Wie weit in den Alltagleben reichte die Macht der Kirche(n)?

In den Fußnoten werden orginale Dokumente genannt. Wo die zu finden sind, weiß ich nicht - möglicherweise weiß @Sepiola das.
 
Es geht doch hier eigentlich darum, wie weit die Vorstellung vom Limbus und das Schicksal ungetaufter Kinder in das Alltagsleben,wir sollten vielleicht besser sagen persönliche Leben, der Menschen hineinreichte.

Da bin ich über etwas Interessantes gestolpert:

Es ist bekannt, dass die traditionelle Lehre zu diesem Thema sich der Theorie des Limbus bedient hat, verstanden als Zustand, in dem die Seelen der ohne Taufe sterbenden Kinder aufgrund der Ursünde nicht den Lohn der glückseligen Gottesschau verdienen, jedoch keinerlei Bestrafung unterworfen sind, weil sie keine persönlichen Sünden begangen haben. Diese Theorie, die von Theologen seit dem Mittelalter ausgearbeitet wurde, hat niemals in die dogmatischen Definitionen des Lehramts Eingang gefunden, auch wenn dasselbe Lehramt sie in seiner ordentlichen Lehre bis zum II. Vatikanischen Konzil erwähnt hat. Sie bleibt daher eine mögliche theologische Hypothese.

Die Hoffnung auf Rettung für ungetauft gestorbene Kinder

Verstehe ich das richtig, dass das also nie gelehrt wurde?

Wenn es um das persönliche Leben der Menschen geht, habe ich als erstes an Bestattungsriten als Indiz gedacht. Für die Menschen scheint der Tod ungetaufer Kinder schon ein Problem gewesen zu sein. Insofern hat ein Teil kirchlicher Lehre, eben dass die Taufe Vorraussetzung für das Paradies ist, im Alltag eine Rolle gespielt. Es gab aber offenbar auch einen Workaround, die Kinder wurden einfach posthum getauft. So genannte Traufkinder.

https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/mitt-dgamn/article/download/17132/10948

Die Menschen glauben übrigens alles mögliche, wenn es ums Jenseis geht, das von offizieller Lehre abweicht. Etwa dasssie ihren Schosshund im Himmel wiedersehen. So etwas bewegt se Menschen wirklich:;
Kommt mein Hund auch in den Himmel?
 
Noch in den 70ern haben Ärzte häufig erst getauft und dann den Tod festgestellt. So war es dann bürokratisch richtig. Das größere Problem waren tot geborene Kinder, weil die auch staatlicherseits nicht beerdigt werden durften, sondern als Abfall galten.
 
Wie gesagt, gingen seit Augustinus bzw. der Synode von Karthago im Jahr 418 die ungetauften Kinder direkt in die Hölle. Das wurde offizielle, vom Papst bestätigte kirchliche Lehre. Dann griffen Scholastiker im Hochmittelalter die bestehende Idee von einem Zwischenhimmel auf und sprachen von einem Limbus, einem Rand der Hölle, einer Vorhölle also

Das Konzept des Limbus basiert wohl kaum auf der "Idee von einem Zwischenhimmel", sondern vielmehr direkt auf der Vorstellung des Augustinus: Die ungetauften Kinder trifft zwar der Schuldspruch (aufgrund der Erbsünde); da sie aber keine persönliche Schuld tragen, erwartet sie das allermildeste Urteil.
(Das kann man sich dann so vorstellen: Die ungetauften Kinder bleiben aufgrund des Schuldspruchs von der himmlischen Seligkeit ausgeschlossen, wissen aber gar nicht, was ihnen entgeht, weshalb ihnen ihr Zustand keine Qual bereitet.)

... und die Jesuiten, die die Hauptlast der Gegenreformation trugen und in jener Zeit in der Theologie tonangebend waren, brachten wieder Limbus ins Spiel, was sich aus ihren Streitschriften, die sich gegen Luther, aber auch gegen strenggläubigen Katholiken, u.a. den Jansenisten, herauslesen lässt.

Die Jansenisten als "strenggläubige Katholiken" zu bezeichnen soll wahrscheinlich ein Witz sein. Der Jansenismus wurde von Rom von Anfang an als Häresie bekämpft.

... und sprachen von einem Limbus, einem Rand der Hölle, einer Vorhölle also, was das Konzil von Ferrara/Florenz (1431 bis 1445) aber verwarf

Das ist wieder Quatsch, das Konzept des Limbus wird vom Konzil von Florenz nicht verworfen. Mit der Formulierung poenis tamen disparibus puniendas wird sogar ausdrücklich festgehalten, dass Todsünde und Erbsünde unterschiedlich bestraft werden.
 
Verstehe ich das richtig, dass das also nie gelehrt wurde?

Doch, es war sogar die häufigste Erklärung für dieses theologische Problem in der Frühen Neuzeit. Jedenfalls wird das in dem lehramtlichen Dokument von 2007 so beschrieben, das Dion verlinkt hat. Es war bloß nie eine dogmatisch fixierte Lehre "der Kirche". Wie Du schon sagtest, stellen sich Menschen die Frage nach einem Fortleben nach dem Tod nicht selten unabhängig von kirchlicher Lehre aufgrund ihrer Lebensumstände, etwa beim Tod eines Angehörigen oder sogar eines Haustieres. Auf diese Fragen müssen Theologen und Seelsorger irgendwie reagieren, und im katholischen Milieu war der Limbus dabei eine gängige Erklärung.

In der protestantischen Theologie gab es dieses Problem natürlich auch, denn Luther hielt an der Heilsbedeutung der Taufe und der Kindertaufe fest. Im Neuen Testament ist sie nicht beschrieben, so dass beide Konfessionen hier nicht auf eine klare "Offenbarung" Jesu Bezug nehmen konnten, sondern nur die Heilsbedeutung der Taufe als Grundlage nahmen. Vielleicht ist das Thema deshalb immer wieder auf verschiedene Weise theologisch bearbeitet worden. Dazu kommt dann noch, dass Pfarrer und Seelsorger vor Ort vielleicht nochmals in einer anderen, praktischer geprägten Weise darüber sprachen, um den Angehörigen Trost zu spenden.
 
Also ich meinte tatsächlich Originalquellen, keine Sekundärtexte. Das muss die katholische Kirche doch irgendwo auch mal gesagt haben, dass ungetaufte Kinder direkt in die Hölle kommen.
(Ich halte das immer noch nicht für ausgeschlossen.)
Es darf auch auf Latein oder Englisch sein.

Das einzige "Dokument", das Dion für diese These bislang zitiert hat, ist der kurze Satz aus Wikipedia, der aber ohne Quellenangabe bleibt: Das Konzil von Ferrara/Florenz (1431 bis 1445) bestätigte die Lehre der Synode von Karthago, dass die Taufe unverzichtbar sei und Menschen, die im alleinigen Zustand der Erbsünde sterben, in die Hölle kommen.

Die Konzilsbeschlüsse dürften sich auch online finden lassen. Da der Limbus später noch gängige Lehre war, kann dieses Konzil aber eigentlich nicht so verstanden worden sein, dass es die Frage des Schicksals ungetaufter Kinder lehramtlich entschieden hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Theorie, die von Theologen seit dem Mittelalter ausgearbeitet wurde, hat niemals in die dogmatischen Definitionen des Lehramts Eingang gefunden, auch wenn dasselbe Lehramt sie in seiner ordentlichen Lehre bis zum II. Vatikanischen Konzil erwähnt hat. Sie bleibt daher eine mögliche theologische Hypothese.

Die Hoffnung auf Rettung für ungetauft gestorbene Kinder

Verstehe ich das richtig, dass das also nie gelehrt wurde?
Ob diese Theorie gelehrt wurde oder nicht ist weniger wichtig als die Praxis. Und diese Praxis war bis zum II. Vatikanum, dass Ungetaufte und Selbstmörder nicht in geweihter Erde bestattet werden durften. Punkt.

Das größere Problem waren tot geborene Kinder, weil die auch staatlicherseits nicht beerdigt werden durften, sondern als Abfall galten.
Das galt nur für Föten, nicht für totgeborene Kinder. Und das auch nur für Geburten im Krankenhaus, doch die Mehrzahl der Geburten fand früher zu Hause statt.

Das Konzept des Limbus basiert wohl kaum auf der "Idee von einem Zwischenhimmel", sondern vielmehr direkt auf der Vorstellung des Augustinus: Die ungetauften Kinder trifft zwar der Schuldspruch (aufgrund der Erbsünde); da sie aber keine persönliche Schuld tragen, erwartet sie das allermildeste Urteil.
Die Zitate, die ich aus den verlinkten Dokumenten brachte, sagen was anderes.

Die Jansenisten als "strenggläubige Katholiken" zu bezeichnen soll wahrscheinlich ein Witz sein. Der Jansenismus wurde von Rom von Anfang an als Häresie bekämpft.
Jansenisten wurden bekämpft, weil sie eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche christliche Lehre innerhalb der katholischen Kirche predigten. Und sie wollten mehr Frömmigkeit im Alltag. Ihre Lehre ähnelte darin der der protestantischen Pietisten und Puritanern.

Das ist wieder Quatsch, das Konzept des Limbus wird vom Konzil von Florenz nicht verworfen. Mit der Formulierung poenis tamen disparibus puniendas wird sogar ausdrücklich festgehalten, dass Todsünde und Erbsünde unterschiedlich bestraft werden.
Ja, aber sie gehen beide in die Hölle – Zitat (Fettschreibung durch mich): illorum animas, qui in actuali mortali peccato vel solo originali decedunt, mox in infernum descendere, poenis tamen disparibus puniendas

Frei übersetzt bedeutet das, dass Seelen jener, die im Zustand der Todsünde sterben, als auch jene, die im Zustand der Ursünde sterben, in die Hölle absteigen, werden dort aber unterschiedlich bestraft.

PS: Du hast nur das Ende zitiert, nicht das, was davorsteht und meine Ansicht bestätigt. Dabei werde immer nur ich beschuldigt, selektiv zu zitieren. :rolleyes:

PPS:
Die Konzilsbeschlüsse dürften sich auch online finden lassen. Da der Limbus später noch gängige Lehre war, kann dieses Konzil aber eigentlich nicht so verstanden worden sein, dass es die Frage des Schicksals ungetaufter Kinder lehramtlich entschieden hatte.
Doch, hat es. Siehe das lateinische Zitat.
 
Wenn ich das recht verstehe:
Im Konzil von Florenz wurde eine Bulle beschlossen, welche das Schisma zwischen lateinischer und griechischer Kirche beenden sollte, indem sich die Vertreter beider Kirchen über zuvor strittige Punkte einigten. Dabei hat sich wohl im Wesentlichen die lateinische Seite durchgesetzt, weil sich die griechische Seite dadurch Hilfe gegenüber den übermächtigen Osmanen erhoffte. Es sind gar nicht so viele Inhalte: der wichtigste ist wohl die Erläuterung des Verhältnisses zwischen Vater, Sohn und dem Heiligen Geist (filioque-Zusatz im Glaubensbekenntnis des Westens). Dann geht es ganz praktisch darum, welches Brot als Hostie taugt. Dann um die Frage, was im Jenseits mit den Seelen der Verstorbenen geschieht, mit der oben zitierten Aussage zum Schicksal der in der Erbsünde Verstorbenen. Und dann zur Rangfolge in der obersten Kirchenhierarchie, an deren Spitze der Papst steht, gefolgt von den Patriarchen des Ostens.

Ich vermute, dass bezogen auf das Schicksal der Seelen dem Osten die Theologie des Augustinus aufgezwungen werden sollte. Es ist allerdings zu bemerken, dass die Verbindung zu den ungetauften Kindern auch hier nicht direkt zu finden ist, sondern sich nur über Rekurs auf theologische Schriften, vor allem eben die des Augustinus ergäbe.

Letztlich hat die Ostkirche die Bulle ja nicht akzeptiert.
 
Ja, aber sie gehen beide in die Hölle
Was soll denn Dein "aber"? Du bestätigst doch genau das, was ich geschrieben habe. Der Limbus ist kein "Zwischenhimmel", sondern ein Teil der Hölle, wenn auch nur deren äußerster Rand.
Du hast schon gelesen, was ich geschrieben habe?

Das Konzept des Limbus basiert wohl kaum auf der "Idee von einem Zwischenhimmel", sondern vielmehr direkt auf der Vorstellung des Augustinus.


Die Zitate, die ich aus den verlinkten Dokumenten brachte, sagen was anderes.

Welche "Dokumente" sagen denn denn "was anderes"? Vielleicht versuchst Du mal im Zusammenhang zu lesen, was Du bisher zitiert hast, und wenn Du dann immer noch glaubst, einen Widerspruch zu dem von mir Geschriebenen feststellen zu können, dann schreib doch mal bitte die Zitate zum Vergleich untereinander.

PS: Du hast nur das Ende zitiert, nicht das, was davorsteht und meine Ansicht bestätigt. Dabei werde immer nur ich beschuldigt, selektiv zu zitieren. :rolleyes:

Was soll ich denn machen, wenn Du Dir selber widersprichst? Du bezeichnest in ein und demselben Satz den Limbus einerseits als "Zwischenhimmel" (falsch), andererseits als "Rand der Hölle" (richtig) und ereiferst Dich, wenn das mal richtiggestellt wird.
 
Ich vermute, dass bezogen auf das Schicksal der Seelen dem Osten die Theologie des Augustinus aufgezwungen werden sollte. Es ist allerdings zu bemerken, dass die Verbindung zu den ungetauften Kindern auch hier nicht direkt zu finden ist, sondern sich nur über Rekurs auf theologische Schriften, vor allem eben die des Augustinus ergäbe.

Das klingt recht plausibel, ja. Wie gesagt, hätte man den Konzilsbeschluss als dogmatische Aussage über ungetaufte Kinder verstanden, wäre es kaum zu erklären, dass der Limbus in der Frühen Neuzeit eine so bedeutende Rolle spielte. Es ist ja bei dogmatischen Aussagen meist recht wichtig, worauf sie sich überhaupt beziehen oder wo die Streitfrage lag. Selbst Luthers Überlegungen zur Kindertaufe sind natürlich davon geprägt, dass er sich zugleich von den Katholiken und von den Täufern absetzen wollte.
 
PS: Du hast nur das Ende zitiert, nicht das, was davorsteht und meine Ansicht bestätigt. Dabei werde immer nur ich beschuldigt, selektiv zu zitieren.
Was soll ich denn machen, wenn Du Dir selber widersprichst? Du bezeichnest in ein und demselben Satz den Limbus einerseits als "Zwischenhimmel" (falsch), andererseits als "Rand der Hölle" (richtig) und ereiferst Dich, wenn das mal richtiggestellt wird.
Nein, du hast dich auf das bezogen:
Wie gesagt, gingen seit Augustinus bzw. der Synode von Karthago im Jahr 418 die ungetauften Kinder direkt in die Hölle. Das wurde offizielle, vom Papst bestätigte kirchliche Lehre. Dann griffen Scholastiker im Hochmittelalter die bestehende Idee von einem Zwischenhimmel auf und sprachen von einem Limbus, einem Rand der Hölle, einer Vorhölle also, was das Konzil von Ferrara/Florenz (1431 bis 1445) aber verwarf, so dass die Höllen-Version von Karthago wieder gültig wurde.
Das Konzept des Limbus basiert wohl kaum auf der "Idee von einem Zwischenhimmel", sondern vielmehr direkt auf der Vorstellung des Augustinus: Die ungetauften Kinder trifft zwar der Schuldspruch (aufgrund der Erbsünde); da sie aber keine persönliche Schuld tragen, erwartet sie das allermildeste Urteil.
Da musst du schon die Reihenfolge und das Ganze sehen. In dem von mir zuletzt zitierten Entscheidung des Konzils von Ferrara/Florenz steht nichts von der Vorhölle (das wäre in der Tat Limbus), sondern von Infernum (Hölle) – für dich hier noch einmal:
Ja, aber sie gehen beide in die Hölle – Zitat (Fettschreibung durch mich): illorum animas, qui in actuali mortali peccato vel solo originali decedunt, mox in infernum descendere, poenis tamen disparibus puniendas
Und das ist das, was ich von Anfang an gesagt habe.
 
Wie gesagt, hätte man den Konzilsbeschluss als dogmatische Aussage über ungetaufte Kinder verstanden, wäre es kaum zu erklären, dass der Limbus in der Frühen Neuzeit eine so bedeutende Rolle spielte.
Du hast aber schon gelesen, was ich geschrieben bzw. verlinkt habe, oder?

Die Internationale Theologische Kommission schrieb im Jahr 2007 – Zitat:

Im 16. Jahrhundert lebten das Denken des Augustinus und zugleich seine Theorie im Hinblick auf das Schicksal der ungetauften Kinder wieder auf, wie zum Beispiel Robert Bellarmin bezeugt.51 Eine Folge dieser Wiederbelebung des Augustinismus war der Jansenismus. Gemeinsam mit katholischen Theologen der augustinischen Schule widersetzten sich die Jansenisten entschieden der Theorie des Limbus. Während dieser Periode verteidigten die Päpste (Paul III., Benedikt XIV., Clemens XIII.)52 das Recht der Katholiken, die strenge Sicht des Augustinus zu lehren, wonach Kinder, die allein mit der Ursünde sterben, verdammt und mit der immerwährenden Qual des Höllenfeuers bestraft werden, wenn auch mit dem „mildesten Schmerz“ (Augustinus) im Vergleich zu dem, was Erwachsene erleiden, die für ihre Todsünden bestraft werden. Als andererseits die jansenistische Synode von Pistoia (1786) die mittelalterliche Theorie des „Limbus“ anklagte, verteidigte Pius VI. das Recht der katholischen Schulen zu lehren, dass diejenigen, die allein mit der Schuld der Ursünde verstorben sind, durch den Verlust der glückseligen Schau bestraft werden („Strafe des Verlustes“), doch nicht durch sinnliche Schmerzen (Strafe des „Feuers“).
In der Bulle „Auctorem Fidei“ (1794) verurteilte der Papst als „falsch, leichtfertig und gegenüber den katholischen Schulen ungerecht“ die jansenistische Lehre, „die jenen Ort in der Unterwelt (den die Gläubigen allenthalben als ‚Limbus der Kinder‘ bezeichnen), in dem die Seelen der nur mit der Urschuld Verscheidenden mit der Strafe der Verdammung ohne die Feuerstrafe bestraft werden, als pelagianisches Märchen [fabula pelagiana] verwirft, so als ob die, welche die Feuerstrafe beseitigen, dadurch jenen Ort und mittleren Zustand ohne Schuld und Strafe zwischen dem Reich Gottes und der ewigen Verdammnis einführten, von dem die Pelagianer fabelten“.53
Die päpstlichen Stellungnahmen in dieser Periode haben also die Freiheit der katholischen Schulen verteidigt, mit dieser Frage zu ringen. Sie schrieben die Theorie des Limbus nicht als Glaubenslehre fest. Der Limbus war jedoch die allgemeine katholische Lehre bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.
 
Aus obigem Text geht meines Erachtens hervor, dass die katholische Kirche keine einheitliche Lehrmeinung in dieser Frage hatte.
 
In dem von mir zuletzt zitierten Entscheidung des Konzils von Ferrara/Florenz steht nichts von der Vorhölle (das wäre in der Tat Limbus)
Und das ist nun zweifellos RICHTIG!
Das Konzil macht überhaupt keine Aussage über den Teil der Hölle, der als Limbus bezeichnet wird. Daher ist logischerweise die Behauptung, das Konzil habe das Konzept des Limbus verworfen, unsinnig.

Genau diese unsinnige Aussage habe ich beanstandet:

... und sprachen von einem Limbus, einem Rand der Hölle, einer Vorhölle also, was das Konzil von Ferrara/Florenz (1431 bis 1445) aber verwarf



Welche "Dokumente" sagen denn denn "was anderes"? Vielleicht versuchst Du mal im Zusammenhang zu lesen, was Du bisher zitiert hast, und wenn Du dann immer noch glaubst, einen Widerspruch zu dem von mir Geschriebenen feststellen zu können, dann schreib doch mal bitte die Zitate zum Vergleich untereinander.
Keine Zitate gefunden? Dann habe ich keine weiteren Fragen.




By the way: Ich hoffe doch auf Verständnis, wenn ich nicht jeden richtigen Halbsatz, den Du schreibst, mit "Richtig!" kommentiere. (Es wird hoffentlich auch niemand verlangen, dass ich jeden inneren Widerspruch, den ich in Deinen Beiträgen finde, mit "Unsinnig!" kommentiere...)
 
Du hast aber schon gelesen, was ich geschrieben bzw. verlinkt habe, oder?

Ja, ich habe es sogar schon einige Beiträge von Deinem die Zusammenfassung erwähnt und zitiert: Die päpstlichen Stellungnahmen in dieser Periode [gemeint ist die Frühe Neuzeit] haben die Freiheit der katholischen Schulen verteidigt, mit dieser Frage zu ringen. Sie schrieben die Theorie des Limbus nicht als Glaubenslehre fest. Der Limbus war jedoch die allgemeine katholische Lehre bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. (Beitrag 97)

Auch Dein Zitat belegt eindeutig, dass die Päpste dieser Zeit eben keine Entscheidung trafen, sondern beiden Seiten das Recht ließen, ihre Position zu vertreten. Hätten sie angenommen, dass das Konzil eine davon dogmatisiert hatte, wäre das kaum zu erklären.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus obigem Text geht meines Erachtens hervor, dass die katholische Kirche keine einheitliche Lehrmeinung in dieser Frage hatte.
So kann man das auch sagen, ja. Aber Fakt ist, dass die katholische Kirche die meiste Zeit ihres Bestehens, der rigiden Lehre Augustinus folgte, was für die gläubige Bevölkerung katastrophale Folgen hatte – eben zu wissen, dass ihr Kind nun in der Hölle schmort, nur weil sie es nicht geschafft haben, rechtzeitig einen Priester herbeizurufen, um das Kind zu taufen. Man darf nicht vergessen, dass

1. die Kindersterblichkeit bis ins 19. Jahrhundert hoch war, und
2. die Verkehrswege schlecht und bei Regen oder Schneefall kaum passierbar.

Das Konzil macht überhaupt keine Aussage über den Teil der Hölle, der als Limbus bezeichnet wird. Daher ist logischerweise die Behauptung, das Konzil habe das Konzept des Limbus verworfen, unsinnig.
Noch einmal: Die o.g. Kommission sagt, dass das Konzil von Karthago 418 u.a. Folgendes feststellte – Zitat:

Hinzugefügt wird, dass es nicht „irgendeinen mittleren oder einen irgendwo befindlichen Ort geben wird, wo die kleinen Kinder selig leben, die ohne Taufe aus diesem Leben geschieden sind, ohne die sie nicht in das Himmelreich, welches das ewige Leben ist, eintreten können“.

Dann, als Kommentar, sagt die Kommission – Zitat:

Im Westen war die Autorität des Augustinus jedoch so groß, dass die lateinischen Väter (z. B. Hieronymus, Fulgentius, Avitus von Vienne und Gregor der Große) dessen Meinung übernahmen. Gregor der Große besteht darauf, dass Gott sogar diejenigen verdammt, auf deren Seele nur die Ursünde lastet; sogar Kinder, die niemals aufgrund ihres eigenen Willens gesündigt haben, müssen „ewigen Qualen“ entgegengehen.

Das ist erstens eine klare Absage an ein Zwischending, später auch Limbus genannt. Und zweitens ein Sieg des Augustinus in dieser Sache. Noch im 11. und 12. Jahrhundert galt diese augustinische Lehre, doch im Übergang vom 12. ins 13. Jahrhundert setzte sich die Lehre von Limbus durch, wenn auch nicht alle Theologen diesen Begriff benutzten.

Indem das Konzil von Ferrara/Florenz (1431-1445) Limbus nicht erwähnt, sondern in Bezug auf Erbsünde der augustinischen Version das Wort redet, dürfte klar sein, dass der Limbus erstmal keine Rolle mehr spielte; erst die Jesuiten prägen wieder diesen Begriff. Siehe bitte dazu auch das Zitat in meinem Beitrag #132 (das Fettgeschriebene).
 
Ob diese Theorie gelehrt wurde oder nicht ist weniger wichtig als die Praxis.

Das ist schon merkwürdig, da das ja genau mein Argument war.Du bist ja derjenige, der mit Konzilen argumentiert, ohne einen Blick auf die Bestattungspraxis zu werfen.,

was für die gläubige Bevölkerung katastrophale Folgen hatte – eben zu wissen, dass ihr Kind nun in der Hölle schmort, nur weil sie es nicht geschafft haben, rechtzeitig einen Priester herbeizurufen, um das Kind zu taufen.

Was ist denn mit den von mir belegten Traufkindern? Und diese Praxis wir für die Kirche auch kein Glanzbeispiel sein. Vermutlich haben sie sich das vergelten lassen.

Die Vorstellung Neugeborener in der Hölle war ja nicht zumutbar. Das war auch der Kirche klar. Die kirchliche Lehre hat aber zu Eingriffen in das persönliche Leben der Menschen geführt:

  • Taufen im Mutterleib
  • geburtsnahe Taufen
  • Traufkinder, d.h., Taufe nach dem Tod

Die Kinder schmoren eben nicht in der Hölle., Der Limbus wurde hier ausreichend thematisiert.

PS Ich kann idesen Artikel nicht lesen, aber du @Dion findest ihn vielleicht interessant:

(S+) Archäologen erforschen Säuglingsgräber: Das Rätsel der Traufkinder
 
Das ist erstens eine klare Absage an ein Zwischending, später auch Limbus genannt.
Hast Du eigentlich mal nachgeschaut, was limbus bedeutet? Der Limbus, von dem wir die ganze Zeit sprechen, ist der limbus inferni, der äußerste Rand der Hölle.

Indem das Konzil von Ferrara/Florenz (1431-1445) Limbus nicht erwähnt, sondern in Bezug auf Erbsünde der augustinischen Version das Wort redet, dürfte klar sein, dass der Limbus erstmal keine Rolle mehr spielte

Die Nichterwähnung eines Ausdrucks besagt erst einmal gar nichts. Einen ähnlichen eklatanten Logikfehler hast Du Dir weiter oben schon einmal geleistet. Die Prämisse "Wenn X im Dokument Y nicht erwähnt wird, dann existiert X nicht" ist genauso absurd wie die Prämisse "Wenn X im Dokument Y nicht erwähnt wird, dann wird X verworfen".
Ich hatte Dich weiter oben schon darauf hingewiesen, dass im 1992 erschienenen Katechismus weder Kirchtürme noch Kanzeln erwähnt werden. Selbstverständlich ist die Aussage "Seit dem 1992 erschienenen Katechismus gibt es weder Kirchtürme noch Kanzeln" ebenso absurd wie die Aussage "Im 1992 erschienenen Katechismus werden Kirchtürme und Kanzeln verworfen".

erst die Jesuiten prägen wieder diesen Begriff.
Der nächste Quatsch.
Die Auffassung eines Thomas von Aquin wurde auch zwischen dem Konzil von Florenz und der Gründung des Jesuitenordens weiterhin ungehindert gelehrt, insbesondere natürlich von maßgeblichen Theologen aus dem Dominikanerorden. (Der Hinweis auf Cajetan ist Dir offensichtlich entgangen.)

Siehe bitte dazu auch das Zitat in meinem Beitrag #132 (das Fettgeschriebene).
Dass "erst die Jesuiten wieder diesen Begriff prägen", steht da mitnichten.
 
Hast Du eigentlich mal nachgeschaut, was limbus bedeutet? Der Limbus, von dem wir die ganze Zeit sprechen, ist der limbus inferni, der äußerste Rand der Hölle.
Laut der o.g. Kommission bedeutet das lateinische Wort „limbus“: Streifen, Besatz, [Kleider]Saum. Dass damit eine Vorhölle gemeint sei, war eine Interpretation jener, die nicht die Grausamkeit des Augustinus‘ Verdikts, die ungetauften Kinder würden direkt in die Hölle wandern, hinnehmen wollten. Doch die Synode von Karthago verwarf die Theorie von einem „Zwischenzustand“ – Zitat aus dem Papier der Kommission:

Beim Gericht werden diejenigen, die nicht in das Reich eintreten (Mt 25,34), in die Hölle verdammt werden (Mt 25,41). Es gibt keinen „Zwischenzustand“ zwischen Himmel und Hölle. „Es bleibt kein mittlerer Ort, wo du Säuglinge situieren kannst“. Jeder „der nicht mit Christus ist, muss mit dem Teufel sein“.

Die ungetauften Kinder waren also des Teufels. Punkt.

Die Nichterwähnung eines Ausdrucks besagt erst einmal gar nichts.
Für mich und für die Kommission besagt schon was, sonst hätte die Kommission nicht hingeschrieben, dass der Katechismus von 1992 das Wort Limbus nicht erwähnt. Das schreibt man nur, wenn man sagen will, dass Etwas nicht mehr besteht. Deswegen geht dein Beispiel mit Kirchtürmen fehl.

Dass "erst die Jesuiten wieder diesen Begriff prägen", steht da mitnichten.
Indirekt steht das schon da – Zitat:

Im 16. Jahrhundert lebten das Denken des Augustinus und zugleich seine Theorie im Hinblick auf das Schicksal der ungetauften Kinder wieder auf, wie zum Beispiel Robert Bellarmin bezeugt.

Bellarmin war Jesuit und die Jesuiten wurden von den Dominikanern beschuldigt, Semipelagianismus zu vertreten. Und Pelagius, du erinnerst dich sicher, war jener Theologe, dessen Zwischenzustandlehre von Synode in Karthago verworfen wurde.
 
Laut der o.g. Kommission bedeutet das lateinische Wort „limbus“: Streifen, Besatz, [Kleider]Saum.
Nein, das schreibt nicht die Kommission, sondern ist eine Anmerkung des Übersetzers. Der Originaltext ist auf Englisch; die Kommission gibt den Terminus limbus inferni mit the "border" of the inferior region wieder. "Saum" oder "Randzone" ist natürlich ebenso zutreffend.

Für mich und für die Kommission besagt schon was, sonst hätte die Kommission nicht hingeschrieben,
Wenn das für sich was besagen würde, hätte sie nicht sofort im nächsten Satz geschrieben: "Der Katechismus lehrt vielmehr, dass ohne Taufe sterbende Kinder von der Kirche der Barmherzigkeit Gottes anvertraut werden..."

Du siehst also, es kommt drauf an, was drinsteht. (Bei Deiner Methode, Texte zu "lesen", spielt das natürlich keine Rolle.)

Und nun zitierst Du folgenden Satz:

Im 16. Jahrhundert lebten das Denken des Augustinus und zugleich seine Theorie im Hinblick auf das Schicksal der ungetauften Kinder wieder auf, wie zum Beispiel Robert Bellarmin bezeugt.

Du hast jedoch im Beitrag zuvor das glatte Gegenteil behauptet, demnach sei im 15. Jahrhundert die Theorie des Augustinus festgeschrieben worden, und erst die Jesuiten (1540 päpstlich anerkannt, also im 16. Jahrhundert) hätten die konkurrierende Theorie wieder ins Spiel gebracht:

Indem das Konzil von Ferrara/Florenz (1431-1445) Limbus nicht erwähnt, sondern in Bezug auf Erbsünde der augustinischen Version das Wort redet, dürfte klar sein, dass der Limbus erstmal keine Rolle mehr spielte; erst die Jesuiten (prägen wieder diesen Begriff


Das schreibt man nur, wenn man sagen will, dass Etwas nicht mehr besteht.
Und auch das ist stimmt nicht, wie Du einen Satz vorher hättest nachlesen können: Diese Theorie "bleibt daher eine mögliche theologische Hypothese."
 
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