Sogar bei Tante Wiki gibt es den Titel: „Geschichtsrevisionismus“. Und da werden auch so einige Beispiele angeführt.
Das ist wahr, allerdings wird dort nur die Geschichte des 20. Jahrhunderts betrachtet, obwohl es Geschichtsrevisionismus auch für frühere Epochen gibt.

Ich habe diesen Faden eröffnet, weil sich über die Bemerkung von mir im „dunkles-mittelalter-Faden“
Ich beobachte schon seit geraumer Zeit, wie Revisionismus auch in der Geschichtswissenschaft seit dem Spruch von Kohl, übrigens auch ein Historiker, über „geistig-moralische Wende“, die angeblich nötige sei, Fuß zu fassen versuchte und darin, wie nicht nur in diesem Forum** zu sehen, durchaus erfolgreich war und ist. Der erste Versuch seit dem Spruch Kohls endete im Historikerstreit.
eine grundsätzlich Diskussion entwickelte, die nicht in den dortigen Faden passte.

Insofern sollte in diesem Faden hier schon grundsätzlich über den Geschichtsrevisionismus diskutiert werden – das sagt schon der Titel, oder?.

Nun habe ich im Eröffnungsbeitrag als Beispiel ein Essay eines Historikers gebracht, in dem einige in der Wissenschaft als gesichert geltenden Sachverhalte anders interpretiert werden – man kann sagen: Da wird Geschichtsrevisionismus betrieben.

Nun meint @dekumatland aber, ein Essay eines Historikers in der FAZ ist nicht das gleiche wie ein Essay in einer historischen Zeitschrift und ist daher bedeutungslos. Das kann man formal so sehen, aber dann erübrigt sich eine weitere Diskussion mit ihm über die in dem Essay veröffentlichten Aussagen bzgl. Kreuzzüge und Juden.

Übrigens habe ich in Bezug zu Juden im Osmanischen Reich gerade gestern Folgendes* gelesen:

Sie [Osmanen] erlauben ihnen [Juden], ihre Schlachtungen durchzuführen, Gebäude zu kaufen, Häuser und Paläste zu bauen, die öffentliche Synagoge zu unterhalten und die Toten in Begleitung von Juden am Tage öffentlich zu begraben, sowie alle anderen Zeremonien.

Das wurde von einem christlichen Augenzeugen geschrieben, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Osmanischen Reich lebte. Also zu einer Zeit, in dem Juden im katholischen Europa vieles davon verwehrt wurde. Und dann kommt der Historiker Flaig daher und behauptet, die Juden hätten es bei den Muslimen schwerer als bei den Katholiken gehabt. Fast unnötig zu erwähnen, dass Flaig ein gläubiger Katholik ist, der sich als Historiker nun bemüht, das katholische Europa besser darzustellen als es gewesen ist – indem er das Osmanische Reich schlechter schreibt als er gewesen ist.

* Aus: Costumi et i modi particolari della vita de’ Turchi, von Luigi Bassano, Rom 1545, fotomechanische Wiedergabe von Franz Babinger, München 1963.
 
Und dann kommt der Historiker Flaig daher und behauptet, die Juden hätten es bei den Muslimen schwerer als bei den Katholiken gehabt.

Schreibt er das so? Es kommt halt immer darauf an, welche Zeit man vergleicht.
Ich finde folgende Passage:

"Nirgendwo unter der Herrschaft des Islam, und auch nicht im spanischen Kalifat, waren Juden Bürger ihrer Stadt; sie blieben stets Unterworfene. In manchen deutschen Städten - Worms, Augsburg und anderen - des Hochmittelalters waren die Juden Stadtbürger besonderen Rechts, sie hatten das Recht, Waffen zu tragen, und waren bessergestellt als ärmere christliche Einwohner. Sie waren bis ins vierzehnte Jahrhundert, als sich ihre Situation verschlechterte, weit besser integriert, als die Juden im muslimischen Spanien es jemals sein konnten."​

Falls Du diese Passage meinst, ist diese sachlich zu beanstanden?
 
Nun habe ich im Eröffnungsbeitrag als Beispiel ein Essay eines Historikers gebracht, in dem einige in der Wissenschaft als gesichert geltenden Sachverhalte anders interpretiert werden – man kann sagen: Da wird Geschichtsrevisionismus betrieben.

Darf ich kurz nachhaken?

Wenn eine andere Interpretation von als gesichert geltenden Sachverhalten per se deiner Defintion von "Geschichtsrevisionismus" entspricht, wie lautet dann deine Definition von "historischer Forschung" ?

Einfach interessenhalber.


Das wurde von einem christlichen Augenzeugen geschrieben, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Osmanischen Reich lebte

Dann solltest du allerdings auch dazu schreiben, dass er als Augenzeuge nicht für das ganze Osmanische Reich berichtet, sondern für die Provinz in der er ansässig gewesen ist bzw. für die Gebiete in denen er verkehrte und die dort geltenden Gepflogenheiten konnten sich durchaus von denen in anderen Provinzen unterscheiden.

Also zu einer Zeit, in dem Juden im katholischen Europa vieles davon verwehrt wurde.

Das Verwehren von welchem dieser Dinge lässt sich denn tatsächlich für das gesamte katholische Europa veralgemeinern?
Natürlich es gab die extrem judenfeindlichen Praktiken auf der Iberischen Halbinsel, aber inwiefern ließe sich das auch für Italien, Frankreich, Süddeutschland oder Polen festmachen.
Gibt es da irgendwelche aussagekräftigen Studien zu?

Und dann kommt der Historiker Flaig daher und behauptet, die Juden hätten es bei den Muslimen schwerer als bei den Katholiken gehabt.

Ohne mich Flaigs Postulat anschließen zu wollen, ist deine Argumentation nen kleines bisschen oberflächlich.

Man könnte sich sicherlich daran abarbeiten, aber dann müsste man sich sowohl einen Überblick darüber verschaffen, welche regionalen Bestimmungen in den Provinzen des Osmanischen Reiches galten und in welchen Teilen Europas was galt.
Im Übrigen müsste man dann nicht nur betrachten, welche Rechte grundsätzlich gewährt wurden, sondern auch:

1. Wie war es um die soziale Stellung per se bestellt, welche Möglichkeiten hatten die Juden in welchem Gebiet grundlegende Rechte gegenüber Christen oder Muslimen einzufordern?
2. An welche Bedingungen waren theoretische Rechte geknüpft und waren sie demnach realiter umsetzbar oder waren die Bedingungen so unerfüllbar, dass sie zwar theoretisch existierten, praktisch aber keine Bedeutung hatten.
3. Wo waren die Rechtsgepflogenheiten für das persönliche Leben niederdrückender? Lässt sich z.B. ein frappanter Unterschied festmachen, was z.B. die Höhe der Abgaben angeht, die sie auf Grund ihres Glauben zu zahlen hatten.

Das müsste man sich ansehen und dann überlegen, wie man das gewichtet, so würde ein Schuh draus.
 
Es kommt halt immer darauf an, welche Zeit man vergleicht.
Wie ich schon schrieb, lebte Luigi Bassano in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Osmanischen Reich – hauptsächlich in Istanbul. Aber er berichtete auch über die Verhältnisse an der Ostküste der Adria, denn er stammte aus der venezianischen (seit dem 4. Kreuzzug) Stadt Zara, die zeitweise unter osmanische Herrschaft gerieten. Weiteres siehe hier.

Ich finde folgende Passage:

"Nirgendwo unter der Herrschaft des Islam, und auch nicht im spanischen Kalifat, waren Juden Bürger ihrer Stadt; sie blieben stets Unterworfene. In manchen deutschen Städten - Worms, Augsburg und anderen - des Hochmittelalters waren die Juden Stadtbürger besonderen Rechts, sie hatten das Recht, Waffen zu tragen, und waren bessergestellt als ärmere christliche Einwohner. Sie waren bis ins vierzehnte Jahrhundert, als sich ihre Situation verschlechterte, weit besser integriert, als die Juden im muslimischen Spanien es jemals sein konnten."

Falls Du diese Passage meinst, ist diese sachlich zu beanstanden?
Auf den ersten Blick ist das korrekt, aber auf dem zweiten nicht, denn nach dieser Passage sagt Flaig Folgendes:

"Sogar jene Diskriminierung der Juden, zu der vierhundert Jahre nach dem Islam die Westkirche auf dem IV. Laterankonzil von 1215 schritt und die uns so barbarisch anmutet, bezweckte und erreichte keine Erniedrigung dieses Ausmaßes."

Hier ist es plötzlich das 13. Jahrhundert, in dem sich die Situation der Juden in Europa verschlechterte, oben war vom 14. die Rede. Aber selbst wenn man das unberücksichtigt lässt, kann man sagen, dass die Juden es im 16. Jahrhundert im Osmanischen Reich besser hatten als zu gleicher Zeit die Juden im christlichen Europa.

Dann sagt Flaig noch Folgendes:

"Der Islam hat riesige Territorien religiös „gesäubert“: der zweite Kalif machte den Hidjaz, also Arabien außer dem Jemen, „christenrein“ und „judenrein“; die Alternative hieß Konversion oder Vertreibung. Das hat - von alttestamentlichen Fällen abgesehen - niemals zuvor eine Religion gemacht."

Das ist schlicht nicht wahr, denn damit verschweigt er die Heidenverfolgung im Römischen Reich.

Indem Flaig das unterschlägt, kann er natürlich sagen – Zitat:

"Gewiß, englische und französische Könige und dann die Könige Spaniens selber taten später das gleiche; sie wandten dabei ein muslimisches Rezept an."

Das sind Kniffe, eines Historikers unwürdig, aber wenn es um die Verteidigung des Glaubens geht verständlich.
 
kann man sagen, dass die Juden es im 16. Jahrhundert im Osmanischen Reich besser hatten als zu gleicher Zeit die Juden im christlichen Europa.

Wenn ich das mal anmerken darf, mMn kann man im Grunde genommen noch nicht einmal eine eine derart scharfe Unterscheidung zwischen dem Osmanischen Reich und dem "Christlichen Europa" sinnvoll vornehmen, ganz einfach weil die Balkanprovinzen des Osmanischen Reiches, noch mehr die sich zeitweise in loserer Abhängigkeit vom Osmanischen Reich befindlichen Fürstentümer Wallachei und Siebenbürgen, de facto Christliches Europa gewesen sind.
Hier wäre es im Übrigen sehr interessant, mal nachzuhaken, ob sich innerhalb das Osmanischen Reiches Unterschiede in den Rechtsgepflogenheiten zwischen den vorwiegend christlichen und den vorwiegend muslimischen Provinzen festmachen lassen.

"Gewiß, englische und französische Könige und dann die Könige Spaniens selber taten später das gleiche; sie wandten dabei ein muslimisches Rezept an."

Solchen Unsinn muss man selbstredend nicht diskutieren.
 
Wie ich schon schrieb, lebte Luigi Bassano in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Osmanischen Reich
Während Flaig von der Zeit bis zum 14. Jahrhundert schreibt. Man muss halt beachten, welche Zeit man vergleicht.

"Der Islam hat riesige Territorien religiös „gesäubert“: der zweite Kalif machte den Hidjaz, also Arabien außer dem Jemen, „christenrein“ und „judenrein“; die Alternative hieß Konversion oder Vertreibung. Das hat - von alttestamentlichen Fällen abgesehen - niemals zuvor eine Religion gemacht."

Das ist schlicht nicht wahr
Wenn Du Dich da nicht mal wieder verstolpert hast...

Gleichwohl habe ich den Text von Nikolas Jaspert durchgelesen, obwohl ich das anfangs nicht wollte, weil er darin diesen Satz schrieb: Es liegt kein einziger Text vor, den man als eine »arabische Kreuzzugchronik« bezeichnen könnte, ...

Das ist schlicht nicht wahr
Unabhängig davon, was der zweite Kalif verfügte (da müsste ich mich erst schlau machen):

Welcher römische Kaiser stellte denn seine Untertanen vor die Alternative Konversion oder Vertreibung?

Fast unnötig zu erwähnen, dass Flaig ein gläubiger Katholik ist
Noch eine Frage: Wo schreibt Flaig, er sei gläubiger Katholik?
 
Welcher römische Kaiser stellte denn seine Untertanen vor die Alternative Konversion oder Vertreibung?

Mitunter lautete die Alternative anderswo dann eher Konversion oder Hinrichtung.

Insofern durchaus denkbar, dass das mit der Vertreibung für diese Zeit ein Alleinstellungsmerkmal ist, für dezidierte Verteibung wüsste ich jetzt auch kein anderes zeitgenössisches Beispiel (was nicht bedeutet, dass es keines gibt)
 
Während Flaig von der Zeit bis zum 14. Jahrhundert schreibt. Man muss halt beachten, welche Zeit man vergleicht.
Klar – aber man kann nicht, wie Flaig es tut, nur Zeiten zum Vergleich heranziehen, die einem ins Konzept passen, die anderen aber nur in einem Nebensatz abtun.

Welcher römische Kaiser stellte denn seine Untertanen vor die Alternative Konversion oder Vertreibung?
Zum Beispiel Justinian I. – ich habe dazu einen Link gepostet. Aber um dir die Mühe zu ersparen, hier ein Zitat:

Justinian ordnete 545/6 die Verfolgung nichtchristlicher Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen an und ließ im Jahre 562 heidnische Bücher öffentlich verbrennen.[38] Die Kindstaufe wurde zwangseingeführt, die Nichtbeachtung mit dem Verlust von Eigentum und Bürgerrecht bestraft, das Festhalten am „hellenischen“ Glauben bzw. die Apostasie nach der Taufe mit der Todesstrafe.[39] Dies war ein entscheidender Schritt, da nun praktisch jeder Reichsbewohner bereits als Kind getauft wurde und ein Abfall vom Christentum als grundsätzlich todeswürdiges Verbrechen galt. Besonders die Manichäer wurden nicht nur von Justinian, sondern auch in Persien schwer verfolgt und mussten in der Folge nach Indien und in das Kaiserreich China auswandern.[40] Die Rechtslage der Juden verschlechterte sich, doch wurde ihre Religion als einzige neben dem Christentum weiterhin offiziell geduldet.

Wenn man so arbeiten wollte wie Flaig, könnte man jetzt sagen: Die muslimischen Herrscher haben sich die Religionspolitik von byzantinischem Reich abgeschaut, an dessen Gebiete sie grenzten und später eindrangen.

Aber schon Theodosius der Große hat die Heiden verfolgen lassen – das hatten wir alles schon, nicht?

Wo schreibt Flaig, er sei gläubiger Katholik?
Das habe ich diese Tage gelesen, weiß aber leider nicht mehr, wo. :(
 
Klar – aber man kann nicht, wie Flaig es tut, nur Zeiten zum Vergleich heranziehen, die einem ins Konzept passen, die anderen aber nur in einem Nebensatz abtun.

Ich weiß nicht, ob Du es schon gemerkt hast (eigentlich reicht ein Blick auf den Titel), aber es handelt sich hier um ein politisches Pamphlet. Von diesem eine ausgewogene Darstellung zu erwarten, wäre naiv.

Also konzentrieren wir uns lieber darauf, wo Flaig objektiv gesehen Käse schreibt. Wenn das (wie im Rassismus-Thread) aufgespießt wird, mache ich gern nach Kräften mit.

Zum Beispiel Justinian I.
Untaugliches Beispiel, das bezieht sich nicht auf die Bevölkerung eines bestimmten Territoriums. Juden und Heiden wurden ihre Rechte drastisch beschnitten, sie wurden u. a. von öffentlichen Ämtern und bestimmten Berufen ausgeschlossen aber nicht vor die Wahl Konversion oder Vertreibung gestellt. Von "heiden- und judenreinen" Territorien lese ich nichts.

Das habe ich diese Tage gelesen, weiß aber leider nicht mehr, wo. :(
Aber ein Text von Flaig war es schon, oder?
 
Untaugliches Beispiel, das bezieht sich nicht auf die Bevölkerung eines bestimmten Territoriums. Juden und Heiden wurden ihre Rechte drastisch beschnitten, sie wurden u. a. von öffentlichen Ämtern und bestimmten Berufen ausgeschlossen aber nicht vor die Wahl Konversion oder Vertreibung gestellt. Von "heiden- und judenreinen" Territorien lese ich nichts.
Natürlich steht das nicht explizit da, aber wenn du das liest, was ich da zitiert habe – z.B. diese 2 Sätze:

Die Kindstaufe wurde zwangseingeführt, die Nichtbeachtung mit dem Verlust von Eigentum und Bürgerrecht bestraft, das Festhalten am „hellenischen“ Glauben bzw. die Apostasie nach der Taufe mit der Todesstrafe.[39] Dies war ein entscheidender Schritt, da nun praktisch jeder Reichsbewohner bereits als Kind getauft wurde und ein Abfall vom Christentum als grundsätzlich todeswürdiges Verbrechen galt.

dann dürfte auch dir klar sein, dass danach im Byzantinischen Reich kaum noch Heiden lebten.

Und weil der Abfall vom Christentum nun als grundsätzlich todeswürdiges Verbrechen galt, könnte ich - nach der Methode Flaig - jetzt sagen, Mohamed hat den entsprechenden Passus im Koran aus dem Codex Iustinianus übernommen.

Aber ein Text von Flaig war es schon, oder?
Eher ein Kommentar zu einem Flaigs Text.
 
Natürlich steht das nicht explizit da
Genau. Explizit steht sogar da, dass die jüdische Religion offiziell geduldet wurde (es gab gesetzliche Bestimmungen zum Schutz des Sabbats). Deine Methode, etwas in einen Text hineinzulesen, was nicht drin steht, hast Du oft genug vorexerziert.
 
Explizit steht sogar da, dass die jüdische Religion offiziell geduldet wurde (es gab gesetzliche Bestimmungen zum Schutz des Sabbats). Deine Methode, etwas in einen Text hineinzulesen, was nicht drin steht, hast Du oft genug vorexerziert.
Das gleiche könnte ich für dich sagen: Zuerst hast du von "heiden- und judenreinen" Territorien geschrieben, jetzt aber, nachdem ich den entsprechenden Text noch einmal zitiert und zusätzlich durch das Unterstreichen auf Apostasie hingewiesen habe, beziehst du dich nur auf Juden.
 
Dann sagt Flaig noch Folgendes:

"Der Islam hat riesige Territorien religiös „gesäubert“: der zweite Kalif machte den Hidjaz, also Arabien außer dem Jemen, „christenrein“ und „judenrein“; die Alternative hieß Konversion oder Vertreibung. Das hat - von alttestamentlichen Fällen abgesehen - niemals zuvor eine Religion gemacht."

Das ist schlicht nicht wahr, denn damit verschweigt er die Heidenverfolgung im Römischen Reich.
Ich verstehe das Argument nicht: wenn der Flaig richtiges oder falsches über Konversion oder Vertreibung in Arabien schreibt, warum müsste er dann die Heidenverfolgung im (spätantiken) römischen Reich erwähnen?
 
wenn der Flaig richtiges oder falsches über Konversion oder Vertreibung in Arabien schreibt, warum müsste er dann die Heidenverfolgung im (spätantiken) römischen Reich erwähnen?
Muss ich das tatsächlich erklären?

Also gut: Mit dem Satz "Das hat - von alttestamentlichen Fällen abgesehen - niemals zuvor eine Religion gemacht." hat Flaig eine historische Wahrheit – die Verfolgung der Heiden durch das Christentum – negiert. Obwohl er als Althistoriker es sicher besser weiß. Warum? Um dem Islam als eine Religion darzustellen, von dem Christentum das Schlechte lernte, denn 2 Sätze später sagte Flaig: "Gewiß, englische und französische Könige und dann die Könige Spaniens selber taten später das gleiche; sie wandten dabei ein muslimisches Rezept an."

Das gleiche Prinzip verwendet er auch, wenn er über Pogrome schreibt - Zitat: "Die Pogrome im christlichen Herrschaftsgebiet sind kein Ruhmesblatt der europäischen Kultur; aber ihre Ausmaße bleiben zurück hinter jenen der islamischen Welt."

PS: Auch in seinem Buch „Weltgeschichte der Sklaverei“ sagt er Ähnliches: Christliches Europa lernte Sklavenhandel von Muslimen und war dabei „zahmer“ vorgegangen, was angeblich die Zahlen beweisen: 17 Millionen (übernommen von N’Diaye) gehen auf Muslime und „nur“ 12 Millionen auf die Christen. Dass es auch andere Schätzungen (sie gehen von 6 Millionen aus) als die von N’Diaye gibt, übergeht er einfach.

Das alles ist eines Historikers nicht nur unwürdig, sondern disqualifiziert Flaig auch als Fachmann.
 
PS: Auch in seinem Buch „Weltgeschichte der Sklaverei“ sagt er Ähnliches: Christliches Europa lernte Sklavenhandel von Muslimen und war dabei „zahmer“ vorgegangen, was angeblich die Zahlen beweisen: 17 Millionen (übernommen von N’Diaye) gehen auf Muslime und „nur“ 12 Millionen auf die Christen. Dass es auch andere Schätzungen (sie gehen von 6 Millionen aus) als die von N’Diaye gibt, übergeht er einfach.
Obwohl ich Flaigs Weltgeschichte der Sklaverei und N'Diayes verschleierten Völkermord erst bestellt habe, also beide noch nicht habe lesen können, bin ich mir sicher, dass sich die unterstrichene Behauptung NICHT bei beiden findet. Das wäre ja auch ein turmhoher Unsinn... ich zitiere es nochmals, damit es deutlich wird:
Christliches Europa lernte Sklavenhandel von Muslimen
wolltest du das so formulieren? ernsthaft??
Zwar kann ich mich nur auf Rezensionen und Wikipedia beziehen, aber da steht inhaltlich was ganz anderes: dass der europäische bzw. zunächst portugiesische Sklavenhandel die Selektion nach Hautfarben, den "hautfarbenrassistischen" Sklavenhandel übernommen habe. So zuvor bei Lewis und später bei Flaig.
zu Flaig:
der Hautfarbenrassismus sei vom arabischen und islamischen Kulturkreis ausgehend über die Rezeption der Schriften Avicennas nach Europa gelangt.
zu Lewis:
In seinem Werk „Race and Slavery in the Middle East“ (1990) beschreibt Lewis die Institution der islamischen Sklaverei und die Entstehung eines, wenn auch vom Koran her nicht legitimierbaren, Rassismus in den islamischen Ländern im Mittelalter. Die Idee einer Abwesenheit von Rassismus im islamischen Raum sei ebenso ein europäischer Mythos wie die Gleichsetzung der islamischen mit der westlich-transatlantischen Sklaverei.
(beides Wikipedia, Stichworte Egon Flaig und Bernard Lewis)

Was mich wundert:
N'Diaye Le génocide voilé 2008
Flaig Weltgeschichte der Sklaverei 2009
N'Diaye verschleierter Völkermord (deutsche Übersetzung) 2010
Da muss der Flaig sich sehr beeilt haben, um sich auf die Zahlen von N'Diaye zu beziehen - oder letzterer hat schon vorher solche Zahlen publiziert, ohne dass es Furore gemacht hatte (?)

Zwei Bemerkungen noch:
1. verzerrt oder falsch zitieren ist nicht gerade edel...
2. Zu Beginn des Fadens über "muslimische Sklaverei" hatte ich mir dort Gedanken darüber gemacht, ob von protorassistisch oder tatsächlich rassistisch im Zusammenhang des Fadenthemas die Rede sein kann. Nach Kenntnis der Rezensionen neige ich zu letzterem, insbesondere wegen dem, was ich über N'Diayes Publikationen gelesen habe.
 
wolltest du das so formulieren?
Nein - ich bedauere, in diesem Faden hier überhaupt was zum Thema Sklaverei gesagt zu haben, denn du benutzt das von mir in einem PS Erwähnte, um ein neues Fass aufzumachen, statt auf das Eigentliche einzugehen, das vorm PS steht.

Um die Methode Flaig zu veranschaulichen, braucht man seine Bemerkungen über die Sklaverei nicht, deswegen werde ich in diesem Faden darauf nicht eingehen.
 
du benutzt das von mir in einem PS Erwähnte, um ein neues Fass aufzumachen
Mit Verlaub, ich benutze gar nichts im von dir genannten Sinn, sondern bezog mich ganz offensichtlich (!) auf deinen Beitrag. Und dass seit neustem ein "PS" in Beiträgen sakrosankt ist und nicht kommentiert werden darf, halte ich für Quatsch.
Bzgl Faß aufmachen: wer hat hier Flaigs Thesen und seine Person in diesen Faden gebracht??

Zurück zum Thema:
Noch immer fehlen die angekündigten Beispiele von positiver Bewertung der Kreuzzüge in moderner Fachliteratur.
 
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