Gründe, warum die Arminius-Siegfried-Gleichsetzung nicht funktioniert, habe ich weiter oben im Thread schon genannt.

Vergiss das Nibelungenlied dafür. Der Autor berichtet keine kursierende Sage, sondern macht aus dem Sagenstoff etwas ganz anderes, wie es heute Hollywood oft tut.
 
Das leuchtet natürlich ein, danke! Trotzdem hänge ich noch ein wenig daran, dass man den zentralen Teil einer allgemein bekannten Erzählung so stiefmütterlich behandelt haben soll. Ich meine, wenn ein Hollywoodrehbuchautor den Faust für einen Film neu bearbeitet, wird er vielleicht viele Änderungen vornehmen. Er könnte Gretchen unserer Zeit entsprechend etwas emanzipierter gestalten oder ihr ein besseres Ende gönnen, er könnte die Teile mit den Hexen weglassen, er könnte die Ereignisse in Auerbachs Keller anders erzählen etc. Er würde aber doch wohl nicht die Liebesgeschichte zwischen Faust und Gretchen in eine einzelne Einstellung einer Rückblende verbannen, bei der es um den Teufelspakt geht?
 
Vergiss das Nibelungenlied dafür. Der Autor berichtet keine kursierende Sage, sondern macht aus dem Sagenstoff etwas ganz anderes, wie es heute Hollywood oft tut.
Woher willst Du das so genau wissen? So viele frühere Bearbeitungen des Stoffes aus dem deutschen Raum sind uns ja nicht erhalten.

Das leuchtet natürlich ein, danke! Trotzdem hänge ich noch ein wenig daran, dass man den zentralen Teil einer allgemein bekannten Erzählung so stiefmütterlich behandelt haben soll. Ich meine, wenn ein Hollywoodrehbuchautor den Faust für einen Film neu bearbeitet, wird er vielleicht viele Änderungen vornehmen. Er könnte Gretchen unserer Zeit entsprechend etwas emanzipierter gestalten oder ihr ein besseres Ende gönnen, er könnte die Teile mit den Hexen weglassen, er könnte die Ereignisse in Auerbachs Keller anders erzählen etc. Er würde aber doch wohl nicht die Liebesgeschichte zwischen Faust und Gretchen in eine einzelne Einstellung einer Rückblende verbannen, bei der es um den Teufelspakt geht?
Ausgeschlossen ist das nicht, wenn er etwas als allgemein bekannt voraussetzt und den Fokus seiner Bearbeitung auf etwas anderes legen möchte.

Man denke etwa an die Ilias, die nur einen Ausschnitt des Trojanischen Kriegs erzählt (nämlich den "Zorn des Achilleus") und den Rest ganz oder weitgehend ausspart, darunter so wesentliche Elemente wie das Trojanische Pferd.

Oder, um bei Hollywood zu bleiben: Im Film "Der unglaubliche Hulk" von 2008 wird im Rahmen des Vorspanns gerafft gezeigt, wie Bruce Banner zu Hulk wird. Der eigentliche Film beginnt erst danach, als Banner bereits auf der Flucht vor dem Militär ist. Die Metamorphose wird also im Prinzip als bekannt vorausgesetzt und weitgehend ausgeklammert.
 
Was bei einer Sage der zentrale Teil ist, ändert sich mit der Zeit und dem Zeitgeist. Das ist ja eben ein Grund, warum ein Mythos zwar eine andere Reflexion der Vergangenheit sein kann, aber dennoch nicht als Quelle taugt: eine Sage wird immer wieder angepasst.
 
Woher willst Du das so genau wissen? So viele frühere Bearbeitungen des Stoffes aus dem deutschen Raum sind uns ja nicht erhalten.

Da folge ich (zumindest im Thread hier) nur der üblichen Darstellung. Gewöhnlich wird dabei zudem meist eine zuvor einheitlichere Überlieferung vorausgesetzt. Es ist hier ja nur ein Vehikel, um die Schwierigkeiten, einen 'wahren Kern' festzumachen herauszustellen. Insbesondere wird ja immer wieder entwickelt, was auf den Autor zurückgehen soll.

In einem Thread zur Nibelungensage würde ich Anderes vertreten, was dieselben Schlüsse zum Grundproblem erlaubte, weshalb mir hier die Vereinfachung reicht.
 
*
Manchmal wird aus einem Mythos ,eine wahre Begebenheit ,wie beim Fund der Amazighqueen Tin Hinan;nicht weitweg vom einstigen mythischen Amazonenreich.






*s.Disclaimer Post#24
 
Manchmal wird aus einem Mythos ,eine wahre Begebenheit ,wie beim Fund der Amazighqueen Tin Hinan;nicht weitweg vom einstigen mythischen Amazonenreich.
Bist du dir sicher, dass du den verlinkten Wikipediaartikel aufmerksam gelesen und auch verstanden hast?
Einen Bezug zu den Amazonen kann ich auch nirgendwo sehen. Ja, Tin Hinan wird als Stammutter der Twareg gesehen. Viele Juden, Christen und Muslime haben jahrtausendelang an die Historizität der Urmutter Eva geglaubt. Ist Eva jetzt eine Amazone?
 
*
Du meinst den Zweifel der Einheimischen gegenüber der Archäologie?

Die Amazonen lebten ja am Tritonsee ,in dem Gebiet wo Heute die Twareg leben.
Ich wollte ja wissen ob Triton etwas mit der Zahl zu tun hat ;Athene heisst ja auch Tritoeia also von Trito geboren.?.
Wer ist Trito vlt. Neith etwa?Tanit vlt.deshalb das häufige dreier-Gespann der Hesperiden/Grazien.






*s.Disclaimer Post#24
 
Zurück
Oben